hat die konservative Partei eine Annäherung an das Zentrum vollzogen, und jeder Schritt dieser An­näherung hat ebenso bedeutet einen Schritt weg von den alten Nationalliberalen Verbündeten. Und so lange diese Entwicklung der konservativen Partei nach Rechts zum Zentrum nicht eine Veränderung erfährt, werden auch die Aussichten für eine Besser­ung des Verhältnisses zwischen Konservativen und Nationalliberalen in Württemberg sehr klein sein. Die Fortschrittliche Volkspartei, die in anderen Teilen des Reichs noch durchaus Oppositionspartei ist, nimmt bei uns in Württemberg schon seit mehr als einem Jahrzehnt im Landtag eine verantwort­liche Stellung ein und hat sich infolgedessen auch schrittweise dazu bequemt, eine verantwortungsbewußte Politik zu treiben. Der Redner betonte, daß sowohl in Geislingen wie in Kassel mit aller Schärfe darauf hingewiesen worden ist, daß die Nationalliberale Partei festhalte an ihrer bisherigen Wirtschafts­politik, insbesondere an dem bisherigen Schutzzoll zu Gunsten der Landwirtschaft. Allerdings werde die Partei dem Versuch einer Steigerung dieser agrarischen Schutzzollpolitik Widerstand leisten. Das Zusammengehen der Partei mit der Fortschrittlichen Volkspartei sei in einem Teil der Presse als ein Hereindringen der Groß blockidee in die National- liberale Partei gedeutet worden. Diese Auffassung treffe aber durchaus nicht Zu. Für den Liberalismus in beiden Teilen wäre es ein gewisses Schwach­heitszeugnis, wenn er in Württemberg, in einem auf Grund seiner historischen Entwicklung tiefgründig liberalen Lande, nicht im stände wäre, sich aus eigener Kraft zu behaupten in einer solchen Stellung, daß er eine reaktionäre Regierung in Württemberg und eine reaktionäre Politik im württembergischen Landtag verhindern könnte. Zu der Werbekraft des liberalen Gedankens in Württemberg dürfe man doch ein größeres Zutrauen haben! Den mit lebhaftem Beifall aufgenommenen klaren Darlegungen des Redners schloß sich eine lebhafte Diskussion an, in der in den grundlegenden Fragen volle Einmütigkeit herrschte. Bürgerausschußobmann Dr. Wölz sprach Hrn. Keinath den Dank und das volle Einverständ­nis der gesamten Jungliberalen Partei mit seinen Ausführungen aus und betonte, daß auch die Jung­liberalen mit aller Energie auf der Selbständigkeit der Nationalliberalen Partei beharren müßten. So­lange nicht das nationalliberale Programm in nationalen Fragen bis auf das letzte Jota von der Fortschrittlichen Volkspartei anerkannt sei, könne es zu keiner Verschmelzung mit dieser Partei kommen. Dr. Wölz kam dann auf die Naumann'sche Kritik der Kaiserrede zu sprechen und bemerkte, daß die Rede Naumanns das Zusammengehen mit der Linken immerhin etwas erschwert habe. An der Diskussion beteiligten sich noch Obermeister Häußer- mann, Postmeister Köhler, Gemeinderat Reihlen und Postsekretar Ahner.

Stuttgart, 17. Oktober. In Anwesenheit des Ministerpräsidenten Dr. v. Weizsäcker und des Vor­stands der Generaldirektion der Staatseisenbahnen, Präsidenten v. Stieler, wurde am Samstag die Nebenbahn Böblingen-Weil im Schönbuch fest-

Der Richter stellte auch mit diesem Zeugen ein eingehendes Verhör an, ohne jedoch zu irgend einem Ergebnis zu gelangen.

Als er endlich allein in dem weiten Raum war, ging er mißmutig auf und nieder, weil es ihm un­möglich schien, das Dunkel dieses Verbrechens zu erhellen."

Inzwischen war Breitfeld in dem Mordhause fieberhaft tätig gewesen. Er hatte von der Haus­hälterin erfahren, daß Herr Klinger seinem Freunde Baumgart mehrwals größere Summen geliehen hatte, ohne sie zurück zu erhalten, ferner hatte er aus der verschüchterten und verschlossenen Alten noch heraus­gebracht, daß Klinger und Baumgart vor langen Jahren viel enger befreundet gewesen waren, als in der letzten Zeit. Die Alte hatte in stillen Abend­stunden von dem Ermordeten erfahren, daß er und sein Freund dasselbe Mädchen geliebt hatten, daß sie Baumgart den Vorzug gegeben habe, und daß sie mit ihm sehr unglücklich gewesen sei; denn an­fangs konnte der jähzornige Baumgart in keinem Geschäft festen Fuß fassen, und dann, in dem Bank­geschäft, in das er durch Klingers Vermittlung ein­getreten war. hatte er sich in Spekulationen ein­gelassen und große Summen verloren.

Wenn nun auch die Alte das alles zusammen­hanglos berichtete, so vermochte sich der Detektiv doch leicht ein Bild von den Verhältnissen zu machen. Als Frau Kruse ihre Erzählung beendet hatte, ging er noch einmal in das Arbeitszimmers des Ermor­deten und sah lange durch das Schlüsselloch in das

lich ein geweiht. Dabei hielt Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker eine bedeutsame Rede über das Eisenbahnwesen; er führte, nach demStaats­anzeiger", etwa folgendes aus: Für den Bau von Nebenbahnen und überhaupt für das Eisenbahn­wesen gebe man der Verwaltung oft den Rat, daß siekaufmännisch" verfahren solle. Nun möchte er durchaus nicht der heute «öffneten Bahn auch in finanzieller Hinsicht eine schöne Zukunft zum Voraus absprechen, aber so viel werde er sagen dürfen: wenn man bloß kaufmännisch rechnen wollte, hätte er nicht, jedenfalls noch nicht das Vergnügen in der Mitte der Festoersammlung zu weilen. (Heiterkeit.) Im Verkehrsministerium müsse man auch auf andere Werte sehen; die Entwicklung des wirtschaftlichen Wohls einer Gegend erfordere gewisse Opfer und solche Opfer habe man für diese schöne Gegend und ihre blühenden Ortschaften gerne gebracht. Vor nicht langer Zeit habe er sich allerdings fragen müssen, ob nicht mit dem Nebenbahnbau, wie früher auch schon einmal, ganz Halt gemacht werden sollte, aber inzwischen hätten sich die Verhältnisse wieder ge­bessert. das württembergische Eisenbahngeschäft gehe zur Zeit leidlich und die Aussichten wären sogar ganz günstig, wenn wir nicht die Ehrenpflicht hätten, die Personalausgaben im Interesse unserer Beamten und Bediensteten zu erhöhen. Das müsse sein und- wir werden das auch tragen können. Man dürfe nicht zu ängstlich in die Zukunft sehen, eine Betrach­tungsweise, von der heutzutage überhaupt, auch auf anderen Gebieten des öffentlichen Lebens, viel zu viel Gebrauch gemacht werde. Wir wollen uns da­her auch weiterhin unter Anwendung der gebotenen Vorsicht der Entwicklung des württ. Eisenbahn­wesens widmen. Zu solcher fortschreitender Ent­wicklung haben wir volles Recht, wenn wir rück­wärts schauen: alle die außerordentlich angewachsenen Kulturaufgaben, wie hätten wir sie erfüllen können, wenn wir nicht alle Teile des Landes soweit mög­lich an das moderne Verkehrswesen angeschlossen hätten? Freilich hätten wir gewünscht, daß dieser Anschluß nach außen, über die Grenzen des Landes hinaus, noch etwas fruchtbringender wäre. Die Zollschranken sind in Deutschland schon lange ge­fallen, aber die Eisenbahnschranken, die eins gerechte Anteilnahme unseres Landes an dem allgemeinen deutschen Personen- und Güterverkehr beeinträchtigt haben, bestehen zum- Teil noch heute, trotz aller unserer Bemühungen. Wir werden in diesen Be­mühungen fortfahren (Beifall). Inzwischen, und wohl noch auf lange hinaus, liegt der Schwerpunkt für uns in unserem blühenden Binnen- und Wechsel­verkehr, der das Herz jedes Volkswirts erfreuen muß. Insbesondere im Binnenverkehr ruht das Fundament unserer Eisenbahnfinanzen, wenn wir auch hoffen, daß uns in jenen Beziehungen nach außen die Sonne einmal noch freundlicher scheint.

Stuttgart, 18. Okt. DerStaatsanz." schreibt: Ein Teil der Presse hat sich in der letzten Zeit mit > der künftigen Gestaltung der Gehaltsordnung der Volsschullehrer beschäftigt. Die darüber ge­gebenen Ausführungen gründen sich auf Mitteilungen tatsächlicher Art, die der Begründung entbehren, l

Nebengemach, wo der Tote jetzt auf dem Bett lag. friedlich und still, während sein Herz das Geheimnis barg, wer die Schuld seines Todes auf sich ge­laden hatte.

Lange blickte Breitfeld durch das Schloß. End­lich richtete er sich auf und auf seinem Gesicht spiegelte sich die Freude über eine wichtige Entdeckung wider.

Er war mit ganzem Herzen Detektiv. Wohl wußte er, daß man hie und da über seinen Beruf die Nase rümpfte, aber er verstand solches Vorurteil um so weniger, als er fast täglich Gelegenheit hatte, alle Tugenden des Menschengeistes zu üben. Fleiß, Mut und Scharfsinn, wer sie nicht besaß, dem waren allerdings auf dem schwierigen und gefahrvollen Gebiete seiner Tätigkeit keine Erfolge beschieden. Und waren sie ihm immer treu? Zornesröte stieg ihm ins Gesicht, wenn er an den Einbruch in dem Hause des Mannes dachte, der jetzt im Nebenzimmer auf dem Totenbette lag. Manch' bitteres Wort hatte er von seinem Vorgesetzten hören müssen, als es sich immer mehr und mehr als unmöglich erwies, auch nur eine Spur der Täter zu finden. Und heute?

Ein unbestimmtes Gefühl, jener feine Instinkt, der ihn schon so oft auf die richtige Fährte geleitet hatte, sagte ihm, daß er hier demselben Täter gegen­überstehe, wie damals.

Du sollst mir diesmal nicht entwischen."

Er nahm noch einmal die Abschrift des Briefes j j zur Hand, den er im Schreibtisch des Ermordeten > ! gefunden hatte. Dann trat er abermals an die ! Schublade. Diesmal zog er sie ganz heraus. Als

Hiernach sind auch die daran geknüpften weiteren Erörterungen hinfällig.

Feuerbach, 18. Oktbr. In dem Streik im hiesigen Schreinergewerbe ist nach vierwöchiger Dauer immer noch keine Einigung erzielt worden. Zwar haben einige Meister die von den Gehilfen gestellten Forderungen anerkannt, die Mehrheit der Arbeitgeber verhält sich jedoch immer noch ablehnend.

Lauffen a. N., 18. Okt. Die Kgl. Regierung des Neckarkreises hat die Wahl des Amtsgerichls- sekretärs Georg Lamparter zum Ortsvorsteher der hiesigen Stadtgemeinde am 15. ds. bestätigt.

Reutlingen, 17. Okt. Mit einem Aufwand von rund !?/- Millionen Mark einschließlich der Kosten für ein Areal im Meßgehalt von ca. 40 000 gm und der Erweiterung des Gasrohrnetzes erbaute die Stadtverwaltung in den Niederungen zwischen Reutlingen und der Vorstadt Betzingen in den letzten 16 Monaten ein neues Gaswerk mit Gleisanschluß an die Staatsbahn, das am Donnerstag, den 20. ds. Mts., offiziell dem Betrieb übergeben werden wird. Die in sich geschlossene Anlage macht auf den Beschauer den Eindruck eines Stadtteils für sich, denn die verschiedenen Bauten sind derart gruppiert und angelegt, daß sie sich architektonisch schmuck re­präsentieren und kaum eine gewerbliche Anlage ver­muten lassen. Man hat überall den modernen An­forderungen Rechnung getragen und ein Werk ge­schaffen, das sowohl technisch auf der Höhe der Zeit steht, als auch in sanitärer Beziehung allen billigen Ansprüchen genügt. Das neue Gaswerk ist zunächst auf eine Tagesleistung von 20000 obm berechnet und so angelegt, daß eine Erweiterung auf 40000 cbm bewirkt werden kann, sobald sich ein Bedürfnis dafür zeigt. Diese Zeit wird aber nicht so schnell kommen, denn mit der jetzt produzierten Gasmenge könnten neben Betzingen, das bereits Gas hat, auch Pfullingen und Eningen für die nächsten 25 Jahre mit Gas für Beleuchtungs- und Kochzwecke versehen werden. Es ist also ein Versorgungsgebiet von jetzt 40 000, nach 25 Jahren 60000 Einwohnern in diese Berechnungen einbezogen, die Gesamtdisposition von 10 000000 cbm Jahresleistung getroffen. Dieses Quantum Gas würde hinreichen, rund 100000 Ein­wohner mit Gas zu versorgen.

Ulm, 15. Oktbr. Das hiesige Schöffengericht hat die Bauersfrau Kath. Arnold in Psuhl wegen Milchfälschung zu der empfindlichen Strafe von 200 Mark verurteilt.

Murrhardt, 18. Okt. Der Sägmüller Kühnle in Schleisweiler wurde, als er an der Bandsäge beschäftigt war, von einem Stück Holz so schwer auf den Unterleib getroffen, daß er bedeutende Verletz­ungen erlitt, an denen er gestorben ist.

Welzheim, 18. Okt. Von dem Viehbestand des Gutspächtees Läpple auf dem Haselhof er­krankten aus unbekannter Ursache 10 Stück Vieh, von denen bereits 4 Stück im Wert von etwa 2000 Mk. geschlachtet werden mußten. Ein Mitglied des Medizinalkollegiums in Stuttgart war an Ort und Stelle, um festzustellen, worauf die Vergiftungs- - erscheinungen zurückzuführen sind.

er die Papiere herausgenommen hatte, bemerkte er in der einen Ecke einen funkelnden Gegenstand.

Er nahm ihn heraus und als er beim Hellen Fenster ihn genauer betrachtete, bemerkte er, daß es ein kleiner, äußerst vornehm geschliffener Diamant war. Behutsam hüllte er ihn in Papier und barg ihn in seinem Portemonnaie.

Es war kurz nach halb neun Uhr, als Breitfeld den Untersuchungsrichter verließ, nachdem er Einsicht in die Protokolle genommen hatte.Ich erhalte also sofort Nachricht?" rief ihm der Untersuchungs­richter nach.

Sofort, Herr Rat! Halten Sie sich nur bereit, um mir gegebenenfalls sogleich folgen zu können."

Der Detektiv begab sich eilenden Schrittes in die Wohnung des Kassierers Baumgart. Er erfuhr von der Tochter Baumgarts, daß der Vater bis um fünf Uhr Dienst habe.

Ich möchte einige Fragen an Sie richten, mein Fräulein," begann Breitfeld, nachdem er sich als Kriminalbeamter vorgestellt hatte.

War Ihr Herr Vater schon bei Ihnen?"

Nein? Er pflegt stets erst gegen fünf Uhr nach Hause zu kommen."

Und kam er auch gestern um diese Zeit?"

Jawohl."

Wann ging Ihr Vater gestern wieder fort?"

Das junge Mädchen errötete bei dieser Frage und sie antwortete nur zögernd:Es mag gegen sieben Uhr gewesen sein." i (Fortsetzung folgt.)