Bus StaSt, Bezirk unS Umgebung.
Wild bad. (Aus der Sitzung der Gemeindekollegien vom 5. Februar.) Der Arbeiter-Wahlverein Neuenbürg und das Komitee zur Errichtung eines Gewerbegerichts im Oberamtsbezirk Neuenbürg haben an den Gemeinderat Neuenbürg das Gesuch gerichtet, in der Stadt Neuenbürg ein Gewerbegericht zu errichten, dessen Wirkungskreis auch auf die sich etwa anschließenden Gemeinden des Oberamtsbezirks ausgedehnt werden könnte. Die bürgerlichen Kollegien der Stadt Neuenbürg sind nun der Ansicht, daß ein Gewerbegericht zweckmäßiger Weise nur seitens der Amtskorporation und nur für den ganzen Oberamtsbezirk ins Leben gerufen werde und haben dementsprechende Einleitung beantragt. Das Kgl. Oberamt fordert den Gemeinderat hier zur Aeußerung über diesen Antrag auf, insbesondere auch darüber, in wie viel Fällen das Gewerbegericht in den letzten 5 Jahren hier in Tätigkeit hätte treten können. Die hier anfallenden, gewerblichen Arbeitsverhältnissen entspringenden Rechtsstreitigkeiten sind nicht zahlreich, daß ein dringendes Bedürfnis nach einem Gewerbegericht behauptet werden könnte. Da das in Neuenbürg tagende Gewerbegericht zudem nicht wegen jeden einzelnen Falles, sondern voraussichtlich im Monat nur 1—2 mal zusammentreten könnte und die hiesigen Arbeitgeber und Arbeiter gezwungen wären, künftig sich mit jeder Streitigkeit nach Neuenbürg zu wenden, würde das Verfahren bei dem Gewerbegericht sich in den meisten Fällen für die hiesige Einwohnerschaft teurer und langsamer gestalten, als es^die seitherige Erledigung durch das Gemeindegericht war. Die Gemeindekollegien können sich daher für die Errichtung eines Gewerbegerichts nicht besonders erwärmen. Sie wollen, wenn seitens der Amtsversammlung die Errichtung eines Gewerbegerichts beschlossen werden wollte, sich nicht ganz ablehnend verhalten, ihre Zustimmung unter allen Umständen aber davon abhängig machen, daß das Gewerbegericht zur Erledigung der hier anfallenden Streitigkeiten besondere Gerichtstage in hiesiger Stadt abhält.
Neuenbürg, 11. Febr. Ein Goldschmiedslehrling von Grunbach, hat seit längerer Zeit einem Vetter, in dessen Haus er sich einschlich, Geldbeträge von 10, 20 und 30 Mk. gestohlen und in Pforzheim ein üppiges Leben geführt, wobei er verhaftet wurde. .
** Feldrennach. Die Reihe der hiesigen Märkte wird Heuer eröffnet durch den am Dienstag den 16. d. M. hier stattfindenden Viehmarkt und Krämermarkt. Zu recht zahlreicher Frequentierung unserer Märkte wird mit dem Anfügen eingeladen, daß für den Viehmarkt keine Abgaben erhoben werden.
Calw, 10. Febr. (Viehmarkt.) Der heutige Markt war mit 13 Pferden und 399 Stück Rindvieh befahren. Verkauft wurden 21 Paar Ochsen und Stiere zu 950—1182 Mk. pro Paar, 15 Kühe zu 230—468 Mk. pro Stück, 76 Stück Jungvieh zu 110—436 Mk., 13 Kälber zu 70—115 Mk. Handel ziemlich lebhaft. Auf dem Schweinemarkt fand die Zufuhr raschen Absatz. Zugeführt waren 135 Milchschweine und 94 Läufer; Erlös für erstere 30—50 Mk., für Läufer 55—100 Mk. pro Paar.
Die Eiernot. In London befürchtet man eine Eiernot, denn innerhalb der letzten Tage ist die Eierzufuhr Londons ganz erheblich zurückgegangen und in einer der letzten Wochen sind in London 18 Millionen Eier weniger eingetroffen, als in der entsprechenden Woche des Vorjahres. Die aus Rußland stammenden Vorräte sind erschöpft, Schnee und Kälte in Italien und Oesterreich-Ungarn haben dort die Eierproduktion und damit den Export vermindert, auch die englische Eierproduktion leidet unter der Witterung, und so sind die Preise gewaltig gestiegen. Die besten, ganz frischen Eier bezahlt man heute in London mit 2 oder gar 2ffs ck., also 17—21 Pfg.. während die billigsten Eier, die ägyptischen, die sonst das Stück einen halben Penny kosten, jetzt zu einem ganzen Penny das Stück verkauft werden. Für die Engländer und speziell für die Londoner, die viel Eier und Eiergerichte verzehren, ist diese Aussicht natürlich höchst betrübend. Noch mehr Eier, als der Engländer, der durchschnittlich im Jahr 97 Eier verzehrt, nimmt der Deutsche zu sich, wenn wir uns auf die Angaben Lascardes verlassen können, der jüngst hierüber ein Buch unter dem Titel „Oeuf de Poule" veröffentlicht hat. Darnach steht der Deutsche mit 127 Eiern Jahresverbrauch auf den Kopf an der Spitze; dann folgt der Franzose mit 118, der Engländer mit 97 und der Belgier mit 94. Was die Produktion der einzelnen Länder anlangt, so er- ^ zeugt Frankreich jährlich 300000 Tonnen und im
portiert außerdem für 30 Millionen ^; für Deutschland sind die entsprechenden Zahlen 270000 und 173 Millionen, für England 125 000 und 143 Millionen. Den größten Eierexport, nämlich 150 000 Tonnen im Jahr, kann Rußland für sich in Anspruch nehmen. Dann folgen Oesterreich-Ungarn mit 120 000, Italien mit 32000 und Dänemark mit 20000.
Im Kampf mit dem Schicksal.
Roman von Eugen Conrad.
- (Nachdruck verboten.)
Martha wollte aufstehen, sie wollte diese günstige Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, in der plötzlichen Erwachung von Hoffnung wollte sie sich entfernen, aber Gertruds hielt sie zurück.
Nicht heute, nicht jetzt, es wird zu spät werden.
„Morgen?"
„Ja, morgen komme ich, bis dahin wirst Du deine allernotwendigsten Kleidungsstücke zusammengepackt haben und dann können wir ganz ungehindert entfliehen I
Unter Tränen stammelte Martha einige Worte des Dankes.
„Nun lebe wohl! Der Himmel behüte Dich. Ich muß fort."
In der nächsten Minute war Martha allein. Obschon jede Hoffnung auf Glück verloren, bestürmten sie doch beseligende Gedanken. Diese unverhoffte plötzliche Aussicht auf Rettung und Befreiung stählte ihre Kraft von neuem, verlieh ihr den Mut, den Kampf von neuem aufzunehmen.
Endlich suchte sie das Lager auf und ein erquickender Schlaf senkte sich auf die müden Lieder.
Wenn Willy nicht tot ist, wenn er lebt? Mit diesem Gedanken war sie eingeschlafen und im Traume war es ihr, als flüsterte ihr eine innere Stimme zu: „Du wirst glücklich! Er lebt!"
Es war Abend. In den Straßen der Stadt war es ungewöhnlich still geworden, nur in den Wirtshäusern herrschte reges Leben. Man besprach eifrig die Wahl des neuen Bürgermeisters.
Kunard Hartmann war zum Bürgermeister gewühlt worden. Daran hatte Bartels nicht gedacht, daß sein bitterster Feind, der es durch Fleiß und Ausdauer so weit gebracht, dieses Ehrenamt noch einmal begleiten würde, das ihn auf den Gipfel feines Glückes bringen sollte.
Als er die Kunde von der Wahl vernahm, stieß er einen wilden Fluch aus. Noch an demselben Tage hatte Conning eine Unterredung mit ihm, deren Resultat war: Conning hatte versprochen, den neuen Bürgermeister zu stürzen, während Bartels sich hatte schriftlich verpflichten müssen, ihm Martha zum Weibe zu geben.
Dies war der Zweck, welcher Conning in die Räume von Wirtschaften führte, welche er nie besucht hatte.
Während alle die neue Wahl lobten, sprach er dagegen, wohl vorsichtig und berechnend, denn er wußte wohl, daß er es mit Leuten zu hatte, die ihr Recht kannten.
„Nicht so voreilig," rief da plötzlich der Blatternarbige, „wißt Ihr nicht, was man sich noch vor einigen Tagen von dem neuen Bürgermeister in's Ohr flüsterte?"
„Sie lügen. Sie sprechen die Unwahrheit!" brauste ein Grobschmied auf.
„Nehmt's 'nicht für ungut — ich bin ein Fremder und rede nur, was ich gehört habe."
„Wenn Ihr nicht wüßt — hütet Euch!"
„Mich soll es freuen, wenn ihr einen tüchtigen Mann gewählt habt. Da will ich Euch nur gleich Glück wünschen. „Seid Ihr nun zufrieden?"
Der Grobschmied murrte noch einige Worte und ließ sich dann wieder auf seinen Platz nieder, von welchem er aufgesprungen war.
Bald darauf verließ der Fremde das Wirtshaus. Er hüllte sich tief in seinen Mantel und eilte rasch dem Bartels'schen Hause zu.
Nach wenigen Minuten hatte er die kleine Seitentüre erreicht, auf sein dreimahiges Klopfen wurde geöffnet. Es kamen noch mehrere Männer nach einander. Sämtliche verschwanden in dem berichteten Seitengang.
Vom Turme dröhnte die neunte Stunde herab. Da trat hinter einem Pfeiler die Männergestalt hervor, welche schon seit Monaten hier allabendlich zu sehen war. Um diese Zeit hatte Willy, denn er war es, diesen Posten verlassen — heute mußte er noch bleiben, denn er hoffte, daß seine Ahnungen heute zur Gewißheit werden.
Plötzlich wurde die Tür geöffnet. Der Harrende wollte zurücktreten. Doch schon war eine Frauen-
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gestalt bei ihm, in der nächsten Sekunde lag ein kleines Kind in seinen Armen.
„Fort! fort! Wenn Euch Euer Leben und das des Kindes lieb ist. Es ist Euer Kind."
Wie erstarrt stand Willy einige Minuten — er sah Gertruds verschwinden. Er warf einen Blick auf das Bartels'sche Haus — dann stürmte er vorwärts.
Während dessen war ein reges Treiben in dem Kellergewölbe des Bartels'schen Hauses bemerkbar.
Eine Anzahl Männer saßen um den runden Tisch, unter Ihnen Bartels und Conning. Den Speisen und Getränken wurde fleißig zugesprochen, das bezeugten die erhitzten Gesichter.
Das Zimmer war geräumig und behaglich, mit seinen Möbeln ausstaffiert, hatte es nicht den Anstrich eines Arbeitszimmers, würde dieses nicht das Handwerksgerät, Kupfer- und Messingplatten, Hämmer und dergl. mehr, dieses bezeugt Hütten.
Hier unter den Zechenden, welche niemand anders als die Falschmünzer waren, herrschte nicht der frohe Sinn über die Wahl des neuen Bürgermeisters, hier hieß es: „Nieder mit Kunard Hartmann I Es lebe Gerhard Bartels!"
Flasche auf Flasche wurde geköpft, die Becher kreisten bis tief in die Nacht hinein.
„Wir müssen einen Bürgermeister haben, der uns ein Vorschub ist und endlich mit uns teilt, he Bartels."
„Gewiß, versteheich!" stimmte dieser bei. „Aber nun ist's Zeit, daß wir aufbrechen."
Die Mahnung zum Aufbruch wurde mit einem Anstoßen der Gläser beantwortet.
Einer nach dem andern erhob sich von dem Sitze und verließ das Zimmer. Bartels und Conning waren die letzten.
„Wird es gehen?" fragte Bartels.
„Es muß!"
„Nun gut, dann nimm die Sachen."
Aber das ganze Material geht dadurch verloren.
„Schadet nichts, ich habe neues bestellt. Uebrigens muß das Geschäft mit doppelter Stärke betrieben werden, damit die Bürgerschaft den Beweis erhält, daß die Falschmünzerei unter seiner Leitung noch stärker betrieben wird. Um so leichter wird es uns fein, ihn zu stürzen.
„Natürlich'"
„Kennst Du Dich in den Räumlichkeiten der Villa des neuen Bürgermeisters aus?"
„Natürlich."
Eine kurze Pause entstand, während welcher die beiden Männer das Handwerkszeug zusammenpackten.
Ich habe daran gedacht, Martha aus dem Hause zu entfernen," begann Bartels, eine Messingplatte niederlegend. „Es mag dann lange dauern, ehe man sie aufsucht."
„Nein — nichts!" fiel ihm Conning in's Wort. Was vermieden werden kann, muß vermieden werden. Laß mich handeln. Ich schwöre Dir, Hartmann, ist der Prozeß gemacht, ehe irgendwie Zeit zum Handeln gefunden hat.
„Soll mich freuen. Ueberdies haben wir uns zu beeilen — Eile tut not."
Darum kein nutzloses Aufsehen erregen.
Conning brach das Gespräch ab, indem er an die Arbeitstische trat und in den Gerätschaften suchte und wühlte, mehrere davon an sich nehmend.
Plötzlich hielt er erschreckt inne.
Auf dem Gange ertönten Stimmen:
„Herr Bartels! Herr Bartels!"
Im Nu herrschte Finsternis. Beide traten auf den Gang hinaus. Bartels verschloß vorsichtig das Gewölbe.
„Was gibt's?" rief er dann ärgerlich, seine drei vor ihm stehende Diener mit bleichem Gesichte verstimmt anblickend.
Auf dem Korridor — im ersten Stock — hat sich — eine gespensterische Erscheinung gezeigt," stammelte einer der Diener.
„Dummes Zeug, Unsinn," brauste der Kaufherr auf. Der Teufel weiß, was ihr wieder gesehen habt.
„Die alte Gertrude war es, Herr! — ja, wir haben sie deutlich gesehen — um sie zu erkennen.
Bartels lachte gezwungen, doch ein Frost schüttelte seine Glieder.
„Närrisches Volk! Seit Ihr auch so abergläubisch ? — Macht, daß Ihr zur Ruhe kommt . . Gertrude ist — tot," fügte er murmelnd hinzu.
Die Diener eilten, am ganzen Leibe vor Furcht zitternd, dem Befehle nachzukommen.
Bartels und Conning trennten sich.
Der Kaufherr eilte kaum eine Minute später den Domestiken nach. Furcht und Entsetzen wühlte in seinem Innern.
— Fortsetzung folgt. —
.. ' --"'rs«.