macher und Poet dazu" in feiner und sinniger Weise charakterisiert.

Stuttgart, 26. Okt. Ein nationaler Ge­päckmarsch findet am 14. November statt. Die Strecke beträgt 35 Kilometer und führt von Lud­wigsburg über Kornwestheim, Zuffenhausen, Feuer­bach, Berg, Cannstatt, Münster, Mühlhausen, Al­dingen, dem Endziel Ludwigsburg zu. Die Be- packung beträgt 45 Pfund. An dem interessanten Lauf beteiligen sich Mitglieder der württembergischen Sportvereine.

Nottweil, 27. Okt. Das hiesige Schwur­gericht verurteilte heute den Glaser Fritz Baumeister von Oberndorf wegen erschwerter Brandstiftung und Versicherungsbetrug zu zehn Jahren Zucht­haus und zehn Jahren Ehrverlust. Baumeister hatte in der Nacht zum 27. Juli d. I. sein Haus in Brand gesteckt, wobei ein Kind des Schriftsetzers Schänzle in den Flammen umgekommen ist.

Heidenheim, 29. Oktober. Im Traubensaale fand eine von ca. 600 Personen besuchte Versamm­lung statt, die gegen den vom Brauereiverband Aalen ab I. November beschlossenen Bieraufschlag Stellung nahm. Die gefaßte Resolution geht dahin, die Bierpreiserhöhung abzulehnen und im Falle des Inkrafttretens derselben den Boykott über die Wirt­schaften zu verhängen. Heute fordert ein Aufruf der Boykott-Kommission in den Tagesblättern die Bevölkerung zur strikten Durchführung des Be­schlusses auf.

Bauhandwerkerschule in Hall. Nachdem Vorgang der vor zwei Jahren ins Leben gerufenen Bauhandwerkerschule in Biberach wird am 11. Nov. eine weitere Schule in Schw. Hall errichtet werden. Die Schule ist wie die in Biberach eine Staats­anstalt, die unter der Leitung der Zentralstelle für Gewerbe und Handel steht. Von der Amtskörper­schaft und der Stadlgemeinde Hall werden Beiträge zu der Schule geleistet. Die Schule in Biberach ist für die südlichen Landesteile, diejenige in Hall für den nördlichen Teil des Landes bestimmt. Der Zweck der Bauhandwerkerschule ist, Bauhandwerker und zwar Maurer, Steinhauer und Zimmerleute, in zwei je fünfmonatlichen Winterkursen soweit aus­zubilden, daß sie den Anforderungen gewachsen sind, die bei einer ernstgenommenen Meisterprüfung auch in theoretischer Beziehung an sie gestellt werden müssen. Der Unterricht erstreckt sich auf Bauzeichnen, Baukonstruktion, Gebäudekunde, Bauführung, Bau­kostenberechnung, Buchführung und Gesetzeskunde. Als Schüler werden solche Leute ausgenommen, die in einem der genannten Handwerkszweige die Ge­sellenprüfung erstanden und das 18. Lebensjahr zurückgelegt haben. Vorläufig haben sämtliche Schüler den Besitz der nötigen allgemeinen Vorbildung durch eine einfache Aufnahmeprüfung nachzuweisen. Die Anforderungen entsprechen dabei im wesentlichen denjenigen, die an einen Volksschüler bei der Schul­entlassung zu stellen sind. Das Schulgeld für jeden der beiden fünfmonatlichen Kurse beträgt 20 Mk. Unbemittelten tüchtigen Schülern kann es nach Schluß des Kurses ganz oder teilweise nachgelassen werden. Für Wohnung und Verköstigung haben die Schüler selbst zu sorgen. Auch haben sie sämtliche zum Schreiben und Zeichnen erforderlichen Gegenstände selbst zu beschaffen. Aufnahmegesuche sind bis zum 8. November ds. Js. an den Schulvorstand in Schw. Hall zu richten, wobei eine kurze Darstellung des bisherigen Ausbildungsganges und etwaige selbstgefertigte Fachzeichnungen, sowie ein Alters­nachweis und das Gesellenprüfungszeugnis anzu­schließen sind. Es ist zu hoffen, daß die Schule in Schw. Hall ebensolchen Zuzug erfährt, wie dies erfreulicherweise bei der Schule in Biberach ins­besondere aus dem Donaukreise von anfang an der Fall gewesen ist.

Slus TtaSt» Bezirir uns Umgebung

Reformationsfest.

Das Wort hat Himmel und Erde geschaffen, dasselbe Wort muß es auch hier tun" so hat Luther, dessen Gedächtnis der 31. Oktober erneuert, einmal von seinem Werk geurteilt und fügt hinzu: Ich hab's nicht getan, allein das Wort, von mir ^ gepredigt und geschrieben. ... Ich bin stille ge­sessen und habe das Wort handeln lassen". Das war sein und der ganzen Reformation hehres Feld­zeichen: Das Wort Gottes!

Ein Wort war es, das Martin Luther dort am Abend des 31. Oktober 1517 an die Schloßkirche zu Wittenberg anschlug. Aber dieses Wort zündete, packte die Herzen in ganz Deutschland, lies in 14 Tagen durch unser ganzes Vaterland,als wenn die

Engel selbst Botenläufer gewesen wären." Mit der Macht unbezwinglicher und unbestechlicher Wahrheit entzündete es die Herzen, und all die weiteren Worte, die diesem ersten folgten, entflammten ein Herz nach dem anderen. Und umso tiefer schlugen sie ein, umso gewaltiger wirkten sie, je mehr sie geschöpft waren aus der Quelle der Heiligen Schrift. Damals hat es sich lebendig und deutlich gezeigt, daß das Schriftwort Gottes ist; denn mit göttlicher Allgewalt entzündete es die Herzen, stimmte mit überein mit der Herzen tiefster Sehnsucht und gab die Antwort auf die ernsten Fragen des Herzens.

Luther selbst hatte zuerst diese schaffende und wirkende Tätigkeit und Kraft des Wortes Gottes erfahren, er war durch dies Wort ein anderer ge­worden. Er selbst beschreibt es:Mit dem Wort nimmt Gott das Herz ein, und wenn das Herz eingenommen ist, so hast du den Menschen schon gewonnen." Für dies Wort hat ein Gustav Adolf Krone, Reich und Leben daran gegeben, um dieses Wortes willen sind Hugenotten, Salzburger und Zillertaler aus der schönen Heimat gezogen unter herben Schmerzen, für dies Wort haben unsere Väter ihr Herzblut vergossen. Dies Wort erweckt noch heute Herzen und erneuert Leben!

Was hat es für eine wunderbare Be- wandnis mit dieser Heiligen Schrift, die sich als Gottes Wort an uns ausgiebt? Das ist's: es tönt darin die heilige Muttersprache des Menschen­geschlechts, die Sprache aus dem ewigen Vaterhause. Das packt die Herzen, das erhebt sie im öden Alltagsleben, das klingt den Bedrückten,wie eine seine Mutier tröstet", das ruft Verirrte zurück wie des Vaters Ruf, das gibt Kraftaufzufahren mit Flögest: wie Adler". Luther selbst ist uns dafür der sicherste Beweis. Dies Gotteswort tut aber heut noch ebenso seine Wirkung. Unter allen Ge­brechen und Leiden unserer Zeit ist keins schwerer und verderblicher, als daß Gottes Wort so wenig gilt und ins Herz gefaßt wird. Der 31. Oktober mahnt hier doppelt ernst zuL Erneuerung des Reformationsgelübdes:

Das Wort sie sollen lassen stahn und keinen Dank

dazu haben!

Er ist bei uns wohl auf dem Plan mit seinem Geist

und Gaben!

ZUM RrformationsfeA 1909.

Wirk in deiner Vollkraft wieder,

Luthers und Melanchthons Geist;

Kämpf' die Macht der Feinde nieder.

Die uns schlimme Pfade weist!

Rüttle mächtig auf die Trägen,

Urgewalt'ges Lutherwort;

Sturmwind, nimm auf deinen Wegen Alle Schwachheit von uns fort!

Leuchtend zeig' uns jener Zeiten Felsenharten Mannesmut,

Wie er rüstet sich, zu streiten Für des Glaubens wertes Gut,

Wie er schwertumgürlet schreitet Kühn voran dem Kämpferzug,

Wie er lichte Klarheit breitet Ueber abgrundtiefen Trug.

Lehr' uns die errung'nen Güter Wieder schätzen wie zuvor.

Daß wir aufrecht steh'n als Hüter Hellen Augs vor Tür und Tor.

Laß uns weder flieh'n noch wanken Vor der Feinde grimmem Lauf;

Himmlisch hohe Lichtgedanken,

Lutherworte, wachet auf! k. tn.

Z Neuenbürg, 30. Oktober. Auch an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß am Abend des morgigen Reformationsfestes in der Stadtkirche unter Mitwirkung des Kirchenchors eine Vorführung von Lichtbildern statlfinden wird. Wie wir er­fahren, sollen dabei Bilder aus dem Leben Jesu nach den bekannten Hoffmannschen Originalen sowie Szenen aus Luthers Geschichte nach berühmten Malern zur Darbietung gelangen. Die Bilder stammen aus dem erprobten Spezialgeschäft von Liesegang in Düsseldorf und werden mit dem Blumenthalschen Apparate durch Apoth. Bozenhardt vorgeführt. Der Eintritt ist frei, die Opferbecken werden zu Gunsten der Kirchenbauschuld verwendet.

Neuenbürg, 27. Oktbr. (Polizeireform.) In einem beachtenswerten Artikel derWürtt. Gemeinde-Zeitung" wird einer besseren Aus­bildung der Polizeiunterbeamten das Wort ge­redet. Es wird darauf hingewiesen, daß ein eigent- ' licher Unterricht für die angehenden Polizeiorgane

nur in Stuttgart stattfinde, daß sonst aber die Unter­weisung in der Hauptsache in der Art geschieht, daß den Neueingetretenen vom Inspektor oder Wacht­meister nach Zeit und Gelegenheit an einigen Aben­den die wichtigsten Bestimmungen bekannt gegeben werden; im übrigen haben sie von Anfang an selbst­ständig Außendienst zu tun oder sie werden höchstens in der ersten Zeit einem älteren Kollegen mitge­geben. Das weitere soll die Praxis lehren nach dem GrundsatzProbieren geht über Studieren". Bei der Unzulänglichkeit dieses Unterrichts könne man sich eigentlich nur darüber wundern, daß das angewendete System nicht zu noch viel mehr Be­schwerden und Anständen führe, namentlich wenn bedacht werde, wie Freiheit, Ehre, Vermögen und die höchsten Menschen- und Bürgerrechte dem jungen Schutzmann ausgeliefert seien. Aus einer objektiven vorurteilslosen Betrachtung dieser Dinge ergebe sich die Notwendigkeit einer württ. Polizei sch ule, wie sie übrigens die Polizeiunterbeamten selbst sich wünschen. In erster Linie wäre der Städtelag be­rufen, die notwendigen Einleitungen hier zu treffen. Die Regierung sollte durch Veranstaltung von Kursen und auch durch finanzielle Mittel die Sache unterstütze», da auch sie ein Interesse daran habe, daß die Gesetze gut und richtig ausgesührt werden. Hand in Hand mit einer besseren und einheitlicheren Ausbildung müsse auch die Einführung einer gleich­mäßigen, möglichst einfachen Bekleidung und Be­waffnung der Polizeiunterbeamten gehen; die jetzige Buntscheckigkeit der Uniformen, die fast komisch wirke, haben weder vernünftigen Grund noch Zweck und sei nicht geeignet, das Ansehen der Polizei zu heben.

LstAlL A. LslLgr amms

Athen, 29. Okt. (Telegramm an den Enzt.) Der Marineoffizier Typaldos hat mit einem Tor­pedoboot und ungefähr 300 Mann das Arsenal von Salamis besetzt. Die Flotte liegt in der Nähe verankert. Die Regierung ergreift Gegen­maßregeln. Unter der Bevölkerung herrscht große Erregung.

Athen, 29. Okt. Zwischen den im Besitze der Aufständischen befindlichen Torpedobooten und einigen auf der Höhe von Scaramanga aufgestellten Feldbatterien fand heute nachmittag ein etwa 20 Minuten dauernder Geschützkampf statt, wobei das TorpedobootSfendeni" getroffen wurde. Auch die Panzerschiffe gaben auf die Torpedoboote Feuer. Das Arsenal ist in den Händen der Regierung, welche daraus rechnet, daß die Torpedoboote sich er­geben werden. Die Stadt ist ruhig.

Paris, 29. Oktober. Die Bevölkerungsstatistik Frankreichs stellt für das erste Semester ds. Js. abermals einen Ueberschuß der Todesfälle gegen die Geburten fest und zwar bleibt die Geburten­ziffer gegen den gleichen Zeitraum des Vorjahres um 12 692 Köpfe zurück, während die Todesfälle um 25 019 zugenommen haben. Die Bevölkerung hat in sechs Monaten sich um 28 203 Köpfe ver­mindert. Der Statistiker Bertillon findet die Haupt­ursache der Erscheinung in sattem Reichtum des Landes.

Frankfurt a. M., 29. Oktbr. Nach längeren Verhandlungen ist der Friede im Schreinergewerbe wieder hergestellt. Gestern wurde dem neuen Tarif zugestimmt und heute wird der Arbeiterverband und die Schreiner-Zwangsinnung ihre Beschlüsse fassen.

Eisleben, 29. Okt. Die Streiklage hat sich etwas gebessert. Auf mehreren Schächten war wieder eine erhebliche Anzahl der Streikenden zur Arbeit eingefahren.

Berlin, 29. Oktbr. Wie aus Posen gemeldet wird, ereignete sich in der Nähe von Züllichau ein schweres Automobilunglück. Ein Rechtsanwalt uNd zwei Rittergutsbesitzer aus der Provinz Posen kehrten von einer Jagd aus dem in Sachsen ge­legenen Revier des einen Fahrtteilnehmers zurück. Bei Züllichau mußten sie das Gleis einer Kleinbahn überschreiten. In dem Augenblick, als das Auto­mobil einen Berg herunterkam, kam ein Kleinbahn­zug in voller Fahrt an. Im letzten Augenblick suchte der Chauffeur nach links abzulenken, es gelang ihm aber nicht und das Automobil stieß mit dem Zug zusammen. Der Wagen wurde zurück­geschleudert, überschlug sich und stürzte den Bahn­damm hinunter. Sämtliche Insassen waren sofort tot.

Mit einer vierseitigen Beilage.