tragen. Bekanntlich hat die Stadt das Schlachthausanwesen von der Schlachthausgesellschaft um etwa 750000 Mk. übernommen. Gleichzeitig soll das an das Schlachthaus anschließende Holzgartenareal von der Hofdomänenkammer ebenfalls an den Staat übergehen und für Zwecke'der Post verwendet werden.
Die leidige, so oft im Frühjahr wiederkehrende Erscheinung der Lohn kämpfe scheint sich auch Heuer mit dem Frühling pünktlich wieder einzustellen. In Stuttgart ist zunächst ein an und für sich nicht bedeutender Streik der Tapeziergehilfen ausgebrochen, der nur etwas über 200 Mann umfaßt. Um so größer aber ist die Gefahr im Baugewerbe, wo ein schwerer Lohnkampf unmittelbar bevorsteht, da die Organisationen der Arbeitnehmer mit ihren 350000 Anhängern das Ultimatum der 23000 Mitglieder starken Organisation der Arbeitgeber abgelehnt haben. Da nun aber erfahrungsgemäß gerade Streiks im Baugewerbe, mit dem so viele andere Gewerbe Zusammenhängen, durch sogenannte Sympathiestreiks rasch um sich greifen und Arbeitgeber sowohl wie Arbeiter Unterstützung aus anderen Gewerben zu erhalten pstegen, erscheint eine schwere Erschütterung unseres wirtschaftlichen Lebens unvermeidlich, und es ist ein ganz falscher Standpunkt, wenn man sich der Meinung hingibt, diese Frage ginge nur die beteiligten Gewerbe an. Während man die aktuellen Fragen der hohen Politik und der Handelspolitik, obgleich sie für den Verlauf der allgemeinen wirtschaftlichen Konjunktur oft nicht entfernt so wichtig sind, wie dergleichen Tarifverhandlungen oder wie etwa die Stimmung der Bergarbeiterschaft in den Kohlenrevieren, mit allem möglichen Eifer verfolgt, unterschätzt man die Rückwirkung derartiger Streiks auf das gesamte übrige Erwerbsleben, obgleich diese Ausstände oft schon allein durch eine größere Teilnahme der Oeffentlichkeit an den Vorverhandlungen vermieden werden könnten.
Die Stadt Stuttgart will für die Städtische Sparkasse ein neues Gebäude errichten lassen, und zwar an Stelle des alten, an der Stiftstraße gelegenen, das abgerissen werden soll; außerdem soll noch das nebenanliegende Gebäude, das sogenannte Mäntlersche Haus, dazu genommen werden. Im Voranschlag ist für das neue Gebäude, in dessen Erdgeschoß verschiedene Läden untergebracht werden sollen, die Summe von 400000 Mk. bestimmt. Für den Architekten wird sich hier eine besonders reizvolle Aufgabe ergeben, da der neue Bau, welcher direkt dem Turm der Stiftskirche gegenüber zu liegen kommt, sich in seinem Aeußeren seiner Umgebung anzuschmiegen haben wird. In dem zu erlassenden Preisausschreiben sind 3 Preise ausgesetzt zu 2000, 1500 und 1000 Mk. Unter den Preisrichtern befindet sich auch Professor Th. Fischer in München.
Stuttgart. 8. April. Die Villa Mohl in der Hohenheimerslraße ist um die Summe von 340000 Mk. in den Besitz des Diakonisfenheims Bethesda in Elberfeld übergegangen. Die Villa wird als Privatkrankenhaus eingerichtet und soll in einigen Monaten in Betrieb genommen werden.
Stuttgart. Eine Massenversammlung württ. Handwerker ist auf Sonntag den 17. April nachmittags in den Stadlgarten einberufen. Ueber das zur Verhandlung kommende Thema: „Welche Bedeutung hat die Aufhebung des § 100 a der Gewerbeordnung (Festsetzung von Mindestpreisen) für das Handwerk?" werden Hofflaschnermeister Vötter- Stuttgart und Friseur Schütz-Stuttgart referieren.
Freuden st ad t, 8. April. Heute vormittag hat die Hebung des Dachstocks am Kgl. Postgebäude begonnen. Die interessante Arbeit wird von einer hiesigen Firma, den Zimmermeistern Clauser und Lieb ausgeführt. Bei der Hebung, die täglich 35 Zentimeter betragen soll, ist seitens der staatlichen Behörden Baurat Ockert anwesend.
Horkheim OA. Heilbronn. 8. April. Bei der gestern hier stattgehabten Ortsvorsteherwahl wurde Verwaltungsassistent Gomringer-Flein mit 94 Stimmen gewählt.
Aus der Baar, 8. April. Eine reichliche und dabei billige Fischmahlzeit suchten sich bei Pfohren Italiener, die an der Wasserleitung in Tiergarten beschäftigt sind, zu verschaffen. Sie warfen zu diesem Zweck Dynamit in die Donau, das denn auch seine Schuldigkeit tat. Die Fischdiebe waren so in ihre Arbeit vertieft, daß sie das Nahen von Personen nicht bemerkten und von diesen auf frischer Tat ertappt und zur Anzeige gebracht wurden.
Kus StaSt, Bez irk u nS Umgebung.
Wildbad, 7. April. Das „Schwarzwaldhotel" des Hrn. Fritz Schmid hier ging in den Besitz des Hrn. Gneidig über. Hr. Gneidig gibt
sein Anwesen in Ludwigsburg und das Bahnhof- hokel in Bietigheim dafür in Tausch. Die Ueber- nahme erfolgt am 1. Mai ds. Js.
Herrenal b, 7. April. Am Samstag feiern die Eheleute Altsternwirt Karl Gräßle und Frau geb. Fleck aus Feudenheim-Mannheim das seltene Fest der goldenen Hochzeit; beide Jubilars erfreuen sich noch verhältnismäßig großer Rüstigkeit und dürfen zwei verheiratete Söhne (einer aus England) und eine verheiratete Tochter mit einer stattlichen Enkelschaar um sich vereinigt sehen. Möge ihnen ein von stillem Familienglück verklärter Lebensabend beschieden sein!
Calw, 7. April. Gestern nachmittag fand die Beerdigung von Oberamtmann Regierungsrat Voslter statt. Eine überaus große Trauerversammlung aus Stadt und Land gab dem Dahingeschiedenen das letzte Geleite. Die Stadtkapelle spielte während des Zuges auf den Friedhof einige Trauermärsche und auf dem Friedhof selbst beim Eingang das Lied „Laßt mich gehen." Der Sarg wurde von Landjägern zum Grabe getragen. Die tiefergreifende Grabrede hielt Dekan Roos über den Text Jesaia 45, 15. Der Geistiiche schilderte den Lebensgang und das verdienstvolle Wirken des Entschlafenen und zählte die Werke auf. die der Verstorbene geschaffen und dessen Tun und Arbeiten beseelt gewesen seien von lauterer Gottesfurcht und einem allezeit heitern und fröhlichen Gemüt, das dem Dahingeschiedenen über manche Widerwärtigkeiten hinweggeholfen habe. Der Verstorbene sei ein offener, aufrichtiger Charakter gewesen, mit dem der Bezirk wohl beraten gewesen sei. Nach dem Geistlichen wurden mehrere Ansprachen gehalten, die alle einen Beweis gaben von der Wertschätzung und Hochachtung, die der Verstorbene genießen durfte und ein beredtes Zeugnis seines liebevollen, selbstlosen Wesens, seiner großen Arbeitslust und seiner trefflichen Charaktereigenschaften waren. Kränze wurden niedergelegt von dem Präsidenten der Kreisregierung in Reutlingen im Auftrag des Ministeriums des Innern, von Amtmann Rippmann für das Oberamt und den Bezirksrat, von einem Vertreter von Herrenberg für die Amtskorporation, von Stadtschultheiß Müller in Neubulach für die Schwarzwaldwassergruppe, für die Ortsvorsteher, für den Gemeindeverband Elektrizitätswerk Calw und für die Korporationsbeamten, von Oberamtspfleger Fechter für den landwirtschaftlichen Verein und von Präzeptor Baeuchle für den Bezirksobstbauverein. Ein Choral beschloß die ernste Feier. — Regierungsrat Voelter war seit 1894 Vorstand des Oberamts und erreichte ein Alter von 62 Jahren. (C. W.)
Calw, 8. April. In einer Tannenkultur beim Kentheimer Steigle wurde der Leichnam eines Mannes gefunden, der schon etwa 8 Tage dagelegen sein mußte. Der Verstorbene war gut gekleidet und hatte an Bargeld 5 Mk. bei sich. Nach seinen Ausweispapieren ist er ein 62 Jahre alter Schuhmacher aus dem Oberland. Er hatte sein Schuhmacherhandwerkszeug in einem Rucksack bei sich und war .bis März in Arbeit gestanden. Nach der Lage des Leichnams ist zu schließen, daß der Mann sich entweder zum Schlafe oder sonst wegen Unwohlsein niedergelegt hat und daß er erfroren ist oder von einem Schlaganfall befallen wurde.
Gechingen OA. Calw, 8. April. Nach einer Mitteilung der Hamburger Polizeibehörde ist der 30 Jahre alte ledige Kellner Gottlob Gräber von hier im Hafen von Hamburg als Leiche aufgefunden worden. Er ging in der Nacht vom 1. auf 2. Januar von seiner Wohnung in Hamburg weg, um an Bord des Dampfers „Amerika" der Hamburg-Amerika-Linie, auf dem er als Steward angestellt war, zu gehen. Seither wird er vermißt. Ob ein Unglücksfall oder ein Verbrechen vorliegt, konnte nicht festgestellt werden.
Pforzheim, 9. April. Am morgenden Sonntag den 10. April, nachmittags */-3 Uhr findet die feierliche Grundsteinlegung der neuen evangelischen Kirche im Stadtteil Brötzingen statt.
Der Halleysche Komet wird voraussichtlich während des April noch unsichtbar bleiben, da er, von der Erde aus gesehen, hinter der Sonne vorüberzieht. Am 10. April wird der Komet vermutlich seine größte Sonnennähe erreichen und bald darnach auch die intensivste Schwefelentwicklung zeigen. Deshalb wird er dann vielleicht bereits Ende April vor Sonnenaufgang am östlichen Himmel als glänzende Erscheinung beobachtet werden. Er steht zu dieser Zeit, sich scheinbar nur langsam bewegend, im südlichen Teile des Pegasus.
Neuenbürg, 9. April. Auf dem heutigen Schweinemarkt, welchem 38 Stück Milchschweine zugeführt waren, kostete das Paar 36 bis 41 Mk.
Znr Konfirmation.
Der Chor verklingt ... In ernstem Schweigen Trittst du zum Altar, fromm gesinnt . . .
Wenn dir ins Auge Tränen steigen:
O schäm' dich ihrer nicht, mein Kind!
Ich weiß: in ferne Zukunft lugend.
Durchwallt dein Herz ein leises Weh,
Eh' aus dem Hafen heit'rer Jugend Dein Schifflein schaukelt in die Seel . . .
Die Segel lustig dir zu schwellen,
Mög' Morgenhauch dir günstig sein!
Dein Kiel durchfurche sanft die Wellen,
Die Silber sprühn im Sonnenschein.
Doch kümm're dich um Mast und Spieren,
Behalt' den Kompaß im Gesicht,
Und lern' das Steuer frisch regieren:
Denn immer scheint die Sonne nicht!
Auch um dein Fahrzeug wird es stürmen.
Und jäh wird sich die glatte Flut Zu wilden Wogenbergen türmen.
Daß schier verzagt dein junger Mut;
Doch ob's dich auch vom Ziel gerissen.
Kein Wetter zwingt dich niederwärts.
Bleibt dir als Steuer dein Gewissen,
Als Kompaß dir ein reines Herz!
Stromwirbel, Klippenstrand und Riffe Umsegelst du voll Gottvcrtrau'n;
Und einst vom sturmerprobten Schiffe Wirst du den goldnen Hafen schau'n.
In den dich Wind und Wellen lenken In süßer Feierabendruh:
Dann magst du froh der Ausfahrt denken . . . Und nun Glück auf, mein Kind! Fahr zu! . . .
(Nachdruck Verbote«.)
Zur Konfirmation.
Um die Osterzeit, wenn in den Festen der Kirche tiefer Bußernst und höchste Lebensfreude einander begegnen, wenn draußen der Frühling leise anfängt zu knospen, dann sieht man alljährlich Söhne und Töchter unseres Volkes vor den Altar treten, um den Glauben der Väter zu bekennen und den Segen Gottes zu erbitten für den ferneren Lebensweg, der nun weiter, aber auch gefahrvoller vor ihnen liegt. Das ist ein Frühlingsbild, lieblicher, als der Mai in Feld und Wald es malen kann, und sein Anblick weckt auch beides: dankbare Freude und ernste Sorge.
Wer wollte sich nicht freuen über diese Konfir- mandenscharen, welche in ihrer Jugendfrische und Andacht Zeugen der natürlichen und sittlichen Lebenskraft unseres Volkes werden. Wir freuen uns mit den Eltern, die am Konfirmationstag bereit sind, zu rühmen: „Bis hieher hat der Herr geholfen"; wir teilen aber auch ihre ernsten Sorgen im Gedenken an die schweren Aufgaben des Lebens und die zunehmende Versuchlichkeit der Welt. Wie viele von diesen Kindern entgleisen im Leben bald, ein jedes einer Mutter Sohn, eines Vaters Tochter, Träger vieler Hoffnungen! Alle, die mit der Jugend viel zu verkehren haben, versichern, daß sich dieselbe immer unwilliger ziehen lasse, und ihre Klagen werden bestätigt durch die wachsende Zahl jugendlicher Gesetzesübertreter. Solche Erscheinungen weisen auf Fehler der Erziehung, auf Versäumnisse und Schulden der Erwachsenen hin. Unser Volk hat keinen größeren Schatz als seine Heranwachsende Jugend, und alle sollten Zusammenwirken, dies teuerste Gut zu hüten.
Wer die Jugend hat, dem gehört die Zukunft. Wem soll denn unsere Jugend gehören? Zuerst dem Elternhaus, der Familie. Im Zusammenhalt der Sippe hat das deutsche Volk von jeher einen guten Teil seiner Kräfte gefunden. Den Familiensinn gilt es zu pflegen in den jugendlichen Herze» der Söhne und Töchter; kein Haus soll ihnen lieber sein als das Elternhaus.
Frühe sollen aber auch Jünglinge und Jungfrauen verstehen lernen, daß Wohl und Wehe der Einzelnen unzertrennlich verbunden ist mit dem Gedeihen des ganzen Vaterlandes, welches von der Jugend des Volkes erwartet, daß jeder seine Pflicht tue.
Dazu will die Kirche helfen durch ihr Segnen, Lehren und Mahnen. Ihr versprechen die Konfirmanden Treue, und die Erwachsenen mögen ihnen die Erfüllung dieses Versprechens nicht erschweren. Wer die Kirche, diese Hüterin der Sitte und des Glaubens, ausschalten will aus dem öffentlichen Leben, aus dem Gesichtskreis der Jugend, meint es nicht gut, oder handelt töricht. Unser Vaterland braucht im Glauben befestigte und das heißt „konfirmierte" Christen.
Mit einer vierseitigen Beilage.