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schutztaschen, Gedichte und Mitteilungen aus den Bezirksvereinen bilden den Schluß der reichhaltigen, belehrenden und unterhaltenden Nummer.

Weilimdorf, 23. Nov. An einer Blind­darmoperation starb gestern Domänepächter Lempp vom Berkheimer Hof. Große Teilnahme folgt dem allgemein geachteten jungen Mann ins frühe Grab. Die Familie des Lempp hat seit Dezennien den Pacht des Hofes innegehabt, der jüngst durch Kauf in den Besitz der Kgl. Hofdomänekammer überge­gangen ist.

Unterst einb ach, 24. Nov. Aufsehen erregten die vorgestern abend und gestern früh durch das fürstliche Forsipersonal und den hiesigen Landjäger vorgenommenen Verhaftungen von vier männlichen Personen und deren Einlieferung an das Amtsgericht Oehringen wegen erschwerten Jagdvergehens in den fürstlichen Waldungen bei Michelbach.

Ulm, 2. Nov. Bei der gestern stattgefundenen Häute- und Fellversteigerung wurden fol­gende Preise erzielt: Ochsenhäute per Pfund 45 bis 47 Farrenhäute 36'/- bis 39 A Kuhhäute 46 bis 48 --Z, Kalbelhäute 47 bis 48 A, Kalbfelle ohne Kopf 87'/, bis 91 A mit Kopf 76 A

Vom Bodensee, 24. Nov. Die Apotheken in Ravensburg, Weingarten, Friedrichshafen, Langen­argen, Tettnang, Waldsee, Wangen, Wilhelmsdorf geben folgendes bekannt: Die veränderten Zeit- Verhältnisse, die sich stets mehrenden Geschäfts­unkosten rc. machen es leider unmöglich, an dem bisher üblichen Borgsystem festzuhalten. Sie er­suchen die gesamte Kundschaft von Stadt und Land möglichst um bare Bezahlung.

T Pforzheim, 24. Nov. Heute Nachmit­tag '/-3 Uhr ertönten die Großfeueralarmglocken in den Jahrmarktsrummel hinein. Das Feuer war im Hofgut Buckenberg entstanden. Zerstört wurde eine vor 1'/- Jahren neu erbaute ca. 30 Meter lange und ca. 15 Meter breite Scheuer nebst Stollungs- anbau und Heuspeicheranlagen. Eine Unmasse Heu, Stroh und Oehmd ist ein Raub der Flammen geworden. Es wird als Entstehungsursache Selbst­entzündung von feucht eingebrachtem Oehmd ver­mutet. Der Gesamtschaden wird auf ca. 18 bis 20 000 geschätzt, der zum Teil durch die Ver­sicherungsgesellschaft gedeckt wird^

Karlsruhe, 24. Nov. Ein in einem Hause der Gartenstraße beschäftigtes Dienstmädchen aus Kürnbach (Amt Breiten) hat sich gestern früh durch Umstoßen einer Erdöllampe schreckliche Brand­wunden zugezogen. Das Mädchen wurde in das Städt. Krankenhaus verbracht, wo es nachmittags gestorben ist.

Saargemünd, 23. Nov. Unter dem Verdacht, den Raubmord auf der Landstraße be­gangen zu haben, ist gestern ein gewisser Mailfert

aus Wurfweiler verhaftet worden. Man fand bei ihm Patronenhülsen und eine Geldsumme von 300 ^ vor, über die er sich nicht ausweisen konnte. Bei dem Verhör verwickelte er sich in Widersprüche.

Straßburg, 22. Nov. Das Forbacher Trainbataillou wurde nach der Straßb. Post am 17. d. M. vom Kommandeur des 16. Armeekorps, dem General der Infanterie Stütz er, gründlich besichtigt. Nicht nur wurde das Bataillon auf seinem gewöhnlichen Exerzierplatz vorgestellt, sondern auch alle Vorräte auf den Kammern wurde nach­gesehen. Von Unordnungen ist dabei nichts bekannt geworden. Man glaubt, daß das ganze Bataillon noch Montigvy bei Metz verlegt und in Forbach durch die 33er reitende Artillerie aus Metz ersetzt werden soll. Leutnant Bilse wird seine Strafe im Bezirksgefängnis in Metz in Einzelhaft verbüßen. Der Verurteilte wird demnächst ein Gnadengesuch einreichen und darum bitten, die ausgesprochene Dienstentlassung in den sog. schlichten Abschied zu verwandeln, da ihn bet der Abfassung des Buches keine unehrenhaften Beweg­gründe geleitet hätten. Durch diese Abänderung des Urteils würde dem Bilse der Anspruch auf Jnvalidenpension bleiben. Der Bilse'sche Roman wird, da er in Deutschland sofort beschlagnahmt weiden wird, nach dem Kl. Journ. künftig im Wiener Verlag" zu Wien erscheinen. Was für ein Geschäft Bilse infolge deS Eingreifens der Militärbehörden machen dürfte, ersieht das Kl. Journ. daraus, daß bis jetzt nicht weniger als 36000 Bestellungen bei dem Verleger eingelaufen sind, eine Zahl, die ohne den Prozeß wohl nicht erreicht worden wäre.

Berlin, 24. Nov. Wie aus Hamburg gemeldet wird, wurde daselbst wegen etwa 1500 Soldaten-Mißhandlungen ein ehemaliger Unter- osfizier des 85. Infanterie-Regiments in Rendsburg, der jetzt Schutzmann in Hamburg ist, seines Dienstes enthoben und verhaftet.

Berlin, 24. Nov. Nach einer Londoner Depesche schwebten am letzten Mittwoch die beiden Königinnen von England und Italien in großer Gefahr, als sie bei der Jagd in Windsor auf dem Stand der beiden Könige eintrafen. Das Gewehr des Königs Viktor Emanuel entlud sich plötzlich und der Schuß ging dicht an den Gesichtern der beiden Königinnen vorbei.

Berlin, 24. Nov. Wie dem Lokal-An­zeiger aus Lissabon gemeldet wird, ist der portu­giesische Ballon Lupitanna (Lupitania) mit drei Insassen vom^Vinde fortgerissen worden und ver­schwand über dem Ozean. Nach einer anderen Meldung wurde der Ballon in Gibraltar am Riff aufgefunden. Ueber das Schicksal der Luftschiffer ist nichts bekannt.

Chemnitz, 21. Nov. DasChemnitzer Tageblatt" schreibt:Die ehemalige Kronprinzessin

kuckender Herr Hinabgelaffen in das schwankende Boot er setzte sich schwer­fällig in die Mitte, eine zierliche junge Frau in ultramoderner Reisetoilette hüpfte graziös hinab ein Ruck, ein heftiges Schwanken des Bootes und sie saß aus dem Knie des dicken Herrn und klammerte sich ängstlich an ihn.

Die gefüllten Boote stießen ab, der Anker raffelte wieder in die Höhe, die Maschine keuchte, der Dampfer fetzte sich in Bewegung. Nun bog er um die äußerste Spitze der Halbinsel, das kühn ragende Nordpferd wie prachtvoll die schaumgekrönten Wellen jetzt aufzischten, wenn der Bug deS Dampfers sie durch- schnitt! Dem jungen Mädchen war's, als ob sie aufjauchzen könnte vor Wonne sie hielt sich an einer Stange fest und beugte sich noch weiter vor dabei löste ein heftiger Windstoß den Schleier gänzlich von ihrem Hute und trieb ihn wirbelnd an die Wand des Kartenhauses.

Glück muß der Mensch haben!" brummte Herr Miller vor sich hin, als er sah, wie der junge Maler mit einem geschickten Griffe den Ausreißer einfing und triumphierend der Eigentümerin zurückbrachte. Er setzte sich bequem auf der Bank zurecht, schlug die Arme übereinander und beobachtete lächelnd das junge Paar da vorn am Geländer.

Das Fräulein hatte den Schleier dankend in Empfang genommen und sich dann ruhig wieder abgewandt. Die bewegte Meeresfläche war ihr entschieden interessanter, als die lustigen, blauen Augen, die sie aus dem jungen Männer- antlitz da halb schelmisch, halb bewundernd anblickten.

Aber Herr Klaus Behrendt gehörte nicht zu den Leuten, die einen errungenen Vorteil ohne weiteres wieder aufgeben, wenn das erste Hindernis kommt. Er blieb neben, der jungen Dame stehen und zwang sie, sich ihm wieder zuzuwenden, indem er höflich bemerkte:Gnädiges Fräulein täten entschieden gut, auch das Hütchen sicherer zu befestigen eS könnte Ihnen sonst gleichfalls davonfliegcn und wer weiß, ob ich so glücklich wäre» es auch wieder einzufangen!"

von Sachsen ist zur Zeit wieder das Objekt zahl­reicher Legendenbildungen. Soweit in neuerdings verbreiteten Nachrichten von einer in Aussicht stehen­den Versöhnung der Prinzessin mit ihrem Gemahl und dem sächsischen Hofe die Rede ist, sind wir in der Lage, diese Meldung aufs allerbestimmteste als vollkommen erfunden zu erklären. Auch weiß man am sächsischen Hofe nicht, wie die ehemalige Frau Kronprinzessin dazu kommt, sich jetzt Luise von Baaringen zu nennen. Der Titel und Name einer Gräfin Montignosa ist ihr seinerzeit verliehen, aber nicht von ihr selbst gewählt worden, und nur auf diesen Namen hat sie Anspruch.

London, 24. Nov. Eine furchtbare Feuers­brun st wütete gestern abend in dem Stadtteil Fattel-Lane. Um Mitternacht waren 300 Feuer­wehrleute zur Bekämpfung des Feuers ausgerückt. 12 Häuser wurden ganz zerstört. Das Stadtviertel ist hauptsächlich von Popierhändlern bewohnt.

Vermischtes.

Der entrüstete Onkel. Eine heitere Szene ereignete sich nach derTgl. Rdsch." in einer schlesischen Stadt. Einem Kaufmann war ein strammer Bursche geboren, was der glückliche Vater seinem Bruder mitteilte mit den Worten: Heute ist bei mir ein Junge cingetroffen, der sich für deinen Neffen ausgiebt." Sofort antwortete dieser:Du weißt, daß ich keinen Neffen habe. Glaube dem Betrüger nicht, wirf ihn hinaus oder laß ihn verhaften." Erst ein zweiter Brief mußte denOnkel" aufklären.

Fatale Belehrung. Der Kardinal Fürst-Erzbischof Schwarzenberg wohnte einst dem Unterricht in einer Schule seines Prager Sprengels bei. Der Lehrer fragte unter Anderem:Wer har das Pulver erfunden?" Der examinierte Knabe wußte es nicht, glaubte aber seinen soufflierenden Nachbar nicht recht verstanden zu haben und ant­wortete daher eilig:Schwarzenberg."Nein, nein, mein Kind," meinte der Lehrer darauf be­richtigend,freilich ist die Familie Schwarzenberg ein edles hochberühmtes Geschlecht, dessen Spröß- linge der Kirche und dem Staate in Krieg und Frieden große Dienste geleistet, aber aber, das Pulver haben sie nicht erfunden."

Zur ZllMruug dks Kirchengchvgvemvs.

Nachdem der Kirchengesangverein seit vielen Jahren nichts von Bach aufgeführt hat, will er Heuer mehrere seiner Kantaten zu Gehör bringen. In seinen Kantaten lernen wir den Meister nach seinem innersten Wesen kennen; die Zusammen­stellung der Chöre, Rccttative, Arien, Duette, Choräle gibt uns ein deutliches Bild seiner tief religiösen Ueberzeugung. Gleich einem Prediger legt er das Wort aus, überall den passendsten Ausdruck findend.

Zum Verständnis der einzelnen Kantaten lassen wir Spitta u. A. reden:Du Hirte Israel, rede" ist ein kirchliches Pastoral, das Lieblichkeit und Ernst in selten schöner Vereinigung zeigt. Durch die Triolenbewegung, sowie durch den sackpfeifen­artig liegen bleibenden Baß, werden dem ersten Chor

Er hatte erreicht, was er wollte-das junge Mädchen fuhr herum,

griff ängstlich mit beiden Händen nach der gefährdeten Kopfbedeckung und sah ihn erschreckt an.

Binden Sie doch einfach den Schleier quer darüber und verknoten Sie ihn dann unter dem Kinn!" fuhr der Maler gemütlich fort und lächelte zufrieden, als sie dem praktischen Rate ohne Zögern folgte.

Jst's so gut?" fragte sie dann aufblickend.

Ausgezeichnet!" versetzte er mit großer Aufrichtigkeit; innerlich frohlockte er, denn seinem Künstleraugr erschien dies rosige Gesichtchen mit dem goldig flim­mernden Kraushaare doppelt reizvoll in der Umrahmung der düsteren Schleier­wolke. Er beugte sich lebhaft vor und fuhr geläufig fort:Da der Zufall oder vielmehr dieser gesegnete Nordost mir das Vergnügen Ihrer Bekanntschaft vermittelt hat, mein Fräulein, ist es wohl nötig, daß ich mich Ihnen vor allen Dingen vorstelle"

Sie finden das notwendig?"

Unbedingt, gnädiges Fräulein! Um so mehr, da ich ja voraussichtlich auch in Lohme öfter den Vorzug haben werde. Ihnen zu begegnen: Mein Name ist Klaus Behrendt, ich bin"

Maler und wohne für gewöhnlich in München ganz recht; ich danke Ihnen sehr, Herr Behrendt!"

Er sah sie außerordentlich erstaunt an.

Ja, woher wissen Sie ?" fragte er endlich verblüfft.

Sie hatte» vorhin die Güte, es meinem alten Reisegefährten dort mit­zuteilen"

Alle Wetter! Haben Sie aber feine Ohren, meine Gnädige!" rief Herr Klaus ein wenig verlegen.Da haben Sie am Ende auch unsere übrige Unter­haltung mit angehört?" (Fortsetzung folgt.)