verteilt werden sollen. Eine andere Annonce stammt von einem armen Haarkünstler, der sich melancholisch „seiner hochverehrten Kundschaft von ehemals" empfiehlt, wie auch „den Truppen und den hier anwesenden Fremden". Cr teilt mit, daß sein „Rasiersalon" sich in der Billa San Martino befindet, und verspricht den Kunden „größte Promptheit in der Bedienung, alle Sorgfalt bei den gewohnten Preisen". Auch ein Grünkramhändlerpaar bietet den Ueber- lebenden seine Dienste an: „Jeden Tag kommen die Brüder Calabro aus Sante durch die Stadt und bieten bei absolut reellen Preisen Fenchel, Rettige, Kohl, Radieschen und verschiedene Gemüse zum Kaufe an." Und auf dem Wege der Annonce . lenken auch eine öffentliche Waschanstalt, eine kleine Volksküche uud ein Gasthaus die Aufmerksamkeit der Ueberlebenden auf ihre Vorzüge. So ist diese kleine wunderliche Zeitung ein einzigartiges Zeugnis für das neue Leben, das zwischen den Ruinen bereits wieder sich regt.
Der Schneeschuh in der deutschen Armee. Wie die „Allg. Armee-Korr." erfährt, ist beim Eintritt der kalten Witterung und dem Niedergang großer Schneemassen in den Gebirgen von den dortigen Truppenteilen das Schneeschuhlaufen von neuem ausgenommen worden. In Schlesien, in der Gegend von Hirschberg, im Harz, im bad. Schwarz- watd und in den Vogesen haben Infanterie- und Jägerbataillone mit der Ausbildung geeigneter Mannschaften begonnen. Die Verwendung der Schneeschuhläufer kommt vor allem für den Auf- klärungs- und Sicherheitsdienst in Betracht. Im Schnee kann kein anderes Verkehrs- oder Nachrichtenmittel dem Skiläufer an Schnelligkeit der Ueber- mittlung einer Meldung gleichkommen. In der deutschen Armee finden bei Fußtruppen, die in gebirgiger Gegend stehen, seit 12—13 Jahren solche Hebungen statt. Von den verschiedensten Arten der Schneeschuhe haben sich die norwegischen am besten bewährt. Für Mittel- und Ostdeutschland verbieten die Bodenverhältnisse die Ausbildung, in den gebirgigen Gegenden hat sie sich aber vorzüglich bewährt. Zwar finden Schneeschuhwettlaufen in der Armee nicht statt, doch haben sich in diesem Jahre die im Südwesten des Reiches stehenden Bataillone an den auf dem Feldberg stattfindenden Wettläufen des Skiklubs Schwarzwald sowie an solchen auf dem Großen und Belchen am Weißen See in den Vogesen beteiligt.
Ein ungewöhnlicher Gnadenakt des Zaren. (Der Zar schenkt 73 Revolutionären das Leben.) Aus Petersburg wird der „Inf." geschrieben: Ein ungewöhnlicher Gnadenakt des Zaren erregt in ganz Rußland die allergrößte Sensation. Der Zar hat zwar schon öfters zum Tode verurteilten „Ver- bändlern" das Leben geschenkt, aber noch nie einem Revolutionär. Nun kommt die amtliche Benachrichtigung, daß der Zar 73 schweren Verbrechern Gnade hat zuteil werden lassen. Es handelt sich um die Revolutionäre, die wegen eines Anschlages
ihm sprach, namentlich in Bezug auf seine zerrütteten Vermögensverhältnisse wahr wäre.
Der Nebel war noch dichter geworden, kaum, daß man ihn in nächster Nähe sehen konnte.
Die nahe Turmuhr verkündete soeben in langen Schlägen die zehnte Stunde. Das Geräusch eines Schrittes tönte die Straße entlang, wenige Minuten darauf erschien ein in einen Mantel gehüllter Mann. Je näher er dem hellerleuchteten Hause des Kaufmanns Bartels kam, desto vorsichtiger wurde sein Gang. Endlich blieb er an demselben stehen. Die Pelzmütze tiefer in das Gesicht drückend, den Kragen des Mantels höher ziehend, schritt er weiter um die Ecke des Hauses biegend. Hier bei einer kleinen Seitentüre blieb er abermals stehen, einigemal tief Atem holend.
„Zehn Uhrl" murmelte er. Zu früh trieb mich die Ungeduld her. Noch beinahe eine ganze Stunde und die Minute wird mir zur Ewigkeit. „Mein Gott," wenn es mißlänge I . . .
Eine peinigende Unruhe hatte ihn ergriffen. Noch einige Minuten stand er regungslos da, dann begann er eine unruhige Wanderung, doch nur zehn Schritte auf und nieder, als fürchte er sich von der kleinen Seitentür zu entfernen. Der Mann mußte jung sein; denn seine Haltung war eine streng militärische, sein Gang leicht und elastisch, den Kopf trug er stolz und sicher.
Da — endlich die ersehnte, verhängnisvolle Stunde — elf Uhrl
Die kleine Seitentür hatte sich nicht verändert, wohl aber die Haltung des auf- und abgehenden, jungen Mannes: wie eine Statue stand er an der-
auf die Katharinenbahn im Dezember 1905 in Jekaterinoslaw teils zum Tode, teils zu schwerer Zwangsarbeit in den Bleibergwerken von Sachalin verurteilt worden sind. Von den 80 Verurteilten richteten nun 73 an den Zaren ein Gnadengesuch, ihnen das Leben zu schenken, damit sie die Möglichkeit hätten, zu beweisen, daß sie von nun an selbst treue Söhne des Zaren sein würden und daß sie ihre Kinder als treue untergebene Untertanen des Zaren erziehen würden. Das Gnadengesuch war von so tiefer Reue erfüllt, daß der Zar darauf die Worte schrieb: „Ich schenke ihnen das Leben und befehle ihre Zukunft nach Möglichkeit günstig zu gestalten." Von den 80 Revolutionären, derentwegen schon übrigens in der Duma ein heftiger Konflikt entstanden war, waren 32 zum Tode und 48 zu Zwangsarbeit verurteilt. Alle Todeskandidaten bekamen das Leben geschenkt und die Freiheit. Von den 48 zu Zwangsarbeit Verurteilten hatten sich nur 40 an den Zaren gewandt, die alle sofort in Freiheit gesetzt worden sind. Wer die russischen Verhältnisse kennt, wird wissen, daß dieser Vorgang bisher unerhört war. Man hofft, daß damit eine neue Aera in der russischen Justiz begonnen hat und daß das Jahr 1909 gleichsam symbolisch mit dieser Massenbegnadigung eingeleitet werden sollte. Während das Jahr 1908 das „Jahr der Todesurteile" von allen Zeitungen bei den Neujahrsnachrufen genannt wurde, will man dem Jahr 1909 den Ehrentitel verschaffen, „das Jahr der Gnade" genannt zu werden.
Ein guter Witz. Der soeben verstorbene Freiherr von Oppenheim war ein humorvoller Herr. Eines Tages stieg er in einem Schweizer Hotel ab und ließ sich zwecks Eintragung seines Namens das Hotelregister vorlegen. Was bedeutet denn dies, fragte er den Hotelier, auf eine Eintragung deutend, welche in lakonischer Kürze: R. de Paris lautete. Das ist die Eintragung des Barons Rotschild aus Paris, erklärte der Wirt, dem es nicht angenehm war, daß zu viele Personen von seiner Anwesenheit in meinem Hotel erführen. — Mach ich auch, erwiderte Oppenheim, und stolz schrieb er unter die Eintragung des Barons Rotschild: „O. de Cologne".
Das Pflaster der Zukunft? Im Grune- wald bei Berlin haben mehrere neue Straßen, in der Nähe der künftigen Rennbahn, sogen. Quarite- Pflaster erhalten. Dieses besteht in der Hauptsache aus geteertem Makadam. Stadtbaurat Franze in Leipzig hat über die damit in Leipzig angestellten Versuche auf dem 1. Internationalen Straßenkongreß zu Paris berichtet. In Leipzig sind 1906 fünf Straßen geteert worden, nachdem sich ein Versuch in drei Straßen schon bewährt hatte. Starker Teergeruch ist nicht beobachtet worden; auch sind von den Anwohnern keine Klagen eingelaufen; diese haben sich vielmehr lobend ausgesprochen, insbesondere deshalb, weil die Straßen staubfrei waren. Nachteile für den Wagenverkehr haben sich nicht heraus- gestellt; die Straßen werden von Kutschern und
selben. Den Kopf leicht vorgebeugt, lauschte er auf das geringste Geräusch; nichts entging seinem aufmerksamen Ohr, dennoch wollte sich nicht das leiseste Geräusch wahrnehmen lassen. Er achtete auf nichts, schien es nicht einmal zu bemerken, daß der Wind, der um die Ecke pfiff, seinen Mantel hoch empor wirbelte.
Da — er horchte auf — hatte er sich getäuscht! Nein, nein. Ein Schlüssel wurde jetzt im Schlosse umgedreht — er schrak zusammen . . . Die Tür drehte sich knarrend in den verrosteten Angeln — im nächsten Augenblick schlüpfte eine hohe schlanke Frauengestalt durch die Oeffnung. Die Tür schloß sich wieder und der Mann nahm den Schlüssel an sich.
Kein Wort wurde gewechselt. Sie hing sich an den Arm des Mannes und er zog das weiche, warme Tuch, in welches sie sich gehüllt hatte, fester um ihre Gestalt.
Rasch verließen sie diesen Platz und der junge, stattliche Mann warf noch einen Blick zurück auf die hellerleuchteten Fenster des Hauses.
Erst als das große Haus nicht mehr sichtbar war, wurden die Schritte der beiden langsamer.
„Martha, meine Geliebte!" flüsterte der junge Mann innig.
Dies waren seine ersten Worte.
Sie schmiegte sich fester an ihn.
Nach einer Weile begann ihr Begleiter wieder:
„Mein Gott, wäre die nächste Stunde erst vorüber! Der Himmel weiß, ich bin nicht furchtsam, habe nie Furcht gekannt, aber jetzt bangt es mir.
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Chauffeuren mit Vorliebe benutzt. Die Versuche wurden 1907 und 1908 fortgesetzt, stets mit Erfolg. Der Teer-Makadam erhärtet nach und nach, und die Straßen erhalten das Aussehen einer Asphaltstraße, sind aber bedeutend billiger und staubfreier. Die Behandlung ist genau so, wie bei Asphaltpflaster. Eine Aufweichung war weder im Sommer bei Hitze, noch im Winter bei großen Regengüssen, noch bei erheblicher Kälte wahrzunehmen. Diese ausgezeichneten Ergebnisse sind Veranlassung dazu gewesen, die Versuche weiter auszudehnen.
(Auf Kupfer, Messing, Bronze, Tombak) und anderen Kupferlegierungen bildet sich häufig ein grünlichblauer Ueberzug, der das schöne Aussehen der betreffenden Gegenstände wesentlich beeinträchtigt. Um denselben zu entfernen, bestreiche man die blank gebeizten Gegenstände mittelst eines Pinsels mit.'einer Lösung von 1 Teil Salmiak und 3 Teilen kohlensaurem Ammoniak in 24 Teilen kaltem Wasser.
Weinflaschen reinige man nicht mit Bleischrot, sondern mit Salzsäurenwasser (3 : 1). Sehr schmutzige Flaschen reinigt man am sichersten, indem man 20 Gramm Chlorkalk in ein Liter Wasser auflöst und bis an den Rand die Flaschen mit dieser Flüssigkeit füllt. Man lasse dieselben dann einige Tage stehen und spüle sie mit klarem Wasser tüchtig aus.
(Vorsichtig.) Wirt (der die Rechnung für einen Gast zusammenaddiert, zu seiner Frau): „Einmal bring' ich dreizehn Mark 'raus und dann wieder siebzehn! Rechne Du's mal zusammen!" — Wirtin: „Ach, lass' es gut sein! Am End' brächt' ich auch nur dreizehn 'raus!"
(Billiger.) Erster Geschäftsfreund: „Ich muß jedesmal dem Hausknecht fünfzig Pfennig zahlen, wenn ich morgens um 8 Uhr geweckt sein will." — Zweiter Geschäftsfreund: „Ich wohne privat, vier Treppen und zahle für das Wecken nur fünf Pfennig." — Erster Geschäftsfreund: „Wieso?" — Zweiter Geschäftsfreund: „Ich schreibe am Abend vorher eine Postkarte an mich, und so weckt mich pünktlich der Briefträger."
Dreisilbige Charade.
Das ganze Rätselwort hat elf Brüder,
Es kennt diese Brüder alle Welt,
Sie kehren in jedem Jahre wieder,
-Die erste nennt uns ein halbes Feld.
Ein halber Bruder ist unsre zwei.
Und halbe Arme nennt uns die drei.
Auflösung des Rätsels in Nr. 14.
Hunger.
Richtig gelöst von Karl Malmsheimer jr., Wilhelminc Titelius und Eugenie Meeh in Neuenbürg; Friedrich Fretz, Schmiedmeister, in Gräfenhausen; Gotthilf Lindner in Höfen und Rudolf Mast in Rotenbach.
Nicht meinetwegen, meine Liebe; denn ich habe nichts zu fürchten — Deinetwegen!"
Sie hob den Kopf zu ihm empor. Sie war sehr bleich, doch erlaubte es die Dunkelheit nicht, daß er ihre bleichen Züge erkannte — aber ein glückliches Lächeln lag in diesen bleichen Zügen. Es war ein bedeutungsschwerer Augenblick, dem sie entgegengingen. Sie zitterte bemerklich.
„Sei nicht ängstlich in dieser Stunde, Willy," entgegnete eine sanfte melodisch klingende Stimme. „Ich bin es auch nicht und wenn ich es wäre, so könnte es nur die Freude vor einem allzuaroßen Glück sein."
„Aber, wenn sie Dich vermissen, Martha?" begann er wieder. „Wenn sie uns folgten, wenn sie unser Vorhaben ahnen.
„Laß' uns schneller gehen, Willy" — der Weg ist weit, sagte Martha. „Sie werden mich nicht vermissen." Ich habe ein Unwohlsein vorgeschützt. Gertruds ist in mein Vertrauen gezogen —"
Willy fuhr heftig zusammen.
„Du wirst Doch keine Unbesonnenheit begangen haben," sagte er mit steigender Angst.
„Nein — sie ist treu wie Gold! Gertruds war mein Schutzengel seit meine Mutter starb."
„Aber, wenn Frau Agnes Dich sehen will?"
„Gertruds wird sie nicht in mein Zimmer lassen und — ja," setzte sie mit neuem Mute hinzu, „sie wissen doch nicht, wo wir hingegangen, und bis sie dieses erfahren, uns aufgefunden haben, dann . . . „hier stockte sie in freudigem Entzücken . . . „dann — ist alles vorüber.
— Fortsetzung folgt. —