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Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.

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143 .

Neuenbürg, Freitag de» 8. September Ml.

69. Jahrgang.

Run-schau.

Durch unser Volk geht gegenwärtig ein sehr kräftiger nationaler Impuls. Davon kann man sich Überall im Lande überzeugen. Für unsere Staatsmänner bietet diese starke und männliche Haltung des Volkes einen festen Rückhalt. Nur der Sozialdemokratie war es Vorbehalten, sich in Wider­spruch mit dem allgemeinen Empfinden zu setzen und unter dem Vorwand einer Friedensdemonstration erneut zu zeigen, daß in nationalen Fragen kein Verlaß auf sie ist. Der Abg. Ledebour hat es wieder fertig gebracht, den Massenstreik als Mittel zur Verhinderung eines Krieges zu empfehlen. Wenn es also nach ihren Führern geht, sollen die Sozial­demokraten dem eigenen Volke in den Rücken fallen, wenn über Sein oder Nichtsein entschieden wird! Wir haben keine Sorge, daß dieses Rezept jemals zur Anwendung kommen wird. Auch in unseren Arbeitern steckt trotz aller sozialdemokratischen Ver­hetzung so viel gesunder Sinn, daß sie in solchen Zeiten zum Vaterlande stehen werden. Selbstver­ständlich würde aber der erste Versuch im Sinne der sozialdemokratischen Parteiführer mit eiserner Faust niedergeschlagen werden. In der Besprech­ung der Demonstration der Berliner Sozial­demokraten im Treptower Park führt dieNordd. Allgem. Ztg." aus: Die Sozialdemokraten rannten gestern mit großer Wucht offene Türen ein. Um der Demonstration einen Mantel zu geben, wandte man sich gegen eine angebliche Kriegshetze des Panzerplatten-Kanonenkapitals, die nur in der Ein­bildung der Sozialdemokraten besteht. Dagegen sprach man nicht davon, wie einmütig sich in diesen Wochen ein fester Wille der Nation bekundete, unsere Stellung in der Welt zu wahren. Das frivole Spiel mit dem landesverrätischen Gedanken eines Massen­streiks zwecks Lahmlegung unserer Machtmittel in entscheidenden Augenblicken wurde auch gestern wiederholt. Die Versuche, solche Gedanken in die Tat umzusetzen, werden von der Nation im Nu weg­gefegt werden. Darüber wird nirgends ein Zweifel bestehen. Daß diese Gedanken aber gerade jetzt ausgesprochen werden können, beweist, wie verständ­nislos die sozialdemokratischen Führer dem wahren Fühlen der Nation gegenüberstehen.

Kiel, 6. Sept. Wie bei seinem Eintreffen in Kiel hat der Reichskanzler v. Bethmann-Hollweg heute nach der Abreise des Erzherzogs Franz Fer­dinand dem Kaiser einen längeren Vortrag gehalten.

Wildpark, 7. Sept. Der Kaiser traf heute abend 8.05 Uhr mit dem Sonderzug, von Kiel kom­mend. auf der Fürstenstation Wildpark ein.

Köln a. Rh., 6. Sept. DieKöln. Ztg." meldet aus Berlin: Den deutsch-französischen Ver­handlungen lag von Anfang an der Gedanke zu Grunde, daß Deutschland für die wirtschaftliche Be­tätigung in Marokko, namentlich für die Erhaltung und Fortentwicklung seines Handels in dem scheri- fischen Reich sichere Bürgschaften erhalten soll und daß Frankreich für die Einräumung politischer Be­wegungsfreiheit in Marokko uns auf kolonialem Ge­biete entschädigen müsse. Zur Erfüllung dieser deut­schen Wünsche hat die französische Regierung nunmehr einen schriftlichen Vertragsentwurf aufgesetzt und am Montag vormittag durch den Botschafter Cambon hier überreichen lassen. Die Prüfung der französi­schen Vorschläge gibt Anlaß zu deutschen Gegenvor­schlägen. Da es sich für Deutschland in Marokko wesentlich um ausreichende Sicherstellung wichtiger wirtschaftlicher Interessen handelt, so müssen zu wiederholten Malen Sachkundige befragt und für verschiedene Punkte ins einzelne gehende Aufstellungen gemacht werden, was besondere Sorgfalt und ent­sprechende Zeitaufwendung erfordert. Es ist aber bisher soviel Vorarbeit geleistet sowohl in der Frage der Bürgschaft für unsere wirtschaftliche Betätigung in Marokko wie für Gebietsentschädigungen, daß bei

beiderseitigem gutem Willen auf ein baldiges Er­gebnis der Verhandlungen gehofft werden darf.

Berlin, 7. Sept. Entgegen der gestern noch verbreiteten Hirschmeldung, daß eine Unterredung zwischen Kiderlen-Wächter und Cambon gestern nicht mehr stattgefunden habe, behauptet dasBerl. Tagebl.", die zweite Unterredung zwischen den Ge­nannten habe bereits gestern nachmittag wenige Stunden nach dem Vortrag des Reichskanzlers beim Kaiser stattgefunden. Der französische Botschafter habe gestern gegen 5*/- Uhr den Staatssekretär des Auswärtigen besucht und mit ihm eine Unterredung gehabt, die etwa Stunden dauerte.

Berlin, 6. Sept. Aus Anlaß der durch die Marokkoangelegenheit hervorgerufenen internationalen Spannung wendet sich das deutsch-englische Verständigungskomitee im Interesse der Erhalt­ung des Friedens unter den beteiligten Nationen mit nachstehender Resolution an die Oeffentlichkeit: 1) Das deutsch-englische Verständigungskomitee hat mit schwerer Besorgnis die Entwicklung der Marokko­krise verfolgt und bedauert aufs lebhafteste die da­durch bedingte erneute Spannung der deutsch-eng­lischen Beziehungen. 2) Das Komitee begrüßt darum freudig den nunmehr in Aussicht gestellten Ausgleich der schwebenden Differenzen und hofft 3) daß bald eine definitive und alle Teile befriedigende Erledig­ung aller Streitpunkte zu Stande kommen wird. 4) Das Komitee hält an der unerschütterlichen Ueber- zeugung fest, daß ein friedliches und gutes Einver­nehmen zwischen Deutschland und England nicht bloß im wohlverstandenen Interesse beider Nationen liegt, sondern auch im Interesse der Zivilisation und der gesamten Kulturwelt.

Paris, 7. Septbr. Das Echo de Paris greift die französische Regierung heftig an, weil sie sich systematisch weigert, die unabhängige Presse über den Verlauf der deutsch-französischen Verhandlungen zu unterrichten. Dieses hartnäckige Stillschweigen lasse befürchten, daß die französische Regierung im Begriff stehe, noch über jene großen Zugeständnisse hinaus­zugehen, die bei der Rückkehr des Botschafters Cambon nach Berlin als unabänderliches Maximum bezeichnet worden waren.

Ein säbelrasselnder General. Ein fran­zösischer General hat eine Broschüre erscheinen lassen, die den Titel führt:Müssen wir uns vor Deutschland fürchten?" Der Zweck der Broschüre ist, wie ihre Aufschrift ergibt, den Fran­zosen den Irrwahn zu nehmen, als hätten sie einen Kampf mit Deutschland zu scheuen. Nicht Frankreich, Deutschland würde bei einem Kriege alles aufs Spiel setzen. Deutschland ist ein Koloß auf tönernen Füßen, den ein Krieg ins Wanken bringen und stürzen würde, meint der General. Zum Beweise für diese Behauptungen erinnert er zunächst an die Verbrüderung der deutschen und der französischen Sozialdemokratie, und an die glänzende Aufnahme, die am 30. Juli ds. Js. den französischenCögö- tisten" in Berlin zuteil wurde. Er sagt:Im Kriegsfälle würde in Paris vielleicht ein Aufstand, gewiß aber eine Revolution in Berlin ausbrechen." Daß deutsche sozialdemokratische Führer den Fran­zosen damals die Ohnmacht ihrer Partei, einen Krieg zu verhindern, freimütig eingestanden haben, da­von hat der französische General offenbar nichts ge­hört. Außerdem prophezeit der politisierende General für den Kriegsfall auch noch einen Aufstand der Elsaß- Lothringer, Polen und Schleswigs! usw. Wir glauben aber, unseren Lesern genügen schon diese Proben.

Weitere Prahlereien Delcasses. Der französische Marineminister Delcass6 erklärte in Toulon mehreren Journalisten, daß er nicht eine Parade, sondern eine nationale Kundgebung zur See beabsichtigt habe. Wenn ich jetzt den Befehl zur Ausreise gebe, sagte Delcassö, so würden eine Viertel­stunde später alle Gefechts-Dispositionen getroffen sein. Ueber die Besatzung der Schiffe vom Typ

Danton äußerte Delcassö: Vor Tagen fehlten noch 300 Mann an Bord jeder dieser Einheiten, heute fehlen nur noch 54. Ich hätte alle Einheiten vom Typ Danton hier präsentieren können, aber ich wollte nicht dem Beispiel Deutschlands folgen, das an der Kieler Parade Dreadnoughts teilnehmen ließ, die noch nicht einmal ihre Versuchsfahrten beendigt hatten.

Folgen der Marokko-Krise. Die lange Dauer der deutsch-französischen Verhandlungen und die Unsicherheit, die in der Oeffentlichkeit über den Gang und die Ergebnisse der Verhandlungen herrscht, haben in weiten Kreisen Deutschlands, aber auch im Auslande, eine starke Nervosität hervorgerufen. Neuerdings liegen Meldungen aus Metz und Stettin vor. wonach die Besorgnis vor einem Kriege zu Stürmen auf die dortigen Sparkassen geführt hat. Auf der Börse in Antwerpen erfolgte ebenfalls eine Panik infolge eines Gerüchtes, wonach die militär­pflichtigen Deutschen auf das Konsulat berufen wor­den seien. Die Nachricht bestätigte sich, jedoch wurde sie von dem Konsul dahin erläutert, daß es sich um ein normales Vorgehen handle, welches in jedem Jahre statlfinde, um den jungen Deutschen die Not­wendigkeit einer Reise zum Zwecke der militär-ärzt­lichen Untersuchung über ihre Dienstfähigkeit zu er­sparen. Trotzdem machte die Nachricht einen ungünstigen Eindruck. Es liegt aber in Wahrheit gar kein Grund zur Beunruhigung vor. Die Ver­handlungen nehmen ja einen ganz normalen Fortgang, und wenn sie auch scheitern würden, so würde das durchaus noch nicht einen Krieg nach sich ziehen müssen, sondern eher eine allgemeine Konferenz der beteiligten Mächte.

Stettin, 6. Septbr. Trotz aller beruhigenden Hinweise in der hiesigen Presse und seitens der Sparkassenbeamten waren heute morgen wieder Hun­derte von Sparern zur Abhebung ihrer Guthaben bei der Sparkasse erschienen. Es gelangten rund 266 000 ^ zur Auszahlung gegen 18 000 Ein­zahlungen. Im Publikum war das Gerücht ver­breitet, daß die Sparkasse im Falle einer Mobil­machung überhaupt ihre Kassenlokale schließen und die Auszahlungen einstellen werde. Doch ließ sich eine ganze Reihe von Sparern durch Zureden dazu bewegen, ohne Abheben der Einlagen die Sparkasse wieder zu verlassen. Auch nachmittags war der An­drang wieder ziemlich stark. Seit Samstag sind insgesamt rund 1400 000 ^ zur Rückzahlung gelangt.

Straßburg, 7. Septbr. Bei dem durch die Kriegsgerüchte veranlaßten Sturm auf die Metzer Sparkasse mußten die vorhandenen Barsummen und sämtliche Reserven, im ganzen etwa 2 Millionen Mark, zurückbezahlt werden.

Englische Kriegsvorbereitungen. Wie sich dasPariser Journal" aus London melden läßt, hat der englische Kriegsminister Befehl gegeben, sämtliche Posten in der Umgebung der Festungswerke zu verdoppeln. Vier Torpedobootszerstörer und 13 Torpedoboote kreuzen während der ganzen Nacht an der Themsemündung und werden bis auf weiteres durch Scheinwerfer in ihrer Aufgabe der Rekognos­zierung unterstützt.

London, 6. Septbr. Der Korrespondent der Daily Mail" in Tanger telegraphiert, Hr. Mannes­mann sei dort auf dem Wege nach Casablanca angekommen, wo die Firma enormen Grundbesitz habe. Vier deutsche Ingenieure befänden sich in Begleitung des Hrn. Mannesmann, und sie würden später zu dessen Bruder nach Agadir gehen. Der genannte Korrespondent meldet ferner, einer von den deutschen Herren habe ihm gesagt, daß die deutschen Kriegs­schiffe Agadir nicht eher verlassen würden, bevor nicht die Firma Mannesmann allen Minenbesttz im Susgebiet erworben habe. Diese Provinz sei die an Metallen reichste Gegend der ganzen Welt! Gold, Silber und Kupfer seien gefunden worden neben anderen wertvollen Metallen.