durch Süddeutschland gewandert. In dem interessanten Bericht über sein Wanderleben, den er in der sozialen Praxis gibt, ist folgende Stelle bemerkenswert, die sich auf die Behandlung der Wandernden seitens der Polizei und der Bevölkerung bezieht; er stellt zunächst fest, daß er am freundlichsten in Hessen und Bayern behandelt wurde; und fährt dann fort: „In Baden und Württemberg konnte man viele Studien machen über alemannische und schwäbische Derbheit." Ich bin noch nie so oft angefahren worden wie in diesen beiden Staaten während meiner Tour. Wenn ich hier einen Bahnbeamten um Auskunft bat mit denselben Worten, mit denen ich es sonst zu tun pflege, konnte ich auf eine sackgrobe Antwort mit Sicherheit rechnen. Kleider machen eben Leute.
Man schreibt der „Franks. Ztg." aus Christiana vom 9. ds. Mts.: In dem Anzeigenteile eines hiesigen Blattes war das folgende Inserat zu lesen: „Jene Dame, mit der ich mich im Laufe des „Studentenballs" verlobt habe, wird höflichst gebeten, ihren Namen und ihre Adresse unter ... an die Expedition ds. Bl. bekannt zu geben." Der neugierige Verlobte war wohl bei dem Anblick seiner Dame so begeistert und hingerissen, daß ihm die Verlobung Hauptsache, Name und Adresse aber völlig gleichgiltig waren.
Ein Diner für 200000 Mark. Aus New- Aork wird berichtet: Die Vorkämpfer der Bestrebungen, die dem übertriebenen Luxus des amerikanischen Gesellschaftslebens entgegenwirkeü wollen, scheinen in der neuen Welt einstweilen keine Erfolge zu erringen. Das Diner, zu dem George Gould und Frau ihre Freunde geladen halten und dessen Zweck die Einführung der jungen Miß Marjorie Gould in die New-Dorker Gesellschaft sein sollte, stellt einen neuen Rekord des höchsten Luxus dar. Eine ganze Etage des Plaza-Hotels, über zwanzig große Speise-, Tanz- und Rauchräume wurden gemietet und allein für die Ausschmückung der Gemächer gegen 60000 Mk. ausgegeben. In den eleganten Räumen wurden große Bäume aufgestellt, in deren grünem Laub die zarte Malvenfarbe Tausender von Orchideen und die leuchtenden Farbentöne unzähliger American Beauty-Rosen aufleuchteten. Umfangreiche, besondere elektrische Leitungen wurden gelegt, um das Licht im Arrangement und der Farbe mit dieser Dekoration abzustimmen, achtzig Kellner standen bereit, die 250 Tafelgäste zu bedienen, und rund 40000 Mk. haben die Wirte äusgegeben, um ihren Gästen in Form von Kotillongeschenken kostbare Spitzenkissen, gestickte Sonnenschirme, Juwelen und Schmuckstücke als Erinnerung an den denkwürdigen Tag zu überreichen. Ein besonderer Walzer der „Marjorie-Walzer", der für diesen Tag komponiert wurde, wurde um Punkt zwölf Uhr von den fünf Orchestern intoniert. Alles in allem betragen die Kosten des Festes über 200000 Mk. In seltsamem Kontrast mit diesem üppigen Luxus steht die junge Dame, deren Einführung in die New-Aorker Gesellschaft mit so reichem Prunk und Glanz zu
„Ja, das heißt, meine Eltern stammen aus Deutschland und sind 1848 ausgewandert. Mein Vater hat als Arzt in Neuyork großen Erfolg und viel Reichtum erworben, weshalb er für Amerika große Vorliebe hegt; mit Genehmigung und auf Wunsch meiner Eltern nahm ich am deutschen Kriege teil. Obwohl ich große Sympathien für Deutschland habe, kehre ich doch nach Amerika zurück. Man kommt dort rascher vorwärts, wenn man tatkräftig ist! Was sagen Sie zu meinem Vorschlag?"
Willms Brust hob und senkte sich in stürmischem, innerem Kampf. „Sie sind sehr gütig, aber ich muß für Ihr Anerbieten danken," sagte er dann. „Die alten Leute haben das größte Anrecht an mein Leben; sie haben sich des armen ausgesetzten Kindes angenommen und sollen im Alter nicht einsam sein!"
Harry war aus dem Lehnstuhl emporgefahren, eine glühende Röte bedeckte sein Antlitz.
„Sie sind nicht der rechte Sohn Ihrer Eltern?" fragte er atemlos.
Auch Willms befand sich in heftigster Erregung.
„Nein! Meine Eltern waren arme Auswanderer, schwäbische Bauern, wie ich jetzt in Erfahrung gebracht, denen ich bei der Ueberfahrt zur Last wurde, und die mich deshalb unbarmherzig zurückließen. Meine Pflegeeltern, die in Hamburg geschäftlich zu tun hatten, entrissen mich der Mißhandlung roher Matrosen und suchten meine Eltern aufzufinden. Allein der „Helios" war bereits ausgelaufen; so nahmen sie mich denn, da mich sonst niemand wollte, an Kindesstatt an und erzogen mich
umgeben müssen glaubten. Die junge Miß Marjorie hatte sich zu dem üppigen Feste ein ganz einfaches weißes Kleid machen lassen, das nur einige diskrete Silberstickereien schmückten, und ihre ganze Erscheinung bot einen merkwürdigen Gegensatz zu ihrer prunkvollen Umgebung. Ihr dunkles Haar war zu einem Knoten zusammengeschürzt, und vergeblich suchte man an der Millionärstochter ein einziges Schmuckstück, eine Brosche, eine Nadel, Ohrringe, Armbänder und dergleichen. So wurde sie unbewußt zur stummen Kritik des glänzenden Aufwandes um sie her.
Ein Manko der Frauen. Der es herausgefunden hat, ist der alte Peter Rosegger, und was er damit meint, das erzählt er in seinem „Heimgarten" in folgender ergötzlicher Weise: „Die Frauen haben einen Hut, der freilich keiner ist und der als Fremdkörper auf dem Kopf überflüssig ist. Dafür haben sie keinen Sack. Es ist eigentlich unglaublich. Mit allen denkbaren Dingen sind ihre Kleider ausgestattet, aber sie haben keinen Sack. Wenn sie auf den Markt einkaufen gehen, so müssen sie das Geld in der Hand vor sich hintragen oder in einem Ledertäschchen oder Körbchen, das sie natürlich alle Augenblicke verlieren. Ich habe im Gewand, das mir am Leibe sitzt, nicht weniger als dreizehn Taschen: in der Hose zwei, in der Weste drei, im Rock fünf und im Ueberrock drei. Und ich brauche alle. Die Sachen, die ein Mensch stets bei sich tragen muß, sind in den Säcken so verteilt, daß sie nirgends nach außen einen Knoten zeigen. Es geht ganz gut. Und bei den Frauen soll es nicht gehen, da, — sagt die Schneiderin, ließe sich nirgends ein Sack anbringen, nicht einmal im faltigen Kittel. Und es soll immer so gewesen sein. Zur Zeit der Krinoline — wie viel Raum zwischen Kleid und Körper, aber für den Sack war keiner. Dann kam was ans Frauengewand, das stand wie ein Kamelrücken hinten hinaus, ganz kolossal, ein Dutzend Taschen hätten drin Platz gehabt — in der Tat war nicht ein einziger Sack vorhanden. Auch die Bäuerinnen sind nicht glücklicher. Erst wenn sie alte Weiber sind, legen sie sich zwei Kittelsäcke zu, in denen sie ihre Notwendigkeiten ganz bequem herumtragen. Das junge Bauernweib steckt auf dem Kirchgang sein Geldtäschchen hinter dem Mieder in den Busen hinab. Taschentuch und Gebetbuch trägt es in beiden Händen vor sich her. In der Taffetschürze haben manche zwei Taschen eingenäht, aber die sind so klein, daß gar nichts darin Platz hat, als etwa ein Fingerhut, und den tun sie auch nicht hinein. Ich bediene mich nicht gern weiblicher Personen zu Botengeherinnen; die müssen alles so in der Hand tragen oder im Ledertäschchen und dann der Jammer, wenn sie was verlieren oder ihnen das Täschchen von einem Galgenstrick abgezwickt wird. Und was den Haushalt angeht: Wer keinen Sack hat, der sammelt nicht, der zerstreut. Aber die Frauen sagen, sie könnten nichts dafür, die Schneiderin mache ihnen die Säcke einfach nicht ins Gewand, die sage, sie sei keine Säcklerin, sie sei Kleiderarm, einfach, aber rechtlich. Es sind brave Menschen, ich will ihnen ein braver Sohn sein!"
Harry gab keine Antwort; er hielt das Gesicht seitwärts, um sich zu beherrschen. War das nicht sichtbar Gottes Fügung? Der Bruder hatte den Bruder auf dem Schlachtfeld gefunden!
Willms trat ihm herzlich näher.
„Ich weiß. Sie meinen es gut, allein mit Undank lohnt nur ein Schlechter.
Harry legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Wenn aber da drüben einer armen Mutter fast das Herz gebrochen wäre aus Kummer über den Verlust ihres lieben Zwillingsknaben? Wenn der Vater kein Mittel unversucht gelassen, um wieder in den Besitz seines Kindes zu gelangen, und wenn der andere Bruder über das Meer gekommen ist, um seinen Bruder zu suchen und Gott die langjährigen Gebete erhört und die Brüder zusammengeführt, würdest du dann noch widerstehen?"
Willms erwiderte nichts, aber er ließ sich willenlos an Harrys Brust ziehen, dem die hel^n Tränen über die bleichen. Wangen liefen.
Lange hielten sie sich wortlos umarmt, einer immer wieder dem andern ins Auge schauend, einer immer wieder den andern ans Herz ziehend.
„Nun kommt auch der Vater hierher," sagte Harry freudig. „Wir werden eine Familie bilden, und du kannst deine Pflegeeltern unterstützen."
Willms fügte sich in allem den Anordnungen des ernsten, gebildeten Bruders, der ihn die geistige Ueberlegenheit gar nicht fühlen ließ und gegen den Wiedergefundenen nur Liebe und Herzlichkeit war.
Redaktion Nrslsx sme L- Msstz k«
macherin und habe nur darauf zu achten, daß die Robe gut steht. Ich hatte einmal einen Schneider, der wollte mir in den Rock keine inwendige Tasche machen; ich tüte doch nur ein großes Buch hineinstecken und das verschandle den schönen Rock. Gut. Ich begegne nachher meinem Schneider öfter und tu' nichts dergleichen. Und als er einmal darauf anspielte, daß die Kunden nicht mehr Rechnungen begleichen wollten, meine Antwort: „Das glaube ich. Auch ich kann den Anzug nicht zahlen, weil ich kein Geld bei mir habe. Ich habe nämlich keinen Sack, um die Brieftasche einzustecken." Das hat er verstanden und mir nachträglich den Sack in den Rock genäht. Eine Dame, die ich in diese Klageschrift eingeweiht, behauptet, ich täte wie alle Herren in solchen Dingen stark übertreiben; sie behauptet, auch in Frauenkleidern gebe es Taschen. Es wird am Ende doch so sein. Wie könnten die Frauen uns Männer in den Sack stecken, wenn sie keinen hätten?"
fAus dem Spital.) Arzt (zum Patienten): „Aber, mein Lieber, wie kommen Sie dazu, den Gipsverband wieder wegzureißen?" — Patient: „Ja, schauen S', Herr Doktor, der Fuß hat mich g'rad an der Stelle so fürchterlich gejuckt, und da Hab' ich halt nachschau'n wollen, ob Sie mir nicht 'n Floh mit hineingegipst haben!"
Zahlen.Rittsel.
12345678 3 bekannter Philosoph.
2 13 5 spanischer Mädchenname.
3 6 6 3 1 deutsche Industriestadt.
4 2 6 7 8 Möbelstück.
5 2 11 Metall.
6 3 2 1 3 Fluß in Frankreich.
7 8 2 1 3 6 3 Asiat.
8 3 6 6 3 1 deutsches Land.
3 14 3 schmackhafter Vogel.
Auflösung des Buchstaben-Rätsels iu Nr. 10. Falter, Falte, Alter.
Richtig gelöst von Karl Jauch, Metzger, in Höfen.
Anzeige« - -m »°ch «»-h« >»
2—2 _L_ finden — längstens morgens 8
Uhr aufgegeben werden.
ALS - Größere Anzeige« mittags zur,,» (nicht erst abends.)
Literarisches.
Das Reisebureau „Adlerflüge" versendet soeben seinen Prospekt für 1309. Neben den bereits bestens bekannten billigen Reisen für einfache Ansprüche enthält derselbe diesmal noch einige Sonderfahrten auf größere Ent- sernungen, ferner nützliche Winke sür Reisekleidung und die Beschreibung der in vorigem Frühjahr ausgeführtcn Reise nach Venedig. Zahlreiche Anerkennungen von Vereinen und Teilnehmern sind dem Prospekt beigesügt. Reflektanten erhalten denselben kostenlos vom Reisebureau „Adlerflüge" München, Theatinerstraße 23, oder dessen Agenten.
Dr. Schmidt löste seine berufs- und gesellschaftlichen Verbindungen und überließ einer jüngeren, aufstrebenden Kraft seine große Praxis, um so lieber, als sein Nachfolger ein Deutscher war und mit allen Fährlichkeiten der Existenz gerungen hatte, Er selbst kaufte sich am Rhein an, wo er als Privatmann lebt, geliebt und geehrt, umgeben von einem großen Bekanntenkreise. Seine Gattin blühte wieder frisch auf, sie kennt kein höheres Glück als ihre Söhne. Harry, oder Heinrich, wie wir ihn nun deutsch nennen wollen, hat sich dem Staate gewidmet und steigt von Stufe zu Stufe, seine Geistesgaben haben sich glänzend entfaltet. Willms oder Wilhelm, wie ihn die Eltern nennen, hat sich ein Kauffartei- geschäst gegründet, das sich des besten Wohlbestandes erfreut. Seinen Pflegeeltern war er ein dankbarer Sohn, der ihnen die Sorgen des Alters ferne hielt. Jngeborg Jürgens ist seine treue Hausgenossin. Als ihr Vater unerwartet starb, nahm sich Frau Dr. Schmidt des gänzlich verwaisten Mädchens an und wurde ihm eine liebevolle Mutter. Das herzliche Verhältnis zu Wilhelm gestaltete sich noch inniger, so wurden die beiden zur höchsten Freude der Familie ein glückliches Paar. Heinrich ist unvermählt geblieben; mit seiner ganzen Kraft dient er dem Vaterlande, das ihn mit einem hohen Posten betraut hat.
„An's Vaterland, an's treue, schließ dich an.
Das halte fest mit deinem ganzen Herzen.
Dort in der fremden Welt bis du allein.
Ein schwaches Rohr, das jeder Sturm zerknickt!"