von Mexiko bis in die höchsten Breiten kein Gebirge eine Wetterscheide bildet, so daß der polare Strom gelegentlich bis zum Wendekreis vordringt und noch in den Golfstaaten Frost bringt.

Neuenbürg, 1. Mai. Der Monat Mai vor 50 Jahren war besonders gewitterreich. Die Frühlingswitterung begann im Jahr 1859 in Württemberg bereits schon im März und am 7. April war der erste Sommertag eingetreten, so daß die Vegetation rasch antrieb. Die wechselnde Witterung im April aber hemmte die Vegetation in ihrer Entwicklung und erst Ende Mai wieder trat der zweite Sommertag ein. Die Barometerstände waren durchaus niedrig, dagegen die Lufttemperatur ziemlich mild. Die Luftfeuchtigkeit war nicht unbe­trächtlich. Von den vielen Unwettern wollen wir hier nur einige kurz erwähnen. In der Nacht vom 16. auf 17. Mai suchte nahezu das ganze Land ein ZOstündiger Regen heim, so daß der Neckar an vielen zwischen Nürtingen und Mannheim liegenden Stellen austrat. Der Steg von Obertürkheim und die Brücke von Untertürkheim wurden von den Fluten weggespült. Auch die Murr trat aus. Am 21. Mai wurde die Markung Unterschwandorf OA. Nagold vom Hagelschlag heimgesucht und am nächsten Tage gingen heftige Gewitter in der Allgäugegend nieder. Am 25. wütete ein starkes Unwetter über der Geis- linger Steige und am 27. in der Murrhardter Gegend. Auch in den letzten 4 Tagen des Mai traten an allen Ecken und Enden des Landes Hagel­schläge und Gewitter auf, so im Riedlinger, Nagolder, Haller, Herrenberger und Gaildorfer Oberamt. Am 31. Mai schlug der Blitz in die Telegraphenleitung bei Obertürkheim, so daß 16 aufeinander folgende Stangen bis zur halben Länge gespalten wurden, ohne aber merkwürdigerweise den Draht zu be­schädigen. Auch im Juni desselben Jahres tobte das Unwetter weiter.

Der Landtagsabgeordnete, Stadtrat Wittum in Pforzheim, hat die Gallensteinoperation glück­lich überstanden und konnte das Krankenhaus verlassen.

Pforzheim, 3. Mai. Ein direkter Zug von München und Stuttgart nach Baden-Baden läuft vom 1. Mai ab über Pforzheim (an 2.14 Uhr, ab 2.26 Uhr nachmittags). Der Zug wird auf der bayerischen und württembergischen Strecke als Eilzug, auf der badischen Strecke als beschleunigter Personenzug gefahren und besteht nur aus direkten Wagen 1., 2. und 3. Klasse von München nach Baden-Baden und von Stuttgart nach Baden-Baden. Während der Hauptsaison (vom 15. Juni bis 15. September) werden in den Zug auch Wagen 1., 2. und 3. Klasse von München nach Wildbad eingestellt.

Pforzheim, 3. Mai. Hier wurde ein italieni­scher Maurer verhaftet, der an dem Maurerstceik teilnahm, weil er Arbeitswillige bedrohte und sie

aufforderte, die Arbeit niederzulegen. Ebenfalls wegen des Maurerstreiks stritten sich 2 Zementeure in einer Wirtschaft, wobei der eine dem andern mit einem Bierglas zwei Zähne einschlug.

Etwas vom Jnseratenwesen. Das Zeit­ungswesen auf der einen, Handel und Industrie auf der anderen Seite sind wie Pflanzen, welche Lebenskraft und Fruchtbarkeit für einander entfalten, wenn Klugheit und Anstand als Gärtner wirken, schreibt dieGraphische Welt". Im vorigen Jahre hat der Inhaber eines der größten und angesehensten Detailgeschäfte Deutschlands, dessen Sitz in Berlin ist, durch die Tagesblätter eine Notiz gehen lassen, worin er den Aufschwung seines Geschäfts aus kleinem Anfänge neben der Lieferung preiswerter Waren dem stetigen Inserieren zuschreibt. Er er­klärte unumwunden, er spüre es sofort am Nach­lassen des Absatzes, wenn er einmal nur ganz kurze Zeit pausiert habe. Man kann heutzutage ruhig die Behauptung aufstellen, daß ohne Inserate 90 Proz. aller Zeitungen ihr Erscheinen einstellen müßten, und andererseits hat die Zeit und Erfahrung gelehrt, daß ohne Reklame kaum 10 Prozent der Firmen des Welthandels dem Verfall entgehen würden.

VermiLLlMs»

Die Fremden, die in der Türkei leben, sind was nicht allgemein bekannt sein dürfte von allen Steuern befreit, wenn sie nicht gerade aus­gedehnten Grundbesitz ihr eigen nennen. Wir ge­stehen freimütig so schreibt dieWestminster Gazette", daß ein europäischer Finanzminister in die größte Verlegenheit geriete, wenn die Fremden, die in seinem Lande wohnen und Handel treiben, steuerfrei blieben. Welches europäische Volk würde sich bereit finden lassen, für das Gedeihen der Aus­länder zu sorgen, für sie die Steuern zu bezahlen und ihnen all die Annehmlichkeiten, die dem steuer­zahlenden Bürger zukommen, gratis zu liefern? Die Anhänger des Propheten aber lassen sich das Brot vom Hunde nehmen, um die Ungläubigen, die ihnen die Ehre erweisen, in ihrem Lande zu wohnen, recht fett zu machen. . .

Schwarzer Kaffee als Reinigungsmittel. Schwarzer Kaffee zum Reinigen von dunklen Kleid­ungsstücken zeitigt einen überraschenden Erfolg. Die Anwendung ist überaus einfach. Die Kleidungsstücke, meist wohl die beliebten blauen Cheviot- oder Kammgarnanzüge von Knaben und Mädchen, werden zuerst natürlich vom Staub durch Klopfen und Ab­bürsten gereinigt. Nun zeigen sich erst die hart­näckigeren Staub- und Eßflecke. Man reibt diese mit kaltem Kaffee tüchtig aus und bearbeitet dann den ganzen Anzug mit einer in die Kaffeeflüssigkeit eingetauchten Bürste. Der Stoff kann ordentlich feucht werden. Die Kleider werden dann glatt über einen Kleiderbügel zum Trocknen gehängt; ein Aus­bügeln ist nicht immer erforderlich. Auch durch

Druck unansehnlich oder glänzend gewordene Stellen an Aermeln, Rücken, Knien, am Kragen usw. er­halten durch die Behandlung mit Kaffee ein frischeres Ansehen.

fAus der Mädchenschule^ Die 9jährige Maria erzählt ihrer Freundin Else, daß ihre Mama ein Baby bekommen habe und nun im Bett liegen müsse.Ach sagt Else, das ist ja furchtbar lang­weilig; weißt, ich werde deine Mama besuchen und ihr die Zeit vertreiben. Es wird ja nicht anstecken."

Aufgabe.

Der Geburtstag eines Mitglieds des Kaiser­hauses läßt sich mit Hilfe der folgenden Angaben bestimmen: Vermindert man unsere Jahreszahl um die 174fache Datumszahl, so bleibt als Rest die 173fache Monatszahl. Wessen Geburtstag ist gemeint?

Wechsel. Rätfel.

Einer von Zwölfen ist es, doch wird der Kopf ihm verändert. Ist ein gefräßiger Fisch, was uns das neue Wort nennt.

Auflösung der Wortbildungs-Aufgabe i« Nr. 68. Linde, Ulme, Esche; Gisela, Elise, Nanette; Helme, Alster, Beraun; Eisenach, Nimes, Kolberg; Usedom, Rügen, Zante; Ernst, Balduin, Emanuel; Italien, Norwegen, England.

Lügen haben kurze Beine.

Auflösung des Silben-Rätsels in Nr. 70 ds. Bl. Bauernkrieg. Unteroffizier, Christine, Dieb, Rosmarin, Ulrike, Cement, Kakadu, Entfernung, Robinson. Kurilen, Uganda, Neubreisach, Salamo, Tolstoi. Buchdruckerkunst, Johann Gutenberg.

Richtig gelöst von Fritz Seeger in Neuenbürg und Johann Baier in Oberlengenhardt.

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Stücken auf die Straßen fielen, Fensterscheiben klirrten, und Kalk fiel von den Mauern der Häuser. Ich eilte durch die Hauptstraße nach dem Geschäfts- Hause des Weinhändlers Müller, der mit meinem Vater befreundet war. Ueberall schlossen die Bürger ihre Geschäfte und Läden.

Als ich im Müllerschen Hause ankam, hatten sich alle schon in den sehr geräumigen Keller ge­flüchtet, nur der Hausbesitzer selbst stand noch vor der Tür und wies mir den Weg. Angstvoll lauschten wir dort dem Gekrach der Geschütze. Unser aller, es waren wohl fünfzehn Personen in dem Keller, von denen ich die wenigsten kannte, hatte sich eine Todesstimmung bemächtigt. Auf den Vor­schlag einer einfachen Küchenmagd hin, sanken wir auf unsere Knie nieder und beteten.

Da hörten wir auf einmal einen dumpfen Knall, ein wütendes Pfeifen und Zischen, ein Krachen und Rasseln abstürzender Ziegel. Mit angsterfülltem Gesicht eilte der Hausdiener die Kellertreppe herab. Es brennt, es brennt", rief er mit bebender Stimme.Eine Granate ist über der Küche im Vorderbau durchgeschlagen!" Es erfolgte ein neuer Knall. Die Wände begannen zu zittern, zer­schmetterte Fensterscheiben klirrten. Eine zweite Granate war im ersten Stockwerke durch eines der Fenster hereingeschlagen und hatte dort Möbel und Betten in Brand gesteckt. Da noch einmal ein dritter furchtbarer Stoß! Wir alle glaubten, das Haus werde im nächsten Augenblick über uns zusammen­brechen. Eine unbeschreibliche Angst überkam mich. Im Verkehr mit dem schwerverwundeten Ulanen, der ein gläubiges Kind Gottes war, hatte ich mehr und mehr erkannt, daß mein bisheriges leichtsinniges und ehrsüchtiges Weltleben ferne von Gott und

wider Gottes Gebot mich nicht zum Leben, sondern ; zum ewigen Tod und in die Verdammnis führen ; mußte. Ich hatte mir vorgenommen, von meinem ^ eitlen Dichten und Trachten zu lassen und ernstlich

> darnach zu streben, auch zu jenem Seelenfrieden und ! Glück in Gott zu gelangen, das Martin Kraus in ! so hohem Maße besaß. Und nun stand ich, ehe ich ! noch Zeit zur inneren Einkehr und Umkehr gehabt

hatte, dicht vor der Pforte der Ewigkeit I In jenem Augenblicke, als ich jede Minute befürchten mußte, daß die Decke des Kellergewölbes über mir zu- sammenstürzen würde, habe ich mir heilig vorge­nommen und meinem Gott gelobt, daß, wenn er Gnade für Recht ergehen und mich aus dem Rachen des Todes und der Hölle erretten wolle, es mein ganzes Leben hindurch meine vornehmste Sorge sein und bleiben würde, nach dem Reiche Gottes und dem ewigen Leben zu trachten.

Ueber eine Stunde saßen wir in bangster Er­wartung in unserem Keller. Allmählich wurde das Schießen schwächer und schwächer, und endlich klang von dem Eingänge zum Keller her die Freuden­botschaft:Das Feuer ist gelöscht!" Mutige Berg­leute und Eisenbahnarbeiter, die trotz des Kugel­regens sich in ihrem schweren Berufe nicht irre machen ließen, waren des Feuers Herr geworden. Ueber die Kellertreppe herab rieselte das Wasser, das in das brennende Haus gespritzt worden war, so stark, daß wir bis an die Knöchel darin waten mußten. In den Zimmern selbst bot sich ein schreck­liches Bild der Zerstörung. Keine Tür, keine Scheibe, kein Möbel war ganz geblieben. Die Treppe war eingestürzt, große Schutthaufen lagen in dem Flur. Durch die Porzellanplatten des Fuß-

> Hodens in der Küche war ein schweres Geschoß

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in einen Kellerraum geschlagen, in den sich merk­würdiger Weise niemand geflüchtet hatte.

Wir schauten dann auf die Straßen hinab. Von den Preußen war nichts mehr zu sehen. Aber auch der Sieger zog nicht in Saarbrücken ein. Der französische General hatte es vorgezogen, seine Truppen auf den der Saar gegenüberliegenden Höhen ein Zeltlager aufschlagen zu lassen. Als es aber dunkel wurde, sah man allerlei seltsame Ge­stalten durch die Straßen schleichen. Braune, ver­witterte Gesellen in langen, blauen, abgetragenen Mänteln, die um die dürren Glieder herum­schlotterten. In der einen Hand trugen sie ihr Chassepotgewehr, in der anderen die Siegesbeute: der erste eine Gießkanne voll Gemüse, der zweite eine eingeschlagene Trommel mit unreifen Aepseln und Kartoffeln, der dritte einen abgebrochenen Johannisbeerstrauch. Vorsichtig spähend durch­schritten die Franzmänner die Straßen, bald kamen noch mehr dazu. Sie eilten in die Bäcker- und Metzgerläden und kamen reich beladen, Brote und Semmeln auf die Bajonette gespießt, wieder heraus. Auch einige arme Hühner, die sich unglücklicherweise,' durch die Kanonade aus ihrer Ruhe emporgeschreckt noch auf der Straße sehen ließen, mußten die Treff­sicherheit der Chasfepotgewehre mit dem Tode büßen. Schließlich eilten die Troupiers singend, johlend und tanzend wieder aus der Stadt ihrem Zeltlager zu. Auf die Bewohner der Stadt machten diese Franz­männer den übelsten Eindruck.Das sind also die Leute, die über den Rhein Vordringen und in Berlin ihren Einzug halten wollen!" so sagte einer zum andern.Sie werden nicht zu lange in unserer Stadt ihr Unwesen treiben!"

Fortsetzung folgt.