in Kenntnis gesetzt. Die Regierung wird morgen der Skuptschina über die Vorstellungen der Groß­mächte Bericht erstatten. Sodann wird der serbische Gesandte in Wien beauftragt werden, die von den Großmächten empfohlene serbische Erklärung der österreichisch-ungarischen Regierung zu übergeben.

Außer der bosnisch-serbischen Frage kommt nun­mehr auch die bulgarisch-türkische Angelegen­heit ins reine. Der bulgarische Handelsminister Liaptschew ist als Unterhändler seiner Regierung abermals in Konstantinopel eingetrofsen, um mit der Pforte über die zwischen der Türkei und Bulgarien noch schwebenden Fragen ein definitives Einvernehmen zu erzielen, worauf die Anerkennung des Königreichs Bulgarien seitens der Pforte erfolgen soll.

Im englischen Unterhause wurde am Mon­tag der Tadelsantrag Balfours verhandelt. Lee begründete den Tadelsantrag und führte aus, die herrschende Beunruhigung sei zurückzuführen aus die Rede des Premierministers Asquith vom 16. d. M. Asquith habe gesagt, für die nächsten zwölf Monate bestehe keine Gefahr. Hat Asquith vergessen, daß für den Bau eines Schlachtschiffes zwei Jahre nötig sind? Asquith hat nichts gesagt über unsere Lage im Jahre 1911 und darüber hinaus. Beim Ver­gleich des deutschen und des englischen Flottenbau­programms besteht keine Notwendigkeit, irgendwelche Empfindlichkeit bezüglich der Tätigkeit Deutschlands zu zeigen. Er bedauere die Denunziationen sehr, welche gegen die deutsche Regierung erfolgt seien und erkläre nachdrücklich, daß keinerlei Grund für sie vorhanden sei. (Beifall.) Deutschland sei völlig in seinem Recht gewesen und es fei sehr sonderbar englischerseits, Deutschland des Verrats zu beschul­digen, wenn es offenbar keinerlei Geheimnis aus seinen Absichten gemacht habe. England habe keine spezielle Beschwerde gegen Deutschland; die Be­schwerde richte sich gegen die englische Regierung. Für jede Reibung, die sich aus diesen Debatten er­geben würde, werde die Regierung verantwortlich sein.

Berlin, 29. März. Nach Mitteilung des Kriegsministeriums hat der zweite Transport des ostasiatischen Detachement, der mit dem Reichspost­dampferPrinz Ludwig-" heimfährt, unter Führung des Hauptmanns Rose in der Stärke von 8 Offi­zieren und 241 Mann am 28. März Tientsin ver­lassen.

In Reggio de Calabria wurde am Diens­tag früh 5 Uhr ein heftiger Erdstoß verspürt, dem kurze Zeit später einige minder schwere mit unterirdischem Getöse folgten. Einige Mauern wiesen Beschädigungen auf.

Ein heftiges Schadenfeuer hat im Hafen von Havanna gewütet, bei dem mehrere Schiffe und Fahrzeuge beschädigt wurden, darunter auch der Hamburger DampferAltenburg." Von der Be­satzung des Dampfers wurde niemand verletzt. Nach langer Arbeit, wobei der KreuzerBremen" wert­volle Hilfe leistete, gelang es, des Feuers Herr zu werden.

Württemberg.

Seine Majestät der König hat den Land­richter Sandberger in Heilbronn (vorher Amts­richter in Neuenbürg) zum aufsichtsführenden Amts­richter in Sulz unter Verleihung des Titels Oberamts­richter ernannt.

Stuttgart, 29. März. Am 1. April tritt bekanntlich die deutsche Güterwagengemeinschaft in Wirksamkeit. Auf diesen Termin sind nun neue Güterwagenvorschriften nebst Ausführungs- und Einführungsbestimmungen erlassen worden.

Stuttgart, 29. März. Eine geachtete alte Firma, die seit Jahrzehnten eine der ersten in Stutt­gart gewesen, das Drogenhaus Louis Doverno y, hört mit dem 1. April ds. Js. auf zu existieren. Sie geht mit diesem Datum endgültig in den Besitz der Firma Schmidt und Dihlmann über und wird mit dieser vereinigt.

Tübingen, 29. März. Durch die Gnadenfrist von einem Jahr, die Fleischsteuer forterheben zu dürfen, sind uns 40 000 Mark erhalten worden. Im neuen Etat hatte man schon nicht mehr mit dieser Einnahme gerechnet. Aber das Geld kommt der Stadtverwaltung sehr zu statten. Der Zer­fall unseres herrlichen Marktbrunnens ist für die Dauer nicht aufzuhalten. Es ist auch seit längerer Zeit ein Fonds angesammelt worden, der die Mittel für eine spätere, ganz gleiche Nachbildung durch Abguß gewähren soll. Neuerdings hat ein ^Freund des Marktplatzes, der nicht genannt sein will", wieder 200 Mark für diesen Fonds der Stadt geschenkt.

Ulm, 30. März. In einer gestrigen Versamm­lung der demokratischen Vereine wurde beschlossen, die volksparteiliche Landtagskandidatur auf­recht zu erhalten. Da die Sozialdemokratie ihre Kandidatur ebenfalls nicht aufgibt und für Freitag schon eine öffentliche Wahlversammlung einberufen hat, werde» sich bei der Stichwahl die Deutsche Partei, die Volkspartei und die Sozialdemokratie gegenüberstehen.

Rottenburg, 29. Mürz. Am Samstag nach­mittag ist hier ein in Straßburg aufgestiegener, mit fünf Herren, darunter Geheimrat Euting, bemannter Luftballon des Oberrheinischen Vereins für Luft­schiffahrt gelandet. Ein zweiter Ballon, der eine Stunde vor ihm aufgestiegen war, ist nicht weit von hier ebenfalls eine Stunde vor ihm glatt nieder­gegangen.

Friedrichshafen, 29. März. Nach östündiger Höhenfahrt landete das Flugschiff um ff-2 Uhr glatt in der Manzeller Bucht und war nach einer Viertelstunde in der Reichshalle geborgen. Die Ber­liner Luftschiffer haben sich mit demS. M. 2. I" gut vertraut gemacht. Gehorsam folgte er dem Willen der Führer, Major Sperling, Hauptmann George und Ingenieur Müller. Graf Zeppelin war um 10 Uhr mit dem Fuhrwerk nach der Manzeller Werft gefahren und kehrte um 2 Uhr zumDeutschen Haus" zurück. Sofort nach der Landung wurde mit der Nachfüllung des Luftschiffs begonnen. Die Be­nennung des Zeppelinschen Luftschiffes2 I" wurde jetzt erweitert durch Vorsetzung der Buchstaben8. U." (Seiner Majestät) wie bei den Namen der Schiffe der kaiserlichen Marine. Da ein Witterungsumschlag befürchtet wird, ist die Fahrt nach München bis auf weiteres verschoben worden.

Stuttgart. ILandesProduktenbörse.1 (Bericht vom 29. März.'i Witterung und Temperattrr waren in der abgelausenen Woche veränderlich; zuerst warmer Regen, dann merkliche Abkühlung und schließlich Wärme und Trockenheit. Eine wesentkche Erhöhung erfuhr der Wasser­stand: die Rheinschiffahrt ist in flottem Gang und bewerk­stelligt raschere Beförderung der an den Seeplätzen ein­treffenden Güter zu angemessenen Frachtsätzen. Auf dem Weltmarkt haben sich die Getreidepreise wieder etwas gehoben. MehIp reise per 100 Kilogramm inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 35 Mk. 50 Pfg. bis 36 M. 50 Pfg., Nr. 1: 34 Mk. 50 Pfg. bis 35 Mk. 50 Pfg., Nr. 2: 33 Mk. 50 Pfg. bis 34 Mk. 50 Pfg., Nr. 3: 32 Mk. 50 Pfg. bis 33 Mk. 50 Pfg., Nr. 4: 29 Mk. - Pfg. bis 30 Mk. Pfg. Kleie 10 Mk. - Pfg. bis 10 Mk. 50 Pfg. (ohne Sack.)

Älus ^taSt» BrZirrr uns

Die Besteuerung der Sparkasieneinlagen.

QU. Neuenbürg, 25. März. Häufig macht man die Wahrnehmung, daß über die Steuerpflicht der Sparkasseneinlagen noch Unklarheit herrscht, obwohl seit der Einführung der neuen Steuergesetze bereits 4 Jahre verstrichen sind. Man ist noch zu gerne an die mehr als 50 Jahre bestandene Steuer­freiheit der Spareinlagen gewöhnt. Daher begegnet man auch häufig dem Einwand des Nichtwissens, wenn schon es seit der neuen Ordnung der Dinge an Belehrung nicht gefehlt hat. Weitverbreitet ist auch die Meinung, es werden die Spareinlagen durch die Sparkassen selbst versteuert, ähnlich wie es bei den Stamm- und Geschäftsanteilen der Mitglieder der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften der Fall ist (die Sparkassen haben lediglich die Spann­ung zwischen ihren Aktiv- und Passivzinsen zu ver­steuern). Oft sind es freilich auch andere Gründe, die dem Steuerpflichtigen eine weise Zurückhaltung angezeigt erscheinen lassen.

Um nun einerseits das sparende Publikum vor einer unangenehmen Bekanntschaft mit den Hütern der Steuergesetze zu bewahren und andererseits zu der so notwendigen Stärkung der öffentlichen Fi­nanzen beizutragen, sei es angesichts des nahenden Steuertermins gestattet, die obige Frage öffentlich zu besprechen. Dabei scheiden wir die besonderen gesetzlichen Befreiungsansprüche aus und beschränken uns zunächst auf die Frage der Steuerpflicht der Sparkasseneinlagen im allgemeinen. Unterscheiden wir einmal zwischen den Sparkassen selbst.

Kapitalsteuerfrei und einkommensteuerfrei sind die Einlagen in die sogenannten öffentlichen Sparkassen, soweit dieselben im ganzen und mit Einschluß der gutgeschriebenen Zinsen die Summe von 1000 -/A nicht übersteigen. Unter die öffent­lichen Sparkassen fallen die sämtlichen Gemeinde- und Oberamtssparkassen in Württemberg und nach den Steuergesetzen weiter noch die Württemb. Sparkasse in Stuttgart.

Nicht steuerfrei sind dagegen die Einlagen in sämtliche außerwürttembergischen Sparkassen, insbe­sondere auch in die benachbarten badischen öffent­lichen Sparkassen, ferner die Einlagen in die

nichtöffentlichen privaten Sparkassen, welche den Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften ange­gliedert sind (im hiesigen Bezirk die Gewerbebank Neuenbürg, die Vereinsbank Wildbad und einige Darlehenskassen). Doch wird aus Beträgen unter 10 ^ Kapitalsteuer nicht berechnet. Selbstredend sind auch die den ebengenannten und ähnlichen In­stituten in der Form von Anlehen anvertrauten Gelder vollsteuerpflichtig. Eine Ausnahme besteht hier nur, wie schon oben bemerkt, für die satzungs- mäßigen Stammeinlagen der Mitglieder und ferner hinsichtlich der Erträgnisse aus den zum land- oder forstwirtschaftlichen oder gewerblichen Betriebskapital gehörigen Kapitalien. Was darunter zu ver­stehen ist, ist von Fall zu Fall zu beurteilen. Für die Regel sind es Anlagen im Contocorrentverkehr oder sonst vorübergehend aus dem Betrieb angelegte Gelder. Die letztere Ausnahme gilt natürlich auch für die sonst vielleicht steuerpflichtigen Einlagen in die öffentlichen Sparkassen.

Wir haben oben gesagt, daß die Einlagen in die öffentlichen Sparkassen Württembergs steuerfrei seien, wenn dieselben nicht mehr als 1000 ^ betragen. Hiebei ist zu beachten, daß nicht in jedem Falle 1000 -/A steuerfrei sind, sondern daß vielmehr die ganze Einlage steuerpflichtig ist, wenn die Grenze von 1000 ^ am maßgebenden Termin 1. April überschritten ist (eine Ueberschreitung in der übrigen Zeit des Jahres ist ohne Einfluß.) Dabei werden die Einlagen in mehrere öffentliche württ. Sparkassen, z. B. in eine Oberamtssparkasse und in die Württ. Spar­kasse in Stuttgart, zusammengerechnet, so zwar, daß eine Steuerbefreiung nur stattfindet, wenn die Ein­lagen in die beiden oder mehreren Sparkassen zu­sammen den steuerfreien Betrag von 1000 nicht übersteigen. Familienväter haben weiter zu beachten, daß die Erträge von Einlagen, welche auf den Namen der Ehefrau gemacht sind, in der Regel vom Ehemann, diejenigen aus Einlagen auf den Namen der unter elterlicher Gewalt stehenden (minderjährigen) Kinder, sowie der volljährigen Kinder dann von dem Vater bezw. der Mutter zu versteuern also mit den eigenen Einlagen zusammenzurechnen sind, wenn und insoweit sie ihrer Nutznießung unterliegen. Hienach sind Einlagen von Kindern, an welchen ein Nutznießungsrecht nicht besteht, oder nicht ausgeübt wird, freies Vermögen nur dann und zwar in der Hand der Kinder selbst steuerpflichtig, wenn dieselben im einzelnen Falle den Betrag von 1000 übersteigen. Solche Einlagen sind also nicht mit denjenigen des Vaters bezw. der Mutter zusammen­zurechnen.

Von den angedeuteten besonderen gesetzlichen Befreiungsansprüchen mag der Anspruch der Witwen, geschiedenen oder verlassenen Ehefrauen, vaterlosen Minderjährigen, sowie der gebrechlichen Personen hier erwähnt werden. Diese Personen genießen dann Kapitalsteuerfreiheit (und selbstredend 'auch Ein­kommensteuerfreiheit), wenn ihr gesamtes Einkommen, sei es aus Kapitalien allein, oder mit anderen Quellen zusammen weniger als 500 jährlich beträgt. Der Anspruch auf Steuerbefreiung ist je­doch alljährlich bei der Steuerbehörde behufs Auf­nahme in das Befreiungsverzeichnis geltend zu machen.

Da sodann in weiten Kreisen die Ansicht ver­breitet ist, daß die Kapitalien selbst zu versteuern seien und da man über die Wirkung der Besteuer­ung oft sehr im Unklaren ist, so sei darauf hinge­wiesen, daß lediglich die Erträge der Kapitalien, d. h. die Zinsen, zu versteuern sind. Die Besteuer­ung der Zinsenerträge aber möge das nachstehende Beispiel zeigen:

Eine Sparkasseneinlage von 1100 erträgt ä Zb/i"/, 41 25 ff Zinse. Diese ergeben abge­

rundet 40 ^ Jahressteuerbetrag. Hieraus sind nach dem bisherigen Steuersatz 2°/o staatliche Kapital­steuer oder 80 ff zu entrichten. Wird in der betr. Gemeinde Gemeindekapitalsteuer erhoben (bei 2°/» Umlage auf die Ertragskataster), so kommen hiefür 40 ff hinzu. Ob und inwieweit sodann der Zinsen­ertrag bei einer einkommensteuerpflichtigen Person von Einfluß auf die Höhe der zu entrichtenden Ein­kommensteuer ist, hängt davon ab, ob die Person wegen des Zinsenertrags in einer höheren Cinkom- mensteuerstufe zu veranlagen ist oder nicht (bei Ein­kommen von 500 -/L bis 5000 ^ beträgt die Spannung 150 -^) Je nachdem hat es bei den vorgenannten Kapitalsteuerbeträgen sein Bewenden. Noch mag bemerkt werden, daß über die nach Vor­stehendem steuerfreien Sparkasseneinlagen eine Steuer­erklärung nicht abzugeben ist, sowie daß eine etwaige Verfehlung gegen das Gesetz straffrei bleibt, wenn die nicht verjährten Sleuerbeträge (von 3 Jahren) ohne Zutun der Behörde nachgeholt werden.