Berlin, 6. März. Heute früh erfolgte bei der Kreuzung Brunnen- und Jnvalidenstraße ein Zu­sammenstoß zwischen einem Omnibus und einem Straßenbahnwagen. Der Anprall war jo heftig, daß der vollbesetzte Omnibus umschlug. Vierzehn Personen wurden verletzt, davon vier schwer. In vergangener Nacht hat die 26jährige Ehefrau des Gasarbeiters Wollenberg in Abwesenheit ihres Mannes sich, ihre einjährige Tochter und ihren zweijährigen Pflegesohn in ihrer Wohnung mit Leuchtgas ver­giftet.

London, 7. März. Im Oberhaus und nn Unterhaus kam es gestern zu lebhaften Debatten über die mangelhafte Einrichtung des englischen Mililärwesens. besonders der freiwilligen Truppen. Im Unterhaus wurde der Kriegsminister Haldane wegen der Territorialmacht lebhaft angegriffen. Für den Minister sprach Oberst See ly. Dieser erklärte, falls eine ausschlaggebende Macht, angenommen mit 50 000 Mann, England überfallen und landen sollte, die Territorialmacht von 262 000 Mann diesen Jn- vasionstruppen, ehe sie nur irgend etwas unternehmen könnten, entgegentreten würden. Die regulären Trup­pen würden dann auch die Jnvastonsmacht aufreibrn.

London, 7. März. Die Regierung bietet alles auf, um ein Ende des Streiks herbeizuführen. Mi­nisterpräsident Asquith hatte eine 2ff,ständige Kon­ferenz mit dem Bergarbeiterkomitee. Wie bekannt wird, wurde dabei der Mindestlohn erörtert. Auch mit den Grubenbesitzern aus Wales fanden Kon­ferenzen statt. Der Führer der Arbeiterpartei, Macdonald, und andere Mitglieder der Partei haben die Angelegenheit jetzt auch in ihre Hände genommen. Die Preise für die wichtigsten Nahrungs­mittel schnellen in den Städten immer mehr empor. Die Mehloorräte sollen schon knapp werden. Die einzigen, die ein gutes Geschäft machen, sind die Lebensmittelverkäufer. da die meisten Familien große Vorräte ankaufen. Die Zustände auf den Vororts­bahnen werden von Tag zu Tag ärger, und der Verkehr in der Provinz ist sehr erschwert. Aus zu­verlässiger Quelle erfährt man, daß. falls der Streik noch bis Mitte nächster Woche anhalten sollte, der gesamte Bahnverkehr auf weniger als ein Viertel des normalen vermindert werden müßte. Die streiken­den Grubenarbeiter sind einstweilen guter Dinge. Dagegen sehen die Gewerkschaften dem weiteren Verlauf der Dinge mit Besorgnis entgegen, da ihre Mittel durch große Auszahlungen schon stark im Schwinden sind.

London, 6. März. Premierminister Asquith, der Minister des Aeußern Grey und der Finanz­minister Loyd George hatten heute nachmittag eine Unterredung mit dem ausführenden Ausschuß der Bergarbeiter.

London, 6. März. Wie jetzt festgestellt ist, haben bei der allgemeinen Abstimmung 116 000 Berg­leute gegen den allgemeinen Ausstand gestimmt. In Derbyshire verdienen die Bergleute mehr, als der Mindestlohn beträgt, der jetzt vom Verband gefordert wird. Die dortigen Bergarbeiter haben an die Grubendirektionen die Anfrage gerichtet, ob nicht eine direkte Verhandlung mit ihnen möglich sei.

Glasgow, 7. März. Die plötzliche Abreise von Delegierten der Bergarbeiter aus dem schottischen Distrikt nach London ermutigt zu der Annahme, daß die englische Exekutive den Plan zu einer neuen nationalen Konferenz entworfen hat. Es verlautet, daß die Delegierten gebeten wurden, über die Stimm­ung in ihren Bezirken zu berichten.

In Nordfrankreich haben Stürme schwere Verheerungen angerichtet. Viele Seeleute sind ertrunken. In Beauvais hat ein Wirbelsturm Bäume niedergeriffen, Kamine abgedeckt und eine Kirche schwer beschädigt. In Anvers wurden vier Künstler des dortigen Theaters durch einen Windstoß von der Strandpromenade ins Meer geschleudert. Sie er­tranken sämtlich.

Innsbruck, 6. März. Die hiesigen Bahn- betricbsleitungen erhielten die amtliche Verständigung, ihre Kohlenlager zu vergrößern, da ein Aus stand der Bergleute in Oesterreich unvermeidlich sei.

Württemberg.

Seine Majestät der König hat dem Geheimen Kommerzienrat Steinbeis in Brannenburg (Bayern) das Ehren kreuz des Ordens der Württembergischen Krone verliehen.

Stuttgart, 5. März. Der Eisenbahnbeirat hat sich in seiner Sitzung vor einigen Tagen mit den bereits mitgeteilten Aenderungen befaßt, die der neue SommerfahrplÄi bringen soll. Wie verlautet, konnte eine größere Anzahl von weiteren Wünschen nicht berücksichtigt werden, da die Eisenbahnverwaltung erklärte, daß bei den gegenwärtigen Stuttgarter Bahn­

hofverhältnissen weitere neue Züge nicht eingelegt werden können.

Stuttgart, 6. März. Die Einnahmen aus dem Post-, Telegraphen- und Fernsprechbe­trieb im Monat Januar ds. Js. betrugen 2144358 Mk., gegenüber demselben Monat des Vorjahres mehr 214971 Mk.

Suttgart, 5. März. Der Ausschuß zur Be­ratung eines Ausführungsgesetzes zur Reichs- Versicherungsordnung trat heute zwecks Erledig­ung der beiden folgenden Resolutionen des Bericht­erstatters Feiger zusammen: Die Zweite Kammer ersucht die Kgl. Regierung, auf Zusammenlegung der landwirtschaftlichen Berufsgenoffenschaften zu einer einheitlichen Genossenschaft in geeigneter Weise hin­zuwirken. Die Zweite Kammer wünscht dringend den Beitritt der Staatsforstverwaltung zu den landwirt­schaftlichen Berufsgenossenschaften; sie ersucht daher die Kgl. Regierung, das Finanzministerium zu ent­sprechenden Erklärungen zu veranlassen. Finanz- minister v. Geßler sprach sich gegen die beiden Re­solutionen aus.

Stuttgart, 4. März. Auf eine Anfrage des Deutschen Handwerks- und Gewerbekammertägs an das Reichsamt des Innern hat dieses milgeteilt, daß die Reichsregierung keineswegs daran denke, die Verhandlungen wegen des Verhältnisses von Indu­strie und Handwerk, die mit der im April v. Js. abgehaltenen Konferenz begonnen haben, abzubrechen. Vielmehr sollen diese Verhandlungen im Frühjahr d. I. im engeren Kreise wieder ausgenommen werden.

Stuttgart, 6. März. Im städtischen Schlacht- und Viehhof. in dem bekanntlich in der letzten Zeit wiederholt Diebstähle vorgekommen sind, wurde vor­gestern ein Metzgermeister ermittelt, der ein ihm nicht gehörendes halbes Schwein mit nach Hause genommen hatte. Nach seiner Angabe soll eine Verwechslung vorliegen. Der Eigentumsstempel an dem Stück war jedoch entfernt.

Eßlingen, 6. März. Unter der etwa 700 Personen zählenden Arbeiterschaft der Württ. Baum­wollspinnerei und -Weberei auf dem Brüh! ist eine Lohnbewegung zu verzeichnen. Der größte Teil der Arbeiterschaft sind Arbeiterinnen. In erster Linie wird eine Lohnerhöhung angestrebt.

Eßlingen, 5. März. Wegen Vergehens an einem 6jährigen Mädchen wurde hier ein 85 Jahre alter Schuhmacher verhaftet und ans Amtsgericht eingeliefert.

Gmünd, 7. März. Die Edelmetallindustrie war bisher darauf angewiesen, alle Doublebleche aus Pforzheim zu beziehen, wodurch viel Geld aus der Stadt ging und überdies eine lästige Abhängigkeit von den dortigen Arbeitsverhältnissen, namentlich von den häufigen Streikbewegungen entstand. Nun wird hier eine neue Fabrik für Doubläbleche und ähnliche Halbfabrikate erbaut. An der Gründung ist die Württembergische Vereinsbank beteiligt.

Zuffenhausen, 5. März. Bei einer polizei­lichen Durchsuchung der Wohnung eines Schwagers der beiden Verbrecher Rauh und Hiltmann wurde der Betrag von 1650 Francs gefunden. Insgesamt wurden über 2200 Francs von den gestohlenen Geldern beigebracht. Die Verbrecher, die bekanntlich in Genua verhaftet wurden, haben wahrscheinlich auch in der Schweiz größere Summen versteckt.

Heilbronn, 6. März. Am Sonntag erkrankten zwei junge Kaufleute nach dem Genuß des Mittag­essens in einem hiesigen Gasthaus. Nunmehr ist einer davon, ein 19 Jahre alter Kaufmann Riedinger aus Stuttgart, gestorben. Der andere, ein 22 jähriger Kaufmann, ist ebenfalls schwer erkrankt. Man führt den Todesfall auf den Genuß von verdorbenen Apri­kosen zurück. Im hiesigen Krankenhaus hat die Obduktion des unter Vergistungserscheinungen hier plötzlich verstorbenen jungen Stuttgarter Kaufmanns Riedinger stattgefunden. Wie verlautet, konnte nicht mit Bestimmtheit festgestellt werden, daß der Tod des jungen Mannes infolge verdorbener Speisen er­folgt ist, es besteht auch die Möglichkeit, daß ein Einzelfall an typöser Erkrankung vorliegt, die aller­dings auch durch Speisen gefördert worden sein kann.

Horb. 1. März. Zahlreiche Vertretsr von Städten, mehrerer Verwaltungen und Vereinen für den Fremdenverkehr traten gestern unter dem Vor­sitz von Stadtschultheiß Conz-Calw zu einer Sitzung zusammen, um über die Beschickung der Stuttgarter Ausstellung für Reise- und Fremdenverkehr zu be­raten. Architekt Braun- Stuttgart gab einen Bericht über die Einteilung und Ausgestaltung der Ausstell­ung deren finanzielle Sicherstellung von den Vertretern der Gemeinden zugesagt wurde und die auch von Industriellen, namentlich aus Trossingen, Schwenn- ' ingen und Schramberg unterstützt wird.

Friedrichshafen. 6. März. (Luftschiffahrt) Was uns schon lange fehlt, hat jetzt der Frankfurter Luftschiffhafen, in dem der neue ZeppelinkreuzerVik­toria Luise" stationiert wurde, erhalten: Es werden dort zwei 50 Meter hohe Masten für drahtlose Tele­graphie errichtet, damit künftig alle Zeppelinschiffe miteinander in Verbindung treten können.

In Merklingen wollte der Landwirt Christian Olpp eine vor feinem Hause stehende Jauchepumpe, die umzufallen drohte, aufrichten. Die Pumpe stürzte bei dem Versuch dem Mann auf den Unterleib. Es trat ein Aderriß ein, an dessen Folgen Olpp starb.

Aus SlaSt, Bezirk unS Umgebung.

Am vergangenen Sonntag hielt derUntere Schwarzwald-Turngau" im Ankersaale in Neuenbürg einen außerordentlichen Gautag ab. Der Gauschriftwart eröffnete und leitete die Versammlung und brachte ein Schreiben vom 22. November v. Js. zur Verlesung, worin der seitherige Gauvorstand Adolf Heydt-Calmbach mitteilte, daß es demselben leider unmöglich sei, die auf ihn ge­fallene Wahl wiederholt anzunehmen. Er als stell­vertretender Gauvorstand habe inzwischen die Ge­schäfte besorgt und so ungern man den seitherigen Vorstand auch scheiden sehe, müßten die angeführten Gründe der Ablehnung eben anerkannt werden. Er glaube im Namen aller Vertreter zu handeln, wenn er heute für dessen ersprießliche Tätigkeit (seit zehn Jahren in der Gauleitung) den wärmsten Dank des Gaues ausspreche und denselben in einem Zfachen Gut Heil" ausklingen lasse. Bei der sofort vorge- nommenen Neuwahl wurde dann mit Stimmenmehr­heit der seitherige Gauschriftwart W. Schönthaler- Neuenbürg zum Gauvorstand und an dessen Stelle als Gauschriftwart Christian bl er-Calmbach ge­wählt. Seit einigen Wochen ist das Gauausschuß­mitglied Gottlob Becht-Gräfenhausen aus dem dor­tigen Turnverein ausgetreten und mußte infolgedessen auch hier ein Ersatz gewählt werden und es erhielt die meisten Stimmen I. Bäuerle, Schömberg. Satzungsgemäß darf in dem Jahre, in welchem ein Kreisturnfest statrfindet, .keine größere Gauveranstalt­ung abgehalten werden und wird deshalb nach altem Brauch dieses Jahr nur eine Gauturnfahrt und zwar am 9. Juni nach Niebelsbach ansgeführt. Nun aber will der Turnverein Schömberg dieses Jahr seine Fahnenweihe abhalten und zwar ebenfalls am 9. Juni, was zu einer sehr lebhaften Debatte führte. Erstens hat Schömberg über den Kopf der Gau­leitung hinweg diesen Tag bestimmt und zweitens wollen sie damit noch ein Einzel- und Vereinswett­turnen verbinden und daran auch Nicht-Gauangehörige teilnehmen lassen. Mehrere Redner wiesen darauf hin, daß eine Durchbrechung der Gau- und Kreis­satzungen unbedingt zu verbieten sei und die Gau­leitung dürfe und sollte diese Durchbrechereien nie unterstützen. Ist es schon nicht statthaft, offizielle Preisturnen zu veranstalten, so darf unter keinen Umständen der Preisjägerei noch dadurch Vorschub geleistet werden, daß sogen, internationale Turnen abgehalten werden. Die Gauvereine haben in erster Linie die Veranstaltungen ihrer Gaue zu unterstützen und bleibt es nun Schömberg überlassen, wie und wann es seine Fahnenweihe abhalten will. Zur Entschuldigung von Schömberg mag dienen, daß voriges Jahr ein Turnverein des benachbarten bad. Gaues auch ein solches internationales Fest abge­halten hat, trotzdem auch dort dieselben Bestimm­ungen gelten wie bei uns. Zu etwas Gutem kann derartiges nicht führen und das Ansehen der Turnerei, hauptsächlich den Wert eines Kranzes fördern diese Feste nie. Die Gründung eines Bezirksaus­schusses für die Leibesübungen der schul­entlassenen Jugend wurde schon im vorigen Herbst beschlossen und soll nunmehr der Leiter dieser Bewegung, Hr. Professor Lachenmaier-Stuttgart (stellvertr. Vorsitzender des XI. Turnkreises Schwaben) gebeten werden, einen aufklärenden Vortrag in Neuenbürg zu halten, mit Ratschlägen und Erfahr­ungen, die an andern Orten gemacht wurden, wo diese Ausschüsse schon in Tätigkeit sind, uns an die Hand zu gehen. Von einem Redner wurde betont, daß dieser Bewegung ganz besondere Aufmerksamkeit auch seitens der Turnvereine zu schenken sei. Ein­sehen müsse jedermann, daß mit der heutigen Jugend etwas geschehen müsse, wenn sie nicht vollends ganz verrohen soll. Es gelte auch bei uns, Mittel und Wege zu finden, diese Jugend zu sammeln, sie von der Straße weg und aus den Wirtshäusern heraus­zureißen, sie Leibesübungen treiben zu lassen, die der Entwicklung ihres jugendlichen Körpers angepaßt sind. Dazu eignet sich vor allem unser seit 100 Jahren bewährtes Turnsystem. Das größte Hindernis wird