wünschen: möge er unser Schützer sein und unS heimlich begleiten, so lange wir durch das Erdental wandern l Möge sein teures Bild immer in unserem Gedächtnis bleiben. Der 2. November ist der Tag Allerseelen, das Totenfest. Seine Entstehung geht auf den berühmten Cluniazenser-Abt Odilo zurück, der es 998 einführte, zunächst nur für den eigenen Orden. Später wurde es ein allgemeines katholisches Fest von großer Volkstümlichkeit. Da spielt z. B. der Gedanke herein, daß die Seelen der lieben Heimgegangenen dieses einzigemal im Jahre zu einem kurzen Besuche kommen dürften. Man setzt darum Milch und Kuchen bereit und sagt: das gehört den armen Seelen! Hiermit hängt auch das besondere Allerseelengebäck zusammen: Seelenbrätzen, Spizlein, heilige Strizel, Seelenwecken, Seelenzopf, auch kurzweg Seelchen genannt. Eine pietätvolle Sitte ist es, die Gräber zu schmücken; gegen Abend werden brennende Kerzen zwischen die Kränze gesteckt: ES glüht und funkelt heut auf jedem Grabe,
Ein Tag im Jahre ist den Toten frei.
Bauernregeln im November. Biel und langer Schnee gibt viel Frucht und Klee. — Der Andreas-Schnee bleibt 100 Tage liegen und erstickt das Getreide. — Am 23. St. (Klemens) uns den Winter bringt. St. Petri Stuhl dem Frühling winkt, den Sommer bringt uns St. Urban, der Herbst fängt um Bartholomäi an. — Aller-Heiligen bringt Sommer für alte Weiber, der ist des Sommers letzter Vertreiber. — Aller-Heiligen trägt eigen den Winter zu allen Zweigen. — Sankt Martin setzt sich schon mit Dank am warmen Ofen auf den Bank. — Sankt Martin weiß nichts mehr von heiß. — Schafft Katharina vor Frost sich Schutz, so watet man lange draußen im Schmutz. — Kalter Dezember und fruchtreich Jahr, sind vereinigt immerdar. — Kalter Dezember mit Schnee, gibt reichlich Korn auf der Höh'. — Frau Lucia findet zu kurz den Tag, drum wird er verlängert acht Tage darnach.
Im Zeichen der Fleischnot. Der Büttel in einem schwäbischen Dorfe schellt aus: „Der alt Hansenbauer hat ein gesundes Schwein geschlachtet und verkauft das Pfund zu siebenzig Pfennig. Dasselbe wird gleich ausgehauen." „Was hat denn dees g'hätt?" fragt ein Schlaumeier den Büttel. „Ha nix, hosch jo g'hört", w ar di e verschmitzte Antwort.
Zeitgemäß.
Mich saßt ein längst entwöhnter Ehrfurcht-schauer,
Ein neuer Titel blüht im Preußenstaat:
O „Königlicher Hofbackofenbauer",
Wie klingst du lieblich, stolz und delikat!
Ob mancher Naseweis es auch bekritelt,
Verleiht nur neue Titel immerzu!
Erst wenn ein jeder Deutsche ist betitelt.
Gibt es im Vaterlande Glück und Ruh.
Dann erst verstummen alle Not und Klagen Und es erfüllt sich jenes große Wort Von den verheißenen „herrlichen Tagen",
Auf die wir gierig lauern immerfort.
sSchulaufsatz.) -Im Schulzimmer befinden
sich viele Bänke mit zahlreichen Tintengläsern; darin sitzen die Kinder. (Megg.)
hatte. Ihm war, als versänke die schuldbeladene hoffnungslose Welt neben ihm und als zeigte sich ihm eine neue Zukunft. Endlich sagte er, noch immer schluchzend: „Er glaubt an mich, gerade er?"
„Onkel hat bereits einen Anwalt für dich bestellt, da er keinen Offizialverteidiger wünscht."
„Ich fürchte nur, es wird vergeblich sein." „Wenn du mir nur alles erzählen wolltest."
„Ach Kind, das ist eine wehe Erinnerung. ES begann mit dem Tage, da ich mich in Spekulationsgeschäfte einließ. Ich sah dich deine Jugend vertrauern und sah die andern, die in frohem Jugendmute das Leben genossen. Das war'-s, ich hatte mich nicht beizeiten daran gewöhnt, unter mich zu sehen, ich richtete meine Blicke immer über mich hinaus. So kam es. Meine Mittel reichten nicht aus. Und bald war ich in den Händen eines Wucherers. Samuel Wolfs stellte mir anfangs ganz günstige Bedingungen und ich hoffte, ihm zur rechten Zeit das Geld zurückgeben zu können. Aber die Börsengewinne blieben aus — und da griff ich, meiner Seele nicht mehr mächtig und durch das gewagte Spiel verblendet, die mir anvertraute Kasse an. Plötzlich wurde mir im Vertrauen mitgeteilt, daß eine Revision meiner Kasse bevorstehe. Ich mußte sofort 4000 Mark beschaffen. Samuel verweigerte mir ein neues Darlehen und mir blieb nichts übrig, als mich an Klinger zu wenden, der mir schon einmal geholfen hatte. Alles übrige ist dir bekannt. Ich ging zu ihm ins Haus und er gab
sRedeblüte.s Verteidiger: „Der Kläger, meine I Herren, klammert sich krampfhaft an dem Floh, der ihm ins Ohr gesetzt wurde!" (Megg.)
Anfgabe.
Welche Zahl ist um ebensoviel kleiner als 365, wie ihr 73faches größer als 365 ist?
Auflösung der dreisilbigen Eharade i« Nr. 171.
Reutlingen — Reuter.
Richtig gelöst von Alme Ebcrle in Neuenbürg.
Kriegschronik von 187071.
1./2. Rovernder 1870.
In Paris wurde die Ruhe wiederhergestellt. — Die Delegation in Tours nimmt Bourbakis Entlassung an. — Gambetta erläßt eine wütende Proklamation an die Armee. — Thiers weilt heute 3 Stunden bei Bismarck.
79. Depesche vom Kriegsschauplatz. „Versailles. Verlust der 2. Garde-Jnfanterie-Division im Gefechte vom 30. Oktober: 34 Offiziere, 449 Mann. Fort Valerien feuerte gestern abend und heute früh sehr lebhaft, ohne daß diesseits irgendwelcher Verlust. v. Pod Kiels ki."
Versailles. Prinz Friedrich Karl meldet, daß bei Metz 53 Adler mit Fahnen abgeliefert worden sind. In Metz wurden vorgefunden: 541 Feldgeschütze, das Material für mehr als 85 Batterien, gegen 600 Festungsgeschütze, 66 Mitrailleusen, gegen 300 000 Gewehre, Kürasse, Säbel rc. in größter Anzahl, gegen 3000 Militär-Fahrzeuge, nicht verarbeitetes Holz, Blei, Bronce in großen Mafien, eine vollständig eingerichtete, wertvolle Pulverfabrik usw. Thiers ist heute mittag aus Paris zurückgekehrt. Die Vorposten des Generals v. Werder trafen am 37. Oftober in der Nähe von Gray feindliche Truppen, schlugen dieselben überall in die Flucht und nahmen 15 Offiziere und 500 Mann gefangen.
Wilhelmshöhe. Bazaine ist mit 9 Offizieren heute hier eingetroffen und im Hotel du Nord abgestiegen, wo 90 Zimmer für französische Offiziere reserviert sind. Prinz Murat traf gestern nacht mit 78 französischen Offizieren ein; letztere setzten ihre Reise ohne Aufenthalt fort. Heute früh trafen Can- robert und Leboeuf hier zum Besuche des Kaisers Napoleon ein.
Straß bürg. Auf die Gerüchte hin, daß der Verteidiger von Straßburg des „Verrats" beschuldigt werden soll, hat General Uhrich in einigen Schweizer Zeitungen erklärt, daß jene, die ihn beschuldigen wollen, die dortige zerstörte Zitadelle, die durchbrochenen Wälle, die vernichtete Artillerie ansehen möchten und sie würden sich über die Uebergabe nicht mehr wundern. Man gehe hin und betrachte die nicht mehr haltbaren Vorwerke, die Raffenden Breschen, überhaupt die Wirkungen des 38täaigen Bombardements, wie die Welt noch keins erlebt habe.
Berlin. Nach dem „Militär-Wochenblatt" sind bis jetzt 4 französische Marschälle, 140 Generäle, 10 000 Offiziere und 333 000 Mann in Deutschland
mir diese, sowie die frühere Summe." Erschöpft j hielt der Gefangene inne.
„Und hast du an jenem Abend vor dem Klinger- schen Hause nichts gesehen, was dir aufgefallen wäre?"
Nichts, als daß auf der gegenüber liegenden Straßenseite ein Mann langsam auf- und niederging, der, wie mir schien, das HauS beobachtete. Ich war froh, meinen großen Mantel, den ich seit Jahren nicht getragen habe, umgelegt und die blaue Brille genommen zu haben: So konnte mich niemand erkennen."
„Ich glaube noch immer, daß man den Täter ermitteln wird, Vater!"
„Ich nicht! Man hat nur die Verdachtsmomente gegen mich gesammelt und hält alles, was ich sage, für Lüge, sobald ich der Ansicht des Richters widerspreche. Ich habe mich mit dem Gedanken vertraut gemacht-"
„Nein, Vater!" schrie Klara auf. „Sprich das Wort nicht aus. Ich werde nicht eher ruhen, bis deine Unschuld vor aller Welt bewiesen ist."
„Und was wäre damit gewonnen?" fragte er traurig. „Gebrandmarkt bin ich doch — als Defraudant. Deshalb werde ich doch verurteilt."
„Und du wirst wieder frei werden, Vater! — Ich folge dir, wohin du willst."
Erschüttert stand Baumgart vor seinem Kinde, dessen Liebe einen Strahl neuer Hoffnung in sein Herz goß.
„Vielleicht," sagte er nach langem Schweigen, »kann ich dir noch einmal alle Liebe vergelten, Klara.
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gefangen gehalten. Deutsche Gefangene in Frankreich sind es annähernd 2100 Mann. Unsere in Frankreich stehende Streitmacht beträgt 690 000 Mann und 160 000 Pferde. Die deutsche Armee benötigt dort täglich 225 000 Brote, 185 Stück Rindvieh, 400 Zentner Speck, 540 Zentner Reis, 80 000 Liter Branntwein, 40 Zentner Kaffee, 3400 Mispel Hafer, 6800 Zentner Heu, 1000 Ztr. Stroh.
Künheim. (80. Depesche vom Kriegsschauplatz.) Seit heute früh Feuer auf Neu-Breisach aus drei Batterien bei Biesheim resp. Wolfgantzen, auf Fort Mortier aus 3 Batterien bei Alt-Breisach eröffnet.
v. Schmeling."
Versailles. Ein mit Thiers ins deutsche Hauptquartier gekommener Oberst des französischen Generalstabs wußte noch nichts von der Uebergabe von Metz, man sei von den letzten Ereignissen dort ganz anders unterrichtet. Garibaldi sei mit 100 000 Mann im Anzuge, während an der Loire sich ebenfalls eine große Armee sammle und die Preußen mit Erfolg angreife. Hr. Thiers wohnte heute dem Einzuge der Garde-Landwehr-Division bei und sprach sein Erstaunen aus über diese Hünen, die in nicht enden wollender Parade vor ihrem König vorbeimarschierten. Er ist sehr betrübt, daß die französische Regierung auf Bismarcks Bedingungen nicht eingehen will.
Pont ä Mousson. Prinz Friedrich Karl hat sein Hauptquartier heute hierher verlegt. Von Metz aus ergießen sich die freigewordenen deutschen Heeressäulen nach allen Richtungen. Das 1. Armeekorps marschiert nach Lille und Rouen.
Versailles. Heute vormittag fand beim König Kriegsrat statt, dem auch Bismarck beiwohnte. Hr. Thiers hatte nachmittags beim Bundeskanzler eine fast dreistündige Konferenz.
Literarisches.
Eisenbahngütertarif- und Verkehrslexikon von A. Gossenberger, K. Hagner und O. Sigmund, Betriebsassistenten bei der Großh. Güterverwaltung Karlsruhe. Herausgegeben im Selbstverlag. Druck der Macklot'schen Druckerei in Karlsruhe. Preis 10 Mark. — Von Fachleuten mit Genehmigung Großh. Generaldirektion der Staatseisenbahnen bearbeitet und herausgegeben, wird das mit seinen 230 Seiten in Groß - Folio - Format gehaltene und geschmackvoll in dauerhaftem Leinenband hergestellte Lexikon ohne Zweifel seinen Einzug in jedes Kontor halten, um mit Recht in tariftechnischen Fragen ein zuverlässiger Ratgeber zu werden. Insbesondere der badischen Handelswelt wird in diesem Buch ein Tarifwerk übergeben, welches in Bezug auf Vollkommenheit, Genauigkeit und leichter Faß- und Handlichkeit wohl von keinem der wenigen bis jetzt herausgegebenen ähnlichen Werken übertroffen werden wird. Die richtige Benutzung des Buches wird den Kaufmann in vielen Fällen vor Verdrießlichkeiten und Verlusten schützen. Bei rasch zu machenden Kalkulationen ist das Buch unentbehrlich. Das umfangreiche Werk kann selbst in gedrängter Kürze hier nicht vollständig besprochen werden.
Daß du gekommen bist, war mir ein Trost und gibt mir zum Ausharren neue Kraft."
Er umarmte sie wieder und wieder, dann gab er dem Schließer einen Wink. Mit Aufbietung aller Kraft riß sich Klara von dem Vater los und verließ das Gefängnis, unnennbares Weh im Herzen.
-st -st
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Am Abend dieses Tages schrieb Breitfeld an den Bankdireftor Baumgart folgendes Billett:
„Nach reiflichem Ueberlegen habe ich mich entschlossen, Ihrem Wunsche zu entsprechen, koste es, waS es wolle. Ich bemerke, daß ich die von Ihnen gewünschten Ermittlungen auf eigene Faust unternehme und ersuche daher um absolutes Schweigen."
Und der Detektiv hatte wirklich überlegt. „Ich muß zunächst herausbringen," sagte er sich, „wie der Täter in das Haus gekommen ist. Hat Baumgart, wenn er der Täter ist, das Verbrechen von langer Hand geplant? Allem Anschein nach nicht. Er wird sich also schwerlich zum Vergnügen einen Hausschlüssel haben anfertigen lassen."
Und dann schoß ihm plötzlich ein Gedanke durch den Kopf, dem er bisher, so oft er ihm gekommen war, keine Folge gegeben hatte: Wie, wenn nun der kleine Brillant, den er in dem Schreibtisch des Herrn Klinger gefunden hatte, mit dem Verbrechen in irgend einem Zusammenhänge stand? —
(Fortsetzung folgt.)