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Amts- und Anzeige8latt für dm Mzirk Galw.
78. Jahrgang.
ErschernungStage: Dienstag, Donnerstag, Samstag, Sonntag. JnsertionSpreiL 10 Pfg. pro Zeile für Stadt vnü vezirkSorte; außer Bezirk 12 Pfg.
Dienstag, den 18. August 1903.
AbonnemenrSpr. in d. Stadt pr. Mertelj. Mk. 1.10 incl. Träger!. Dierteljährl. Postbezugspreis ohne Bestellg. f. d. OrtS- u. Nachbarortsverkehr 1 Mk., f. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Psg.
Amtliche HieLarmLraachuugeir,
Bekanntmachung.
Das Oberamt sieht sich veranlaßt die nachstehenden Vorschriften wiederholt zur allgemeinen Kenntnis zu bringen.
Calw, 14. August 1903.
K. Oberamt. Amtm. Rippmann.
Verfügung des Kgl. Oberamts Calw betr. die Sonntagsruhe im Gewerbebetrieb mit Ausnahme des Handelsgewerbes, vom 4. April 1895.
Nachdem zufolge Kaiser!. Verordnung vom
4. Februar d. I., (Reichs-Ges.-Bl. S. 11) die Bestimmungen der §8 105 a—105 k, 105 b und 105 i des Gesetzes betr. die Abänderung der Gew.-O. vom 1. Juni 1891, soweit sie nicht bereits nach der Verordnung, betr. das Inkrafttreten der auf die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe bezüglichen Bestimmungen vom 28.März 1892 (Reichs.-Gcs.-Bl.
5. 339) in Geltung sind, mit dem 1. April d. I. in Kraft getreten find, werden nachstehend die wefentlicheren allgemein giltigen, sowie die für den Oberamtsbezirk Calw zugelafsenen Ausnahmebewilligungen bekannt gegeben.
Das Verbot der Sonntagsarbeit im Gewerbebetrieb ist enthalten in 8 105 b Abs. 1 der Gew.-O„ welcher lautet:
„Im Betriebe von Bergwerken, Salinen. Aufbereitungsanstalten, Brüchen und Gruben von Hüttenwerken, Fabriken und Werkstätten, von Zimmerplätzen und anderen Bauhöfen, von Werften und Ziegeleien, sowie bei Bauten aller Art dürfen Arbeiter an Sonn- und Festtagen nicht beschäftigt werden."
Hiezu gilt folgendes:
A- Allgemeines.
(88 105 a, 105 b Abs. 1, 105 x und 105 i der Gew.-O.)
I. Das in ß 105 d Abs. 1 enthaltene Verbot der Sonntagsarbeit gilt nicht für die Land- und Forstwirtschaft, den Gartenbau, den Weinbau, die Viehzucht, den Geschäftsbetrieb der Apotheker, die Ausübung der Heilkunde und der schönen Künste, und die in 8 6 Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung bezeichneten Gewerbe. Ferner sind kraft besonderer Vorschrift von dem Verbot der Sonntagsarbeit ausgenommen Gast- und Schankwirtschaftsgcwerbe, Musikaufführungen, Schaustellungen, theatralische Vorstellungen und sonstige Lustbarkeiten, sowie die Verkehrsgewerbe (8 105 i).
II. Bezüglich der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe hat es bei den geltenden Bestimmungen sein Verbleiben (vergl. Ministerial-Erlaß vom 16. April 1892, Amtsbl. S. 101 und oberamtl. Erlaß vom 10. Juni 1892, Wochenblatt Nro. 68.) In denjenigen Handclsgewerben, in welchen beim Ladenverkauf an den Waren Aenderungs- oder Zurichtungsarbeiten vorgenommen werden (Gewerbe der Fleischer, Hutmacher, Blumenhändler, Uhrmacher u. dergl.), ist die Beschäftigung mit diesen Arbeiten als Beschäftigung im Handelsgewerbe zu betrachten und deshalb an Sonn- und Festtagen während der für das betreffende Handelsgewerbe freigegcbenen Zeit gestattet.
III. Verboten ist an Sonn- und Festtagen jede Art der Beschäftigung von Arbeitern „im Be
triebe" der unter 8 105 b Abs. 1 fallenden Gewerbe, also im Betriebe von Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten, Brüchen und Gruben, von Hüttenwerken, Fabriken und Werkstätten, von Zimmerplätzen u. Bauhöfen, von Werften u. Ziegeleien. Durch die Worte „im Betriebe" ist zum Ausdruck gebracht, daß das Verbot nicht nur räumlich für für die Betriebsstätte, in welcher sich der betreffende Gewerbebetrieb regelmäßig obzuwickeln pflegt, sondern für jede zu dem Gewerbebetriebe gehörige Tätigkeit gelten soll. So dürfen z. B. Monteure, Schlosser-, Glaser-, Maler-, Tapezier-, Barbiergehilfen während der Sonntagsruhe auch außerhalb der Betriebsstätte nickt beschäftigt werden, soweit nicht etwa die betreffenden Arbeiten gemäß den Vorschriften der 88 105« bis k statthaft sind.
IV. Das Verbot der Sonntagsarbeit gilt auch für „Bauten aller Art", d. h. für Hoch-, Tief-, Wege-, Eisenbahn- und Wasserbauten, sowie für Erdarbeiten, sofern diese nicht Ausfluß des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes, des Weinbaues oder des Gartenbaues sind, ferner nicht nur für Neubauten, sondern auch für Ausbesserungs- und Jnstandhaltungsarbeiten, z. B. auch für das Schornsteinfegergewerbe, endlich für alle diese Bauarbeiten auch dann, wenn sie in Regie ausgeführt werden.
V. Das Verbot der Sonntagsarbeit gilt für gewerbliche Arbeiter im weitesten Sinne, also nicht nur für Gesellen, Gehilfen» Lehrlinge, Fabrikarbeiter und andere im Betriebe beschäftigte Handarbeiter, sondern auch für Betriebsbeamte, Werkmeister und Techniker.
VI. Die den Arbeitern zu gewährende Ruhe soll mindestens dauern:
für einzelne Sonn- und Festtage 24 Stunden, für zwei aufeinander folgende Sonn- und Festtage 36 Stunden,
für das Weihnachts-, Oster- und Pfingstfest 48 Stunden.
Diese Ruhezeiten müssen auch in solchen Betrieben, die an Werktagen ununterbrochen mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht arbeiten, gewährt werden, soweit nicht etwa für diese Betriebe gemäß 8 105« bis « Ausnahmen von dem Verbot der Sonntagsarbeit Platz greifen. Während aber in Betrieben, die nur bei Tage oder in unregelmäßigen Schichten zu arbeiten pflegen, die Ruhezeit stets von 12 Uhr nachts an gerechnet werden soll, kann in Betrieben mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht die Ruhezeit schon frühestens um 6 Uhr abends des vorhergehenden Werktags und spätestens erst um 6 Uhr morgens des Sonn- oder Festtags beginnen, wenn für die auf den Beginn der Ruhezeit folgenden 24 Stunden der Betrieb ruht.
Für alle Fälle gilt die Vorschrift, daß die Ruhezeit an zwei auf einander folgenden Sonn- und Festtagen stets bis 6 Uhr abends des zweiten Tages dauern muß. Demnach beträgt die Ruhezeit in Betrieben, die keine regelmäßigen Tag- und Nachtschichten haben, nicht nur 36, sondern mindestens 42 Stunden (von der Mitternachtsstunde vor dem ersten Tag bis 6 Uhr abends des zweiten Tages).
VII. Jugendliche Arbeiter dürfen in Fabriken und den in 88 154 Abs. 2 und 154 L bezeichneten gewerblichen Anlagen an Sonn- und Festtagen überhaupt nicht beschäftigt werden (8 136 Abs. 3 der G.-O.).
VIII. Während im Handelsgewerbe, soweit es in offenen Verkaufsstellen betrieben wird, auch die Sonntagsarbeit der Arbeitgeber Beschränkungen unterliegt, (8 41a), ist in den hier in Rede stehenden Gewerben den Arbeitgebern und selb
ständigen Gewerbetreibenden die Sonntagsarbeit durch die Vorschriften der Gewerbeordnung nicht verwehrt.
Die weitergehendcn Beschränkungen der Sonn- und Festtagsarbeit, welche das Landesrecht, zur Zeit also die K. Verordnung vom 27. Dezember 1871, betreffend die bürgerliche Feier der Sonn-, Fest- und Feiertage (Reg.-Bl. S. 412), und die auf Grund des 8 15 dieser Verordnung getroffenen ortspolizeilichen Anordnungen für die Beschäftigung gewerblicher Arbeiter und für die Arbeit selbständiger Gewerbetreibender aufstellen, bleiben bestehen (8 105 b Abs. 1).
8. Ausnahmen vom Verbot ver Sonntagsarbeit.
(88 105«—105 k Gew.-O.)
I. Ausnahmen kraft gesetzlicher Vorschrift.
8 105« Gew.-O.
Das Verbot der Sonntagsarbeit findet kraft Gesetzes keine Anwendung:
1) auf solche Arbeiten, die in Notfällen oder im öffentlichen Interesse unverzüglich vorgenommen werden müssen.
Zu den Arbeiten in Notfällen gehören solche Arbeiten, die zur Beseitigung eines Notstandes oder zur Abwendung einer Gefahr sofort vorgenommen werden müssen, ferner aber auch dringende Arbeiten, die durch Todesfälle, Erkrankungen, unvorhergesehene, erhebliche geschäftliche Zwischenfälle u. s. w. erforderlich werden und nicht wohl auf den nachfolgenden Werktag verschoben werden können; dagegen kann nicht etwa schlechthin die Erledigung eiliger Arbeiten hieher gerechnet werden;
2) auf die Bewachung der Betriebsanlagen, auf Arbeiten zur Reinigung und Instandhaltung, durch welche der regelmäßige Fortgang des eigenen oder eines fremden Betriebes bedingt ist, sowie auf Arbeiten, von welchen die Wiederaufnahme des vollen werktägigen Berriebes abhängig ist, sofern nicht diese Arbeiten an Werktagen vorgenommen werden können. Dasselbe gilt von Arbeiten, welche zur Verhütung des Verderbens von Rohstoffen oder des Mißlingens von Arbeitserzcug- nissen erforderlich sind;
3) auf Arbeiten in den sog. Bedürfnisgewerben und in Gewerben mit unregelmäßiger Wasserkraft (s. unten Z. III.), für welche durch das Oberamt Ausnahmen zugelassen sind.
Werden Arbeiter an Sonn- und Festtagen mit Arbeiten beschäftigt, die gemäß den vorstehenden Vorschriften (Z. 1—3) zulässig find, so müssen die Gewerbetreibenden gemäß 8 105« Abs. 2 der Gew.-O. ein Verzeichnis anlegen, in welches sie für jeden einzelnen Sonn- und Festtag, an dem eine solche Beschäftigung stattgefunden hat, die Zahl der beschäftigten Arbeiter, die Dauer der Beschäftigung durch Angabe der Arbeitsstunden, sowie die Art der vorgenommenen Arbeiten einzutragen haben. Die Eintragungen müssen für jeden Sonn- und Festtag spätestens, am folgenden Wochentag vorgenommen werden. Sofern die unter Z. 2 oben bezeichneten Arbeiten länger als 3 Stunden dauern oder die Arbeiter am Besuch des Gottesdienstes hindern, sind die Gewerbetreibenden verpflichtet, jeden Arbeiter entweder an jedem dritten Sonntag volle 36 Stunden oder an jedem zweiten Sonntag mindestens in der Zeit von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends von der Arbeit frei zu lassen. Für die Beschäftigung an den nicht auf einen Sonntag fallenden Festtagen braucht ein