Die neue Murgtalbahn.
Am 15. Juni ds. Js. wurde die Neubaustrecke Weisenbach—Forbach der Murgtalbahn dem Verkehr übergeben. Im August 1907 ist mit dem Bau begonnen worden. Die Bahn liegt in ihrer ganzen Ausdehnung in dem aus Granit bestehenden Urgestein. Die Erdschicht, die Gerölls von dem auf 800 Meter über dem Meer liegenden Sandstein enthält, ist oft sehr dünn. Häufig tritt der nackte Felsen zutage. Die von Süden nach Norden fließende Murg ist noch im Mittellauf ein wilder Fluß, der sich in scharfen Krümmungen tief und eng ins Gebirge eingefressen hat. Auf 6 Kilometer Länge von Weisenbach bis Forbach mußte die Bahn den Höhenunterschied von 107 Meter überwinden. Häufig wurde die größte Steigung 1:45 angewendet, und im Mittel wird auf 55 Meter Länge um 1 Meter gestiegen. Von den 6 Kilometern der Bahn liegen 1340 Meter im Tunnel und 450 Meter auf Brücken. Außer dem Umbau von Weisenbach waren die Haltestelle Au, der Bahnhof Langenbrand-Ber- mersbach und Forbach - Gausbach vorgesehen. Für das Verladen der riesigen Stämme aus den umliegenden Waldungen wurden in Langenbrand und besonders in Forbach mächtige Verladerampen, hier zwei von zusammen 600 Meter Länge errichtet. Unmittelbar hinter dem Bahnhofe Weisenbach fährt die neue Linie in scharfem Bogen durch einen 15 Meter hohen Felseinschnitt, kreuzt mit dem einzig fchienengleichen Uebergang die Landstraße Rastatt- Freudenstadt und überschreitet auf einer Eisenbrücke die Murg. Die erste Haltestelle Au wurde auf einem hohen Damm, dessen Fuß bis ins Flußbett reicht, errichtet. Die Murg drängt sich nun eng an die steilen Schraffen des Füllenfelsens und jenseits schweift der Blick zum Traberg und den breiten Höhenzügen, die dem Hohloh vorgelagert sind. Der Enge entschlüpft der Zug durch den 215 Meter langen Füllentunnel, fährt an der ältesten Betonbrücke Deutschlands vorüber durch einen heiteren Wiesengrund, muß aber bald wieder im 158 Meter langen Hardttunnel die Bergnase durchstoßen. Dann sieht man von der Sohle an immer höher die dunklen Rücken bis auf 1000 Meter sich erheben. Auf großem Steinbogen geht es 20 Meter hoch über der Murg zum Bahnhof Langenbrand - Bermersbach. Nach kurzem Halt nimmt der 160 Meter lange Brachtunnel die Aussicht auf das reinliche Bermersbach, hinter dem die Vorläufer der Badner Höhe stehen. Tief ist die Bahn in den Schulmeisterselsen eingeschnitten. Eine starke Mauer wirft das Wasser unten in ein neues Bett und steinerne Gewölbe setzen auf hohen Pfeilern im Kreisbogen über die Tennetschlucht. Nun reiht sich Tunnel an Tunnel, und schnell fliegen die herrlichen Bilder, die sich auftun, vorüber. Nach dem 355 Meter langen Stiehltunnel geht es durch den wildesten Teil, die Rappenschlucht, in den 95 Meter langen Rappentunnel, dann nach 56 Meter im Tageslicht des Rappenlochs in den einzigen geraden der Strecke, den 177 Meter langen Hackentunnel. Nun ruht das Auge auf der doppel- türmigen freundlichroten Sandsteinkirche Forbachs. Links von den Wiesen zieht sich Gausbach hin und unten umflutet die Murg den Eulfelsen, dessen zerklüftete Wand wie aus Riesenquadern gemauert dasteht. Noch einmal wird Gausbach im 180 Meter langen Tunnel unterfahren und Forbach-Hausbach, der vorläufige Endpunkt der Strecke ist erreicht.
Allein in diesem Bahnhof waren 2 Bergvorsprünge mit 125 000 Kubikmeter Fels abzuschießen. Dazu wurden in 30 Monaten 43 Kilometer Bohrlöcher gebohrt, indem 21800 Kilogramm Dynamit mit 114000 Schüssen entzündet wurden. Hier wurde zuerst eine Druckluftanlage eingerichtet, die bei Tag und Nacht 6 Bohrhämmer zum Bohren der Sprenglöcher trieb. Der Bahnhof liegt auf einer 24 Meter hohen Steinböschung. Hinten, bei der sehenswerten alten Holzbrücke, ruht der Damm auf 11 Meter hoher, 5 Meter starker Steinmauer. Die Herstellung des Bahnkörpers dieses Bahnhofes verschlang allein 700 000 2'/- Jahre konnte man zur Frühstücks-,
Mittags- und Vesperzeit — selbst vom Hohloh und der Badener Höhe aus — den Donner der zahllosen Schüsse hören, die in den Felseinschnitten gelöst wurden. Das unregelmäßige felsige Gelände zwang zur Ausführung schwieriger Bauwerke und Brücken. Um sie der schönen Gegend harmonisch einzufügen, wurde, soweit wie möglich, Eisen vermieden und Granit verwendet. Nur eine Feldwegüberführung im Bahnhof Weisenbach und die tieferliegende Murgbrücke bei Au bestehen aus eisernen Trägern. Bei Langenbrand wird die Murg 20 Meter über der Sohle von einem großen Stein- bogrn 59 Meter weit überspannt, an den sich auf
dem rechten Ufer drei, und auf dem linken zwei Nebenbögen von 12 Meter freier Weite reihen.
Dort, wo die Straße durch den jedem Wanderer bekannten Straßentunnel zieht, windet sich die Bahn in einem scharfen Bogen längs der Felswand durch die Lennetschlucht. 27 Meter über der Murgsohle ruht die Fahrbahn auf neun Gewölben von je 16 Metern Lichtweite. Erst mußte die Schlucht durch eine starke Granitmauer abgesperrt werden, ehe man im Flußgewölbe die Baugruben der unten 6 auf 7 Meter starken Pfeiler ausheben konnte. Dann wurde ein Bremsberg von der Landstraße herab zur Baustelle angelegt, auf dem die entladenen Wagen durch die oben vom Fuhrwerk beladenen abwärts gehenden hochgezogen wurden. Der Stein zum Bau wurde allermeist aus den im Murgbett lagernden großen Granitwacken gewonnen. Die neun Bögen wurden in drei Gruppen gewölbt. Das 183 Meter lange Bauwerk fügt sich gut in die felsige Schlucht mit seinen schlanken Pfeilern, und die Murg zieht bei hochgehendem Wasser grollend ihren neuen Weg.
Auf halber Höhe über der Murg schlängelt sich in der Rappenschlucht die Landstraße auf hoher Trockenmauer. Zwischen Straße und Murg war kein Platz für die Bahn. In langwieriger Winterarbeit wurden unter die 1. Trockenmauer vom Fels herauf im losen Geröll 12 Meter hohe Pfeiler in engen Schächten hochgetriebsn und mit 3 Gewölben die wacklige Mauer abgefangen. Nach 6ffs Monaten war die gefährliche Arbeit ohne Unfall vollendet. In der gleichen Zeit wurde die Landstraße über der Schlucht in den Berg geschoben. In 4^/s Monaten Winterarbeit wurde die 30 Meter hohe Wand heruntergeschoffen, ohne irgend einen Unfall und ohne den Straßenverkehr ganz zu sperren. An Stelle der zweiten hohen Trockenmauer trat eine Holzbrücke. Der unter ihr herauskommende Rappenstollen wurde durchgeschlagen und von unten her eine aus 3 Bögen bestehende Steinbrücke in die Felsvorsprünge hineingebaut und darauf ohne Verkehrsstörung die Landstraße gelegt. Am Anfang der Schlucht liegt das Ende des Stieltunnels. Da senkrecht darüber die Straße auf Felsbänken ruht, die durch den Tunnelvortrieb ihre Unterstützung verlieren mußten, wurde trotz des strengen Winters unter einem Holzverschlag bei immer brennenden Oefen auf 14 Meter Länge eine Lehnengalerie gemauert, die die Felswand abstützt. Aehnlich wurde am Ende der Schlucht, am Anfang des Rappentunnels, eine Tunnelgalerie gemauert. Die breite Mulde der Schluchtmitte wurde von einem 18 Meter weiten Steinbogen überspannt. Neben all diesem steht noch eine Stützmauer zwischen Brücke und Rappentunnel auf der steilen Murgseite.
Die Bewohner des Tales hatten während der nicht ganz 3jährigen Bauzeit guten Verdienst durch Arbeit an der Strecke und durch Verpflegung der zahlreichen Arbeiter. Die Bahn kostet rund 5 Millionen Mark, aber sie erschließt die reichen Waldungen der Talgemeinden der Murgschifferschaft, des Heiligenfonds in Forbach und des Staates dem freien Verkehr, und macht die herrlichen Höhen um Herrenwies, Kaltenbronn und wie sie alle heißen, leicht zugänglich.
vLiMrschres
Der ersteTote vor vierzig Jahren. Das erste Todesopfer des preußischen Heeres im letzten Kriege gegen Frankreich fiel am 28. Juli 1870; das Schicksal des Toten entbehrt nicht einer gewissen Tragik. Er gehörte jener tapferen Schar an, die unter Major v. Pestel bei Saarbrücken den Vorstoß einer feindlichen Uebermacht tagelang und bis zum Aufmarsch der Armee zu verzögern verstand. Die „Saarbrücker Kriegschronik" schreibt darüber wörtlich: Bei der 4. Schwadron der 7. Ulanen diente ein Rekrut namens Klaiber. Es war ein braver Kerl, doch ein ungeschulter Soldat, weshalb er jedesmal, wenn seine Schwadron auf Vorposten kam, in Dudweiler zurückgelasfen wurde. Das schmerzte den ehrliebenden Ulanen; er bat seinen Wachtmeister flehentlich, bei dem Rittmeister doch ein gutes Wort für ihn einzulegen, daß er auch einmal auf Vorposten komme; er müsse sich später in seinem Heimatdorfs schämen, wenn seine Kameraden von ihren Kriegsabenteuern erzählten und er dann gar nichts zu berichten wüßte. Die Bitte des braven Burschen rührte seine Vorgesetzten; es wurde ihm zugesagt, daß er das nächstemal auf Vorposten kommen sollte. In seiner Herzensfreude bewirtete er seine Kameraden von den zwei Talern, die ihm seine Eltern kürzlich geschickt halten. Am 28. Juli abends machte Klaiber mit anderen Ulanen zum ersten Male den gewöhnlichen Patrouillenritt. Kaum eine halbe Stunde war er fort, als sein Pferd, ein Schimmel,
in langem Galopp die Metzer Straße herunterkam und den Weg nach der Kaserne nahm. Bald erschien auch Klaibers Kamerad und gab traurigen Bericht. Die beiden Ulanen waren unangefochten bis zum Heidenhübel gekommen; da fallen Schüsse von den feindlichen Vorposten, aber die Reiter achten es nicht, sie sind ja gewöhnt, sich aus dem Schießen der Franzosen nicht viel zu machen. Plötzlich stürzt Klaiber, ohne einen Laut von sich zu geben, vom Pferde; ein Blutstreifen rieselt von der Stirn über das bleiche Antlitz. Der Ulan Deckelnik sprengt trotz des feindlichen Kugelregens auf den regungslos Daliegenden zu und berührt ihi- mit der Lanze, um zu sehen, ob noch Leben in ihm ist; doch der Gefallene rührt kein Glied mehr. Eine Zeitlang hindert das heftige Feuer die Bergung der Leiche. Schließlich suchen zwei Handwerksburschen, indem sie zum Zeichen ihrer friedlichen Absicht ihre Taschentücher an Stöcken schwenken, die Unglücksstätte zu erreichen, und es gelingt ihnen auch, den gefallenen Krieger auf seiner Lanze und seinem Säbel zurückzubringen. Zwei Engländer leisten ihnen dabei Hilfe. Am nächsten Tage wurde der heldenmütig gefallene Bauernsohn aus Hohenzollern auf dem Saarbrücker Friedhofe, wo ihm und dem ihm auf der Grenzwacht in den Tod folgenden Kameraden ein einfaches Denkmal gesetzt worden ist, beigesetzt. Auf der Höhe des Heidenhübels aber, an dem Punkte, wo Ulan Klaiber die tödliche Kugel erhielt, ist vor kurzem ein Denkmal vom Vereine ehemaliger 7. Ulanen gesetzt, das die Stelle bezeichnet, wo der erste Preuße 1870 den Heldentod fand.
Erlebnisse eines Abgestürzten. Die erschütternde Bergkatastrophe an der Jungfrau, die sieben Touristen das Leben gekostet hat, sowie das Ballonunglück des „Erbslöh" mit dem Untergang von fünf blühenden Menschenleben haben die oft erörterte Frage wieder in den Vordergrund gerückt, ob diese Verunglückten Todesangst ausgestanden und Schmerzen erlitten haben. Aus den ruhigen oder schmerzhaft entstellten Gesichtszügen der Leichen werden häufig Schlüsse auf das Vorausgegangene gezogen. Zum Trost und zur Beruhigung der Angehörigen dieser Opfer teilt ein Bergsteiger in der Täglichen Rundschau eigene Erfahrungen mit, die gerade jetzt besonders interessieren werden. Er schreibt: „Ich bin vor 15 Jahren in den norwegischen Alpen am Brixdal-Gletscher im Nordfjord abgestürzt und wurde durch einen wunderbaren Zufall, nachdem ich 6 Stunden besinnungslos gelegen hatte, von zwei schwedischen Touristen aufgefunden. Ich habe von Angst oder Schmerz nicht das Mindeste empfunden, ja, ich weiß über den ganzen Vorgang, über die Ursache des Sturzes und den Sturz selbst gar nichts. Ich habe die Erfahrung gemacht, die auch andere in gleicher Lage an sich festgestellt haben, daß der Tod durch Absturz vollständig leicht und schmerzlos ist, da durch den furchtbaren Anprall auf dem Boden die Besinnung schneller geschwunden ist, als die Nerven Zeit haben, die Schmerzempfindung auszulösen. Während des Fallens haben andere, weit entfernt von Angstgefühlen, vielmehr angenehme, ja wenige Empfindungen gehabt. Ich selbst habe gar nichts empfunden. Das Bild des Abgestürzten und Zerschmetterten ist ja nach außen hin entsetzlich, und es ist eine leichtverständliche Jdeen-Verbindung, für eine so schreckliche Wirkung eine entsprechende Ursache anzunshmen. Das ist jedoch eine Täuschung Diesen Trost also — so schwach er auch sei — mögen die Angehörigen aus den Erfahrungen eines in ähnlicher Weise Verunglückten annehmen."
fWozu ist man versichert?j Brandlhuber: „Was liest denn da, Nazerl?" — Bub': „Da steht: „Messer, Gabel, Scher' und Licht taugt für kleine Kinder nicht." — „No, mit 'm Licht brauchts es so genau net z'nehma."
Wort.RStsel.
Trennst du mein Wort in Teile zwei.
Nenn' Körnchen ich und fremd' Gebräu;
So wie es ist, aus einem Guß,
Schützt und bewahrt es deinen Fuß.
Auflösung der Ausgage i» Nr. 117. Multipliziert man 27 mit 60, 5 mit 58, so ist die Summe der beiden Resultate — 1910.
Richtig gelöst von Friedrich Bürkle in Conweiler und Wilhelm Finter in Schwann.
Voraussichtliche Witterung für 27. ds. Mts.
Der neue Luftwirbel, dessen Drehpunkt jetzt über der mittleren Nordsee angelangt ist, rückt langsam ostwärts vor, wird aber später gegen Nordost abschwenken. Zunächst steht nun weiterhin unbeständiges, ziemlich wolkiges, mäßig kühles bis mäßig warmes Wetter und vereinzelt etwas Niederschlag bevor. Später wird schönes und warmes Weiter entstehen.
Redaktion, Druck und Verlag von L. Meeh i« Neuenbürg.