sich Markgraf Hesso von Baden als Herrn der Herrschaft Neuenbürg und verpfändet davon Ellmendingen (bad.) an Kloster Herrenalb. An Württemberg kam Neuenbürg wohl unter Graf Eberhard dem Erlauchten (ff 1325); Eberhard der Greiner und Ulrich machten Burg und Stadt 1361 zu Lehen der Krone Böhmen, ein Verhältnis, das bis zur Auflösung des Reiches dauerte. 1552—54 war Neuenbürg Stadt und Amt dem Grafen Georg von Württemberg zur Nutznießung zugewiesen; das Schloß diente auch sonst als Residenz jüngerer Prinzen, so 1617 ff. des Prinzen Magnus, 1651 ff. des Prinzen Ulrich. Die Pfarrei bestand schon im 13. Jahrh. Abg. befestigte Kirche, gen. Ruine Waldenburg oder Wolkenbruch. — In Neuenbürg sind geboren: Gottlieb Christian Bohnenberger, Sohn eines Bäckers, Pfarrer in Simmozheim und Altburg, Physiker, Vater des Gottlieb Friedr. Bohnenberger, Professor, Mathematiker, Astronom und Landesvermesser in Tübingen 1732—1807; Joh. Ulrich Schwindrazheim, Pfarrer, Präzeptor in Ludwigsburg (Schillers Lehrer), Gelegenheitsdichter, 1736—1813; Adam Karl August Eschenmayer, Amtspflegerssohn, Arzt, Professor der Philosophie in Tübingen, Okkultist, 1768—1852; Heinr. Ernst Ferd. Volley, Stadtschreiberssohn, zuletzt Obertribunalpräsident, Parlamentarier, 1770—1847; Friedrich Seeger, Vogts- fohn, Prokurator in Stuttgart, Landtags- und Parlamentsabgeordneter, Schriftsteller, 1798—1868; Karl Fuchs, Gerichtsdienerssohn, zuletzt Ephorus am Seminar in Urach, 1822—1904. — Parzelle Eisenfurt, Sägwerk, 334 w.
Wildbad.
Wildbad (1368 in ckem IVilckpat, 1376 aä ter- mu8, quas vulgaris loeutio voeat „ckus rrvltpackff wildes, d. h. natürlich warmes Bad). — Der größere Teil der Stadt liegt auf der rechten Seite der Enz, durchzogen von der Hauptstraße; der 1880 zur Linken des Flusses eröffneten König Karlstraße mußte ein älterer Stadtteil, das „Kroatennest", weichen. Die von Graf Eberhard dein Greiner 1376 erbauten Mauern verlor Wildbad infolge des großen Feuers von 1742. Den Mittelpunkt der jetzigen Stadt bildet der Kurplatz, wo auf dem Grund des „großen Badgebäudes", das Thouret unter König Wilhelm l. 1838—47 in feinen romanischen Formen erbaute, der heiße Quell (425 m) aus dem Granit hervorbricht. Auf der Ostseite des Platzes reiht sich daran das K. Badhotel an der Stelle des alten Försterhauses und des von Herzog Friedrich II. 1799 erbauten sog. Palais; neben ihm der Rokokobau der ev. Kirche von 1746—48. Talaufwärts folgt auf das „große Badgebäude" das neue Katharinenstift (Landesbadspital, von Bok 1867—71); auf dem andern Ufer der Enz der im Innern vorzüglich eingerichtete Neubau des König-Karlsbades (von Berner 1892), treffliche Renaissance, und die eiserne Trinkhalle, von Bok 1879, erweitert 1904); jetzt im Bau begriffen ein großes Kurhaus; an der Kernerstraße die kath. Kirche frühgothischen Stils (von Morlok 1870—76); in den 1895 und 1901/02 wesentlich vergrößerten und verschönerten Anlagen das 1901 erbaute Kurtheater und unter Bäumen versteckt die englische Kirche von 1865. Talabwärts in der Nähe des Bahnhofs die „Herrnhilfe", eine von ff Dr. A. H. Werner, dem bekannten Kinderfreund, als Zweig seiner Kinderheilanstalt in Ludwigsburg gegründete Pflegeanstalt für kranke Kinder. Krankenheim der Versicherungsanstalt Württemberg 1903. — Wilhelmsbrücke (Geschenk König Wilhelms 1.) 1862; Gas 1863; Eisenbahn 1868; städtisches Krankenhaus 1867; Ehmannsche Wasserleitung 1875; Elektrizitätswerk 1902 f.; neue Enz- brücke 1904. — 1367 bei dem bekannten „Ueberfall", als Graf Eberhard der Greiner mit den Seinigen hier der Gesundheit pflegte und von den Eberstein, Wunnenstein und andern „Martinsvögeln" zur Flucht nach Zavelstein genötigt wurde, erstmals genannt, erscheint Wildbad urkundlich schon 1376 als vielbesuchtes Bad. Es war ohne Zweifel mit der Herrschaft Neuenbürg an Württemberg gekommen. Seine Blüte als Kurort verdankt es der steten Fürsorge der Landesherren, die selbst von jeher gern hier Aufenthalt nahmen und das heilsame Wasser gebrauchten. Zahlreiche Brände, durch die Bauart der Häuser aus Holz und die Schindeldächer gefördert, suchten den Ort heim und boten Gelegenheit, ihn schöner und größer zu erneuern. Als er 1464 ganz abgebrannt war, sorgte Graf Eberhard im Bart für den Wiederaufbau und ließ die Aemter Calw, ^uenbürg, Wildberg, die Klöster Hirsau und Herren- ^ dabei mithelfen. Im Januar 1525 wurden empfinde nebst der Kirche, am 20. April 1645 ^mtshaus, 63 Häuser und 33 Scheunen,
am 7. Juli 1742 die ganze Stadt mit Ausnahme einiger Häuser im untern Stadtteil und der (1844 abgetragenen) Borstadtkirche eingeüschert. 1804—07 ließ sich erstmals ein ständiger Arzt, S. I. Teuffel, nieder. Ihm folgte 1811—12 Justinus Kerner, der die erste Schrift über Wildbad verfaßte, 1816 I. Fricker als Unteramtsarzt, später Badarzt, dann die Badürzte Burkhardt, Renz und Weizsäcker. 1806 wurde das Oberamt Wildbad, 1836 das Dekanatamt aufgehoben. — Wildbad war ursprünglich ein Filial von Hirsau mit Kaplanei im 14. Jahrhundert (eapolla in Wildbad 1376), von der aus auch die zu Liebenzell gehörigen Orte Höfen und Calmbach versehen wurden. Im 15. Jahrh. bestand eine Pfarrei hier, deren Patronat vom Kloster Hirsau 1469 an die Erzherzogin Mechthild überging. — In Wildbad sind geboren: Christian Gottlieb Wunderlich, Sohn des Präzeptors, zuletzt Seminarephorus in Schöntal 1780—1843; die Helferssöhne (Brüder von Wilhelm Hofacker) Karl Hofacker, zuletzt Obertribunaldirektor, 1794—1866, und Ludwig Hofacker, Pfarrer in Rielingshausen, der in seinem Predigtbuch fortlebt, 1798—1828; Karl Ludw. Friedr. Zorer, ein Oberamtmannssohn, Professor am Gymnasium in Ellwangen, Mathematiker, 1805—85; die Reallehrerssöhne: Ludwig Seeger, Lehrer in Bern, dann Landtagsabgeordneter, Dichter und Ueber- setzer, 1810—64, und Adolf Seeger, Advokat, Landtagsabgeordneter, 1815—65; Wilhelm Kapff, Spezialssohn, zuletzt Professor am Gymnasium in Ulm, 1814—77; Freiherr Wilhelm von Gültlingen, Oberförsterssohn, zuletzt Landgerichtsdirektor in Stuttgart, Land- und Reichstagsabgeordneter, 1834—1898.
U-MSmtzau.
Vom Kaisermanöver.
Die großen deutschen Kaisermanöver, die sich diesmal unter Beteiligung lediglich süddeutscher Truppen zwischen Odenwald und Schwarzwald und zwischen Main und Tauber abspielten, sind zur Stunde wieder zu Ende gegangen. Sie haben sich diesmal besonders interessant durch die erfolgte Verwendung von ausnehmend großen Streitkräften wie durch die Benutzung und Erprobung verschiedener Neuerungen, vor allem der Heranziehung des lenkbaren Militärluftschiffes Groß II und zuletzt auch des Zeppelin III zu den Manövern gestaltet. Außerdem waren die Manöver der wirklichen Kriegslage in jeder Beziehung möglichst eng angepaßt und gewährten so ein annäherndes Bild von den Verhältnissen im Ernstfälle. Das kaiserliche Hauptquartier befand sich während der Manöverzeit in Mergentheim, wo auch die meisten Manövergäste des Kaisers, unter ihnen Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich, Quartier genommen hatten. Von Mergentheim aus begab sich der Kaiser jeden Morgen in das Manövergelände. Wiederholt hat sich der oberste Kriegsherr im Verlaufe dieses „Krieges im Frieden" ungemein anerkennend über die Leistungen der von ihm beobachteten Truppen, namentlich über die Marschleistungen, ausgesprochen.
Frankfurt, 17. Sept. Das Luftschiff 2 III hat die zu speziell militärischen Zwecken dienende Fernfahrt nach dem Manövergelände bei Mergentheim heute morgen 2.27 Uhr von Frankfurt aus angetreten. In der Gondel befinden sich außer den Bedienungsmannschaften u. a. Graf Zeppelin jr., der kommandierende General des VIII. Armeekorps v. Eichhorn, sowie Oberst Ilse und Major Tschudi. Das Wetter war bei der Abfahrt kühl, es wehte ein leichter Wind. Im Manövergelände geriet das Luftschiff in dichten Nebel. 2 III ist zwischen 8 und ff-9 Uhr zwischen Walldürn und Hardheim gesichtet worden. Es fährt dem Manövergelände zu. Der Nebel ist verschwunden.
Aus Höpfingen wird um 10 Uhr gemeldet, daß 2 III etwa gegen 9 Uhr zwischen Höpfingen und Dornberg sich befunden hat, wo auch jetzt noch Nebel über der Gegend lagern.
Mergentheim. 17. Sept. Nach 4tägigen, ununterbrochenen Anstrengungen, bei denen fast jede Nachtruhe fehlte, standen sich heute alle Streitkräfte der beiden Parteien einander gegenüber. Die Armee des blauen Reiches stand auf dem rechten Tauberufer mit der Front gegen Westen und hatte ihre Vorposten auf das linke Ufer vorgeschoben. Das bayerische 1. Korps (die erste und zweite Division) als rechter (nördlicher) Flügel, hatte bei Tauberbischofsheim Stellung genommen und anschließend daran, das 13. Korps (26. und 27. Division). Auf dem andern Ufer stand das Kavalleriekorps zwischen Mergentheim und Borberg. Die roten Streitkräfte standen geschlossen mit der Front gegen Osten dem
Feinde gegenüber. Die blaue Armee erwartete östlich der Tauber das Eintreffen ihrer angenommenen Verstärkungen. Die rote Armee griff mit Tagesanbruch den Gegner in der Front und auf der linken Flanke an. Dichter Nebel zog sich bis in die Täler hinein. Der rechte Flügel von Rot ging über die Tauber und versuchte den linken Flügel von Blau aufzurollen. Die 27. Division der blauen Partei machte einen Gegenvorstoß, wobei sich ein sehr heftiges Gefecht entspann. Auf roter Seite wurden bedeutende Truppenmengen außer Gefecht gesetzt. — Der Kaiser beobachtete auf dem rechten Tauberufer auf einer Höhe östlich von Lauda den in dichtem Nebel erfolgenden Angriff der Truppen der roten Armee, insbesondere die Erstürmung der Höhen südlich von Gerlachsheim durch die Brigade des Generalmajors Deimling. Dann ritt der Kaiser in das Gelände zwischen Hofstetten und Messel- Hausen und begleitete hier den Angriff des 14. (badischen) Armeekorps gegen die Württembergs!. Nachdem das 14. Korps die bewaldeten Höhen von Kützbrunn im Sturm genommen hatte, ließ der Kaiser „das Ganze halt!" blasen und ritt zu der von ihm zuerst als Beobachtungspunkt gewählten Höhe östlich von Lauda zurück, wo er sich von den fremdherrlichen Offizieren verabschiedete und die Besprechung über das gesamte Kaisermanöver abhielt.
Prinz Ludwig von Bayern verlas hier die Order des Prinzregenten, wonach die Büste des Generalfeldmarschalls Grafen Moltke in der Walhalla aufgestellt werden soll.
Um 2 Uhr 15 Min. kehrte der Kaiser nach Mergentheim zurück. Die Luftschiffe Groß II und 2 III begleiteten den Kaiser gleichsam bei seiner Heimfahrt. Der Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand reiste um 4 Uhr 45 Min. vom Bahnhof Karlsbad in Mergentheim ab. Um 9 Uhr 45 Min. reiste der Kaiser nach München ab.
Der Kaiser verlieh zahlreiche Ordensauszeichnungen. Unter anderem erhielt der Chef des Generalstabs der Armee, Graf Moltke, den Schwarzen Adlerorden, Generaloberst von Bock und Polach das Komenlurkreuz mit Stern des Hausordens von Hohenzollern.
Frankfurt a. M.. 17. Sept. Das Luftschiff 2 III ist heute abend 5fft Uhr von seiner Manöverfahrt auf die „Jla" zurückgekehrt. Es hat auf seiner Fahrt Beschädigungen erlitten, die zwar nicht ernster Natur, aber doch so umfangreich sind, daß eine Reparatur von mindestens zwei Tagen nötig sein wird. Außerdem soll noch ein Ruhetag den Mannschaften gegönnt werden. Graf Zeppelin hat sich entschlossen, wie an der vorderen, so auch an der Hinteren Gondel wieder Transmissionswellen einzuführen. Die Stahlbänder werden abmontiert und eine Kraftübertragung mittels Transmissionswellen anmontiert. Die Ersatzteile sind von Friedrichshafen abgegangen und treffen morgen früh in Frankfurt ein.
Köln, 16. Septbr. Im Oktober findet eine feldmäßige Erprobung unserer Militärluftschiffe aller drei Arten in Köln statt, wobei besonders die im Manöver gemachten Erfahrungen Verwendung finden sollen. Die Inspektion der Verkehrstruppen wird es als eine der Hauptaufgaben betrachten, bei diesen Uebungen das Aufsuchen der größten erreichbaren Höhe zu erproben.
Mannheim, 17. Sept. Der Stadtrat beschloß, dem Grafen Zeppelin für die große Freude, die er der Mannheimer Bevölkerung durch den Besuch mit dem Luftschiff 2 III bereitet hat, den herzlichsten Dank auszusprechen und zur dauernden Erinnerung an dieses Ereignis die hervorragendste Hauptstraße in dem neu zu erschließenden Baugebiet am Rennplatz „Graf Zeppelin-Straße" zu benennen. — Der durch die Zuschauer bei der Landung Zeppelins auf der Friesenheimer Insel verursachte Flurschaden wird auf gegen 4000 geschätzt, für den die Stadtgemeinde aufzukommen hat.
Der diesjährige Parteitag der deutschen Sozialdemokratie ist in der ablaufenden Woche in Leipzig versammelt gewesen. Im allgemeinen ging es auf dem Parteikongresse von 1909 ruhiger zu, als auf so manchem der früheren Parteikongreffe, immerhin fehlte es auch diesmal keineswegs an lebhaften häuslichen Auseinandersetzungen. Dies geschah namentlich bei den Debatten über die Taktik der sozialistischen Reichstagsfraktion in der Frage der Erbschaftssteuer, wobei sich Radikale und Revisionisten tüchtig in die Haare gerieten, natürlich nur bildlich. Dagegen blieben die scharfen Debatten, welche auch in der Angelegenheit der württ. „Hofgänger" erwartet worden waren, aus, offenbar weil die Herren von der Parteileitung wenigstens diese Zänkereien ver-