breit Erde erobert werden. Und immer wieder heißt es: einen Schritt zurück, wenn man ein paar Schritte vorwärts gemacht hat. Angriff folgte auf Gegenangriff. Dazu brüllen die Geschütze und die Kugeln des Kleingewehrfeuers zischen pfeifend durch die pulvergeschwärzte Luft.
Wohl gelingt es den Preußen, sich im Niederwald festzusetzen. Der errungene Standpunkt ist aber kein angenehmer, denn er steht ganz unter dem französischen Feuer, das von den Elsaßhausener Höhen ununterbrochen herniederpraffelt. Das währt nahezu zwei Stunden. Aber um Halbdrei Uhr ist auch Elsaßhausen genommen.
Nun wird die französische Stellung immer unhaltbarer. Mae Mahon will sich aber durchaus halten. Er befiehlt erneut den Angriff auf die Preußen. Elsaßhausen soll ihnen wiederum entrissen werden. Aber ebenso wie die französische Infanterie wird auch die französische Kavallerie siegreich zurückgeschlagen.
Inzwischen hat auch auf der andern Seite des Gefechts das erste bayrische Korps, v. d. Tann, den Ausschlag gegeben. Nur langsam geht es hier vorwärts. Erst gegen vier Uhr ist Fröschweiler in den Händen der Deutschen. Württembergische Truppen dringen inzwischen gegen Reichshofen vor. In Fröschweiler aber wütete die Kriegsfurie am grausigsten: „In dem Kniepunkte des einen rechten Winkel bildenden Dorfes stand die brennende Kirche. . . . In den Dorfgaffen ein wirres Gedränge." So schildert ein Augenzeuge die Situation kurz nach der Erstürmung der Ortschaft, die so unendlich viel Menschenblut den beiden Gegnern gekostet hatte.
Nun sieht Mac Mahon, daß er sich nicht mehr halten kann. Er ordnet den Rückzug an. Aber dieser Rückzug wird zur panikartigen Flucht. Um fünf Uhr nehmen die Deutschen die Verfolgung bereits mit großem Nachdruck auf. Die preußische 4. Kavalleriedivision langte, da für den Tag eine Schlacht nicht beabsichtigt war, aus ihren rückwärts gelegenen Quartieren erst am Abend auf dem Kampffelde an und rückte noch während der Nacht dem Feinde nach, dessen Nachhut sie am 7. August abends bei Steinburg am Fuße der Vogesen erreichte, ohne jedoch, da ihr die Unterstützung durch Infanterie fehlte, hier weiter Vordringen zu können.
Ein gewiß unparteiischer Berichterstatter, ein Korrespondent des „Siöcle" schildert die Flucht mit den folgenden, bewegten Worten: „Welche Menge! Greise, Frauen mit Säuglingen auf den Armen, kleine Mädchen von 3 bis 4 Jahren, Geschrei, Geheul, Gekreische, unendliche Trostlosigkeit. Man raffte an sich, soviel man eben mitschleppen konnte, und zuweilen auch noch mehr, als man zu tragen vermochte. Die Männer sinken unter der aufgebürdeten Last zusammen, selbst Kinder müssen tragen helfen. Wohin geht's? keine Antwort. Nach einem einstündigen Marsche gelangen wir in das erste Dorf, welches sich ebenfalls zur Flucht anschickt: Ochsen, Kühe, alles wird vor uns Hergetrieben. Matratzen, Leinwand, allerlei Effekten werden turmhoch auf vierrädrige Karren geworfen und dabei wächst die Zahl der Flüchtlinge mit jedem Schritte."
Der Sieg der Deutschen war ein großartiger. Der Feind, der die Vogesenpässe bewachen sollte, war nahezu aufgerieben. Die Zahl der Gefangenen bezifferte sich auf 6000 Mann, 2 Adler, 4 Fahnen und 30 Geschütze waren erbeutet worden. Den Deutschen hatte der blutige Tag über 10000 Mann gekostet; darunter befanden sich allein 489 Offiziere. Mac Mahon aber brachte von den 45000 Mann, mit denen er sich um Wörth aufgestellt hatte, am Tage nach der Schlacht nur noch 15000 Mann zusammen, so daß man die Zahl der verwundeten oder getöteten Franzosen, nach Abzug der in die Gefangenschaft geratenen oder desertierten, auf 20000 ansetzen darf. Das war ein furchtbarer und zugleich entscheidender Schlag für den gallischen Hochmut. Um Napoleons III. Sache begann es immer schlechter zu stehen.
In den Städten der Heimat war der Jubel über den Sieg bei Wörth ein schier unermeßlicher. Noch spät am Abend las man in allen deutschen Städten das Telegramm des Kronprinzen: „Siegreiche Schlacht bei Wörth, Mac Mahon mit dem größten Teil seiner Armee vollständig geschlagen. Auf dem Schlachtfelde bei Wörth viereinhalb Uhr nachmittags." Das war eine Helle, hohe und aufrichtige Freude, die gemeinsam Süd- und Norddeutschland durchpulste und durchbebte. Denn die Söhne aller deutschen Gaue hatten in dieser gewaltigen Schlacht gemeinsam ihr Blut vergossen. Das fühlte und spürte man auch in der Heimat, die gescannt alle Einzelheiten der Vorgänge auf dem Kriegsschauplatz verfolgte. Ganz anders in Frank
reich. In Paris ließ man klugerweise die wahre Gestalt der niederschmetternden Kunde nicht ganz aufkommen. Die herrschende Clique hatte dafür ihre guten Gründe. Das stolze Frankreich sah sich in den Grundfesten seines Selbstvertrauens und seines Prestiges bei den anderen Nationen erschüttert. Die Folgen waren für beide ringenden Völker unabsehbare. Noch ehe irgend eine endgültige Entscheidung gefallen war, begannen sich bereits die Verhältnisse in Europa zugunsten Preußens und Deutschlands zu ändern, das jetzt sein Fazit aus den Siegen über Dänemark und Oesterreich zog. Die Kunde vom Siege bei Wörth durch die deutschen Truppen ließ die ganze Erde aufhorchen, denn in der Geschichte der Völker schien nunmehr eine neue Aera anzuheben. Frankreich hatte das Glück der Waffen vergebens reklamiert. Sein Stern war von düsterem Gewölk umnachtet; alle Hoffnungen, daß er wieder glänzen und funkeln möge, sollten zunichte werden. Einsichtige Männer hatten dies von anfang an gesehen. Ihre Mahnungen und Warnungen aber waren überschrieen worden. Nun sollte fast jeder werdende Tag dieses blutigen Krieges ihnen recht geben. Denn die Geschicke der Weltgeschichte sind gerecht und vollenden sich nach den ehernen Gesetzen von Schuld und von Sühne.
vermischtes»
Ein schlauer und ein noch Schlauerer, — ein nettes Geschichtchen. Ein überaus schlauer Wirt auf einer Bodensee-Jnsel und der ganz kluge Vorstand der Kegelgesellschaft, die in dem betr. Gasthaus allwöchentlich zu ihrem Unterhaltungsabend erscheint, besprachen neulich die Aussichten der bevorstehenden Gemeinderatswahl. Kandidaten gab es genug, aber keiner von den beiden Genannten befand sich darunter. Trotzdem sagte der Kegelgesellschaftsvorstand zu dem Gastwirt: „Passen Sie auf, am Ende wählt man gar noch Sie!" Das wäre nun für die Gemeinde kein Unglück gewesen, weil der Wirt nebenbei ein tüchtiger Mann ist, aber wie gesagt, Aussichten hatte er keine. Daher antwortet er auch: „Nein, gewählt werde ich keinesfalls, das weiß ich; aber das sag' ich Ihnen, wenn ich nur eine Stimme kriege, dann halte ich unsere Kegelgesellschaft einen Abend lang mit Essen und Trinken frei!" — „Abgemacht I" rief der Vorstand, man gab sich die Hand darauf und versprach sich hoch und heilig, die Sache bis nachher geheim zu halten, damit es dabei ehrlich zugehe. Bald kam der Wahltag und als einer der ersten erschien der Kegelgesellschaftsvorstand im Wahllokal und gab feierlich seinen Stimmzettel ab. Es war darüber noch keine Viertelstunde verstrichen, so hatte der Wirt das schon erfahren, denn es geschieht ja nichts auf 2 Stunden im Umkreis, was so ein Wirt nicht alles zuerst weiß. „Jetzt ist es Zeit für mich," dachte er, setzte den Hut auf und ging auch seinerseits zum Wählen. Der Stimmzettel, den er abgeben wollte, war schon hergerichtet und er sah noch einmal nach, ob er auch den rechten habe. So war es auch. Einen der Kandidaten hatte er darauf gestrichen und dafür seinen eigenen Namen hingesetzt, denn, hatte er gerechnet, auf diese Weise erhalte ich zum mindesten zwei Stimmen und brauche dann nichts zu spendieren, da ich ja nur auf eine Stimme gewettet habe, aber nicht auf mehr, und freute sich im stillen schon auf das lange Gesicht des Herrn Vorstandes. Die Wahl war vorbei und das Ergebnis wurde festgestellt und — o Schreck!— auf den Wirt fiel sage und schreibe, eine Stimme, nicht mehr und nicht weniger. Dieser boshafte Kegelvorstand kannte seinen Pappenheimer von Wirt und hatte ihn gar nicht gewählt. Somit rührte die eine Stimme, die der Wirt erhalten hat, von ihm selbst her. Die Wette war also verloren, und wohl oder übel mußte er nun auch die Gesellschaft einen Abend lang freihalten.
Köpenick in Sizilien. Ueber einen Vorfall, der lebhaft an die Geschichte des Hauptmanns von Köpenick erinnert, nur daß es diesmal sich nicht um einen „Hauptmann", sondern um einen „Polizei- Kommissar" handelt, wird dem „Berliner Tageblatt" das folgende geschrieben: In der zehntausend Einwohner zählenden Stadt Ramacca bei Catania erschien dieser Tage ein schwarz gekleideter Herr, der sich mit einem Schreiben des Präfekten bei dem Karabinierikommando vorstellte. Er habe, erklärte er kurz und bündig die geheime Mission, bei mehreren Großgrundbesitzern eine Haussuchung abzuhalten. Da der angebliche Polizeikommissar sich genau so ungnädig benahm, wie sich nur ein wirklicher Polizeikommissar in Italien zu benehmen pflegt, so hegte der Karabinieriposten nicht den geringsten
Verdacht und gab dem „Herrn Inspektor" drei Karabinier! und vier Polizisten mit, in deren Gefolge er zahlreiche Gutshöfe besuchte und unter allerlei Vorwänden große Summen für alle möglichen Zwecke erhob. Als er abends mehrere tausend Lire zusammengebracht hatte, schickte er die Eskorte nach Ramacca zurück, wo man ihn tags darauf zu einer neuen Strafexpedition erwarten sollte, ließ dann den Wagen anspannen, den er selbst kutschierte, um nach Catania zu fahren und dem Präfekten Bericht zu erstatten. Erst als der Herr Kommissar durchaus nicht mehr wiederkam, zogen die Behörden in Ramacca beim Präfekten Erkundigungen ein und erfuhren, daß sie einem frechen Schwindler zum Opfer gefallen waren.
Der Schatz im Acker. Die Bewohner des kleinen Städtchens Laurel in Delaware sind aus ihrer friedlichen Ruhe aufgeschreckt: Asbury Ham- mond, einer ihrer ärmsten Mitbürger, der sich redlich plagen mußte, um sein kärgliches Brot zu erwerben, ist über Nacht zum reichen Manne geworden. Ham- mond besitzt einige kleine Felder, die er mit eigener Hand bewirtschaftet. Vor einigen Tagen, als er mit Schaufel und Hacke draußen an der Arbeit war, stieß er beim Graben auf eine Art Backsteingewölbe. Mit der Hacke öffnete er das morsche Mauerwerk und fuhr zunächst mit abergläubischem Schrecken zurück: denn vor ihm lag ein grinsendes Skelett. Dann aber, als der erste Anfall von Furcht überwunden war, sah er am Kopse des Gerippes einen Lederbeutel liegen und an den Füßen einen zweiten Sack. In dem einen fand er einen Haufen von spanischen und amerikanischen alten Gold- und Silbermünzen, und auch der zweite Beutel war mit Geld gefüllt. Die jüngste Münze in dem Haufen stammt aus dem Jahre 1821. Er trug einen Beutel zur Bank und erhielt für den Inhalt rund 7 5 00g Mark. Als er wenige Tage später auch den zweiten verkaufte, der ihm über 60 000 Mk. einbrachte, war sein Geheimnis bereits bekannt und von allen Seiten strömten die Nachbarn und Freunde herbei, um die unheimliche Schatzkammer zu besichtigen. Seitdem ist mit der Bevölkerung von Laurel eine seltsame Veränderung vorgegangen; von morgens früh bis spät in die Nacht sieht man überall die Männchen und Weibchen mit wildem Eifer in ihren Feldern und Gärten graben, und über Nacht sind die Faulsten die Fleißigsten geworden.
Schutz der Natur. In der gegenwärtigen Hochsommerzeit und gerade jetzt während der großen Ferien ist es nicht unangebracht, jung und alt wieder einmal vor allem zu warnen, was die Schönheit der Natur irgendwie beeinträchtigen kann. Besonders sollte noch mehr, als in der Regel geschieht, die Natur reingehalten werden. Wer mit Freunden und Wandergenossen sich unter goldenem Buchengrün zu fröhlichem Mahle niederläßt oder an Aussichtspunkten, an stillen Waldbänken und aus Ruinen seine Mahlzeit einnimmt, sollte sorgfältig daraus bedacht sein, daß alle Spuren des fröhlichen Schmausens, wie Papier, Eierschalen. Knochen, Apfelsinenreste u. a. sorgfältig eingesammelt und an irgend einem Platz verwahrt werden, wo sie die Aesthetik des Waldes nicht stören. Bei meinen zahlreichen Wanderungen am Rhein fand ich vor Jahren an der Godesburg-Ruine bei Godesberg eine weithin sichtbare Tafel mit dem folgenden nicht gerade schönen, immerhin aber beherzigenswerten Verslein:
WaS in der Stube gilt als simpler Brauch,
DaS halte fest im Walde auch;
Laß niemals aus den Boden fallen Papier-, Orange-, Eierschalen;
Halt rein und sauber das Waldlokal,
Dann bleibst willkommen du hier überall.
Ich möchte nun nicht empfehlen, diese beherzigenswerte Warnung auch bei uns im Schwarzwald an jedem Wege anzubringen, wohl aber können die Jungen und die Alten es sich merken und danach handeln. Dann wäre schon viel geholsen. — Zu demselben Artikel wird von anderer Seite der folgende Mahnruf an das Publikum zum Schutze der Natur eingesandt:
O Freund, der du zu Fuße reisest,
Und deine Wurst im Grünen speisest,
Wirf daS umhüllende Papier,
Das fettbefleckte, nicht von dir.
Bedenke noch bei deinem Wandern Es folgen dir noch manche andern,
Die sich an der Natur erfreun.
Wenn unbefleckt sie blieb und rein.
Auflösung der Knackmandel in Nr. 123.
Sieg.
Richtig gelöst von Helene Kaiser, Marie Schmid und Robert Mack in Neuenbürg; A. Bester in Birkenfeld.
Redaktion, Druck «ud Verlag vo« L. Mee- i» Reuenbürg.