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Panoramas erinnern, daß sich vom „Berg" aus (570 w) (da wo die Straße gegen M. zu fallen beginnt), dem Blick eröffnet. Zur Rechten dehnt sich das wellige Strohgäu, aus dessen Mitte Heimsheim mit seinem trutzigen Schleglerschloß verstohlen hinter einem Berge hervorlugt, im weitem Bogen aus, zur Linken das obere Gäu, der Schönbuch und im Hintergrund-die „wundersam blaue Mauer" der schwäbischen Wb. Die abgerutschten Stellen des weißen Juras schimmern freundlich herüber und erstaunt betrachtet der Naturfreund die schöne Scenerie. Im äußersten Südwester! hebt sich klar und deutlich die zinnenreiche stolze Hohenzollcrnburg ab; es folgen der Reihe nach Dreistststenstein mit Bismarckskopf, Farrcnberg, Roßberg, Wackerstem, Achalm, Mädchcnfelscn, Neuffen, Teck und Fuchseck, gegen Osten erheben sich die Leonbcrger- und Sturtgarter-Bergc, hinter denen noch der Schurwald als blaue Linien sichtbar ist. Gegen Südwesten bis Norden schließt der Schwarzwald das Rundgemälde und zwar bietet sich seine Abdachung von Pforzheim bis in die Gegend der Hornisgrinde dem Beobachter dar. Wer vollends seinen Weg über den „Hundsrücken" nimmt, dem bietet sich ununterbrochen eine Reihe reizender Landschaftsbilder dar: in der Nähe schöne Täler mit prächtig vorspringenden Wäldern, in der Ferne die blauen Berge der Alb, die bald auftauchen, bald verschwinden; kurz, ein Anblick, bei dem das Auge des Wanderers mit Vergnügen verweilen muß. — Wie wär's nun, wenn die berufenen Vertreter des „Schw. Vereins" sich an Ort und Stelle selbst von den landschaftlichen Reizen überzeugen und cventl. an die Frage belr. Errichtung einer Aussichtsplatte oder eines Ans- sichtsturmes herantreten würden? Bei einer Höhe von 20—25 m würde der Horizont derart erweitert, daß wohl dis Albkelte vom Stnifen bis Lochen sichtbar wäre. Vielleicht ließe sich auch der Albverein, der in ähnlichen Fällen erfahrungsgemäß nicht knausert, für den Plan interessieren. Damit würden sich die Vereine nicht nur um diesen abgelegenen Teil des Oberamtcs verdient machen, sondern auch um die Fremden, die sich gewiß bald und zahlreich einfinden würden.
In Salmbach OA. Neuenbürg, ist in der Nacht vom 27. auf 28. vor. M. ein Brand aus- gebrochen, der drei Wohn- und Oekonomiegebäude zerstört hat. Voriges Jahr sind in der Nacht vom 18. auf 19. August 6 Gebäude hier abgebrannt. In beiden Fällen ist Brandstiftung sehr wahrscheinlich. Untersuchung ist eingeleitet.
Rottenburg a. N., 8. Sept. Mit dem heutigen Tag beginnt allgemein die Hopfenernte. Tie Hopfengärten stehen größtenteils schön, ein kleiner Teil ist vom Schwarzbrand befallen. Wenn die Witterung günstig bleibt, wie in den letzten Tagen, so wird die Einte rasch vorübcrgehen und es wird ein Produkt erzeugt werden, welches demjenigen in den besten Hopfenjahren ebenbürtig zur Seite gestellt werden kann. In Bezug ans die Menge steht das heurige Jahr wesentlich hinter dem letzten zurück.
Dresden, 2. Sipt. Ter Kaiser traf gestern Nachmittag 5'/» Uhr auf dem hiesigen Bahnhofe ein, wo sich zum Empfang König Georg sowie der deutsche und sächsische Kronprinz eingefunden hatten. Die Begrüßung zwischen dem Kaiser
und König war äußerst herzlich. Die beiden Monarchen fuhren darauf nach dem königlichen Schloß. Auf dem Wege dorthin wurden ihnen begeisterte Ovationen dargebracht. — Der Kronprinz besuchte Nachmittags mit dem Prinzen Johann Georg die Städte-Ausstellung. — Zur Begrüßung des deutschen Städtetagcs gab die Stadt Dresden einen Festabend im Ausstellungspalast, an dem auch Feldmarschall Graf Waldersee teilnahm. — An dem von König Georg zu Ehren seiner Gäste nach der Galavorstellung in der Hofoper veranstalten großen Zapfenstreich auf dem Teaterplatz wirkten 24 Militärkapellen mit 660 Musikern und über 100 Tambouren mit. Der Kaiser und König Georg sowie die übrigen Fürstlichkeiten wohnten dem Zapfenstreich vom Opernhause aus bei.
Berlin, 2. Sept. Zn dem Spionagefall in Ars meldet das Berliner Tageblatt, daß zwei Granaten auf der Veste „Kronprinz" entwendet und über Pagnh nach Paris geschafft wurden. Die Schuldigen sind geständig.
Berlin, 2. Scpt. Aus Sofia wird dem Lokalanzeiger telegraphiert: Nach Meldungen, die liier aus Burgas am Schwarzen Meer cingetroffen sind, entstand auf den von Varna kommenden Dampfern „Waschkapu", „Anfelcnrsch" und „Eisernes Tor", die einer ungarischen Gesellschaft gehören, in früher Morgenstunde nicht weit von Mcsembrija entfernt Feuer. Die Schiffe wurden auf eine Sandbank getrieben. Alle drei Kapitäne, 6 Matrosen und 19 Passagiere fanden den Tod. Sie sind teils verbrannt, teils ertrunken. Das Feuer wurde nach einigen Berichten durch eine Kesselexplosion verursacht, doch will man eher an'ein Dynamit-Attentat glauben.
Berlin, 3. Sept. Wie dem Lokalanzeiger aus Dover gemeldet wird, hat der Dauerschwimmer Holbein auch diesmal seinen Versuch, den Kanal zu durchschwimmen, aufgebeu müssen. Nach 17stündigem Schwimmen wurde er vier Meilen von Calais durch das starke Einsetzen der Ebbe aus der "Richtung gebracht und 8 Meilen nach der Nordsee hinaufgetragen, weshalb er auf Anraten seiner Freunde von einer Fortsetzung der Schwimmtour absah.
Berlin, 3. Scpt. In Le Mans ist nach einer Pariser Depesche des Berliner Tageblattes in der Nacht zum Mittwoch ein Dynamit attentat auf das Haus eines Führers der sozialistischen Partei von Le Mans namens Oyon verübt worden. Im Umkreise von 200 Metern wurden alle Fensterscheiben zertrümmert und die Telephondrähte zerrissen. Personen sind nicht zu Schaden gekommen. Ein Sachverständiger konstatierte, daß die Bombe ein eiserner mit mehreren Kilo Dynamit gefüllter Topf war.
Berlin, 3. Sept. Der Streik der Textilarbeiter in Crimmitschau wird wahrscheinlich schon zum Schluß der Woche beendet sein. Die Streikenden erhalten nur unzulängliche und unpünktliche Unterstützung. Es hat sich daher bereits eine Kommission der älteren Arbeiter gebildet, die Verhandlungen mit den Arbeitgebern anknüpfte.
Berlin, 3. Scpt. Die Spielbank in Altenberg in Neutral-M o r e s n e t ist gestern geschlossen worden. Als in gewohnter Weise das Spiel beginnen sollte, erschien dem Lokal-Anzeiger zufolge der Bürgermeister von Altenberg und ordnete
unter Verweisung einer preußischen und einer belgischen Verfügung die Schließung des Kasinos an. Das belgische Konsortium will bei den belgischen Gerichten gegen diese Maßnahme Einspruch erheben.
Berlin, 3. Sept. Der V e s u v befindet sich, wie der Lokalanzeiger aus Rom berichtet, fortgesetzt in lebhafter Tätigkeit. Ein starker Lavastrom fließt die Nordostsette des Berges herab. Am Dienstag wurden in der Umgebung des Vulkans zwei leichte Erdstöße vernommen und die magnetischen Apparate gerieten in große Erregung. In Atrio del Cavallo fand ein bedeutender Einsturz der Kraterwand statt.
Hannover, 3. Sept. Im hiesigen Gerichtsgefängnis wurden vor einiger Zeit große Unregelmäßigkeiten emdcckt. Der Tischler Block, der s. Z. bei dem Gefängnis-Direktor einen Einbruch- Diebstahl ausführte und deswegen zu 2 Jahren Zuchthaus verurteilt worden war, hat bereits verschiedene Aussagen gemacht. Darnach wurde er während der Strafverbüßung als Tischler zu sogenannten besseren Arbeiten verwendet. Er beschuldigt zahlreiche Gefängnisbeamte des Holzdiebstahls und giebt an, daß er von denselben zur Verfertigung von Pnvatarbciten verwendet worden sei. Die eingeleitete Untersuchung hat die Richtigkeit seiner Aussagen ergeben. Mehrere Beamte haben sich aus gestohlenem Holz durch die Gefangenen Möbel aller Art Herstellen lassen. Gegen 8 Beamte schwebt zur Zeit das Tisziplinar-Verfahren. Ein verheirateter Beamter wurde sofort entlassen. Mehrere derselben sind auch in die Arnberg'sche Affäre verwickelt.
Stallupönen, 1. September. Wie die „Ostdeutschen Grenzbotcn" melden, zerstörte in dem Kirchdorf Maidan (russ. Gouvernement Sim- birsk) ein Großsener bei einem Sturmwind 3 07 Bauernhöfe mit sämtlichen korngefüllten Scheunen. Das Feuer brach am Tage aus, während die Bauern auf dem Felde mit Erntearbeiten beschäftigt waren.
Wien, 3. Sept. Die Abreise König Eduards ist programmäßig verlaufen. Ter Kaiser geleitete seinen hohen Gast znm Bahnhofe, wo sich der Monach von demselben herzlich verabschiedete.
Paris, 3. Sept. Gestern herrschte hier wiederum eine unerträgliche Hitze. Es wurden 32 Grad im Schatten konstatiert. Von den zahlreich vorgekommenen Hitzschlägen verliefen 8 löslich.
Vermischtes.
(Der Blitz als Photograph.) In der vorigen Woche wurden während eines Gewitters eine Anzahl Schweizer Schützen, während sie an den Schießständen übten, vom Blitz getroffen. Nachher fand man, auf ihren Körpern photographische Abdrucke der Bäume, die den Schießstand umgaben. Diese Nachricht wurde von verschiedenen Blättern sehr ungläubig ausgenommen; aber der Skeptizismus ist, wie ein Mitarbeiter der St. James Gazette sckirieb, in die,em Falle überraschender als die Tatsache selbst. Seit über einem Jahrhundert ist den Gelehrten die photographische Kraft des Blitzes bekannt, und die Berichte der Royal Society enthalten viele Angaben über diese Erscheinung. Benjamin Franklin beobachtete im Jahre 1766
der Zusummenstcllung d:s Menus sowohl, als auch beim Aufstellen der Tafel im Speisesaal. Das F.st sollte zwar nur im engsten Kreise gefeiert werden, so wollte es die junge Braut, aber es gab dennoch ungeheuer viel zu arbeiten, zumal Susanne nicht recht zu gebrauchen war.
Sie hatte für nichts anderes Sinn als für ihren Fritz, so daß Tante Martha öfters den Kopf schüttelte. Sie hatte ja ihren Seligen gewiß auch lieb gehabt, und er sie ebenfalls, aber so ein verliebtes, glückliches Paar glaubte sie in ihrem Leben noch nicht gesehen zu haben.
Nur eines fehlte Susanne, um ihr Glück voll zu machen: Sie hätte es gar zu gern gehabt, daß Kurt an dem Feste teilgenommen. Deshalb war die Hochzeit auch immer noch hinausgeschoben worden. Aber keine Kunde von dem geliebten Bruder war eingetroffen. Es schien fast, als fürchte er sich davor, Nachrichten von den Seinen zu empfangen, und Susanne meinte das Nichtige getroffen zu haben, wenn sie annahm, er wollte sich dadurch zum Vergessen zwingen. Wo er weilte, muHd niemand. —
Zu Susanns unbeschreiblicher Freude war etwa vierzehn Tage nach Jsas Flucht ein Brief vor? Ihr cingetroffen, worin sie ihre Freundin und Tante Martha nochmals um Verzeihung bat und den Wunsch beifügte, man möge ihr die zurück- gelassenen Sachen schicken. Seitdem schrieb Jsa wohl zuweilen, doch glaubte Susanne eine gewisse Schwermut zwischen den Zeilen heraus lesen zu können, und es tat ihr weh, daß die geliebte Freundin nicht offen ihre Verhältnisse darlegte, in denen sie jetzt lebte.
Susanne hatte Jsa herzlich eingeladcn, ihr Hochzeilsfest mitzufeiern, doch diese antwortete ausweichend.
Sie märe verhindert, zu kommen, schrieb sie, der Vater, der in der letzten
Zeit leidend sei, bedürfte ihrer, sie könnte unmöglich abkommen. Welcher Art ihre Beschäftigung war, schrieb Jsa nie, trotzdem Susanne schon mehrmals brieflich eine darauf hinzielende Anspielung gemacht hatte.
„Sie fühle sich zufrieden," hieß cs in j dem Schreiben, „dem Vatcr eine wirkliche Stütze sein zu können, sie habe Arbeit, und diese gewähre immer Befriedigung."
Doch versäumte sie nie, innigen Dank beizufügen für die Freundschaft und Liebe, die sie auf Buchecke gefunden und bat, ihr dieselbe auch ferner zu erhalten, vielleicht füge es ein gütiges Geschick, daß sie die lieben Menschen einmal Wiedersehen dürfe. Vorläufig sei daran nicht zu denken, doch auf die Frage „warum" müsse sie die Antwort schuldig bleiben.
Nie unterließ Jsa, an Kurt herzliche Grüße beizufügen, falls er sie noch nicht ganz vergessen habe.
Susanne weinte nach Empfang solcher Briefe immer heiße Tränen. Sie hoffte, der geliebte Bruder möchte doch endlich zurückkehren, um sich sein Glück zu sichern. Sie war fest überzeugt, daß Jsa ihn nicht abweisen würde, wenn er käme und sie zum Weibe begehrte. Aber wer konnte sagen, was geschah, wenn er noch lange fernblieb? Jsa war jung und schön, leicht konnte ein anderer kommen und sie holen. Susanne zitterte bei diesem Gedanken. Wenn sie nur an Kurt irgend welche Nachricht gelangen lasten könnte, daß daheim ein Glück auf ihn wartete, von dem er sich nichts träumen ließ.
Susanne schrieb zwar an die Freundin nichts von alledcm; denn wenn sie auch überzeugt war, daß Kurt, besten treues Herz sie genau kannte, nie eine andere lieben würde, so mochte sie doch dem Bruder nicht vergreisen und Jsa Andeutungen machen. (Fortsetzung folgt)