und Albert Föhr das Geschäft weitergesührt. Der ältere Teilnehmer Emil Föhr, der als Hauptmann der Reserve im gesellschaftlichen Leben Stuttgarts eine nicht unbedeutende Rolle spielte, der beim Ar­rangement größerer Festlichkeiten immer in erster Linie stand und auch sonst im öffentlichen Leben hervortrat, hat offenbar schon seit Jahren weit über seine finanziellen Mittel gelebt und es ist bekannt, daß er schon wiederholt auswärts Anlehen aufzu­nehmen suchte. Dieses Vorgehen, das natürlich auch auf die bisherige Unantastbarkeit der Firma seinen Einfluß äußern mußte, hatte den anderen Teilnehmer veranlaßt, die Intervention des Handelgerichts in Anspruch zu nehmen und dieses hat schon vor etwa 4 Wochen dem älteren Bruder die Vertretung der Firma entzogen. Heute nun erscheint Emil Föhr in der Konkursliste. Es dürfte hiernach sicher sein, daß die Firma Eduard Föhr selbst durch die Angelegen­heit nicht weiter berührt wirn.

Schramberg, 21. Januar. Die bürgerlichen Kollegien haben die Schultheißenwahl auf Mon­tag den 28. Februar anberaumt und für den künf­tigen Stadtschultheißen, der eine akademische Bildung besitzen muß, ein Gehalt von 6000 Mk. festgesetzt.

Kirchheim u. T., 23. Jan. Die am 23. Dez. vollzogene Wahl eines Ortsvorstehers für Bis­singen, bei der der Kandidat Proß die meisten Stimmen erhielt, ist bekanntlich angefvchten worden. Die K. Kreisregierung Ulm hat nunmehr die Wahl wegen Verbreitung unwahrer Tatsachen über das Vorleben des Gegenkandidaten, des Assistenten Ehrenfried für ungültig erklärt. Die Bürgerschaft wird daher in nächster Zeit einen zweiten Wahl­kampf anzufechten haben.

Kirchheim u. T.. 22. Jan. Der Besitzer des hiesigen Geflügelhofes, Eugen Fab er, hält zurzeit auf ergangene Anregung der Zentralstelle Stuttgart einen dreiwöchigen Kurs für Geflügel und Vogel­freunde ab, an dem sich eine große Anzahl Damen und Herren beteiligen. Neben theoretischer Belebr­ung erhalten die Teilnehmer namentlich praktische Anleitung in der Geflügelzucht, wozu sich der Ge flügelhof des Kursleilers in seiner Anlage, Aus­stattung und Betrieb (Zucht, Mast- und Beltfedern Reinigung) wie kein anderes Institut dieser Art eignet. Dem ersten Kurs wird voraussichtlich im April ds. Js ein zweiter folgen, der für Landwirt- schaftsinspekloren und Wanderlehrer bestimmt ist.

Hohenheim, 22. Jan. Die Instrumente der hiesigen Erdbebenwarte haben heute vormittag wieder ein sehr starkes Erdbeben ausgezeichnet, dessen Herd in einer Entfernung von etwa 2500 km sich befindet. Er ist wahrscheinlich im östlichen Teil Kleinasiens zu suchen.

Heidenheim, 22. Jan. Die Maschinenfabrik I. M. Voilh, die vor wenigen Jahren im Wett­bewerb mit den bedeutendsten Turbinenbauanstalten der ganzen Welt den Auftrag auf Lieferung der großen Turbinen für die Ausnützung der Niagara­fälle davontrug, hat dieser Tage 3 weitere Turbinen von je 12 300 Pferdestärken für die gleiche Anlage zur Lieferung übertragen erhalten. Insgesamt hat Voith 14 Turbinen von zusammen etwa 150 000 Pferdestärken für die Niagarafälle geliefert und in Auftrag erhalten.

Lorch, 20. Jan. Das Verschwinden des sehr angesehenen und bekannten Kaufmanns Finckh. der seit zwei Tagen vermißt wird, erregt hier großes Aufsehen. Es wird angenommen, daß er wegen einer Denunziation bei der Staatsanwaltschaft und wegen anderer böswilliger Verdächtigungen, die völlig haltlos sein sollen, derartig erregt und gekränkt worden ist, daß er in den Tod ging. Sein Ver­bleib konnte bis heute noch nicht ermittelt werden.

Maulbronn, 22. Jan. Gestern abend geriet der 50 jährige, seit einem Jahr pensionierte Forst­wart Becker von Vaihingen a. E. zwischen Vai­hingen und hier in betrunkenem Zustande aufs Gleise und wurde vom Zuge erfaßt. Er starb kurze Zeit nachher.

Ravensburg, 23. Jan. Welch gewaltigen Schaden der starke Schneefall verursacht hat, geht daraus hervor, daß es trotz unermüdlicher Arbeit zahlreicher Telephonarbeiter bis Samstag abend nicht gelang, die gestörten Telephonleitungen nach Fried­richshafen, Konstanz, Tettnang, Lindau, Waldsee, Saulgau, Biberach, Ulm usw. wiederherzustellen. Etwa 100 Arbeiter wurden von Ulm, Aalen und Stuttgart zur Hilfeleistung herangezogen.

Tettnang, 22. Jan. Am Donnerstag nacht schlug der Blitz in das hiesige Schulgebäude am nordwestlichen Giebel und zertrümmerte und warf in der ganzen Breite (Höhe) Platten herunter.

Biberach, 22. Januar. Wie nachstehender originelle Einfall zeigt, kommt selbst bei dem gegen­

wärtigen Bierstreit der Humor noch zu seinem Rechte. In dem benachbarten O. ließ ein Spezerei- Warenhändler in der ihm zunächst liegenden Wirt­schaft in einem ganzen Literkrug '/i Liter Bier nach Hause holen. Der Wirt wollte seinerseits auch den Nachbar wieder in Nahrung setzen und beauftragte sein Dienstmädchen, sogleich ein Pfund Salz zu holen. Anstatt der sonst üblichen Salztonne mußte das Mädchen diesmal einen leeren Kerstensack mit­nehmen und als Ser Krämer das Salz abgewogen hatte, hielt das Mädchen den Sack bereit, um das Salz demselben einzuverleiben. Der Krämer machte jedoch ein sehr verdutztes Gesicht und sagte zu dem Mädchen, ob sie denn nicht mehr ganz bei Sinnen sei. Doch, doch, Herr Nachbarl erwiderte das Mäd­chen, aber Sie schickten vorhin zu einem viertele Bier auch einen ganzen Literkrug, deshalb habe ich zu dem Pfund Salz ebenfalls einen größeren Be­hälter mitbekommen, damit ja nichts verschüttet werde.

Wassersnot in früherer Zeit. Die Wasser­massen und Ueberschwemmungen der letzten Tage erinnern an ähnliche Naturereignisse. Am 31. Juli 1508 kam gegen Abend ein sehr großes Gewässer von einem Wolkenbruch, so in dem Häslacher Tal gefallen, in die Stadt Stuttgart, welches ein Stück von der Stadtmauer und etliche Häuser eingerissen, alle Keller gefüllt, so daß das Wasser an dem Markt so hoch gestanden als ein Mann erreichen kann. Darin sind 11 bis 13 Personen ertrunken und ist dabei noch wundersam, daß durch dieses Wasser aus eines Schmiedshaus in der Eßlinger Vorstadt ein schwerer Ambos bis in die Stadt hinein getrieben worden. Anno 1529 gab es viele und große Wassergüsse, wie dann an dem Neckar zu Eßlingen, Cannstatt. Lauffen durch die Gewalt des Wassers viele Brücken und Gebäude eingerissen und sonst großer Schaden getan worden. An dem ersten Adventsonntag 1570 hatte man zu Stuttgart und an anderen Orten eine erschreckliche Wassersnot; an manchen Orten schlug man wegen der großen Gefahr Sturm. Den 27. Dezember 1588 war zu Tübingen eine große Ueberschwemmung der Wasser und fürchter­liche Dunkelheit. Am 23. Juli 1620 wurde die Rems infolge von Wolkenbrüchen so groß, daß sie eine ganze Behausung samt einer Mühle mit 16 Personen und allem darin gewesenen Vieh jämmer­lich hinweggerissen und ersäuft. In aller Gedächt­nis aber ist noch die in der Zeit vom 5. bis 7. Juni 1895 vor sich gegangene Wassersnot zu Ba­lingen mit ihren gräßlichen Verwüstungen. Zwölf Gemeinden dieses Oberamts wurden eine Stätte un­ermeßlicher Not und größten Elendes. Die reißen­den übermächtigen Wasser haben 41 Opfer an Men­schen gefordert, die klagende Waisen und Anver­wandte hinterließen, 114 Häuser wurden total zer­stört, 546 Gebäude beschädigt, Brücken, Straßen, Dohlen, Wege, Stege, Ufer und Uferbauten zerstört. Der Schaden belief sich an privatem und öffent­lichem Eigentum auf über zwei Millionen Mark. Sieben Pferde, 66 Stück Rindvieh, 12 Schafe. 38 Ziegen, 78 Schweine, 106 Gänse, 197 Enten, 924 Hühner und 13 Bienenstöcke kamen in dem Wasser um. 5867 Obstbäume waren zu ersetzen. 31 weg­gerissene oder demolierte Wehre neu zu bauen. Der Schaden an abgeschwemmten Aeckern und Fluren betrug über 700 000 Mk. 17 Kinder mußten ihre Eltern ertrinken sehen. Es war dies die größte Wassersnot im Lande.

Aus ^taSt, Bczti'k uns U^igedung

* Neuenbürg, 24. Januar. Die am Er­scheinungsfest 1910 für die evang. Mission in Kamerun erhobene Kirchenkollekte hat im Be­zirk den Betrag von 658 -4k 31 ergeben. Ergänzungen zur Kollekte sind weiterhin eingegangen: 129 50 Somit Gesamtbetrag aus hiesigem

Bezirk 787 ^ 81 (Vorjahr 1909: 684 17 ^f).

Neuenbürg, 21. Jan. Heute halten sich vor dem hiesigen Schöffengericht etwa 30 Wirte und sonstige Besitzer von Automaten aus den Bezirks­orten wegen Vergehen gegen H 286 Abs. 2 St.G.B. bezw. Beihilfe hiezu zu verantworten. Während schon vor einigen Wochen mehrere Besitzer von Geld- Automaten vor der Strafkammer in Tübingen wegen Glücksspiels sich zu verantworten hatten, handelte es sich heute lediglich um solche Automaten, bei denen nach Einwurf eines 5 Pfg.-Stücks im Gewinnfall statt Geld Waren, z. B. Biermarken, Kugeln, Zigarren rc. verabreicht wurden, und deren Aufstell­ung als unerlaubte Ausspielung beweglicher Sachen nach § 286 Abs. 2 St.G.B. strafbar ist. Nachdem das K. Oberamt im Juli vor. I. durch öffentliche Bekanntmachung imEnztäler" auf das Verbot der Aufstellung hingewiesen hatte, waren die meisten

Automaten von den Besitzer» beseitigt worden, wes­halb die Zahl der Angeklagten, deren Automaten vorigen Sommer bezw. Herbst noch angetroffen wurden, in dem von badischen Händlern mrt Auto­maten überschwemmten Bezirk eine verhältnismäßig geringe war. Die Angeklagten stützten sich größten­teils darauf, daß ihnen das Verbot der Aufstellung nicht bekannt gewesen sei, daß sie nur die Geld­automaten für unerlaubt, die Warenautomaten aber für erlaubt gehalten hätten, und daß in den benach­barten badischen Bezirken die Aufstellung diefer Automaten gestaltet sei. Bezüglich eines Automaten wurde außerdem noch der bekannte Einwand vor­gebracht, daß es ein sog. Geschicklichkeits-Auto­mat sei, dessen Aufstellung erlaubt sei. Nachdem die Amtsanwaltschaft in längerer Ausführung sich gegen die Einwendungen der Angeklagten gewandt und bei der Mehrzahl der Angeklagten die Mindest­strafe von 3 Mk. beantragt hatte, gelangte das Ge­richt zu Freisprechung der sämtlichen Angeklagten mit Ausnahme eines einzigen, der in Kenntnis des Ver­bots den Automaten nicht beseitigt hatte. Die Be­gründung der Freisprechung ging kurz dahin, daß die Angeklagten sich einer strafbaren Handlung nicht bewußt gewesen seien, da sie die Aufstellung der Automaten für erlaubt gehalten hätten. Sämtliche Angeklagten, wie eingangs schon erwähnt, 30 an der Zahl, waren zur Stelle, sie verteidigten sich eifrig, und ihre automat. Apparate, die seit Wochen schon eingezogen sind, befanden sich im Gerichtssaal, in Reih und Glied zu Händen des Schöffengerichts. Das Urteil wurde nach etwa 1 ständiger Pause mittags '/«I Uhr verkündigt. Es heißt, die Freude und die Befriedigung über die Freisprechung sei groß und lebhaft gewesen. Uebrigens konnte man dies auch im Verlauf des Nachmittags an den ver­gnügten Gesichtern der uns allen wohlbekannten HH. Wirte deutlich ablesen. Doch soll,Des Lebens ungemischte Freude ward keinem Irdischen zu teil" wie mit Bestimmtheit verlautet, gegen das Urteil aus rechtlichen Gründen Berufung bei dem K. Landgericht eingelegt werden.

Neuenbürg, 24. Jan. Was man schon in der letzten langen regnerischen Zeit voraussagte, daß es doch auch noch Winter werden wird, ist jetzt eingetroffen. Wir haben nun auf einmal die längst vermißte Schneelandschaft. Zwar liegt bei uns im Tale noch spärlich der Schnee, so daß er zu einem flotten Schlittenbetrieb noch nicht gut ausreichen will, besonders da ja für die erst im November v. Js. wieder beschotterten Bezirksstraßen eine dickere Schnee­decke erforderlich ist. Es hat jedoch allen Anschein, daß wir schon bis morgen eine tüchtige Schlitten- und Rodelbahn bekommen. Denneuesten" Kometen entdeckt zu haben, können nicht nur die Breslauer an der Ostniark oder die Wilhelmshavener an der Nordsee von sich rühmen, auch wir im Süden können dies von uns sagen. Von dem einen weiten Rundblick bietenden Frohnberg bei Oberniebelsbach (an der bad. Grenze) aus, wurde das neue Him­melsgestirn Samstag abend zwischen 5 und 6 Uhr deutlich beobachtet. Die interessante Erscheinung be­fand sich ziemlich tief am westlichen Horizont und dürfte bei Heller Witterung von hoch gelegenen Orten aus in den nächsten Tagen noch zu sehen sein.

Pforzheim, 22. Jan. Der heutige Schweine­markt war mit 90 Stück Milchschweinen befahren, welche zum Preise von 3240 ^ pro Paar ver­kauft wurden.

Letzte Nachrichten u. Telegramme

Straßburg i. Elf., 23. Jan. Samstag morgen 9.53 Uhr verzeichneten die Instrumente der kaiserl. Hauptstation für Erdbebenforschung ein Fernbeben, das nach der Größe der Bewegung ein außer­ordentlich starkes gewesen sein und unter Umständen großen Schaden angerichtet haben muß. Die zweite Phase des Bebens begann 9.57 Uhr. Die Ent­fernung des Erdbebens von Straßburg beträgt 2600 Kilometer.

Darm st adt, 23. Januar. Wie die seismische Station Jugenheim mitteilt, ist nach ihren Fest­stellungen der Herd des gestrigen starken Erd­bebens im südlichen Teil von Island zu suchen, das schon mehrfach von Erdbeben heimgesucht worden ist. Die Entfernung beträgt etwa 2500 Kilometer. Das gestrige Erdbeben war so stark, daß die Zeiger am Seismograph wiederholt an die Anschläger an­stießen. Im wesentlichen war das Erdbeben um 12 Uhr beendet. Nachklänge dauerten bis * */r12 Uhr nachmittags. Schwache Nachbeben fanden abends zwischen 10 und 11 Uhr und nachts kurz vor 3 Uhr statt.