Stuttgart, 35. Nov. Die Privatangestellten werden zurzeit da und dort von Lebensversicherungs­agenten zum Abschluß von Versicherungsverträgen gedrängt mit dem Hinweis darauf, daß die Eingehung von Verträgen mit privaten Lebensversicherungs­unternehmungen von der bevorstehenden reichsgesetz­lichen Angestellten-Versicherung befreie. Der Staats­anzeiger weist darauf hin, daß nach den Beschlüssen der den Entwurf eines Versicherungsgesetzes für Angestellte beratenden Reichstagskommission nur solche Angestellte, die vor dem 15. Oktober 1911 mit öffentlichen oder privaten Lebensversicherungsunter­nehmungen einen entsprechenden Versicherungsvertrag abgeschlossen haben, auf ihren Antrag von der Bei­tragsleistung zur reichsgesetzlichen Versicherung befreit werden. Alle nach dem 14. Oktober 1911 abge­schlossenen Verträge vermögen daher eine solche Befreiung nicht mehr zu begründen. Diese Vorschrift, die voraussichtlich Gesetz werden wird, kann natürlich nicht dadurch umgangen werden, daß nun nachträglich abgeschlossene Verträge auf die Zeit vor dem 15. Oktober 1911 zurückdatiert werden. Vor etwaigen entgegengesetzten Belehrungen durch Versicherungs­agenten kann nur eindringlich gewarnt werden.

Friedrichshasen, 30. Nov. Der bisherige Führer des LuftschiffesSchwaben", Dr. Ecken er, ist von der Leitung der Luftschiffstation Baden-Oos zurückgetreten. An seine Stelle tritt Diplom­ingenieur Dörr. Hr. Dr. Eckener hat, nachdem die Passagierfahrten derSchwaben" eingestellt sind, die Aufsicht in der Luftschiffstation Baden niedergelegt, weil er über die Wintermonate wieder in Friedrichs­hafen tätig ist, wo er bekanntlich seinen Wohnsitz hat. Die Aufsicht über die Badener Luftschiffstation ist dem Diplomingenieur Dörr (nicht zu verwechseln mit dem bekannten Oberingenieur Dürr) übertragen worden. Die Meldung, daß Dr. Eckener, der beste und bewährteste Führer der Zeppelinschiffe, der Sache des Grafen Zeppelin zu dem er seit Jahren treu gehalten hat und zwar schon zu Zeiten, in denen die Oeffentlichkeit über die Arbeit des Grafen mit geringschätzigem Lächeln hinweggehen zu können glaubte den Rücken kehren werde, ist gänzlich ausgeschlossen.

Crailsheim, 29. Nov. Bei der heutigen Landtagsersatzwahl für den verstorbenen Äbg. Berroth (B.K.) wurden von 6000 Wahlberechtigten 4269 giltige Stimmen abgegeben. Die Wahl­beteiligung betrug somit 71,1°/o. Es erhielten Land­wirt Karl Lang (B.K.) 1377, Regierungsrat Reusch (natl.) 825, Gerbermeister Robert Schäffer (Vp.) 1176, Fritz Beinkaempen (S.) 663 und Landgerichts­direktor Gröber (Z) 238 Stimmen. Es hat somit eine Nachwahl stattzufinden. 14 Stimmen waren zersplittert. Bei der Wahl am 5. Dezember 1906 waren von 5835 Wahlberechtigten 3957 Stimmen abgegeben worden, so daß die Beteiligung 68,1°/o betrug. Damals hatten erhalten der Bund der Landwirte 1854, die Sozialdemokratie 319, die Volkspartei 1456 und das Zentrum 327 Stimmen. Zersplittert war eine Stimme. In der Nachwahl wurde dann Berroth mit 2516 gegen 2296 Stimmen gewählt, die auf den volksparteilichen Kandidaten gefallen waren.

Langenburg OA. Gerabronn, 29. Nov. Von 198 Wahlberechtigten haben bei der Stadtschult­heißenwahl 178, das sind 90°/», abgestimmt. Gewählt wurde Buchhalter Broß in Stuttgart mit 118 Stimmen, Ratsschreiber Gottert in Crailsheim erhielt 59 Stimmen. Die anderen vier Bewerber waren zurückgetreten.

Tübingen, 29. Nov. Auch hier wurde gestern abend 6.35 Uhr ein kräftiger Erdstoß verspürt, der unter der Bevölkerung des Bezirks keine geringe Aufregung hervorrief, aber keinen Schaden anrichtete. Desgleichen hat sich der Erdstoß aufwärts im Neckar­tal und drüben im Albtrauf im ganzen Bezirk Ba­lingen, sowie im westlichen Hohenzollern bemerkbar gemacht. Der neuerliche Erdstoß wurde in verschie­denen Teilen des Landes deutlich verspürt. In Nehren klirren die Fenster und verschiedene Gegen­stände schwankten. In Heilbronn wurden in der vergangenen Nacht kurz vor Mitternacht 3 kurze, schwache Stöße verspürt, ebenso in Ulm ein Erdstoß gegen 2 '/2 Uhr nachts. Auch heute früh wurden in Ebingen gegen 7 Uhr und in Neckarweihingen um 6.53 Uhr Erdstöße bemerkt. An letzterem Ort dauerte das Beben 2 Sekunden; leichter bewegliche Gegen­stände wurden erschüttert.

Ebingen, 29. Nov. Nachdem wir die letzten paar Tage und Nächte vor Erdstößen leidlich Ruhe hatten, erfolgte gestern abend ^7 Uhr wiederum ein solcher von ganz namhafter Stärke. Die allmählich nur zu bekannten Erschütterungen fahren einem sofort schreckhaft durch die Glieder. In den Häusern

machte sich infolge des neuesten Stoßes ein beäng­stigendes Krachen bemerklich. Viele Leute eilten wieder bestürzt auf die Straßen.

Ellwangen, 29. Nov. In der vergangenen Nacht ereignete sich beim Spitalhof ein schweres Automobilunglück. Der Kaufmann Rilling von Crailsheim, der ein Automobil lenkte, fuhr infolge schnellen Ausweichens gegen den Randstein, wobei sich der Wagen überschlug und vollständig zertrüm­mert wurde. Rilling wurde aus dem Fahrzeug geschleudert und erlitt schwere Verletzungen. Das Unglück ereignete sich, weil Rilling ein unbeleuchtetes Fuhrwerk zu spät bemerkte und dann rasch aus- weichen wollte.

Aalen, 29. Nov. In dem zur Zeit unbewohn­ten Rathaus in Hofen wurde in der vergangenen Nacht ein Einbruch verübt. Dis Täler warfen einen Kassenschrank, den sie nicht zu öffnen vermoch­ten, durchs Fenster in den Garten und beschädigten die Akten. Die Täter sind noch nicht ermittelt.

Aalen, 30. Nov. Zur Ermittlung der Ein­brecher, die dem Rathaus in Hofen einen Besuch abgestattet haben, wurde ein Polizeihund aus Stutt­gart hierhergebracht. Der Hund verfolgte die Spur bis nach Hüttlingen, wo er in einer Wirtschaft einen Stuhl verbellte, auf dem ein unbekannter Gast am vorhergehenden Tag gesessen war. Der Täter ist noch nicht ermittelt.

Frankenbach, 29. Nov. Gestern abend gegen 6 Uhr wurde der verheiratete 28jährige Gottlob Kircher, Hafner von hier, in nächster Nähe des Orts tot aufgefunden. Die Ursache des Todes wird heute durch eine gerichtliche Untersuchung erst fest­gestellt werden. Eine Verletzung wurde bis jetzt nicht gefunden. Am Montag kehrte er von seiner Arbeit in Heilbronn nicht zurück. Seiner Frau wurde gestern früh von Pforzheim telegraphiert, sie solle ihm Geld schicken, daß er wieder heimsahren könne. Wie er nach Pforzheim kam, ist unbekannt. Er hat sich schon öfter infolge eines Anfalls entfernt. Seine Frau sandte telegraphisch Geld nach Pforzheim, er ist auch dort abgereist. Seine Frau hat um 3 Uhr noch telephonisch mit ihm gesprochen, um 6 Uhr wurde er schon tot aufgesunden.

Jagst Hausen, 29. Nov. In der Sandgrube des Landwirts Kühner wurde ein Mammutzahn von außergewöhnlicher Größe gefunden.

Weinsberg, 25. Nov. Hier ist der älteste Mann des Bezirks, Landgerichtskanzlist a. D. Gottlob Epple, im Alter von 96ffz Jahren ge­storben.

Kus StaSt, Bezirk unS Umgebung.

* Das Opfer in sämtlichen evangelischen Kirchen Württembergs ist am Adventsfest für den Württ. Hauptverein der Gustav-Adolf-Stiftung bestimmt. Der Gesamtverein, der in jedem deutschen Land einen Hauptverein hat. will sich der Evange­lischen annehmen, die in der Zerstreuung wohnen, einzelner evangelischer Glieder und Familien in sonst katholischen Gemeinden; der Verein will aber nicht die einzelnen Leute unterstützen durch Geldgaben oder ähnliches, sondern er will ihnen helfen, daß sie evangelische Gottesdienste besuchen können, daß ihre Kinder evangelischen Unterricht, besonders auch Konfirmationsunterricht bekommen können. Wohnen wenigstens 60 evangelische Familien in einer sonst katholischen Gemeinde, so können die Evangelischen nach dem Gesetz von der Gemeinde die Errichtung einer evangelischen Schule ansprechen. Sind es aber weniger als 60 evangelische Familien, so müssen diese Familien selbst sehen, wie sie zu einer evange­lischen Schule kommen. Vielleicht können sie eine solche einrichten mit Evangelischen der Nachbarorte, aber selten sind diese Orte nahe genug bei einander und häufig sind diese evangelischen Familien nicht im Stand, die Kosten ganz allein aufzubringen. Solche Fälle sind besonders häufig in Oberschwaben, aber auch in manchen anderen Gemeinden unseres Landes. Da will der Gustav Adolf-Verein eintreten. Für solche Familien ist die nächste evangel. Kirche vielleicht einige Stunden weit entfernt; da werden solche Gruppen Evangelischer sich nicht selten um ein eigenes Kirchlein bemühen. Aber wie sollen sie die Kosten dieses Kirchleins aufbringen? Da muß wie­der der Gustav-Adolf-Verein helfen. Da gilt es dafür einzutreten, daß die Schulden aus Bauten allmählich abgetragen werden, dann wird es auch allmählich diesen Gemeinden möglich, die laufenden Ausgaben das Jahres selbst zu tragen. Seine Ein­nahmen erhält der Gustav-Adolf-Verein aus den Opfern am Adventsfest und sonstigen freiwilligen Beiträgen. Auf der am 13. und 14. Juni 1911 in Herrenberg gehaltenen Jahresversammlung konnten 52 000 an 58 Gemeinden und Anstalten in

Württemberg und Hohenzollern verteilt werden und weitere 33 400 ^ an 161 Gemeinden in Deutsch­land, Oesterreich. Rumänien, Bulgarien, Türkei, Frankreich, Belgien. Italien, Spanien und Süd­amerika. Die Gaben in unserem Bezirk Neuen­bürg beliefen sich 1910 auf 1966 ^ 66 und zwar aus Neuenbürg 192 ^ 05 Birkenfeld 78 93 Calmbach 361 73 Dobel

54 ^ 18 ^ 1 , Engelsbrand 51 33 mit Grün-

bach 90 38 Feldrennach 44 11 ^s. Griffen-

Hausen 259 ^ 26 Herrenalb-Bernbach 88 ^ 67 Höfen 236 23 Langenbrand 93 ^

50 ^s, Loffenau 56 ^ 74 Ottenhausen 37 Schömberg 189 05 Schwann-Dennach 24

50 Wildbad 209 ^ Die Aufgaben des Gustav- Adolf-Vereins haben sich in den letzten Jahren be­sonders in Oesterreich. Frankreich und Südamerika vermehrt, so ist dieser Verein unserer Gaben wohl bedürftig, derselbe sucht die Gaben in möglichst an­gemessener Weise zu verteilen. Gaben aus unserem Bezirk sind zu senden an das Eoang. Pfarramt in Höfen a./Enz.

Neuenbürg, 30. Noobr. Das winterartige Wetter, das zu Ende der letzten Woche durch leichten Schneefall mit folgendem Sudelwetter aufgetreten ist, hat bald wieder schönen Tagen Platz gemacht. Seit 2 Tagen von Winter keine Spur mehr. Wenn auch des Morgens und Abends nebeliges Wetter, so bricht die Sonne doch schon bald am Vormittag durch und versetzt uns in die schöne Herbstzeit zurück. Von einer wesentlichen Unterbrechung der Arbeiten im Freien kann deshalb auch noch keine Rede sein, so daß sowohl die in Angriff genommenen Hochbauten wie auch die Tiefbauarbeitern gefördert werden konnten, was den Unternehmern und Arbeitern gleich sehr zu statten kommt. Ein jeder so schöne Tag ist dem Winter abgewonnen und nun treten wir schon in den Weihnachtsmonat ein. Für die Manufaktur- und Wollwarenbranche ist ein richtiger Winter vor Weih­nachten von großer Bedeutung. Auch der immer mehr beliebte Wintersport möchte bald zu seinem Rechte kommen. Wenn es in gleichem Maße kalt werden sollte, wie es in diesem Sommer heiß war, so müßten wir noch einen bitterharten Winter be­kommen. Wir wollen uns zunächst noch an der milden Witterung erfreuen und den Winter ruhig abwarten.

X Neuenbürg. (Zuschneide-und Nähkurs.) Wie aus dem heutigen Inseratenteil ersichtlich ist, hält die Augsburger HauShaltungsnähschule (Abteilung Zuschneideschule), welche schon seit Jahren in einer großen Zahl württembergischer Oberamtsstädte, zur Zeit auch in unserer Nachbarschaft Wildbad, mit großen Erfolgen Zuschneide- und Nähkurse veran­staltet, auch hier in Neuenbürg einen derartigen Kurs ab. Daß in unserer heutigen Zeit es dringend not­wendig ist, sich mit den im Haushalte so wichtigen Kenntnissen auszurüsten, wird jedenfalls auch unfern Neuenbürger Damen nicht unbekannt sein und glauben wir, uns der Ansicht nicht verschließen zu dürfen, zumal es sich hier um ein erstklassiges Institut han­delt, daß, wie an anderen Plätzen, so auch hier, seitens unserer lernbegierigen Damen, diesem In­stitut das nötige Interesse durch zahlreiche Beteilig­ung entgegengebracht wird. Im Uebrigen verweisen wir auf das heutige Inserat.

§. Höfen, 26. Novbr. Seit 3 Jahren besteht hier ein Verein für Krankenpflege, der vor einigen Wochen in das Vereinsregifter eingetragen wurde. Was dieser Verein bisher nur gewünscht hat, ist jetzt in Erfüllung gegangen: heute wurde hier eine Kranjkenpflegestation eröffnet durch das Mutter­haus der Olgaschwestern in Stuttgart. Nachdem der Ortsgeistliche in der Predigt darauf Bezug ge­nommen hatte, hielt Pfarrer Schippert vom Mutter­haus der Olgaschwestern eine Ansprache an die Ge­meinde und bat um das Vertrauen der Gemeinde für die hieher gesandte Schwester; derselbe machte mittags der zahlreich erschienenen Gemeinde Mitteil­ungen über die Geschichte seines Hauses, das bisher schon Schwestern in Neuenbürg, Schwann, auf der der Charlottenhöhe und Sommers in Wildbad hat. Der Verein für Krankenpflege in Höfen hat einen sehr niedrigen Jahresbeitrag festgesetzt, damit jeder Familie von hier und von Rotenbach der Eintritt ermöglicht sei. Während Mitglieder außer dem Jahresbeitrag keine Verpflegungskosten zu bezahlen haben, ist für Nichtmitglieder eine Gebühr bei In­anspruchnahme der Schwester festgesetzt. Freiwillig zahlen viele Mitglieder einen höheren als den fest­gesetzten Jahresbeitrag, freiwillig bekam der Verein auch schon manche größere und kleinere Gabe und wird solche auch fernerhin erhoffen dürfen. Möge diese neue Einrichtung zum Wohl unserer Kranken gereichen!