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klagte jedoch bestritt, während er die Unterschlagung der 170 zugab, indem er hervorhob, daß er beim Anblick der großen Summe ganz von Sinnen ge­wesen sei. Da nach dem Gutachten des Sachver­ständigen Medizinalrats Dr. Kreuser, der den Ade während seiner 8monatlichen Unterbringung in der Irrenanstalt Schussenried behandelte, feststellte, daß Ade schon im Jahre 1897 geisteskrank gewesen war und durch die Untersuchungshaft im Mai 1901 abermals in Geisteskrankheit verfiel, mithin jeden­falls Zweifel darüber bestanden, daß Ade bei Be­gehung der Tat so vollständig Herr seiner Willens­entschließung war, daß ihm die Folgen zum Be­wußtsein kamen, hat das Kriegsgericht auf Grund des 8 51 Str.-G.-B. auf Freisprechung erkannt.

Stuttgart-Nordbahnhof, 7. September. (M o sto b st m a r kt.) Heute wurden zugeführt: 2 Waggons Mostäpfel aus Württemberg, 1 aus Hessen, 1 aus Italien, 1 aus Ungarn, zus. 5 Waggons Mostäpfel zu etwa 10 000 Kg., welche im Detail zu 4.60 bis 4.80 der Ztr. angeboten wurde. Der größere Teil wurde ausgeladen und auf den kleinen Markt, Wilhelmsplatz geführt.

Stuttgart, 8. S Pt. (Samariter- Stiftung.) Das v. Pücklersche Schloß in Obersontheim bei Gaildorf wurde heute von dem bisherigen Besitzer, G. Ritter v. Hütterott in Triest, zum Preis von 50 000 an die Samariter­stiftung in Stuttgart verkauft, welche dort ihre bis­her in Stammheim bei Ludwigsburg untergebrachien weiblichen, gebrechlichen Pfleglinge aufnehmen wird.

Ueberkingen, 6. Sept. Ter gestern mittag 12 Uhr 55 Min. von Geislingen abge­gangene Postwagen nach Wiesensteig stieß in der Nähe des Bads im Vorbeifahren an dem Fuhr­werk des Frachtboten von Deggingen mit diesem zusammen und fiel um. Der Postwagen war voll­ständig besetzt. Ein Herr wurde am Kopf, ein Fräulein an Fuß und Arm verletzt. Die übrigen Mitreisenden kamen, wie es scheint, mit dem Schrecken davon.

Bubsheim, OA. Spaichingen, 5. Sept. Gestern nachmittag verheerte ein Hagelwetter unsere Gegend. Stunden lang fielen die Schlossen und verwüsteten Felder und Gärten. Das Thermometer ging um 9 Grad zurück.

Weikersheim, 8. Sept. Am letzten Sams­tag wurde dem 5 Jahre alten Sohne des Wein­gärtners Leonhard Scheu von hier, während er sich auf dem hiesigen Bahnhofe in einem Eisenbahnwagen befand und den Kopf herausstrcckte, durch plötzliches Zuschieben der Türe der Hals eingeklemmt, was den sofortigen Tod des Kindes zur Folge hatte.

Frankfurt a. M., 7. Sept. Die vier Leichen, die Samstag aus dem Maine geländet worden sind, wurden als der Arbeiter Kefer aus Eckenhelm, dessen Frau und Kinder recognoscirt. Die Frau war wegen Mißhandlung der Kinder zu einer längeren Gefängnißstrafe verurteilt worden

und hatte vor kurzer Zeit wegen desselben Ver­gehens eine neue Vorladung erhalten. Die Furcht vor neuer Strafe dürfte der Grund gewesen sein, daß die Familie den gemeinsamen Tod in den Fluten suchte.

Frankfurt a. M., 7. Sept. Auf dem Rückweg eines Automobil-Ausflugs nach der Saal­burg, die der Teilhaber der Motoren- und Maschi­nenhandlung A. Collin, Heinrich Collin, mit einem Sohn und einem Neffen gestern machte, verlor der Führer die Herrschaft über den Wagen. Derselbe schlug um und die Insassen wurden herausgs- schleudert. Collin erlitt einen Arm- und Beinbruch, ein Knabe eine Gehirnerschütterung. Auch der Führer trug Verletzungen davon, während der andere Knabe unverletzt blieb.

Frankfurt a. M., 8. Sept. Heute nach­mittag wurde auf dem Frankfurter Friedhofe das Grabdenkmal für den vor zwei Jahren hier verstorbenen Staatsminister Dr. v. Miguel, dem früheren Oberbürgermeister und Ehrenbürger unserer Stadt, enthüllt. Oberbürgermeister Dr. Adickes hielt die Weihrede. Er hob in warmen Worten die Verdienste Miguels um die Entwickelung Frank­furts hervor. Hierauf fiel die Hülle. Das ein­fache Denkmal, von Professor August Varnesi hier hergestellt, zeigt ein lebendig erfaßtes Reliefportrait Miguels. Dem feierlichen Akte, der mit Gesang eingeleitet und geschlossen wurde, wohnten Magistrat und Stadtverordnete, Stadtkommandant Exzellenz v. Stülpnagel und die Söhne Miguels mit ihren Damen bei.

Walchensee (Bayern), 7. Sept. Gestern Nachmittag wurde ein Kahn, in dem vorher ein Vater mit seinen 3 Söhnen auf den See hinaus­gefahren war, leer aufgefunden. Die vier Personen haben sich offenbar im See ertränkt.

Ilmenau, 8. Sept. In dem Schwarzburg- Sondershausenschen Dorfe Pennewitz bei Gehren brach gestern Feuer aus, das bei dem herrschenden Sturme so schnell um sich griff, daß im Verlauf einer Stunde 30 Wohnhäuser in Flammen standen. Bei den Löscharbeiten fehlte es an Wasser. Bis 8 Uhr abends, wo das Feuer auf seinen Herd beschränkt war, waren 44 Wohnhäuser und ebensoviele Nebengebäude völlig niedergebrannt. Menschen sind nicht ums Leben gekommen. Etwa 60 Familien sind obdachlos geworden. Das Feuer soll durch Kinder ausgebrochen sein, welche mit Streichhölzern spielten.

Berlin, 7. Sept. Einer Breslauer Depesche zufolge, beträgt der gesamte durch die lktzte Hoch­wasser-Katastrophe in der Provinz Schlesien angerichteteSchaden mehr als 20 Millionen Es sind 81000 Im. landwirtschaftlich benutzter Fläche überschwemmt gewesen. Größere Summen Baargeldes sollen am 1. Oktober den Notleidenden ausgezahlt werden, um die Zahlung der fälligen Hypotekenzinsen zu ermöglichen.

Berlin, 7. Sept. Die Bemerkung der Kolonial-Zeitung, daß Deutschland bereit sei, Fernando Po zu kaufen wenn Spanien diese Insel zu verkaufen wünsche, ruft dem Berliner Tageblatt zufolge in Madrid Befremden und Widerspruch hervor, da dort Niemand an einen Verkauf denkt. Die Epoca schreibt: Die Insel scheint doch sehr viel wert zu sein, wenn man fortgesetzt auffordert, sie zu verkaufen. Vorläufig sei sie aber in spanischen Händen noch sehr gut aufgehoben. Tie Regierung sei gerade dabei, einen vollständigen Organisationsplan für die Verwaltung dieser Insel auszuarbeiten.

Berlin, 7. Sept. lieber die Gegensätze im serbischen Offizier-Corps wird dem Lokal-Anzeiger aus Semlin gemeldet: Die Häupter der Verschwör­ung vom 11. Juni halten täglich Beratungen ab, die mit den Minister-Conferenzen paralell laufen und auf diese einen verhängm'ßvollen Einfluß aus­üben. Von einigen Kabiaets-Mitgliedern, die von der Ermordung des Königs Allexander wußten, werden sie offenkundig unterstützt. Die übrigen Minister stehen unter ihrem Terrorismus. König Peter wagt cs gleichfalls nicht, gegen sie energisch aufzutreten. Es steht fest, daß sich von den 1300 serbischen Offizieren über 900 der Action gegen die Verschwörer angeschlossen haben. Die ehemaligen Verschwörer fordern die Verhaftung des Generals Magdalenitsch, der in der Armee großen Einfluß besitzt und des früheren Kriegsministers Wastilsch. Die Enthebung des verdächtigten Divisions-Com- mandeurs in Nisch, General Jankowitsch, der sich bisher weigerte, sein Kommando abzugeben, wurde beschlossen und wird, wenn nötig, mit Gewalt durch­geführt werden.

Berlin, 8. Sept. Wie dem Lokalanzeiger aus Belgrad gemeldet wird, dauern die Ver­haftungen von Offizieren fort. Bei einer Anzahl derselben wurden Haussuchungen vorgenom­men. Gegenüber der von den ehemaligen Ver­schwörern verlangten strengen Bestrafung der ver­hafteten Offiziere beabsichtigt König Peter, diese unmittelbar nach der Verurteilung zu begnadigen. Die Pensionierung des Divisionskommandeurs in Nisch, General Jankowitsch, der sich bisher weigerte, seinen Posten zu verlassen, ist nunmehr vollzogen worden. Der Vossischen Zeitung zufolge sollen den Verhaftungen in Nisch Streitigkeiten zwischen den Offizieren beider Teile in einem öffentlichen Lokale voraufgegangen sein, wobei die Offiziere sogar die Säbel gezogen haben sollen. Wie der Berliner Morgenpost aus Belgrad berichtet wird, soll das Komplott der Offiziere von Nisch sich direkt gegen den König gerichtet haben. Dies werde jedoch ängstlich geheim gehalten. Der König erhalte täglich Drohbriefe, in denen er aufgefordert wird, die blutige Krone abzulegen, welche ihm feige Meuchel­mörder aufs Haupt gesetzt hätten. Die Zustände in der Armee werden als unhaltbar geschildert. Die Königsmörder und ihre Gesinnungsgenossen sollen

bestehe darauf, daß du der dringenden Einladung Susannes folgst und auf einige Zeit nach Buchecke gehst."

Weinend hing Jsa am Halse des Vaters.

Tu sollst nicht so sprechen", schluchzte sie und ein unendliches Mitleid mit dem armen leidenden Manne, der geduldig alle Schmerzen ertrug, zog in ihr Herz.Ich will ja alles für dich tun, alles ertragen, es ist meine Pflicht, bei dir auszuharren, dich zu pflegen! Ich werde doch meinen Vater in der Not nicht verlassen? Könnten wir uns anderswo einen Verdienst suchen, wir wollen weiter ziehen, hier kann ich nicht mehr bleiben!"

Tennewitz schüttelte den Kopf.

Du vergißt, daß ich mich kontraktlich verpflichtet habe, die ganze Tournee mitzumachen. Woher sollte ich die Mittel nehmen, um anderswo leben zu können. Ich müßte dem Direktor eine hohe Summe zahlen, wollte ich meinen Vertrag lösen. Und jetzt, wo ich vielleicht noch wochenlang an das Lager gefesselt bin? Wohin sollte ich mich wenden? Wer weiß, vielleicht erlöst mich auch der Tod von einem Leben, das mir nichts gebracht hat, als Demütigungen aller Art. Dann bist du frei, Jsa, ich fühle es wohl, was ich dir für eine Last sein muß in den Tagen meiner Krankheit."

Sage, nichts mehr vom Sterben, Vater, ich kann das nicht hören," weinte Jsa schmerzlich.Du wirst bald gesund werden, denke doch, ein Mann in deinen Jahren, du stehst ja mitten im Leben und hoffentlich ist auch für dich noch manche Freude aufgespart!"

Der Vater drückte des Mädchens Kopf fest an sich.

Ich hätte nie geglaubt, daß du mir ein solcher Trost werden würdest," sagte er warm.Ich hatte mir immer einen Sohn gewünscht, und mir nie

viel aus dem kleinen, zarten Mädchen gemacht, das mehr einem Püppchen glich Und nun, was wäre ich ohne dich. Wer weiß, ob ein Sohn so für mich sorgen würde, wie du es tust! Aber für heute ist es genug, Kind! Geh' zur Ruhe und versuche zu schlafen, damit du morgen wieder frisch bist."

Jsa ordnete noch alles für die Nicht Nötige an, versorgte den Vater mit frischem Wasser, stellte Licht und Zündhölzer zurecht, und begab sich in das an­stoßende Zimmer, dessen Türe sie offen ließ, um gleich bei der Hand zu sein, wenn der Vater etwas brauchte.

Aber schlafen konnte sie nicht. Den heißen Kopf tief in die Kiffen ge­wühlt, die Zähne fest zusammengepreßt, lag sie da, und erstickte das Schluchzen, das ihren Körper schüttelte. Der Vater durfte es ja nicht ahnen, wie unglücklich sie war, wie es in ihrem Herzen aufschrie vor Jammer und Leid. Diese heimlichen Thränen durfte niemand sehen. Nur des Nachts konnte sie die Maske, die sie am Tage zu tragen gezwungen war, fallen lasten, und sich ausweinen in ihrem stillen Zimmer. Sie ließ vergangene schöne Tage und Stunden an ihrem geistigen Auge vorüberziehen. Sie sah sich wieder in Buchecke wie damals, als sie an jenem trüben, nebligen Herbsttage ein junges Reh im Walde gefunden hatte. Wieder hörte sie die innige, weiche Stimme Kurts, sah sie seine treuen, ehrlichen Augen deutlich vor sich. Damals ahnte sie freilich nicht, daß er sie liebte. Aber heute, wenn sie an den warmen Herzenston dachte, den Kurt immer angeschlagen, sobald er mit ihr sprach, wenn sie sich all der tausend Kleinigkeiten erinnerte, dann an Kurts verstörtes, verändertes Wesen nach ihrer Verlobung, wenn sie an seine hastige Abreise dachte, da sagte sie sich jedesmal: Der gute, treue, liebe Kurt, er begehrte dich, und hatte nicht den Mut, es dir zu gestehen. (Fortsetzung folgt.)