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Amts- und AnzeigeßkaLt für den ZLezirk Kasw.
78. Jahrgang.
LrschrinungStage: Dienstag, Donnerstag, Samstag, Sonntag. JnserttonSpreiS 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und vezirlSorte; außer Bezirk 12 Pfg.
Dienstag, den 15. September 1903.
AbonneinentSpr, in d, Stadt pr, Viertelj. Mk. 1.10 incl. Trägerl. Bierteljährl. PostbezugSpreis ohne Bestcllg. f. d. Orts- u. Nachbar- ortSverkehr 1 Mk., s. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg.
Amtliche Bekanntmachungen.
Bekanntmachung.
In Oberndorf, OA. Herrenberg, ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen.
Calw, 12. September 1903.
K. Oberamt.
I. V.
Fahr, stv. Amtmann.
Tagesnemgkeiten.
Calw. Die erledigte Stelle des Rektors und ersten wissenschaftlichen HanptlehrerS am Schullehrerseminar in Nagold wurde dem Schulrat vr. Frohnmeyer in Stuttgart unter Belastung seines bisherigen Titels übertragen.
-r. Möttlingen, 12. Sept. Der Artikel in Nr. 139 hat hier zu lebhaftem Gedankenaustausch Anlaß gegeben; er ist also, sofern das Für und Wider eifrig erörtert wurde, nicht ganz ohne Wirkung geblieben und das ist schon etwas. Freilich hätte der eine und andere bezüglich des Fremdenverkehrs dem Lokalpatriotismus gerne mehr Konzessionen gemacht, als vom objektiven Standpunkt aus zulässig war. Wenn beispielsweise geltend gemacht wird, daß außer Zigeunern und Handwerksburschen auch schon Stuttgarter Vereine auf dem Durchmarsch in Möttlingen Einkehr hielten, so beweist das nur, daß man auch hier oben sehr wohl versteht, selbst größere Gesellchaften gut und prompt zu bedienen. Der eigentliche Fremdenverkehr entwickelt sich aber doch nur am Ausflugsort, dem Reiseziel der Fremden, und ein solches ist Möttlingen zur Zeit trotz seiner schönen Umgebung und prächtigen Aussicht leider noch nicht. Ueber das zudringliche und häufig freche Auftreten der Zigeuner
und Handwerksburschen hört man übrigens nur eine Stimme. So trieben sich diesen Sommer die licht- und arbeitsscheuen Elemente in den nahen Wäldern herum oder verkürzten sich im kühlen Schatten der Bäume die Zeit mit Spielen und Schlafen, während sich die Bauern in der glühenden Sonnenhitze abquälten. Gegen Mittag und Abend aber strömten jene Tagediebe in den Ort, um gewissenhaft Haus für Haus abzuklopfen. Fand einer zuweilen das Haus verschlossen, so versuchte er wohl nach vergeblichem Poltern an der Türe, mit Fluchen und Schimpfen von hinten in dasselbe einzudringen, wenn er dabei auch seinen Weg durch den Garten nehmen mußte. Um diese Elemente bei guter Laune zu erhalten, wird es in Zukunft nötig sein, daß der Hausherr jeden Stromer und jede Zigeunerin, die er auf sein Haus zusteuern sieht, mit der Kappe unter dem Arm an der Haustüre empfängt, verschiedene Kratzfüße macht und nach erfolgtem Pump etwa erwidert: „Sehr erfreut, werter Bruder Straubinger! — hochgeschätzte Frau Zigeuner- und Kartenschlägerin! — Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben. Darf ich mir vielleicht erlauben, meine Erkenntlichkeit für die Ehre des Besuchs in Form eines Nickels zum Ausdruck zu bringen?" Für diejenigen jedoch, deren starke Seite die Höflichkeit nicht , ist, käme noch ein anderes Mittel in Betracht, das in anderen Gemeinden schon erprobt worden ist und sich vorzüglich bewährt hat. Dasselbe besteht darin, grundsätzlich an einen Zigeuner weder etwas zu verschenken noch zu verkaufen; in kürzester Zeit ist ein solcher Ort bei den Zigeunern im Verruf und sie meiden ihn wie die Pest. Von den Handwerksburschen aber fordere man ohne Ausnahme den Vorweis ihrer Papiere; stimmen diese nicht mit ihren Angaben überein, so
weise man den Stromer ab und bringe ihn womöglich zur Anzeige. Mit der Vielseitigkeit mancher Fechtbrüder, die in einer Person Bäcker, Kaufmann, Steinhauer, Kellner, Metzger u. a. m. vereinigen, hat es dann ein Ende. Und nun noch einiges von unfern Postverhältnissen. Daß diese reformbedürftig sind, dürfte schon daraus hervorgehen, daß 2 Tage in der Woche (Samstag mittag bis Montag mittag) unser Ort überhaupt keine Verbindung mit der Außenwelt hat. Ein Brief, der in Calw Samstag vormittag nach '/-12 Uhr ankommt gelangt also erst am Montag mittag zwischen 1—2 Uhr an seine Adresse. Welche Widerwärtigkeiten und Nachteile eine solche Verschleppung im Gefolge haben kann, läßt sich leicht denken. Erfolgte die Postabfertigung für Neuhengstett und Möttlingen (Ottenbronn kann bei Hirsau Unterkommen) jedoch in Althengstett, so ließe sich mit Leichtigkeit eine täglich 2malige (Sonntags Imalige) Postvcrbindung Herstellen. Man verschone unS mit dem Einwand technischer Schwierigkeiten; diese sind nicht derart, daß sie bei etwas gutem Willen nicht überwunden werden könnten. An das Vorhandensein eines solchen aber zu glauben wird immer schwieriger, vollends wenn man jetzt erfährt, daß das Telephon in Unterhaugstett und Simmozheim, nicht aber auch in Möttlingen, eingerichtet wird. So bezahlen wir auch fernerhin für ein Telegramm 50 ^., Botenlohn 85 zus. 1,35 statt für ein Gespräch in der 1. Zone 10 A 20 A in der 2. und 50 ^ in ganz Württemberg! Es gewinnt eben immer mehr den Anschein, daß Möttlingen zwar zu den Amtskorporationskosten sein voll gerüttelt Maß beitragen muß, im übrigen aber das Nachsehen hat. Gott sei's geklagt!
x. Wildberg, 14. Sept. Letzten Samstag wurde der ca. 60 Jahre alte, dem Schnapstrunk
Nachdruck verboten.
Treue.
Original-Roman von Irene v. Hellmuth.
(Fortsetzung.)
„Du — hier, — Kurt?" stammelte Jsa, blaß werdend, und ihre zitternden Finger lagen in denen des vor Aufregung bebenden Mannes, der sie so innig drückte, daß ein Freudenschauer durch ihren Körper rann. Ihr schien alles wie ein Traum. — Stand denn der längst Ersehnte wirklich und leibhaftig vor ihr? Er blickte sie mit den treuen Augen so zärtlich an, daß kaum ein Zweifel an seiner Liebe aufkommen konnte.
Ein unaussprechliches Glücksgefühl kam über sie, und Kurt mochte wohl ahnen, daß dies Herz ihm entgegenschlug, daß er nichts mehr zu befürchten hatte. Vielleicht las er es in den strahlenden Blicken des Mädchen, das keinen Versuch machte, ^>ie Hand, die er noch immer festhielt, zu befreien.
„Jsa," begann er endlich, und bückte sich tief zu ihr nieder, um ihr in die Augen sehen zu können, — an den langen, schwarzen Wimpern hingen Hell- Tropfen, — „Jsa, ich kann das Wort nicht mehr zurückdrängen, — laß es mich aussprechen in dieser ersten Stunde des Wiedersehens, ich fürchte, man könnte mir mein Glück noch einmal entreißen, und — das ertrüge ich nicht zum zweitenmal! Sie sagten dort im Zirkus, du würdest den Direktor heiraten, ist das wahr?"
Es lag eine bebende Angst in den Worten des Mannes, dessen Augen forschend an denen des Mädchens hingen. Doch als dieses heftig abwehrend den schönen blonden Kopf schüttelte, da kam es über ihn wie -ein tolle, überschäumende
Lust, — wie ein Taumel, wie ein Freudenrausch! Er zog die Erglühende an sich und drückte sie an die Brust in nie gekannter, wonniger Seeligkeit.
„Jsa, geliebtes, teures Mädchen, — so bist du mein, wirklich und wahrhaftig mein! O Gott, — kann es denn eine solche Fülle des Glückes geben?"
Jsa lachte und weinte in einem Atem, und dann schienen doch wieder bange Zweifel in der jungen Seele aufzutauchen: „Willst du mich denn noch, Kurt, nach allem, was geschehen ist? — Warst du — im Zirkus?"
„Ob ich dich will!" jubelte Kurt. „O wärst du doch eine Bettlerin, damit ich dir beweisen könnte, wie wenig ich nach dem äußeren Schein frage! Dich will ich, dich allein, du mein Glück! Ach Jsa, was habe ich gelitten um dich, als ich dich für immer verloren zu haben meinte. Was habe ich gelitten unter den Selbstvorwürfen, daß ich nicht zur rechten Zeit das Wort aussprach, das mir mein Glück sicherte!"
„Und es stört dich nicht, — daß ich-daß ich-"
„O still davon, Geliebte," unterbrach Kurt die Rede Jsas.
„Ich wußte es ja," murmelte sie, „denn du bist treu!"
Während die beiden Glücklichen sich umschlungen hielten, die Welt in ihnen versank, und die Gegenwart ihnen entrückt war, hatte Susanne mit ihrem Fritz vor der Türe Posto gefaßt. Mit einemmale hörten sie rasche Schritte und sahen eine Gestalt daherkommen, die ihnen bekannt schien. Sie träten etwas in den Schatten zurück, um nicht gesehen zu werden. Der Näherkommende trug einen hübschen Strauß in der Hand und blieb wie lauschend stehen.
„Ah, Herr Graf," sagte Fritz vortretend und begrüßte Graf Dornbusch mit auffallender Freundlichkeit. Dieser schien indes nicht besonders angenehm überrascht zu sein, er grüßte nur flüchtig, als auch Susanne auf ihn zukam. Er