dingung wird gestellt, daß die 1000 Meilen lange Strecke in höchstens drei Tagen im Aeroplan zurückgelegt werden muß.
In Louisville (Kenntucky) war die 8 jährige Alma Kellner, die Nichte des deutsch-amerikanischen Brauereibesitzers und Millionärs Fehr, seit dem Dezember v. Js. »erschwunden, nachdem sie einen Kirchgang unternommen hatte. Vorgestern wurde nun das Mädchen im Keller der deutschen Kirch- Schule als Leiche aufgefunden. Ein Bein war vom Körper abgetrennt und lag in einer anderen Ecke des Kellers versteckt. Die Polizei fahndet auf den früheren Küster der Kirche, den 27 jährigen Wendling, der seit Januar verschwunden ist. Wendling war ein französischer Deserteur und übel beleumundet.
Brüssel, 1. Juni. In einem Dorfe bei Ninove wurde ein 18jähriges Mädchen, das allein das Haus hütete, während die Angehörigen zur Kirmeß gegangen waren, überfallen und erdrosselt. Der Mörder raubte Geld und Wertpapiere.
Württemberg.
Stuttgart, 1. Juni. Das mit dem 30. März abgeschlossene Geschäftsjahr hat nicht nur für die württembergische Privatindustrie gegenüber den letzten Jahren einen starken Aufschwung gebracht, sondern es sind auch, wie man hört, bei den staatlichen Hüttenwerken sehr erfreuliche Ueberschüsse vorhanden. Dieses Ergebnis ist im Interesse unserer Finanzen sehr zu begrüßen. Während sich der Ertrag der Hüttenwerke in den Jahren 1905 und 1906, sowie in der ersten Hälfte des Jahres 1907 in steter Steigerung befunden hatte, machte sich jedoch in der zweiten Hälfte des Jahres 1907 der allgemeine wirtschaftliche Rückgang bemerkbar. Die Besserung setzte in der Mitte des Jahres 1908 ein, und sie hat so stark angehalten, daß im jetzt vergangenen Betriebsjahr, wie gesagt, erhebliche Ueberschüsse vorhanden sind. Allein bei dem Wasseralfinger Werk soll der Reingewinn, welcher zur Ablieferung an die Staatshauptkasse kommt, rund 300 000 Mk., das wären etwa 50000 Mk. mehr als der Etat vorgesehen hat. Leider drückt das Walzwerk Wasseralfingen immer noch auf die Gesamtergebnisse. Der Fehler, daß für dieses Werk keinerlei durchgreifende Verbesserungen einzeführt wurden, sondern in der Hauptsache alles beim alten blieb, hat sich auch Heuer wieder gerächt. Ueberschüsse verzeichnen ferner Abtsgmünd, Friedrichstal und die übrigen Hüttenwerke. Man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man den Mehrertrag, den die Hüttenwerke an die Staats- hauptkasse abzuliefern in der Lage sind, auf rund 60000 Mk. mehr schätzt, als der Etat vorgesehen. Insgesamt würden also rund 360000 Mk. zur Ablieferung kommen. Wenn erst einmal eine gründliche Modernisierung aller Betriebe durchgesührt ist, wird das Ergebnis in Zukunft sicherlich noch ein sehr viel besseres sein. In wenigen Werken ist ja auch bereits im Interesse des ferneren Ertrages die Einstellung außerordentlicher Aufwendungen zur Verbesserung erfolgt. Diese Aufwendungen haben im vergangenen Jahr über 200000 Mk. betragen und
Gin schwerer Fall.
Humoristische Novelle von Elie von Bucholtz.
6) - (Nachdruck verboten.^
Die alte Dame schauderte zusammen. Was sollte diese Aufregung heißen? War das ein neues Symptom der Krankheit?
„Friederike!" flehte sie, „um Gotteswillen bleiben Sie nur ruhig! Ich werde Ihnen gleich ein Brausepulver geben."
„Ach wat, Brausepulver!" wehrte Friederike ab. „Ich will Ihnen mal sagen, Frau Rat, daß sich die Fräulein Anny da drin mit dem Menschen, dem Müller, jeküßt hat — was sagen Sie nu?"
Frau Rat faltete die Hände. „Jetzt phantasiert sie gar, mein Gott, was soll das werden!" dachte sie halb ohnmächtig vor Schreck.
„Bleiben Sie um Himmelswillen ruhig, Friederike!" bat sie inbrünstig.
Doch das Mädchen fuhr sie rauh an. „Sie glauben's wohl nich? So wahr, als ick —"
„Ich glaube ja alles, liebste Friederike," wimmerte Frau Rat, „aber regen Sie sich doch darum nicht so auf."
„Er hat ihr jeküßt — der Müller!" wiederholte die Kranke, „die Tür stand auf."
„Ja, ja. liebe Friederike, er hat sie geküßt!" flötete die alte Dame beruhigend. „Etwas Wasser, nicht wahr? Hier! Trinken Siel"
„Ach, man nich! Wasser nich! Höchstens Limonade!" befahl die Patientin. „Aber ist es Ihnen
konnten dem Ertrag der Hüttenwerke entnommen werden.
Ueber das Wasserversorgungsprojekt der Stadt Stuttgart aus der Donauniederung bei Langenau hat der mit der Technischen Abteilung an Ort und Stelle entsandte Gemeinderat Dr. Mattes in nichtöffentlicher Sitzung des Gemeinderats einen sehr instruktiven Vortrag gehalten, der gewiß auch die breite Oeffentlichkeit interessiert hätte. Die Stadt will jetzt zwei nichtwürttembergische Sachverständige beauftragen, ihrerseits das Projekt einer Prüfung zu unterziehen. Von ihrem Gutachten dürste es wesentlich mit abhängen, wie die Stadt sich zu der Sache stellen wird.
Stuttgart, 1. Juni. Heute nachmittag wurde der Feuermelder an einem Hause der Gymnasiumstraße mutwilligerweise in Tätigkeit gesetzt. Der Täter wurde in der Person eines 20 Jahre alten Kaufmanns ermittelt.
Ludwigsburg, 2. Juni. Anläßlich des XX. Bundestags des Württ. Kriegerbunds wird auf dem Festplatz eine Postanstalt eingerichtet, die vom 4. bis 6. Juni von 9 Uhr vormittags bis 7 Uhr nachmittags geöffnet sein wird.
Heilbronn, 30. Mai. Das Schöffengericht verurteilte am Samstag den Redakteur des Neckar- Echo, E. Hitzler, wegen Beleidigung des Gemeinderats in Lauffen a. N. zu der Geldstrafe von 150
Heilbronn, 1. Juni. Ministerialrat Röcker war heule hier, um als Revisor des Strafanstaltenkollegiums das Zellengefängnis zu besuchen und sich die Anliegen und Beschwerden der Gefangenen vortragen zu lassen. Er besichtigte auch das Untersuchungsgefängnis des Landgerichts, in dem die beiden Schultheißen Bosch und Benz ihrer Aburteilung durch das nächste Schwurgericht harren.
Löchgau, OA. Besigheim, 1. Juni. Bei der gestrigen Schultheißenwahl wurde Gerichtssekretär Saur-Ravensburg mit 110 von 261 abgegebenen Stimmen gewählt. Weiter erhielt Verwaltungsassistent Schempp-Stuttgart 63 Stimmen, Schultheiß Bauer-Neckarzimmern 61 St. und Assistent Gabler- Heilbronn 21 Stimmen.
Stockheim, OA. Brackenheim, 1. Juni. Zu der im Konkurse Bosch-Kinzler gestern stattge- fundenen ersten Versteigerung hatten sich nicht nur aus dem Bezirk 'zahlreiche Interessenten und Neugierige eingefunden, auch aus Heilbronn, dem Neckartal bis Stuttgart hinauf, sogar aus dem Strohgäu usw. waren Scharen von Liebhabern gekommen. 500 Personen mögen sicher anwesend gewesen sein. Die meisten hatten es wohl auf den guten „Stock- heimer" abgesehen. Der Nene wurde pro Eimer bis auf 175 der ausgezeichnete 1908 er auf 230 ^ pro Eimer gesteigert. Die Wirtschaft zur „Sonne", ein renommiertes Gasthaus, welches der Schwiegersohn des früheren Schultheißen Mosch auf Rechnung der Konkursmasse betreibt, wurde bei der Zwangsversteigerung von Frau Schultheiß Bosch um 15 000 angeboten. Der Zuschlag ist noch ausgesetzt. — Um die Ortsvorsteherstelle, die Schultheiß Bosch von heutigem Tage an niedergelegt hat,
denn so ganz jleich, Frau Rat? Sie wußten doch noch nischt!"
„Ich wußte alles, liebe Friederike, hier ist Limonade, er hat sie geküßt, der Müller," betete Frau Rat her, fast besinnungslos bei dem Gedanken, daß sich das Mädchen in diesem fürchterlichen Fieberanfall aus dem Fenster stürzen könnte. „Aber ganz still liegen, gute Friederike, dann vergeht alles."
Die Augen starr auf die Kranke gerichtet, konzentrierte sich Frau Rat langsam rückwärts zur Tür hin.
Jenseits derselben flog sie auf die Nichte zu.
„Friederike hat entsetzliche Phantasien und Visionen. Stelle dir vor, Anny, wie schrecklich, sie glaubt, du hättest den Dienstmann geküßt."
Anny sah sie starr an, dann flog heißes Erröten über ihr Gesicht. Mit ihrem fixen Verstände hatte sie die Situation vollständig begriffen.
„Was sagst du zu diesen wahnsinnigen Vorstellungen! Nun gibst du doch zu, daß das Mädchen schwer krank ist," drang Frau Rat in die Nichte.
„Ach, Tante, ich glaube — du glaubst — Friederike glaubt —" stotterte Anny.
„Kind, setze dir schnell den Hut auf; du mußt schleunigst einen verständigen Arzt holen. Jede Minute ist kostbar, eile!"
Aber Anny sträubte sich, und Frau Rat, zu mürbe geworden, um ihren Willen durchzusetzen, ließ alles gehen, wie es ging.
Sie rang nur noch die Hände: „Ich fühle mich
haben sich bereits 4 Verwaltungskandidaten und 1 früherer Landjäger gemeldet. Man hört aber auch von einer Kandidatur aus der Einwohnerschaft.
Göppingen, 2. Juni. Gestern abend wurde bei einem Streit zwischen ausgesperrten und nicht- ausgesperrten Zimmerleuten, die vom Maienfest heimkehrten, der ausgesperrte 22 Jahre alte Zimmermann Schüle von dem nichtausgesperrten Zimmer- mann Schwenzle erstochen. Der Tod trat nach wenigen Minuten infolge Verblutens ein. Schwenzle versetzte sich darauf selbst einen Stich in den Oberschenkel, um Selbstmord zu verüben.
Gmünd, 30. Mai. Der hiesige Verkaufstag der „Blume der Barmherzigkeit" gestaltete sich für alt und jung, reich und arm zu einem frohen Fest des Gebens. Zum Zweck der Unterhaltung von Ferienkolonien wurden schätzungsweise über 2000 Mark gesammelt. Es ist dies gegen das Vorjahr ein sehr erfreulicher Fortschritt, wo auf einen Aufruf bedeutend weniger einging, sodaß die Stadt zu den Kosten der Ferienkolonien noch einen namhaften Zuschuß geben mußte. Heuer werden nun weit mehr Kinder die Wohltat der Ferienkolonien genießen dürfen. Den Verkauf der Blume der Barmherzigkeit besorgten etwa 80 Damen.
Hall. 31. Mai. Am letzten Samstag sind bei dem Verkauf der „Blume der Barmherzigkeit" gegen 7000 Stück Blumen abgesetzt worden, ein Beweis, daß es den Damen, die sich hier den Verkauf auf den Straßen angelegen sein ließen, an Eifer und Geschick und sanfter oder eindringlicher Ueberredungsgabe nicht haben fehlen lassen. Sie können auf einen im Verhältnis gleich glänzenden Erfolg wie in Stuttgart zurückblicken. Die durch den Verkauf der Blumen eingegangene Summe dürfte etwa 775 Mk. betragen. Der Reinertrag kommt dem Roten Kreuz zu gut.
Schömberg (OA. Rsttweil), 1. Juni. Auf das schlechte Futter, das im letzten Sommer geerntet wurde, wird es von den Tierärzten zurückgeführt, daß in hiesiger Gegend ein großer Prozentsatz der Kälber verenden, und zwar gleich nach der Geburt oder einige Zeit darauf. Das Fleisch wird dadurch nicht billiger werden.
Stuttgart, 2. Juni. Dem heutigen Kirschenmarkt waren einige hundert Körbe zugeführt. Preis im Großen 20—28 per Pfund.
Aus SlaSI» Bezirk unS Umgebung.
Neuenbürg, 1. Juni. (Gemeinschaftliche Sitzung der bürgerlichen Kollegien vom 31. Mai). Infolge der neuen Schulgesetzgebung waren verschiedene Beschlüsse zu fassen: Die Belohnung des auf weitere 6 Jahre gewählten Schulkassenrechners Bla ich wurde auf 40 festgesetzt. An der Oberklasse der Realschule muß eine weitere Wochenstunde gegeben werden, die jährlich mit 80 zu honorieren ist. Seit 1. Mai befinden sich in der ersten Volksschulklasse 80 Schüler, also 20 Schüler mehr als gesetzlich zulässig; somit ist die Erteilung von Abteilungsunterricht erforderlich, was einen jährlichen Aufwand von 360 verursacht. Um
frei von jeder Verantwortung, die trägt der Doktor, — o, in dessen Haut möchte ich nicht stecken!"
Wenn auch nicht aus diesem Grunde, so war doch die Geistesverfassung von Dr. Müller in der Tat nicht beneidenswert. Immer wieder überlegte er sich, was Anny zu dieser förmlich herausfordernden Schroffheit getrieben hatte, und fand nur die eine Antwort: sie will mit dir brechen.
Er konnte die Ungewißheit nicht länger ertragen. Schon nach kurzer Zeit kam er wieder.
Wie hatte er sich gefreut, daß ihm Anny öffnen würde, und wie sehnsüchtig hatte er auf den dunklen Korridor gehofft, wo er die Geliebte heimlich und schnell in die Arme ziehen könnte: „Es ist doch wieder alles wie früher, mein Lieb!"
Statt dessen kam er gerade zurecht, um deutlich hören zu können, wie Anny den jungen Mann mit einer Herzlichkeit begrüßte, mit einer Herzlichkeit —
Der Pulsschlag drohte ihm auszusetzen. Ingrimmig ballte er die Faust. Er hörte, wie sie jenen nannte, es war sein Nebenbuhler Eduard Langenbeck.
Anny hatte für ihn nur ein kurzes Kopfnicken.
Dann stellte sie die Herren gegenseitig vor.
Hans Müller hatte die Empfindung, als würde es ihm unsägliches Vergnügen bereiten, an dem jungen Baumeister eine Vivisektion auszuführen. Wie unverschämt hübsch der Kerl aussah! Und was für ein gelecktes Wesen er hatte. Natürlich, solch vornehmes Getue imponiert den Mädchen.
(Fortsetzung folgt.)