Württemberg.

Stuttgart, 26. Oktbr. Der König hat aus Anlaß der Kaiserparade in Danzig dem komman­dierenden General des 17. Armeekorps, General der Kavallerie v. Mackensen, das Großkceuz des Ordens der württembergischen Krone verliehen.

Stuttgart, 26. Okt. Die neue Bauordnung ist in der letzten Zeit wiederholt in der Presse ein­gehend erörtert worden und für die württembergischen Baufachkreise, wie auch für Private und Behörden hat sich die Notwendigkeit einer klaren und über­sichtlichen Darstellung ergeben. Diesem Bedürfnis kommt ein von dem Landtagsabgeordneten Regier­ungsrat Häffner im Verlag von A. u. S. Weil- Tübingen erschienenerKommentar der Neuen Württ. Bauordnung" entgegen. Der Verfasser, dessen verdienstvolle Mitwirkung bei dieser schwierigen Gesetzesmaterie bekannt ist, hat seine umfassende Kenntnis in der vorliegenden ersten Lieferung nieder­gelegt, die Aufschluß über Bauberechtigung und Bau­vorschriften, über die Anlage der Orte und Orts­straßen, über polizeiliche Bestimmungen usw. gibt. Diese wertvolle Arbeit des Verfassers wird wirkungs­voll unterstützt durch die von dem als hervorragenden Sachkenner bekannten Architekten Max Müller in Stuttgart beigegebenen Skizzen und Zeichnungen. Das Werk, welches durch die Buchhandlg. der Exped. ds. Bl. bezogen werden kann, wird für alle Kreise, die mit dem Bauwesen zu tun haben, von höchstem Wert sein.

Von zuständiger Seite wird derWürtt. Auto­mobil- und Luftschiffahrts-Korrespondenz" entgegen anders lautenden Nachrichten mitgeteilt, daß in diesem Jahr keine Probeaufstiege und keine Passagierfahrten mit dem Luftschiff Ersatz Deutschland" mehr ausgeführt werden. Zwar ist das Luftschiff schon fertiggestellt; seine In­dienststellung zu Passagiersahrten hätte aber in der gegenwärtigen ungünstigen Zeit keinen Zweck und auch bei etwaigen Probefahrten würden die Kosten für die Gasfüllung verhältnismäßig zu hoch sein. So wird denn die Wiederaufnahme der Fahrten mit Zeppelin-Luftschiffen erst im Vorfrühling er­folgen. In der Zwischenzeit wird auf der Friedrichs- Hafener Luftschiffwerft an der Vervollkommnung und Verbesserung einzelner Teile in Ruhe gearbeitet werden. Die in dieser Zeit anzustellenden Versuche werden sich besonders auch auf die Erprobung der Motore erstrecken. Länger als ein Vierteljahr wird somit die Zeppelin-Luftschiffahrt ruhen.

Stuttgart, 27. Oktbr. Der Reinertrag der Staatsforsten nach Holz und Geld hat in den 15 Jahren 1694 bis 1908 einen ganz bedeutenden Zuwachs erfahren. Während 1894 noch ein Anfall von 36,90 auf 1 da der in der Verwaltung der Forstämter stehenden Staatswaldflächen mit 8,22 pro Festmeter und 7 181041 Reinertrag kamen, waren die entsprechenden Ziffern für 1900 schon

50.72 bezw. 10,51 bezw. 9 907 446 Im Jahre 1908 aber entfielen 65,03 bezw. 11,45 bezw. 12 747 Den Hauptanfall aber brachte in dieser Periode das Nutzungsjahr 1907, wo eine Reinertragssumme von 14649 054 ^ und auf 1 da

74.72 und auf einen Festmeter 12,40 ^ erwirt­

schaftet wurden. Dabei ist aber die Gesamtforstfläche nur unwesentlich gestiegen. Von 194 619 da im Jahre 1894 auf 195 352 da im Jahre 1900 und 196 025 da im Jahre 1908. Unter den Ertrags­summen stecken allerdings auch die Erträge aus Nebennutzungen, besonders aus den staatlichen Torf­rinden und aus der Jagd. Doch sind diese Erträge z. B. für 1908 nur mit 403 095 -/A und 114 564 ^ eingestellt. Dagegen haben sich die Ausgaben ver­ringert und zwar in stetigem Tempo. 1894 kamen noch 40,5°/° Ausgaben aus die Roheinnahmen, 1900 nur mehr 34°/° und 1907 nur 32°/°. Unter den Ausgaben beanspruchten am meisten die Holzhauer­löhne, die genau 1994 1 722 333 1900 aber

1798 692 ^ und 1908 über 2'/2 Millionen, genau 2 521015 erheischten, sodann der Aufwand für das Verwaltungs- und Schutzpersonal, der 1894 mit 1358 505 1900 mit 1408125 und 1908

mit 1744607 -/A in der amtlichen Statistik erscheint. Der statistische Zahlenaufbau beweist deutlich, welch gute Einnahmequelle in den Staatsforsten für die Staatskasse liegt, aber auch den intensiven und reellen Betrieb der staatlichen Forstverwaltung.

Stuttgart, 26. Okt. Der neue Pragtunnel zwischen Stuttgart und Feuerbach wird vom nächsten Freilag ab zweigleisig betrieben. Von diesem Tage an benützen die Züge in der Richtung von Stuttgart nach Zuffenhausen in Feuerbach das Gleis III; es muß daher bei diesen Zügen in Feuerbach auf der linken Seite der Fahrrichtung ausgestiegen werden.

Stuttgart, 27. Okt. Die Ausstellung für das Hotel- und Wirtschaftswesen hat einen Reingewinn von rund 20 000 Mk. ergeben. Daran hat der Cannstatter Wirtsoerein ein Drittel als An­teil. Die Ausstellung von 1897 brachte dem Stutt­garter Wirtsverein 18000 Mk. Ueberschuß.

Stuttgart, 26. Okt. Kürzlich wurde in der Schloßstraße ein Schulmädchen bei einem Unfug ab- gefaßt, der auf starke Verwahrlosung des jungen Geschöpfes schließen läßt. Das Mädchen hatte ein Gesangbuch in der Hand und suchte damit vorbei­gehenden Damen die Kleider zu streifen. Bei ge­nauer Untersuchung des Buches fand sich darin ein sägeartiges Instrument, mit dem das Mädchen die Kleider Vorbeigehender zu zerreißen suchte. Leider wurde versäumt, das Mädchen der Polizei zu über­liefern.

Zur Bekämpfung der Schundliteratur fand im Hotel Textor zu Stuttgart eine Versamm­lung mehrerer an dieser Arbeit beteiligten Herren aus verschiedenen Landesteilen statt. Gewerbelehrer Baß-Stuttgart, der die Versammlung einberufen hatte, führte den Vorsitz. Nach einleitenden Worten des Vorsitzenden über die Ursachen des Ueberhand- nehmens der Schundliteratur berichtete Dr. Kapff- Göppingen über die Arbeit des dortigen Komitees zur Bekämpfung der Schundliteratur und beantragte die Schaffung eines Landesausschusses zum Kampf gegen den Schund, der geradezu zu einer dringenden Notwendigkeit geworden ist, nachdem das K. Mini­sterium des Innern den Vertrieb von Schund im Wandergewerbe verboten hat. Gewerbelehrer Baß berichtete dann über die positive Seite der Arbeit über Schaffung und Verbreitung guter und billiger Ersatzliteratur statt des Schundes, in dem er auf die neuen guten billigen Serien empfehlend hinwies, unter diesen aber dieAdlerbibliothek" entschieden ablehnte. Für die Verbreitung guter Schriften empfahl der Redner das Vorbild des Schweizer Vereins zur Verbreitung von Volksschriften, der in jedem Dorf der Schweiz eine Niederlage besitzt. Zur Erziehung von alt und jung zu gutem Lesestoff sind Vorlesungen in Versammlungen und in der Schule zu empfehlen.

Tübingen, 27. Oktbr. Heute, am Gedenktag der Kapitulation von Metz, fand die Vereidigung der Rekruten und von 52 Einjährig-Freiwilligen statt, die am 1. Oktober eingetreten sind.

Tübingen, 25. Oktbr. Heute vormittag traf Regierungspräsident v. Hofmann aus Reutlingen hier ein und besuchte, begleitet von Oberamtmann Regierungsrat Frhr. v. Soden, die wichtigsten An­stalten und Neubauten der Stadt, wie das missions- ärztliche Institut, das Stauwehr, den Westbahnhof, die Oberrealschule; auch einige Privatetablissements wurden besucht, so die Marquardtsche Brauerei, die Buchdruckerei von Laupp und die Mechanische An­stalt von Erbe. Präsident v. Hofmann drückte seine Freude aus über die Fortschritte, die die Universitäts­stadt, die sich stets verschönert, in den letzten Jahren gemacht hat.

Tübingen, 25. Okt. (Strafkammer.) Der Wirt zum Deutschen Kaiser in Eningen, Wilhelm Friedrich Spohn, wurde wegen unerlaubtem Glücks­spiels zu 1 Tag Gefängnis verurteilt. Er hat aus dem Glücksspiel insofern ein Gewerbe gemacht, als er im September in seiner Wirtschaft zur allgemeinen Benützung für die Gäste einen ihm gehörigen Spiel­automaten aufgestellt hielt, bei welchem der Spieler gegen Einsatz eines 10 Pfennig-Stücks zunächst ein Musikstück zu hören bekam, sodann im günstigen, aber wesentlich vom Zufall abhängigen Fall, nämlich dann, wenn das Geldstück, das durch Fingerdruck in den Apparat zu schleudern war, in eine der im Apparat befindlichen Gewinnöffnungen fiel, Geld­beträge von 20 Pfg. oder 1 Mk. gewinnen konnte, wogegen im umgekehrten Fall, wenn das Geldstück daneben geschleudert wurde, ein Gewinn nicht erzielt wurde. Auch wurde auf Einziehung des Geldauto­maten (ohne Klavier) erkannt.

Reutlingen, 26. Okt. In der gestrigen Mit­gliederversammlung des hiesigen fortschrittlichen Volksvereins wurde offiziell bekannt gegeben, daß sich der langjährige Vertreter des 6. württ. Reichs­lagswahlkreises Friedrich Payer, in Rücksicht auf die politische Lage der Gegenwart wieder bereit finden ließ, für die im November nächsten Jahres zu erwartenden Reichstagswahlen zu kandidieren.

Heilbronn, 27. Oktbr. Die Zuckerfabrik Heilbronn hat in ihrer Generalversammlung die Verteilung einer Dividende von 10 Prozent gleich 166 071.58 Mk. beschlossen. Der Bruttogewinn be­trug 435 210 Mk.

(Landesproduktenbörse Stuttgart). Bericht vom 17. Oktober. Die flaue Stimmung im Getreidegeschäft hat

angehalten. Angesichts der guten Ernte-Ausstchten Argen­tiniens konnte keine Besserung auskommen. Landware war stärker vertreten und etwas billiger. Die heutige Börse verkehrte in ruhiger Haltung. Der Absatz ist etwas besser. Mehlpreise per 100 Kilogramm inkl. Sack Mehl Rr. 0: 33. bis 34. Nr. l: 32. «tL bis 33.

Nr. 2: 3l. bis 32. Nr. 3: 29.50 bis 30.50 Nr. 4: 26. bis 27. - Kleie 8.50 bis 9 (ohne Sack netto Kasse).

Slus StaSt, Bezirk unS Umgebung.

§. Neuenbürg, 26. Oktbr. Die evangel. Arbeitervereine des Enzgaues hielten am letzten Sonntag im Lokal zurEintracht" bei gutem Besuch ihre Herbst-Gauversammlung ab. Gau­vorstand Gentner-Schwann eröffnete die Ver­sammlung mit Begrüßung der Erschienenen und dankte für den zahlreichen Besuch, worauf man zur Erledigung der Tagesordnung überging, in welcher u. a. vorgemerkt war: Gewerbegerichtsangelegenheit, Vorschlag betreffs Ernennung eines Gauschriftführers, sozialer Ausbildungskurs, Festlegung des Orts zur Abhaltung der nächsten Gauversammlung und endlich Hinweis auf den von Hrn. Wilhelm Blaich hier zu haltenden Vortrag über Elektrizität, ihre Erzeug­ung, Messung und praktische Verwendung. Was nun die Errichtung eines Gewerbegerichts betraf, machte Gauvorstund Gentn er die Mitteilung, daß auch Schwann dieser bereits angeregten Sache zu­neigend gegenüberftände, und er selbst könne nur begrüßen, wenn ein solches im hiesigen Oberamt in Bälde errichtet werde. Der Vorschlag, einen Gau­schriftführer zu wählen, wurde gutgeheißen; ebenso wurde beschlossen, an dem im Januar zu Stuttgart stattfindenden sozialen Ausbildungskurs ein Mitglied vom Enzgau teilnehmen zu lassen. Als nächster Tagungsort wurde Schwann bestimmt. Mit diesen waren die Hauptpunkte der Tagesordnung erledigt, worauf vom Gauvorstand Hrn. Blaich das Wort zum Vortrag erteilt wurde. Bei Einleitung dieses lehrreichen Vortrages bemerkte Hr. Blaich, daß seine Ausführungen nicht wissenschaftlicher Art sein sollten, sondern der Zweck sei nur, in knappen Zügen den jetzigen und künftigen Stromabnehmern ein un­gefähres Bild dessen zu geben, was man unter Elektrizität versteht. Schneller als der Dampf, so führte Redner aus, habe sich die Elektrizität fast alle Gebiete der menschlichen Tätigkeit erobert und in mannigfacher Art würde in der heutigen Zeit der elektrische Strom angewendet. Man denke da nur an die einfache Hausklingel, die sich so eingebürgert habe, daß sie nahezu in jedem Haus zu finden sei. Und wenn wir unsere Gedanken einen weiten Sprung machen ließen und an die Kraft dächten, welche der elektrische Strom im Dienste des Verkehrs, z. B. bei den Straßenbahnen leiste, welch mächtiger Unterschied. Wohl hätten sich schon in früheren Jahrhunderten die Gelehrten mit dem Wesen der Elektrizität befaßt, aber erst mit Benjamin Franklin, im Jahre 1736, sei ein neuer Abschnitt in der Geschichte der Elek­trizität angebrochen. Mit verhältnismäßig rascher Folge habe man die Wirkungen der Elektrizität er­kannt und wir selbst dürften nur eine kleine Spanne Zeit zurückblicken, um die erste Anwendung der Elektrizität zu finden. Ausgehend von den einfachsten Formen habe sich das Verwertungsgebiet des elek­trischen Stromes stets erweitert. Millionen Glüh- Metallfaden- und Bogenlampen dienen gegenwärtig den verschiedensten Beleuchtungszwecken. Ueberall in Gewerbe und Industrie habe sich der Elektro­motor als eines der wichtigsten Antriebsmittel für Arbeitsmaschinen jeglicher Art Eingang verschafft und die elektrische Straßenbahn sei für den Verkehr zu außerordentlicher Bedeutung gelangt. Was man früher in dieser Hinsicht als Luxus betrachtet habe, sei heute Allgemeingut geworden und wohin man blicke, nicht nur in Palästen der Großstadt, sondern auch in kleinen Städten und Gemeinden, in einfachen Wohnhäusern, in Geschäften, Werkstätten und Fabriken, überall treffe man das eine oder andere Wirkungsgebiet der Elektrizität. Redner schilderte dann weiter in gut verständlicher Weise, wie die Erzeugung von Elektrizität vor sich geht und beschrieb die zu diesen Zwecken erforderlichen Maschinen und deren Beschaffenheit, Messung der Elektrizität, sowie hauptsächlichste Verwendung. So fand dieser lehr­reiche Vortrag bei allen vollen Anklang. An der Diskussion beteiligten sich hauptsächlich die Mitglieder von Schwann, die ja in nächster Zeit durch den Calwer Gemeinde-Elektrizitätsverband in Besitz von elektrischem Licht kommen sollen und gab denselben Hr. Blaich näheren Aufschluß über praktische Ver­wendung und Anschaffung von elektrischen Motoren und Lampen, aber auch für uns Neuenbürger, die wir schon länger im Besitz dieser Lichtquelle sind, bot dieser Vortrag manches lehrreiche, besonders