waltung. Sie beabsichtigt, in den höheren Wagen­klassen versuchsweise Klappsitze einzuführen, um den Reisenden in den Fällen, wo die Wagen nicht voll­besetzt sind, größere Bewegungsfreiheit zu ermög­lichen. Ferner wird die Anbringung von Uhren in einzelnen Zügen erwogen, die von dem Zugpersonal täglich nach der Zeit der Berliner Sternwarte regu­liert werden sollen.

Berlin, 31. Juli. Wie aus Wien gemeldet wird, stehen im fernen Osten ernste Kompli­kationen bevor. Japan soll den Chinesen mit Abbruch der politischen Beziehungen gedroht haben für den Fall, daß China den japanischen Wünschen in der Angelegenheit der Mukdenbahn nicht entspricht.

Cherbourg, 31. Juli. Die russischen Schiffe trafen mit Verspätung hier ein und passierten die Einfahrt um 2.20 Uhr. Die französischen Fahrzeuge feuerten Salut als die kaiserliche Dacht in die Reede einfuhr. Das Wetter ist schön. Während die russ­ischen und die französischen Schiffe ihre Ankerplätze einnahmen, verließ Präsident Fallieres in Begleitung der Minister des Aeußern, des Kriegs und der Marine, sowie des russischen Botschafters den Galilee" und begab sich an Bord desStandart", wo er um 2.40 Ühr eintraf.

Cherbourg, 31. Juli. An Bord desStand­art" hieß Präsident Fallisres die russischen Maje­stäten willkommen und lud den Kaiser ein, die Revue über das Geschwader abzunehmen. Beide Staats­oberhäupter bestiegen alsdann den KreuzerGalilee", der vor den vereinigten rusfisckien und französischen Schiffen vorüberfuhr. Nach der Revue, die eine halbe Stunde dauerte, kehrte der Zar auf die Standart" zurück und erwiderte von dort aus auf dem PanzerBerits", wohin sich Fallisres begeben hatte, dessen Besuch. Der Aufenthalt des Kaisers Nikolaus auf derBerits" dauerte eine Stunde.

Eine neue militärische Skandalaffäre in Frankreich wird aus Toulon gemeldet. Dort wurden in Abzugskanälen mehrere Tausend leere Patronenhülsen gefunden, die Staatsmagazinen ge­stohlen waren. Militär- und Marinebehörden stellten sofort eine Inventur an, die zur allgemeinen Ueber- raschung auch das Fehlen von sechstausend Kilo­gramm Explosivstoffen ergab. Die Diebstähle sollen in einer pyrotechnischen Schule verübt worden sein. Die Angelegenheit hat großes Aussehen hervorgerufen.

Paris, 31. Juli. Wie über Perpignan ge­meldet wird, hat der Generalgouverneur von Barze- lona den Gouverneur von Geroua amtlich davon in Kenntnis gesetzt, daß die Ruhe in Barzelona vollständig wieder hergestellt ist.

Biarritz, 31. Juli. Immer noch treffen zahl­reiche Deserteure ein. Jn-Hendaye veranstalteten die Flüchtlinge Kundgebungen gegen die spanische Regierung.

Berlin, 31. Juli. Der deutsche Generalkonsul in Barcelona, Hr. Falke, hat mit Rücksicht auf die dortigen Ereignisse seine Kur in Kissingen unter­brochen und sich auf seinen Posten zurückbegeben.

San Sebastian, 31. Juli. Briefe aus Me- lilla besagen, daß die Gesundheit der Truppen vorzüglich ist. Die Truppen werden im Kampf gegen die Kabylen von den Einwohnern unterstützt. Den meisten kämpfenden Mauren soll es an Lebensmitteln und Munition fehlen.

Bei der Landtagsersatzwahl im 1. Kasseler Wahlkreise (Grafschaft Schaumburg) wurde an Stelle des bisherigen Landtagsabgeordneten, des Landrats und Rittergutsbesitzers v. Ditfurth (kons.), der sein Mandat niedergelegt hatte, dessen Bruder General v. Ditfurth - Berlin einstimmig mit allen 143 abgegebenen Stimmen gewählt.

Das jüngste Dorf des Deutschen Reiches, Limburg in der. Rheinpfalz, eine vor wenigen Jahren gegründete Kolonie der badischen Anilin- und Sodafabri! in Ludwigshafen a. Rh., darf den Ruhm für sich in Anspruch nehmen, seine Lehrer am besten zu besolden. Das Anfangsgehalt beträgt 2400 Mk. und steigt in 21 Dienstjahren für 4500 Mk. Daneben wird noch eine schöne freie Dienstwohnung gewährt. Zu Weihnachten erhalten die Lehrer wie alle Beamten des Etablissements eine Gratifikation. Die Pension steigt bis zur vollen Höhe des Gehalts.

Kürzlich wurde in das Haus des Arztes Dr. Jäckel in Rüdesheim bei Kreuznach ein­gebrochen und eine Kassette mit 15000 Mk. in Wertpapieren und 300 Mk. barem Gelds geraubt. Die Kassette fand man am andern Morgen an der Landstraße nach Kreuznach. Es gelang, mit Hilfe eines Polizeihundes, auf die Spur des Diebes zu kommen. Im Sand vergraben fand man ein paar Strümpfe, die der Dieb über die Schuhe gezogen hatte, um kein Geräusch zu machen und dann, durch den Hund aufmerksam gemacht, an der Kirchhofs­

mauer in der Erde vergraben den Einsatz der Kassette. Unversehrt enthielt er noch dis Wertpapiere über 15000 Mk. Auf Grund weiterer Feststellungen konnte dann gestern in einer Wirtschaft hier der aus dem Harz gebürtige Kaufmann Karl Nehry als Täter verhaftet werden.

Bleriot hat am Freitag das Anerbieten der Ausstellungsleitung in Dukon in Nordamerika zu einem Match mit einem Preis von 25000 Franks angenommen.

Nachrichten von furchtbaren Ueberschwemm- ungen sind aus der Mandschurei nach Tokio ge­langt. Ueber 1000 Menschen sind ertrunken. In Kirm stehen 7000 Häuser unter Wasser.

Eine Fsuersbrunst droht die ganze Stadt Osaka in Japan zu zerstören. Ueber 1300 Ge­bäude sind schon vernichtet, darunter ein prachtvoller Tempel. Viele Menschen sind umgekommen. Heute früh ist es gelungen, die Feuersbrunst einzubalten.

Württemberg.

Stuttgart, 31. Juli. Die Erste Kammer verabschiedete in ihrer heutigen Sitzung zunächst das Gesetz betr. die Abänderung des Feldbereinig­ungsgesetzes. Der Berichterstatter Frhr. v. Ow bean­tragte, den Gesetzentwurf nach den Beschlüssen des anderen Hauses anzunehmen. Nur bezüglich ein­zelner Bestimmungen, insbesondere der Vorschriften über die Durchführung von Feldweganlagen, ist im Laufe der Zeit, abgesehen von den Wünschen bezüg­lich einer Vereinfachung des im Verordnungsweg zu regelnden Vermessungswesens, das Bedürfnis nach einer Abänderung des Gesetzes, das im übrigen schon durch Art. 211 des Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch und zu dessen Nebengesetzen vom 28. Juli 1899 in einigen Punkten geändert worden ist, hervorgetreten. Der Antrag des Bericht­erstatters fand einstimmige Annahme. Ueber den Gesetzentwurf betr. Aenderungen des Gesetzes über die Pensionsrechte der Körperschaftsbeamten und ihrer Hinterbliebenen erstattete Geh. Rat v. Heß Bericht. Die Gesetzgebung sah sich vor die Aufgabe gestellt, zu entscheiden, ob und in welchem Umfange die durch die Beamtengesetznovelle geschaffene ver­besserte Lage der Staatsdiener auf die Beamten der Gemeinden und sonstigen beteiligten öffentlichen Körperschaften ausgedehnt werden kann. Auch bei dieser Vorlage trat das hohe Haus den Beschlüssen der Zweiten Kammer auf Antrag des Bericht­erstatters bei. Der Antrag wurde angenommen. Nächste Sitzung Montag.

Die Stadt Stuttgart hat zwei neue Elek­trizitätswerke offiziell eröffnet: die Werke bei Münster und Poppenweiler. Die Entwicklung des städtischen Elektrizitätswerks ist ein Spiegelbild des enormen Wachstums der Stadt. 1894 wurde die Zentrale in der Marienstraße erbaut, und noch während des Baues mußte sie auf die doppelte Leistung erweitert werden. Ihr folgte die Errichtung der Marbacher Zentrale; im Jahre 1900 mußte die Zentrale in der Marienstraße abermals vergrößert werden, man verwandelte wenige Jahre darauf die Umformerstation in Stöckach in eine Zentrale, das nächste Jahr war man genötigt, vom Werk in Unter- türkheim Strom zu beziehen, statt dorthin zu liefern, und zu diesen vier Werken kommen jetzt die beiden neuen Bauten, so daß Stuttgart sechs Zentralen mit etwa 13 000 Pferdekräften besitzt. Bereits hat es sich die Mitbenutzung der Wasserkräfte bei Benningen- Beihingen und den Besitz der Wasserkräfte bei Jngersheim gesichert, und es wird dort ein siebentes großes Werk entstehen. In Stuttgart zählte man dieses Jahr nur noch 78 öffentliche Pferdedroschken, nämlich 53- Zweispänner und 25 Taxameter-Ein­spänner gegen 88 im Vorjahre. Dagegen haben sich die Motor-Taxameter von 31 auf 45 vermehrt.

Heilbronn. 31. Juli. Auf dem Festplatz des Kreisturnfestes ereignete sich gestern ein schwerer Unfall. Der Wind warf einen Balken um, der die 15jährige Fabrikarbeiterin Willi aus Bückingen so unglücklich traf, daß sie einen Schädelbruch erlitt und hoffnungslos darniederliegt. Zwei weitere Mädchen erlitten leichtere Verletzungen.

Heilbronn, 1. August. Zum 38. Kreis­turnfest hatte die Stadt festliches Gewand ange­legt, besonders das Rathaus. Im Laufe des Nach­mittags trafen in Extrazügen die Turner ein und bezogen ihre Quartiere, .die zum Teil als Massen­quartiere in den Schulen, der Kaserne usw. herge­richtet waren. Abends fand auf dem Festplatz die Eröffnungsfeier statt, die durch Musik- und Lieder­vorträge eingeleitet wurde. Sodann begrüßte Ge­meinderat Rosengart die Festversammlung namens der Stadtverwaltung und gab einen Rückblick über die Turngeschichte Heilbronns, insbesondere die An­

teilnahme der Heilbronner Turnerschaft an der Freiheitsbewegung von 1848. Er hob dann die Bedeutung der Turnerei für Körper und Geist her­vor und schloß mit einemGut Heil" auf die schwä­bische Turnerschaft. Rechtsanwalt Göhrum hieß die Gäste namens der Heilbronner Turnerschaft willkommen. Dann erfolgte die Uebergabe der Turnerfahne an die Stadt Heilbronn, deren Ver­treter, Rechtsanwalt Rosengart, sie mit dem Ge­löbnis, sie in treuer Obhut zu behalten, entgegen­nahm. Hierauf wurden eine Reihe von Verleih­ungen von Ehrenurkunden seitens des Kreises an verdiente Turner bekannt gegeben.

Göppingen, 31. Juli. DerHohenstaufen" schreibt: Ein junger Mann aus Göppingen ist zur Zeit mit dem Bau eines Aeroplans beschäftigt. Mit dem Rahmenbau ist er schon so weit fertig. Dieser ist im Garten eines hiesigen Industriellen ausgestellt. Der jugendliche Konstrukteur hat beim kaiserlichen Patentamt das Gesuch um Patentschutz auf einen neuartigen Propeller mit rotierendem Flügelschlag eingereicht. Dieser Propeller soll an dem Aeroplan angebracht werden.

Rohrdorf OA. Horb, 31. Juli. Hier wurden einem Bauern 500 gestohlen.

Vom Bodensee, 31. Juli. Der Blau- felchenfang ist in den letzten Tagen sehr ergiebig. Insbesondere mit dem Klusgarn werden von den einzelnen Fischerschiffen 150 sogar bis 300 Stück im Tag gefangen.

Obstpreise auf dem StuttgarterEngros-Markt am 31. Juli: Walderdbeeren 8040 Himbeeren 2580

Johannisbeeren 7--12 «16, Stachelbeeren 6-8 «16, Kirschen 1016 «16, Pfirsiche 2035 «-6, Aprikosen 1225 «16, Pflaumen 1520 «^, Reineclauden 22 25 ««, Aepfel 1022 «1t, Birnen 1022 «16, Zwetschgen ital. 20 ««, Heidelbeeren 15 16 «16, alles per 50 KZ.

OsrmiLchrLs.

Bauernregeln im August. Im Augustmond halt dich mäßiglich; Schlafs und der Arbeit mäßig dich. Häufiger Höhenrauch deutet auf einen strengen Winter. Jst's in den ersten Wochen heiß, so bleibt der Winter lange weiß. Wenn die Finken früh vor Sonnenaufgang singen, so ver­künden sie Regen. Starke Taue im August ver­künden gutes Wetter. Nach Laurenzi (10.) ist's nicht gut, wenn's Rebholz jetzt noch treiben tut. Nordwind im Augustenmond bringt gut Wetter in das Land. Sind Laurenzi (10.) und Bartholomäi (24.) schön, ist guter Herbst vorherzuseh'n. Hitze am St. Dominikus (4.), ein strenger Winter kommen muß. Wie das Wetter am Kassian (13.), so hält es mehrere Tage an. Der Sichel vergiß nicht Barnabas, er sorgt gern fürs längste Gras. Im August Wind aus Nord jagt Unbeständigkeit fort. Meltau im August ist sehr ungesund, ungereinigt Obst bring nicht in den Mund. Wenn der Kuckuck lange nach Johanni schreit, so rufet er die teure Zeit. Schön Wetter zu Mariä Himmelfahrt verkündet Wein von bester Art. Wenn groß­blumig wir viele Disteln erblicken, will Gott gar guten Herbst uns schicken.

Schmalhans Küchenmeister bei den amerikanischen Millionären. Aus New-Aork wird berichtet: Die Theorie deseinfachen Lebens" wird im Lande der unbegrenzten Möglichkeiten zur Leidenschaft. Ueberall blühen Vegetarianerkolonien auf und jetzt tragen überfüllte Extrazüge die reichen New-Dorker nach Oscawana am Hudson, wo sie unter der Leitung von Dr. Julia Sears dasneue Leben" beginnen. Ueber vierhundert bekanme Persönlichkeiten der New-Dorker Gesellschaft sind bereits in Oscawana eingetroffen. Vor allem sind es die Millionäre, die ihren Reiz darin finden, in ihren prunkvollen Villen als Asketen dahinzuleben. Fleisch kommt nicht mehr auf den Tisch. Das Tagesmenü der amerikanischen Dame von Welt lautet heute etwa: als Frühstück etwas Reis oder Hafergrütze, gehackte Bananen oder Pfirsiche und dazu Naturl^monade. Zum Lunch gibt es Biskuits, Butter und Milch und das Diner schließlich besteht nur aus kalter Obstsuppe, gekochten Früchten und Gesundheitsbrot. Käse, Kaffee und Thee sind streng verpönt, Wasser, Milch und Obstsaft die einzigen Getränke. Elegante Frauen, die sonst einen Küchen­etat von ansehnlichen Summen verausgabten, leben heute für 1,50 Mk. den Tag, wie z. B. Mrs. John Jakob Astor und Miß Helen Gould, die auf diese Leistungen besonders stolz sind. Zu der mageren Kost treten dann körperliche Anstrengungen, man reitet und turnt. Auch die Gattin des eng­lischen Botschafters Bruce hat sich zum einfachen Leben bekehrt, und Mrs. Tafts Vorbild bringt dieser Reform immer mehr neue Anhänger. Nur