Steuern so groß sein werde, daß die Wein-, Gas- und Elektrizitätssteuern entbehrt werden könnten. Könne dies der Fall sein, so werde das die württ. Regierung nur mit Freuden begrüßen. Finanz­minister v. Geßler teilte mit, daß der Ertrag der Weinsteuer in Württemberg auf 200000 Mk. ge­schätzt werde. Von einer vorzugsweisen Belastung Württembergs durch diese Steuer könne nicht die Rede sein. Gegen eine allgemeine Weinsteuer werde die württ. Regierung stets Verwahrung einlegen. Das Ergebnis der zweitägigen Verhandlungen war schließlich die Annahme der Anträge Graf und Hauser, in denen die Regierung ersucht wird, in den weiteren Verhandlungen über die Reichsfinanz- reform im Bundesrat nicht mehr für die Gas-, Elektrizitäts- und Weinsteuer einzutreten, sowie in der Annahme einer Resolution der Volkspartei, worin die Kammer der Ansicht Ausdruck gibt 1) daß die dem Reichstag vorgeschlagene Gas- und Elektri- zitätssteuer eine nicht gerechtfertigte Belastung des Mittelstandes und der Gemeinden bedeutet; 2) daß die Flaschenweinsteuer eine die weinbautreibenden Gegenden einseitig treffende Belastung darstellt, außerdem aber auch noch die Gefahr der Entwicklung zu einer allgemeinen Reichsweinsteuer in sich trägt. Die Kammer spricht daher die Hoffnung aus, daß der Reichstag den genannten Steuern die Zustimmung verweigern werde. Ein Antrag Keil (Soz.), indem die Zustimmung der Regierung zu diesen Steuer- gesetzentwürfen im Bundesrat bedauert wird, wurde abgelehnt.

Stuttgart, 21. Jan. Die Zweite Kammer begann heute die Beratung der Ortsschulaufsicht durch den Ortsschulrat. Der Berichterstatter Dr. Hieber (D. P.) vertrat den Kommissionsantrag und einen eigenen Antrag, wonach der Ortsschulrat bei ein- oder zweiklassigen Schulen den Mitvorsitzenden (Geistlichen) mit Schulbesuchen beauftragen kann (also nicht muß.) Der Mitberichterstatter Dr. Späth (Ztr.) begründet einen Antrag auf Beibehaltung der bisherigen geistlichen Ortsschulaufsicht. Rembold- Aalen (Ztr.) beantragte obligatorische örtliche Schul­aufsicht durch mindestens zwei Mitglieder des Orts­schulrats im Interesse der Eltern und der Kinder, jedoch nicht aus Mißtrauen gegen die Lehrer. Nägele (Vp.) sprach gegen die außerdienstliche Be­aufsichtigung der Lehrer. Heymann (Soz.) bean­tragte Abschaffung der örtlichen Schulaufsicht. Morgen Fortsetzung.

Stuttgart, 20. Jan. In einem Erlaß des württ. Ministeriums des Innern werden wieder­holt die Polizeibehörden angewiesen, von den an­geordneten Wegsperrungen, so weit diese nicht nur vorübergehender Natur sind, dem kaiserlichen Automobilklub in Berlin ungesäumt Nachricht zu geben, um die rechtzeitige Veröffentlichung der Weg­sperrungen in den Fachzeitungen sicher zu stellen.

Stuttgart, 21. Jan. Die Generaldirektion der Staatseisenbahnen hat den Bau weiterer zwei­achsigen Personenwagen 4. Klasse in Auftrag gegeben und zwar wurden in Eßlingen 50 Stück, bei den beiden badischen Fabriken Heidelberg und Rastatt je 10 Stück bestellt. Die neuen Wagen unterscheiden sich von den im vorigen Jahre ge­lieferten nur dadurch, daß die Huthaken in Wegfall kommen und dafür Gepäcknetze angebracht werden, was für die Reisenden sehr von Vorteil ist. Die Wagen müssen schon im April dieses Jahres geliefert werden.

4°/o württ. Staatsanlehen. Die württem- bergische Staatsfinanzverwaltung hat für den Herbst 1909 ein Anlehen von 26 Millionen Mark in Aussicht genommen, für den Herbst 1910 ein An­lehen von 27 Millionen Mark. Beide sollen vierprozentig sein. Von den Anlehen sind 51 Millionen für die Zwecke der Verkehrsanstalten, 2 Millionen für allgemeine Staatszwecke erforderlich.

Stuttgart, 20. Januar. Der Herzog von Sachsen-Weimar hat sich mit der von dem ver­storbenen Prinz Ernst von Sachsen-Weimar testamentarisch gewünschten Feuerbestattung ein­verstanden erklärt. Der von der Münchener Stadt­kommandantur angebotene militärische Kondukt ist vom Prinzen Wilhelm dankend abgelehnt worden. Die Leiche des Prinzen ist nach dem Waldfriedhof bei München überbracht worden, von wo sie am Samstag nach Stuttgart überführt wird. Nach der Ankunft in Stuttgart wird die Leiche mit großem militärischem Kondukt und unter Begleitung der fürstlichen Verwandten des Verstorbenen und anderer Fürstlichkeiten nach dem Pragfriedhof gebracht, wo nach einer Einsegnungsfeier in der Friedhofkapelle durch den Oberhofprediger Prälat v. Kolb im Krematorium die Verbrennung erfolgen wird. Die

Aschenurne wird sodann in der Familiengruft in Stuttgart beigesetzt werden.

Der Bürgerausschuß von Stuttgart hat bei der Wahl des Obmanns den bisherigen Ob­mann Dr. Erlanger mit 16 Stimmen der demo­kratischen und deutschparteilichen Mitglieder wieder­gewählt. Zum stellvertretenden Obmann wurde an Stelle des Sozialdemokraten Fischer Dr. Wölz mit 17 Stimmen gewählt.

Stuttgart, 21. Jan. Im Monat Dezember 1908 beförderten die württembergischen Staatseisen­bahnen 4 735000 (ff- 137 590) Personen und 790 793 ( 3 838) Tonnen Güter. Die Einnahmen betrugen aus dem Personenverkehr 1845 000 (ff- 87 610) Mk., aus dem Güterverkehr 2 977 000 ( 21649) und aus sonstigen Quellen 222 000 (ff- 14 000) Mk., sonach insgesamt 5 044000 (ff- 79 961) Mk. Vom 1. April bis 31. Dezember 1908 beziffern sich die Gesamteinnahmen auf 56 837 000 ( 335 800) Mk.

Stuttgart. 20. Jan. Der Hauptmann von Köpenick, Wilhelm Voigt, ist, nachdem er zuletzt in Augsburg und Kempten sich einem hochzuverehren­den Publiko vorgestellt halte, gestern hier eingetroffen und hat in einem Gasthof der Friedrichstraße Quar­tier genommen.

Friedrichshafen, 21. Jan. Der Hauptmann von Köpenick, Wilhelm Voigt, ist gestern abend mit dem Ulmer Schnellzug hier eingetroffen und im Hotel Sonne abgestiegen. Dort wurde er empfangen von einem Ehepaar aus Krefeld, in dessen Begleit­ung er heute vormittag nach Lindau reiste, um sich dort dem Publikum in einem öffentlichen Lokale zu zeigen. Sein Erscheinen zog hier eine große Menge von Neugierigen an. Seine plötzliche Abreise aus Stuttgart dürfte wohl darin zu suchen sein, daß er, weil er sich vorgestern abend in den Wirtschaften allzuwichtig" gebärdete, vom Stuttgarter Polizei­amt eine Verwarnung erhielt.

Tübingen, 20. Jan. Der 34jährige Mauer Ehr. Hahn von Röthenbach, O/A. Calw, hat am 28. Oktober v. I. den Hirschwirt Wohlgemuth in Röthenbach, der den ungebührlichen Gast aus seiner Wirtschaft entfernt hatte und sich gegen das gewalt­same Eindringen in die Wirtschaft wehrte, mit einem Stiletmesser den Bauch aufgeschlitzt und den Hirsch­wirt so schwer verletzt, daß dieser nach wenigen Tagen im Bezirkskrankenhaus in Calw starb. Hahn wurde gestern vom Schwurgericht wegen Körper­verletzung mit nachgefolgtem Tode zu 5 Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust verurteilt.

Tübingen, 20. Jan. Vor dem Schwurgericht stand gestern die 26jährige Fabrikarbeiterin Rosine Spingler von Lautenbach O/A. Waiblingen, die ein bewegtes und ausschweifendes Leben hinter sich hat. Am 12. Juli 1908 ist sie mit ihrem "/t Jahre alten außerehelichen Kinde von Urach, wo sie in Arbeit stand, nach Reutlingen gefahren und hat es dort im Bahnhofabort getötet und in die Abort­grube geworfen. Die Spingler befand sich längere Zeit in der psychiatischen Klinik, deren Vorstand, Professor Dr. Gaupp, ihr das Zeugnis einer so minderwertigen und geistesschwachen Person aus­stellte, daß sie für ihre Tat kaum verantwortlich gemacht werden könne. Die Geschworenen waren aber der Ansicht, daß sie des Totschlags schuldig zu sprechen sei. Das Gericht erkannte auf zwei Jahre Zuchthaus. Unter dem Publikum befanden sich viele Frauen, die bis in die Abendstunden ausharrten. Das Justizministerum war durch einen Ministerial­rat vertreten.

Ludwigsburg, 20. Jan. Die bürgerlichen Kollegien beschlossen die Beschaffung zweier neuer Automobile für die Verbindung mit dem Heil­bade Hohenech, die von den Daimler-Werken zum Preise von 40000 Mk. geliefert werden. Das 200jährige Stadtjubiläum, das auf dieses Jahr fällt, soll, wie der Oberbürgermeister berichtet, zwar nicht mit großen Festlichkeiten begangen werden, aber auch nicht unbeachtet vorübergehen.

Schwenningen, 20. Jan. Gestern nachmittag spielten auf dem Weg nach Mühlhausen zwei Buben mit einer geladenen Pistole. Diese entlud sich und der Schuß ging dem einen Knaben in das Knie. Der verletzte Knabe mußte zur Operation nach Tübingen verbracht werden.

Vom Oberland. Sehr gedrückt sind Heuer die Holzpreise. Während im vorigen Jahr bis zu 120 "Za des Revierpreises erlöst wurden, wird gegenwärtig nur 7580"/» geboten. Wenn dem­gegenüber vomHällischen" berichtet wurde, daß bei einer kürzlichen Stammholz-Versteigerung im gräflichen Revier Michelbach bis zu 120°/» der Tax­preise erzielt wurde, so dürfte wohl zu beachten sein, daß es sich dabei um Holz von durchweg schönster

Qualität handelte, das mit dort üblichem Uebermaß von 10 bis 15"/» verkauft wurde.

Schramberg, 21. Jan. Von der allgemeinen Geschäftsflauheit werden alle Jndustrieen er­griffen. Die Steingutfabrik von Villeroy u. Boch hat die tägliche Arbeitszeit auf 8 Stunden herab­gesetzt. Sie trägt sich bereits mit dem Gedanken, noch an den Samstagen den Betrieb ruhen zu lassen. Auch in der Schramberger Uhrfournierfabrik ist der Geschäftsgang schlecht; einigen Arbeitern wurde aus Arheitsmangel gekündigt.

Schramberg, 20. Jan. Die Freude überden neuen Stadtschultheiß (Amtmann Paradeis) hat bereits wieder den alten Schramberger Humor zu neuem Leben erweckt. Er kommt in folgenden Knittelversen zum Ausdruck:

Mer hent en neue Stadtschultheiß,

Dem Herrn sei Lob und Preis!

Mer hent bisher e Hüll hier g'hätt.

Jetzt Häm mers Paradeis!

Kus ^taSt» SLZtrir uns An,g«Dung

Infolge der an dem Seminar in Nagold ab­gehaltenen Dienstprüfung sind nachstehende Lehr­amtskandidaten für befähigt zur Versetzung von unständigen Lehrstellen an Volksschulen erklärt worden: Gustav Grub er und Ludwig Meixner von Neuenbürg.

Schwann/20. Jan. (Einges.) Sonntagabend hielt der GesangvereinFrohsinn" seine Abend­unterhaltung ab, welche einen äußerst wohl­gelungenen Verlauf nahm. Der zahlreiche Besuch bewies aufs neue, welch guten Renommees sich der Verein erfreut und wurde sowohl in gesanglicher, als auch in theatralischer Hinsicht wieder ganz vor­treffliches geboten. Der Verein verfügt über eine Sängerschar, welche unter der Leitung ihres tüchtigen Dirigenten Hrn. Lehrer Sindlinger in präziser und kraftvoller Weise einige prächtige Chöre zum Vortrag brachte. Auch einige humoristische Dekla­mationen wurden beifällig ausgenommen. Den Glanz­punkt des Abends bildete jedoch der gemischte Chor Mer sitzet unter Aepfelbäum" von Croner, welcher in ganz vorzüglicher Weise zu Gehör gebracht wurde und stürmischen Beifall fand. Die hierauf an­schließende Gabenverlosung bildete den Schluß.

Calw, 20. Jan. Dem Vernehmen ^nach hat der Gemeindeverband Elektrizitätswerk Calw einen weiteren Kauf von Gebäuden und Grund­stücken vorgenommen, indem er das Wohngebäude des Sägwerkbesitzers Kirchherr auf der Station Teinach um den Preis von 28 000 Mk. erworben hat. Zu dem Kaufobjekt gehören noch etwa 17 Morgen Wiesen. Das erworbene Gebäude soll in der Hauptsache für Wohnungen der Beamten des Vereins bestimmt sein. Die Ausführung des großen Elektrizitätswerkes wird in tatkräftiger Weise be­trieben, gegenwärtig werden durch einen vom Ver­band beauftragten Techniker die notwendigen Pläne ausgearbeitet und es ist Aussicht vorhanden, daß das Elektrizitätswerk bald in Angriff genommen wird. (C. W.)

Altensteig, 21. Jan. Der gestrige Monats­markt war stark besucht und mit Vieh gut befahren, besonders mit Fettvieh und Zugochsen. Ein nord­deutscher Großgrundbesitzer kaufte 42 Paar Ochsen und Zugstiere auf zu annehmbaren Preisen, was dem Handel Leben gab. Der Schweinemarkt war gut befahren mit Läufern und Milchschweinen. Rascher Absatz von sämtlichen Tieren, die zu Markt getrieben waren.

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für die Monate Februar und März

werden nun von allen Postanstalten und Postboten, von der Expedition und von unseren Austrägerinne» entgegengenommen.

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