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Der Lnztäler.
Anzeiger für das Lnztal und Umgebung.
Amtsblatt kür Sen Vberamtsbezirlc Neuenbürg.
Neuenbürg, Samstag Len 17. Juni 1911.
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RunSichau. ;
Der Kaiser hat sich in der abgelaufenen Woche ! zum Teil militärischen Besichtigungen bei verschiedenen Truppenteilen des Gardekorps und weiter der Vornahme von Hebungen mit den inspizierten Truppenteilen gewidmet. Am Mittwoch früh traf er bald nach 6 Uhr, vom Berliner Residenzschlosse kommend, auf dem Truppenübungsplatz Döberitz ein, wo er zu ! Pferde stieg und dann mit der Gardekovaklerie- ! division eine längere Gefechtsübung vornahm, zu j welcher ferner Infanterie und Artillerie hinzugezogen j wurden. Auch die Kaiserin und die Prinzessin Vik- i toria Luise wohnten zu Pferde der Uebung bei. Als i sie beendigt war, ritt der Kaiser an der Spitze der i Standarteneskadron in das Lager ein. j
Der Reichskanzler von Bethmann Hollweg ' gedenkt, wie verlautet, vielleicht noch im Lause dieses ! Monats in Wiesbaden zu einem längeren Kur- z gebrauch einzutreffen. — Von den zahlreichen Kongressen und Vereinen, die, wie gewöhnlich in der pfingstlichen Zeit in Deutschland tagten, war zweifel- ! los der in Leipzig in den Tagen vom 11. bis 13. ^ Juni abgehaiiene zweile deutsche Wohnungskongreß i einer der wichrigsten. behandelte er doch mit der ; Frage der Wohnungsreform eines der hervorragend- ^ sten und schwerwiegendsten sozialen Probleme der Gegenwart. In seinen Verhandlungen hat der Kon- i greß namentlich die immer größere Bedeutung er- langende Bodenfrage und weiter die ebenfalls sehr wichtige Frage der Finanzierung der Bautätigkeit, eingehend erörtert. Man darf sich wohl der Er- ! Wartung hingeben, daß diese Verhandlungen mit das ^ Ihrige dazu beitragen werden, eine einigermaßen z ersprießliche Lösung der immer brennender werden- ! den Wohnungsfrage in Deutschland herbeizuführen. ,
In der politischen Chronik des Reiches verzeich- ! nen wir für diese Woche drei größere Ereignisse: ! den 50jährigen Gedenktag der Gründung der Deut- j scheu Fortschrittspartei, der von den liberalen s Blättern des Reichs ausnahmslos in einer für dis ! Zusammenfassung des Gesamtliberalismus wertvollen Sympathie begrüßt wurde. Sodann das 25jährige j Regentenjubiläum des Prinzregenten Luitpold von j Bayern, das allerdings zugleich das Gedächtnis an ! das traurige Ende des Königs Ludwig II auffrischte. ! Endlich die große Tagung des Hansabundes in Berlin, die in ihrem Verlauf gezeigt hat, daß unser öffentliches Leben mit einem neuen gewaltigen Faktor zu rechnen hat, dessen Tätigkeitsbereich, so umfassend er schon gestaltet ist, noch lange nicht umgrenzt ist.
Berlin, 16. Juni. Das Brandenburger Tor prangt heute im Festschmuck. Grüne Reiser ranken sich um die Säulen und die leuchtende Ziffer 40 verkündet, daß heute vor vier Jahrzehnten die siegreichen deutschen Truppen nach Beendigung des fran- ! zöstschen Krieges mit wehenden Fahnen in die Hauptstadt des neugeeinten Kaiserreiches eingezogen sind. !
Berlin, 17. Juni. In der Druckerei der > Firma August Scherl, G. m. b. H., haben sich gestern abend die Maschinenmeister geweigert, den Lokalanzeiger zu drucken, weil auf Grund eines Urteils des von Gehilfen und Prinzipalen zu gleichen Teilen besetzten Tarifamtes zwei Maschinenmeister entlassen worden waren. Darauf haben sich die Firmen Ullstein u. Co. und Rudolf Mosse mit der Firma August Scherl solidarisch erklärt und die Firmen beschlossen, ihre Zeitungen: Berliner Tageblatt, Berliner Morgenpost, Berliner Lokalanzeiger, Berliner Allgemeine Zeitung, Berliner Morgenzeitung und Berliner Volkszeitung zunächst nicht erscheinen zu lassen. !
Paris, 16. Juni. General Langlois wurde j gestern feierlich als Mitglied der Akademie eingeführt. In seiner Antrittsrede erklärte er, die Ehre, welche die Akademie ihm erwiesen, falle auf die Armee zurück. Diese werde an dem Tage, wo sich das Vaterland in Gefahr befinde, sagen: „Ich bin bereit." '
(Tin ominöses Wort! Es erinnert an die Antwort des französischen Kriegsministers Leboeuf: „Norm 80 MM 68 ard>ipr6t8" — wir sind erzbereit — worauf 1870 folgte. D. Red.)
In Paris herrscht jetzt große Aufregung darüber, daß die Spanier jetzt auf einmal in dem marokkanischen Hafen Larrasch 250 Mann Soldaten gelandet und außerdem auch noch in der marokkanischen Stadt Elksar ein befestigtes Lager errichtet haben. Dieses Vorgehen Spaniens kann nichts anderes bedeuten, als daß sich Spanien in Marokko auch einige gute Plätze sichern will, falls die Franzosen Miene machen sollten, Marokko zu anellieren. Die Pariser Zeitungen kochen förmlich vor Entrüstung. Sie werfen Spanien einen Bruch der Algecirasakte vor und winken, in aller Form mit dem Zaunpfahl. Aber auch in der Politik gilt der Spruch des Junkers Alexander: „Ja, Bauer, das ist ganz was anders!" Frankreich hält mit seinen Truppen schon lange große Teile Marokkos besetzt und tut der Unabhängigkeit und Integrität des Scherifenreiches Gewalt an. Wenn aber Spanien einige Bataillone über die Grenze schiebt, um sich einen bescheidenen Anteil an dem großen Raube zu sichern, so ist dies „weder mit dem Geiste noch mit dem Wortlaute der Algecirasakte vereinbar." Da die Spanier schon seit Hunderten von Jahren in Nordafrika an der marokkanischen Küste einige feste Plätze und Häfen besitzen, so kann man es den Spaniern nicht gerade verargen, wenn sic bei der Teilung Marokkos nicht ganz leer ausgehen wollen. Merkwürdigerweise wird jetzt auch von'verschiedenen Seiten berichtet, daß das Leben der Europäer in Marokko und zumal in der Hauptstadt Fez von den Aufständischen gar nicht bedroht gewesen sei und daß deshalb die Expedition der Franzosen nach Fez auch gar nicht notwendig war. Die herzinnige Freundschaft diesseits und jenseits der Pyrenäen, für die Spanien sogar das Opfer eines Vorstoßes gegen die Kirche brachte, hat ein großes Loch bekommen. Es ist gerade Kirschenzeit. Vielleicht erinnert das den kleinen Alfonso daran, daß mit so großen Herren wie die französ. Republikanern nicht gut Kirschen essen ist.
Der Aufstand der Malissoren in Nordalbanien gegen die Pforte gilt jetzt als niedergeschlagen. Die Streitkräfte der Aufständischen sollen von den türkischen Expeditionstruppen vollständig umzingelt fein. Die türkische Regierung sichert allen Teilnehmern am Aufstande, die sich binnen zehn Tagen ergeben würden, Straflosigkeit zu. Es heißt, der Sultan wolle auch eine Amnestie für die Führer des Malissorenaufstandes erlassen.
Zürich, 16. Juni. Der starke Wettersturz hat in den höheren Berglagen eine Menge Neuschnee gebracht. Die Temperatur war in einer Höhe von 2000 w bis auf 5 Grad unter 0 gefallen. Die Neuschneemenge erreichte durchschnittlich eine Höhe von 40 em.
Württemberg.
Stuttgart, 16. Juni. Herzog Albrecht von Württemberg wird sich am Sonntag in Vertretung des Königs zu den Krönungsfeierlichkeiten nach London begeben. Vom Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten nimmt bekanntlich Legationsrat Dr. Frhr. v. Gemmingen-Guttenberg-Fürfeld an den Feierlichkeiten teil.
Das große Werk der Gehaltsvorlage ist nunmehr aus dem Finanzausschuß an das Plenum der Zweiten Kammer zurückgekehrt und von diesem mit löblichem Eifer alsbald in Angriff genommen worden. Die Vorlage hat in der Kommissionsberatung zum Teil ganz erhebliche Veränderungen erfahren. Nicht weniger als 695 000 Mk. für 1911 und 752 000 Mk. für 1912 glaubte der Ausschuß noch über die Forderungen der Regierung hinaus bewilligen zu sollen, so daß der Bedarf für die Aufbesserung nach seinen Beschlüssen für 1911 8861000
betragen wird. Es ist richtig, daß die Gehalte der
- Beamten in Württemberg bisher einen Vergleich mit l denen in anderen Bundesstaaten kaum aushielten,
; aber in den letzten 15 Jahren ist doch recht viel ! geschehen. Die nun vorliegenden Veröffentlichungen
zur neuen Gehaltsordnung geben auch dem Laien z einen Einblick in die große parlamentarische Arbeitsstätte; sie zeigen, welche Unsumme von Arbeit mit ^ der Durchberatung der einzelnen Positionen geleistet ! werden mußte und wie es bei aller weitverzweigten ^ Kleinarbeit immer wieder galt, den Blick auf das j Ganze zu halten; damit dem Gesamtwerk der einheitliche Charakter gewahrt werde, bei den vielfachen ^ Aenderungen und Verschiebungen immer wieder nach z Möglichkeit Ausgleiche zu schaffen rc. Ganz besondere
- Anforderungen waren bei der Sache natürlich an den j Berichterstatter gestellt, der das ganze gewaltige ! Material durchzuarbeiten, zur Vorlage an das Ple- ! num zu formen hatte. Die Aufgabe lag dem Abg.
^ Liesching ob, dem für Bewältigung der gewaltigen ! Arbeitslast aufrichtige Anerkennung gebührt. Das ^ Haus ist bereits im Begriff, die Ausschußanträge l der Hauptsache nach on bloc anzunehmsn, ohne die ^ Schleußen der Redeflut allzuweit za öffnen. Aber § die Deckungsfrage wird noch allerhand Mühselig- l leiten bereiten.
Stuttgart, 16. Juni. In der heutigen Sitzung der Abgeordnetenkammer wurde die Einzel- > beratung der Beamtengehaltsvorlage fortgesetzt. ; Zu Beginn der Sitzung gab der Abg. Gröber im ! Namen des Zentrums die Erklärung ab, daß es ! seinen Antrag bezüglich der Gehalte der katholischen Geistlichen zurückziehe. Vizepräsident v. Kiene, der i an Stelle des verhinderten Präsidenten v. Payer die
- heutige Nachmittagssitzung leitete, teilte dann mit, daß der Seniorenkonvent beschlossen habe, je besondere Abstimmungen über die Kategorien der Staatsdiener im engeren Sinne, der Geistlichen und der
! Lehrer vorzunehmen. Der Abg. Liesching berichtete ^ dann wieder über die einzelnen Abteilungen der An- j träge des Finanzausschusses mit 81 Ja bei 2 Ent- i Haltungen angenommen.
Stuttgart. 14. Juni. Nach dem vom Präsidium des Württ. Kriegerbundes herausgegebenen Geschäfts- und Rechenschaftsbericht für das Jahr i 1910 hat sich das Kriegervereinswesen im Berichtsjahr stetig weiterentwickelt. Der Württ. Kriegerbund (Vorsitzender Generalleutnant z. D. v. Greifs) hatte im Jahre 1910 einen Zuwachs von 22 Bundesvereinen mit 3004 aktiven Mitgliedern, 25 Einzelmitgliedern und 3 Ehrenmitgliedern zu verzeichnen. Der Mitgliederstand betrug Ende 1910 1891 Bundesvereine mit 114 010 aktiven Mitgliedern, 447 aktive Einzelmitglieder und 10 Ehrenmitglieder. Das l Vermögen des Bundes belief sich am 31. Dezember ! 1910 auf 538 744 und hat sich im Berichtsjahr
- um 11462 ^ vermehrt. Die Veteranenstiftung ! König-Wilhelm-Trost betrug noch 213 738 ^ An i Unterstützungen wurden im Jahr 1910 aus den ver- ^ schiedenen Kassen des Bundes 63 754 und aus : der Veteranen-Stiftung König-Wilhelm-Trost weitere
30 420 verabreicht. Die Gesamtsumme aller Unterstützungen belief sich hiernach auf 94174 gegen 91341 im Vorjahr. Hierin nicht eingeschlossen sind die Leistungen der einzelnen Bezirksverbände und Bundesvereine für Krankenunterstützungen, Sterbegelder und Begräbniskosten, die sich zusammen auf mehr als 200 000 ^ belaufen, so daß der Gesamtbetrag der vom Württ. Kriegerbund und seinen Organisationen im Jahre 1910 für die Zwecke der Wohlfahrtspflege aufgewandten Leistungen auf rund 300 000 ^ zu veranschlagen ist.
Stuttgart. 16. Juni. Mit den Gesundheiten der leitenden Männer auf dem Rathause ist es schwach bestellt. Auf den Oberbürgermeister Dr. v. Gauß ist nun Bürgermeister Dr. Rettich gefolgt, der laut ärztlichen Zeugnisses, das der neue Stadt-