Geislingen a. St., 14. April. (Telegramm an den Enzt., 5.30 nachm.). Heule nachm. ff,3 Uhr brach in dem Dorfe Böhmenkirch aus bisher unaufgeklärte Ursache Feuer aus. das sich, durch den starken Südostwind begünstigt, rasch ausbreitete und bis nachmittags 5 Uhr 2 ganze Straßenzüze mit 60 Häusern einäscherte. Ter größte Teil des Dorfes ist außer Gefahr. Zahlreiche Feuer­wehren sind am Platze. Kirche, Schule und Post sind nicht bedroht. Das Feuer verbreitete sich mit rasender Geschwindigkeit. Ganze Häuser verbrannten wie ein Stück Papier. Die Leute waren zum größten Teil auf dem Felde beschäftigt. Die Löscharbeiten leiden sichtlich unter dem Wassermangel.

Böhmenkirch OA. Geislingen, 14. April. Ueber das große Brandunglück wird weiter berichtet: Das Feuer wurde durch drei zündelnde Kinder in der Bromstraße verursacht, die in einem mit Stroh gedeckten Schuppen einFeuerte" machten. Das Dach fing Feuer und brannte sofort lichterloh, ebenso stand das angebaute Haus bald in Flammen. Un­mittelbar darauf ergriff das gierige Element ein ganz neues mit großen Strohvorräten gefülltes Ge­bäude und die haushoch schlagenden Flammen wurden infolge des heftigen Sturmes dem ganzen Dorf zum Verderben. Ein Haus ums andere ging in Flammen auf. Um ff,5 Uhr waren 25, um ff,7 Uhr schon 72 Gebäude dem verheerenden Element zum Opfer gefallen. Die Hauptstraße, die Bromstraße und die zum Kirchhof führende Straße sind gänzlich ab­gebrannt. Die noch nicht zusammengestürzten Mauern bilden angesichts des immer noch andauernden Sturmes eine große Gefahr für die Feuerwehrleute, da auch sie jeden Augenblick zusammen zu fallen drohen. Nach stundenlanger übermenschlicher Arbeit gelang es den Wehren, dem Feuer Einhalt zu ge­bieten. Das Elend ist groß. Gerettet konnte außer dem Vieh fast gar nichts werden. Ueberall liegt totes Geflügel usw. herum. Verkohlte Möbel und andere Gegenstände lagern auf dem Feld und in den Gärten. Das Vieh ist zum Teil an Bäumen und Zäunen angebunden. Um ff-9 Uhr brannten noch viele Gebäude lichterloh, eines fing sogar neuer­dings Feuer; doch dürfte die Gefahr für den übrigen Teil des Ortes, falls sich der Sturm nicht wendet, beseitigt sein. Rathaus, Kirche. Schulhaus, Pfarr­haus und Gasthaus zur Krone sind unversehrt.

Künzelsau, 13. April. Die Amtsversamm­lung nahm Kenntnis davon, daß die Kraftwagen­linie Mainhardt-Hall ihre Fahrten bis Brauns­bach auszudehnen beabsichtigt und von der Stadt Hall einen Beitrag von 10000 -/E, sowie von der Amtskörperschaft Hall einen solchen von 5000 ^ zu erwarten hat. Ob die Linie später bis Künzelsau ausgedehnt werden soll, konnte noch nicht mitgeteilt werden.

Rexingen, 13. April. Der Auto-Omnibus- Verkehr zwischen hier und dem Bahnhof Horb bezw. Altheim-Rexingen mit sechsmaligen täglichen Fahrten in beiden Richtungen rentiert bis jetzt vor-

Das Duze«.

Die berühmte französische Schauspielerin Rachel hatte ein echtes Künstlertemperament. Einst geriet sie mit Veron, dem bekannten Journalisten und Theaterdirektor, mit dem sie sehr befreundet war, in einen starken Wortwechsel, und er hörte deutlich, wie sie das WortCanaille" zwischen den Zähnen murmelt. Als sie sich bald darauf wieder ver­söhnten, sagte er:

Alles wäre ja schön und gut, wenn Sie mir nur nicht solche schwere Beleidigungen gesagt hätten. Sie haben mich Canaille genannt!"

Darüber beklagen Sie sich," antwortete die Rachel,das ist doch ein Beweis, daß ich Sie zu unserer Familie zähle!"

So erzählt man. Jedenfalls aber wäre das Geschichtchen gut erfunden. In den Worten der großen französischen Künstlerin spricht sich die sehr wahre Beobachtung aus, daß selbst hochgebildete Menschen im Umgang mit ihren nächsten Angehörigen oder vertrauten Freunden diesen gegenüber Schimpf­worts gebrauchen, wie sie sie Fremden gegenüber niemals anwenden würden. Insbesondere ist dies bei Freundschaften der Fall. Man sollte stets auch den nächsten Freunden gegenüber eine vornehme Reserve in den äußeren Formen des Verkehrs auf­recht erhalten.

Wer hätte nicht schon die Beobachtung gemacht, daß Duzfreundschaften, zumal bei Männern, meistens lange nicht so innige find, als Freundschaften, bei

züglich. Während der letzten 14 Tage wurden täg­lich durchschnittlich 100 Personen befördert. Der 15sitzige Daimlerwagen muß gegen einen größeren vertauscht werden. Die bis jetzt noch provisorische Einrichtung ist nun um einen Monat verlängert worden. Während dieser Zeit sollen alle nötigen Schritte getan werden, um die Verkehrsverbefferung in eine endgültige umzuwandeln.

Gel bin gen OA. Hall, 10. April. Im hiesigen Ort wurde durch ein mit 2 Personen besetztes Arzt­automobil ein 4jähriges Kind überfahren. Das Kind scheint wohl durch den Lärm des Autos auf­merksam gemacht, in dem Augenblick, als das Auto herankam, hinter einem Haus hervor auf die Straße gesprungen zu sein. Es wurde von ihm erfaßt, geschleift und an eine Mauer gedrückt, obwohl der Lenker sofort gebremst hatte. Ob und auf wessen Seite ein Verschulden am Unfall vorliegt, ist noch nicht festgestellt.

Unterboihingen OA. Nürtingen, 14. April. Am Montag den 11. d. M. morgens zwischen 4 und 4ffs Uhr will hier jemand den Halley'schen Ko­meten am nördlichen Horizont gesehen haben. Der Komet habe den Anblick einer beleuchteten Bergspitze geboten, die in breitem Strahl Feuerregen auswirft. Sollte der Mann den sogen. Kometen nicht doppelt gesehen haben?

Giengen a. Br., 14. April. Ein Bauer eines Nachbarortes hatte auf seinem Bernerwägele zwei schöne Schweine. Bevor er die Heimreise antrat, trank er etliche Glas Bier. Er hatte jedoch nicht vergessen, seinem Weib etwas mitzubringen. Einen Zuckerhut und etliche Pfund Kaffee hatte er ein­gekauft und auf dem Wagen untergebracht. Wäh­rend des Vespers fraßen nun die Borstenviecher den Zucker und die braune Ware auf. Der Mann war unangenehm überrascht, als er die Entdeckung machte.

Durch das am 1. April ds. Js. in Kraft ge­tretene Volksschulgesetz und seine Ausführ­ungsbestimmungen sind in unseren Volksschulen in mancher Beziehung bedeutende Veränderungen gegenüber seither eingetreten. Wir glauben, unseren Lesern einen Dienst zu erweisen, wenn wir in nach­folgendem diese Aenderungen namhaft machen, d. h. insoweit sie für die Allgemeinheit von Interesse sein dürften.

Unterrichtsfächer. Zeichnen, Raumlehre, weib­liche Handarbeit sind jetzt für alle Schulen vorge­schrieben. Geschichte, Erd- und Naturkunde, Knaben­turnen waren bis jetzt bloß durch Ministerialver- fügungen eingeführt; jetzt sind sie gesetzlich gefordert und erhalten deshalb eine eingehendere Behandlung. Dazu kommen nochfür die Mädchen einfache Leibesübungen."

Schulbücher. Für alle Schulen wurden heraus­gegeben eine neue Fibel (60 Lesebuch I (80 ^f), II (1,00 ^). III (1,20 -^). Dieselbe sind vom 1. Mai ds. Js. allgemein in Gebrauch zu nehmen und daher, wo nötig, für Kinder unbemittelter Eltern mit Gemeindemitteln zu bezahlen. (Die Bücher sind

denen dasSie" nach wie vor obwaltet. Wie wird auch die Duzfreundschaft in den meisten Fällen ge­schlossen?! Man sitzt in der Kneipe zu Dreien oder Vieren, und wenn die Geister des Alkohols mehr oder weniger die Sinne umnachtet haben, wenn es anfängt, so recht gemütlich zu werden, dann fällt es plötzlich einer bierfidelen Seele ein, der ganzen Corona die Duzfreundschaft anzubieten, und so sind plötzlich ein halbes Dutzend Duzbrüder geschaffen, bei denen dasDu" durchaus nicht als Beweis in­timerer Freundschaft anzusehen ist. Im Gegenteil, man wird meist die Beobachtung machen können, daß dasDu" nur Gelegenheit bietet, den Ton der Höflichkeit im Verkehr etwas herabzustimmen. Es sagt sich viel leichter und schnellerDu Dummkopf" alsSie Dummkopf". Das gegenseitigeSie" unter Freunden und guten Bekannten legt eine sehr angemessene gegenseitige Reserve auf, die wohltuend auf den äußeren Verkehr wirkt, aber durchaus nicht die größere Intimität ausschließt. Anders ist es mit dem Dützen unter Verwandten bestellt. Wenn Kinder, wie es ja besonders in vornehmen Familien noch Gebrauch ist, ihre Eltern mit dem förmlichen Sie" anreden, so mutet uns das keineswegs an. DasSie" scheint hier auch nur eine Uebersetzung des französischen nVous" zu sein, welches letztere aber bei unserm Nachbarvolke seiner allgemeinen Gebräuchlichkeit halber eine völlig andere Stellung einnimmt, als unser deutschesSie". Treten plötz­lich durch Heirat Glieder in eine Familie ein, nun so ist es gewiß nicht nur von praktischem Wert,

so gut ausgefallen, daß sie zweifellos auch von Er­wachsenen gerne gelesen werden.) Die neuen Lese­bücher können gegenüber dem seitherigen den Real­unterricht nur noch in beschränktem Maße unterstützen. Es ist daher auch ein Realienbuch nötig, auf dessen Anschaffung Heuer jedoch noch nicht gedrungen wer­den soll. Auch für die Schulhefte und Tafeln sind neue Liniaturen vorgeschrieben, die, sobald die Hand­lungen ihre alten Vorräte aufgebraucht haben, nur noch gültig sind. Außerdem gilt vom 1. Mai ab ein neues einfacheres Normalalphabet für die deutsche und lateinische Schrift. Letztere muß künftig mehr gebraucht werden und es muß deshalb schon im 3. Schuljahr damit begonnen werden.

Das Schuljahr beginnt künftig mit dem 1 . Mai und endigt mit dem 30. April. (Seither Georgii.)

Schulpflicht. Zum Eintritt in die Schule am ersten Schultag des Monats Mai sind diejenigen Kinder verpflichtet, die jeweils bis zum 30. April (einschließlich) das 6. Lebensjahr vollendet haben, somit im 7. Lebensjahr stehen. Es ist also nicht mehr wie seither das Kalenderjahr, sondern das Lebensjahr des Kindes maßgebend. Den Eltern steht es frei, auch die Kinder zur Schule zu schicken, welche bis 30. Sept. das 6. Lebensjahr vollenden, vorausgesetzt, daß die Kinder gehörig entwickelt sind.

Der Austritt aus der Schule erfolgt vom nächsten Jahr ohne Rücksicht auf eine etwaige bal­dige Konfirmation stets am 22. April, da vom 23. bis 30. April allgemein Ferien sind. Zur Entlass­ung kommen die Schüler, welche bis zum 30. April (also wiederum nicht Kalenderjahr, sondern Lebens­jahr) das 13. Lebensjahr vollendet haben. Die­jenigen Schüler aber, welche zwischen dem 1. Mai und 30. September geboren sind und vor vollendetem 6. Jahre zur Schule gebracht wurden, haben die Schule noch ein 8. Jahr zu besuchen. Der frei­willige frühere Eintritt berechtigt unter keinen Um­ständen zu früherer Entlassung. (Bezüglich der Kinder, die bis jetzt schon in der Schule sind, gilt für den Austritt die seitherige Ordnung, also das Kalenderjahr.)

Schulferien. Im ganzen Lande haben sämtliche Volksschulen aller Konfessionen folgende feststehende Ferien zu geben: an Weihnachten vom 24. Dezbr. bis 1. Januar, am Ostersamstag und vom 23. bis 30. April je einschließlich. Die übrigen Ferien sind unter Berücksichtigung der örtlichen, namentlich der landwirtschaftlichen Verhältnisse zu bestimmen. Ein­zurechnen sind die schulfreien Apostelfeiertage, die künftig jedoch nur insoweit schulfrei bleiben müssen, als es die Rücksicht auf die kirchliche Feier gebietet.

Schülerurlaub, Schulversäumuifse. Erkrankte Schüler sind von den für ihren Schulbesuch verant­wortlichen Personen beim Wiedererscheinen in der Schule oder, falls sie mehr als 1 Tag fehlen, spä­testens auf den 2. Schultag zu entschuldigen. Soll einem Schüler aus dringendem Anlaß Urlaub erteilt werden, so haben die genannten Personen unter Angabe des Grundes um Befreiung nachzusuchen; verspätete Gesuche dürfen nur dann berücksichtigt werden, wenn die Verzögerung nicht durch Schuld

wenn das verwandschaftlicheDu" zwischen den neuen Schwägern und Schwägerinnen Geltung be­kommt, denn hier wird unter den bisher Fremden, die ja nun mit einander in die nahesten Beziehungen treten sollen, durch dasDu" eine sichere Brücke geschaffen, über die leicht alle fremderen und steiferen Formen entfliehen.

Doch bis jetzt haben wir immer nur das gleich­stellendeDu" im Auge gehabt, bevor wir das herabsetzendeDu", mit dem wir Kinder und Unter­gebene anzureden pflegen, betrachten, wollen wir ein­mal überhaupt zurückblicken aus frühere Zeiten und Unterredungsformen.

Bei den alten Völkern kannte man nur das Duzen. Vornehme und geringe, befreundete und fremde Personen redeten sich mit Du an. Erst im Mittelalter, und zwar wie geschichtlich nachweisbar ist, im 9. Jahrhundert, kam eine neue Sitte auf; man redete sich mitIhr" an. Immer mehr griff dasIhr" um sich und bald hatte es einen so weiten Spielraum sich erobert, daß Höhere von Niederen, der Vater von den Kindern, Geistliche, Fremde, vornehme Eheleute untereinandergeihrzt" wurden, ebenso wie sich auch das gemeine Volk untereinander mitDu" anredete. Uebrigens kommt das Letztere noch vielfach heutzutage vor.

Im 15. und 16. Jahrhundert verbreitete sich die Sitte, daß Könige, Fürsten und hohe Würdenträger statt mit dem üblichenIhr" mit ihren Titeln an­geredet wurden. Und diese Sttte hat sich bis heutigen Tages erhalten, wir sagen Majestät, Hoheit, fürst-