WürltembLrg.

Friedrichshafen, 12. Novbr. Ueber die weitere Entwicklung des Luftschiffunternehmens äußerte sich Baron v. Gemmingen dahin, daß zur Uebernahme des Luftschiffes durch das Reich eine Abteilung des Luftschifferbataillions hier stationiert werden würde, die von den erfahrenen Ingenieuren Zeppelins in die Einzelheiten der schwierigen Navigation des Luftschiffes eingeweiht werden müßte. Das sei aber nur alles Sache des Reiches, das mit dem Grafen Zeppelin über diese Angelegenheit eine Verständigung herbeiführen werde. Was den Bau weiterer Luftschiffe anbetrifft, so würden in erster Linie die Wünsche des Reichs und erst in zweiter Linie Privataufträge Berücksichtigung finden. Man dürfe aber auch die sich in den Weg stellenden Schwierigkeiten nicht unterschätzen. Ein rößtmöglichste Sicherheit gewährleistender Luftschiff­etrieb beruhe auf zwei wichtigen Voraussetzungen: einmal müsse die sich in den Vordergrund drängende Frage der Erstellung von allen Anforderungen ge­nügenden Luftschiffhallen einer praktischen Lösung entgegengeführt werden, und dann sei die Beschaffung eines zuverlässigen und eingeschulten Personals eine unbedingte Notwendigkeit. Man werde nicht umhin können, den Gedanken der Errichtung von aero­nautischen Navigationsschulen für die spätere Zeit in die Tat umzusetzen.

Tuttlingen, 12. Novbr. Gestern vormittag wurden, wie bereits angekündigt, 500 Ztr. Vieh­salz bei Friedingen in die Donau versenkt, um dadurch zu beweisen, daß das Donauwaffer in der Aachquelle wieder zutage tritt. Zugegen waren als württembergische Kommissare Professor Dr. Endriß, Bauinspektor Konz, Inspektor Bareiß, von badischer Seite Professor Dr. Rupp und Bauinspektor Kienzler, die bereits vorgestern einen neuen Färbungsversuch mit Fluoreszin vorgenommen hatten. Auf den Aus­gang des Salzungsversuches ist man sehr gespannt. Die Kommission hat sich nach Engen begeben, um heute das Resultat der Versenkung festzustellen.

Der Vorstand der Handwerkskammer Reut­lingen hielt am 3. ds. Mts. eine außerordentliche Sitzung ab, in der u. a. befürwortende Aeußerung zu zwei Gesuchen um Einrichtung staatlich unterstützter Lehrlingswerkstätten abgegeben wurde. Zur Herbeiführung einer besseren Kontrolle über die zur staatlichen Lehrlingsarbeiten-Ausstellung kommenden Arbeiten stimmte die Kammer einer Aenderung der bestehenden Bestimmungen dahin zu, daß zu der Ausstellung künftig in der Regel nur noch Stücke zugelassen werden sollen, welche in fremder Werk- stälte, nicht in der des Lehrherrn, angefertigt werden. Die etwaige Ausstattung der staatlichen Hufbeschlag­prüfung und der Prüfungen an der K. Baugewerke­schule mit besonderen Befugnissen bezüglich der Anleitung von Lehrlingen oder der zur Führung des Meistertitels, bildete einen weiteren Verhand­lungsgegenstand. Dabei wünschte die Kammer, daß der Hufbeschlagprüfung weitere Rechte nicht verliehen, dagegen versucht werden solle, den Kandidaten die Ablegung der Hufbeschlagprüfung, sowohl als der Meisterprüfung zu gleicher Zeit zu ermöglichen. Die Frage der Anleitung von Lehrlingen durch Frauens­personen wie Nähterinnen, Schneiderinnen, Putz­macherinnen, Friseusen wurde zurückgestellt. Ueber eine Umfrage bezüglich einer etwa drohenden er­höhten Arbeitslosigkeit im kommenden Winter und über die dagegen zu ergreifenden Maßnahmen berichtete der Sekretär. Eine eigentliche Arbeits­losigkeit konnte nicht festgestellt werden, auch war es nicht möglich, Betriebe oder Arbeitsgelegenheiten zur Unterbringung etwaiger Arbeitsloser zu bezeichnen. Schließlich befaßte sich der Vorstand mit der Frage der Heraufsetzung der Pfändbarkeitsgrenze des Dienst­einkommens von Privatangestellten und Arbeitern Fisher 1500 Er konnte zwar nicht eine Er­höhung dieser Grenze befürworten, präzisierte seine Stellungnahme aber dahin, daß nicht der ganze überschießende Betrag des Diensteinkommens wie bisher, vielmehr nur die Hälfte davon der Pfändung unterliegen solle. Eine derartige Regelung sei gleicher­weise im Interesse des Gläubigers wie des Schuldners gelegen.

Schwäbisch-Hall, 10. Nov. Unsere Stadt wird neben dem bereits bestehenden Gaswerk noch im Laufe dieses Jahres die Annehmlichkeiten eines Elektrizitätswerkes erfahren. Eine in nächster Nähe von Hall liegende Wasserkraftanlage wurde für die Erzeugung der elektrischen Kraft nutzbar gemacht und durch eine entsprechende Dampfkrast ergänzt. Die Anmeldungen zum Bezug von elek­trischer Kraft und Licht sind schon gleich am Anfang so rege eingelaufen, daß das Werk schon in Kürze

weitere Vergrößerungen erfahren muß. Speziell die besseren Geschäftshäuser, insbesonders aber die Hotels, Kurhäuser und Fremdenpensionen sind die Haupt­abnehmer des elektrischen Lichts. Die Projektierung, Lieferung und Gesamtausführung der elektrischen Zentralanlage, sowie die Errichtung der Beleuch- tungs- und Motoranlage liegt in den Händen der Firma Wilh. Reißer, Milhelmsplatz, Stuttgart, die mit der Fertigstellung dieses Werkes in den letzten 3 Jahren 23 Elektrizitätswerke für Städte und Gemeinden im Oberamtsbezirk Hall zur Aus­führung gebracht hat; gewiß ein glänzendes Zeugnis an Leistungsfähigkeit unserer heimischen Industrie.

Die Teufelsuhr.

Original «Detektiv-Novelle von Paul Loos.

12) -(Nachdruck verboten.)

Darf ich Ihnen eine gute Zigarre anbieten? Das ganze Mille kostet nur fünf Finger und einen Griff .... Bitte, machen Sie es sich bequem. Leider ist es hier mit der Bedienung etwas schlecht bestellt, aber passen Sie nur auf, gleich kommt der Oberkellner. ... So setzen Sie sich doch, wo Platz ist. Sie möchten wohl wissen, was hier eigent­lich los ist? Ich wills Ihnen der Reihe nach er­zählen. Hier ist Feuer für die Zigarre, mein lieber Herr! Sie ist leider etwas feucht, aber Qualität extra I Meine Importen sind noch nicht eingetroffen, müssen aber bald kommen. Sehen Sie, da hinten kommt mein Ober!" Er zeigte nach vorn. Durch die Lücken sahen die Detektivs, daß drüben hinter einer ähnlichen Barrikade in einer Entfernung von 10 Metern eine fragwürdig gekleidete Gestalt her­vorschaute.

Kramer schob seinen Revolver durch einen Spalt. Einen Augenblick, mein Herr, gleich werden Sie bedient!" Zugleich knallte der Schuß, der im engen Raume wie ein Donnerschlag dröhnte. Die Gestalt war verschwunden.

Seelenruhig legte Kramer die Waffe weg und griff zu seiner Zigarre.Natürlich habe ich drüber weg geschossen. Ich will mir doch keine Schwierig­keiten mit der Polizei machen! Aber ich wollte ja erzählen. Wie gesagt, ich stieg durch die Teufels­uhr herunter. Ueber die Oeffnung hatte ich quer einen Knüttel gelegt und eine Kette daran festge­macht. Als ich noch zwei Fuß vom Boden entfernt war, brach er durch. Das wäre nun weiter nicht schlimm gewesen, aber er muß an irgend eine Vor­richtung gerührt haben und die Platte fiel zu. Nun versuchte ich an den alten Eisen heraufzuklettern, und das ging ganz gut, denn sie sind nicht im min­desten mehr scharf. Aber die Platte bekam ich nicht hoch. Sie ist zu schwer und mir fehlte ein richtiger Halt. Da saß ich eben fest. Ich ging nun hinunter bis an das neue Eisengitter und schlug dort nach Kräften Lärm. Es half aber alles nichts, denn das Wasser bildet nachher einen Fall von einigen Meter Tiefe, der alles andere Geräusch durch sein Rauschen übertönt. Da war nichts zu machen. Ich schonte meine Lunge und ging zurück. Dieser Gang, in dem wir sind, war mir ausgefallen. Es war ja immer möglich, daß er irgendwo zum Tages­licht führte. Ich schlug ihn also ein. Da finde ich hier oben ein ganzes Magazin, auch Lebensmittel und Waffen. Was hier vor sich ging, zeigte mir der Blick auf die kleine Prägemaschine. Auch eine große elektrische Batterie ist da, die zum galvanischen Vergolden der Falschstücke dienen sollte. Als ich noch so nachdenklich die Sachen betrachtete, taucht vor mir ein Kerl mit einer Laterne auf, der über meinen Anblick furchtbar erschrocken ist. Er sah so abgerissen ab, daß ich gleich einen der Revolver er­griff, die so wundervoll handgerecht in dem Kistchen lagen. Er fragte, wer ich sei und ich stellte die Gegenfrage. Da meinte er, ich sei durch Zufall lebend hereingekommen, würde aber nicht lebend herauskommen. Meine Antwort war ein Schuß in die Luft, und er verduftete. Unter diesen Um­ständen hielt ich es für geraten, den Eingang zu sperren, denn hinaus konnte ich ja nicht, und sicher würde bald nach mir gesucht werden.. Habe ich es mir hier nicht prächtig eingerichtet? Von Zeit zu Zeit erkundigen sich die Leutchen nach meinem Be­finden und ich schicke ihnen eine bleierne Ansichts­karte. Da wird die Zeit nicht so lang."

Wieviel Personen sind es?" warf Stracke ein.

Drei Kerle und ein weibliches Wesen. Die haben die Gegend vorher ganz genau untersucht und halten es für unmöglich, daß ihnen jemand in den Rücken fällt. Sie waren sogar schon in der Folter­kammer. Tatsächlich! Die kennen die Teufelsuhr und alles sonstige so gut wie ich. Eben deshalb besorgen sie auch kein Eindringen von Fremden,

Redaktion, Demk srck Verlag so« L« Mseh k- NessschArg,

denn diese ganzen Sachen sind doch völlig unbekannt. Wie ich hereingekommen bin, wird ihnen wohl Kopfzerbrechen machen, aber sie finden sich eben mit den Tatsachen ab und denken nicht, daß jemals ein Zweiter folgen wird. Sie sind ja noch unbemerkt geblieben. Einen Zeugen können sie natürlich nicht bei ihrer Falschmünzerei gebrauchen, und deshalb wenden sie alles an, um mich stumm zu machen. Gestern zündeten sie sogar ein kleines Feuerchen an, um mich auszuräuchern. Es half ihnen aber nichts, denn es hatte keinen Zug und der Rauch ging nach allen Seiten. Das konnten sie sich eigentlich vorher sagen. Wie das die Kerls wohl ärgert, daß ich hier auf ihrer Decke liege, ihre eigenen Zigarren rauche und ihnen die eigenen Kugeln über die Köpfe schieße! .Sie haben allerdings auch einen Revolver, sparen aber die Patronen; es mögen wohl nicht viel da sein. Sicher haben sie schon einen Plan und vielleicht haben sie einen weggeschickt, der irgend etwas holen soll und warten auf dessen Rückkehr. Die würden nicht zögern, Dynamit anzuwenden, wenn sie solches hätten und nicht gleich das Ganze ein­stürzte. Aufpaffen müssen wir immer."

Was haben Sie denn in der ganzen Zeit ge­macht, Herr Kramer?"

Sehr einfach. Zunächst habe ich für Licht ge­sorgt. Ein paar kleine Glühlampen waren da, da­von habe ich eine passende Birne mit der Batterie verbunden. Dann habe ich mir Notizen zu meinem Buche:Mittelalterliche Strufwerkzeuge" gemacht. Außerdem geschlafen und geraucht. Und zur Ab­wechslung Scheibe geschossen."

Hatten Sie gar keine ... gar keine Besorgnisse?"

Wüßte nicht. Weshalb auch? Es ist hier so­weit ganz gemütlich und man würde doch bald nach mir suchen. Dazu kann man hier ungestört arbeiten. Selten ist mir eine Arbeit so fließend von der Hand gegangen, wie diese hier. Die einzige Sorge, die ich hatte, war, daß mir das Papier zu früh zu Ende gehen würde."

Diese Worte zeichneten den Charakter Kramers in trefflicher Weise. Von dem Tode Schröders wurde vorläufig noch nicht gesprochen. Das würde er ja immer noch erfahren.

Man hielt Rat über das, was weiter zu tun sei. Es mußte eben Hilfe geholt werden.

Wie die Sachen liegen, ist das ganz einfach. Einer der Herren geht zum Kalkwerk, sägt mit der E'sensäge und Feile hier das Gitter durch und holt Arbeiter. Die werden sich es nicht zweimal sagen lassen, sondern mit dem größten Vergnügen bereit sein, die Feste zu stürmen, umsomehr, als fast gar keine Gefahr dabei ist. Dann möchte ich noch auf eins aufmerksam machen: der Gang hat oben einen Eingang. Der muß auch gesperrt werden, daß wir die ganze Bande fangen, denn ich denke, sie wird irgendwo unter der Erde Hausen. Nur ist die Frage, ob der Eingang bekannt ist. Ich glaube kaum."

Eine Frage: Wie sind dann die Diebe hier hereingekommen?"

Selbstverständlich durch den Gang."

Aber der hatte doch ein Gitter!"

Na, das haben sie eben vorsichtig losgemacht und wieder befestigt, denn unter Falschmünzern kann man doch gelernte Schlosser suchen. Das ist gar nicht bemerkt worden, jedenfalls waren es auch keine Fachleute, die das alte Gitter abriffen. Ein Fach­mann würde immer etwas gemerkt haben. Seit aber das neue Gitter da ist, sind sie hier geblieben. Sie wollten sich wohl nicht unnötig auffällig machen und hatten ja auch Metall genug; obendrein konnten sie auch gar nicht hin, denn ich lag ihnen ja mit meiner Barrikade im Wege."

Stracke war zu gehen bereit. Es war ja voraus­zusehen, daß der Ueberbringer der Botschaft im Kalkwerk nicht geringes Erstaunen Hervorrufen und nicht geringe Anerkennung ernten werde. Weil be­neidete seinen Genossen im Stillen, aber als der jüngere überließ er ihm die Ehre. Der Detektiv nahm eine Eisensäge und sonstiges Handwerkszeug mit.

Wissen Sie auch, weshalb man nie so neu­gierig war, den Gang einmal vom Kalkwerk aus zu untersuchen?" fragte Kramer, als er mit Weil allein war.Ich will es Ihnen sagen. Die Leute glauben nämlich, daß in dem Gange Gespenster um­gehen. Sie werden wohl nicht davon gehört haben. Aber ich habe es bei meinen eingehenden Erkundig­ungen erfahren. Deswegen waren die Falschmünzer auch sicher, nicht belästigt zu werden, und deshalb hat man nach dem Diebstahl den Gang und das Gitter nie ordentlich untersucht. Und das ist wieder ein Beweis, daß jede, wirklich jede Sage, und mag sie noch so abgeschmackt sein, ein Körnchen Wahrheit enthält.

Fortsetzung folgt.