die diplomatischen Verhandlungen mit den amtlichen Stellen unverzüglich ausgenommen. Bei seinem ersten Besuch beim österreichisch-ungarischen Bot­schafter v. SzöAyeny entwickelte er in lebhafter Unterhaltung diesem das Programm, das die russische Regierung für die Balkankonferenz ausgearbeitet hat und versuchte von ihm nähere Erklärungen über den Standpunkt Oesterreich-Ungarns zu erhalten. Herr v. Szögyeny ging aus seiner Reserve aber nicht heraus; er hob in seiner Erwiderung gleich hervor, daß er eine bindende Antwort für seine Regierung nicht geben könne, zumal er von dieser für die heutige Besprechung ohne jede bestimmte Order gelassen wäre. Er versicherte aber, daß Oesterreich in der Balkan-Politik mit Deutschland zusammengehen würde. Die endgültigen Entscheidungen hingen da­her erst von der gemeinsamen Beschlußfassung des Berliner und des Wiener Kabinetts ab. Darauf stattete Hr. v. Jswolski dem Staatssekretär v. Schön im Auswärtigen Amt seinen Besuch ab. Jswolski und Schön sind bekanntlich von St. Petersburg her persönlich befreundet. Das Gespräch hielt sich in den engen Grenzen der Balkan-Politik. Jswolski hatte zumeist das Wort und entwickelte Hrn. v. Schön gegenüber in knappen Zügen das Konferenzprogramm seiner Regierung. Später empfing der Reichskanzler Fürst Bülow Hrn. v. Jswolski in seinem Palais. Die Unterredung zog sich stundenlang hin, obwohl sie über den Rahmen einer Vorbesprechung nicht hinausging und noch weitere persönliche Verhand­lungen für morgen und übermorgen angesetzt sind. Das Ergebnis wird erst nach der letzten Beratung festgestellt werden. Dessen ungeachtet wird die deutsche Balkanpolitik in ihrem Endziel in keiner Weise beeinflußt werden können; ihre Grenzen sind durch das österreichische Bündnis von selbst gegeben. Wien und Berlin werden in der Balkan-, also auch in der Konferenzfrage gemeinsam vorgehen. Die Entscheidung Wiens wird aber erst in dem Augen­blick fallen, wenn das Ergebnis der gegenwärtigen Verhandlungen mit der Türkei feststeht. Durch die englischen Quertreibereien sind diese allerdings heute auf einem toten Punkt angelangt. Die Wiener diplomatischen Kreise hoffen aber, daß sich ein neues Moment für ihre Wiederaufnahme finden wird. Möglich ist, daß die Türkei nach dem Ergebnis der Berliner Reise Jswolskis ihre weiteren Entschei­dungen trifft.

Wien, 24. Okt. Angesichts der Einstellung der Verhandlungen zwischen Oesterreich und der Tür­kei herrscht große Entrüstung über das Vorgehen Englands. Der unmittelbare Anlaß der Einstellung der Verhandlungen war ein Besuch des englischen Botschafters bei der Pforte. England wollte fühlen lassen, daß eine Verständigung über seinen Kopf hinweg nicht möglich sei. Dagegen wird hier auf die unbedingte Notwendigkeit einer Verständigung vor der Konferenz hingewiesen.

Linz, 24. Okt. Hier wurde ein von Bayern eingetroffenes Schiff angehalten, in dem sich fünf Geschütze mit Munition für Serbien befanden. Geschütze und Munition wurde beschlagnahmt.

Berlin, 24. Okt. Im Reichsschatzamt werden

Die Teufeisuhr.

Original-Detektiv-Novelle von Paul Loos.

2) - (Nachdruck verboten.)

Dr. Richmann rückte eine Weile unruhig auf seinem Stuhle hin und her. Schließlich raffte er sich gewaltsam zu einem Entschlüsse auf und sagte: Na, dann sollen Sie's erfahren. Es bleibt ja unter uns, nicht wahr? Also Kramer war ein derartig leidenschaftlicher Sammler, daß er, wenn er es sich in den Kopf gesetzt hatte, etwas zu er­werben, und auf Widerstand stieß, zu jedem Mittel griff. Sonst war er ein vollkommener Ehrenmann, aber, wenn die Sammelwut über ihn kam, dann verlor er alle Unterscheidung zwischen Gut und Böse, zwischen Mein und Dein."

Stracke nickte.Ich verstehe vollkommen."

Halblaut fuhr der Besucher fort:Schon ein­mal hat er einen Streich ausgeführt, der hart an Einbruch grenzte. . . Es ist ja schließlich möglich, daß er etwas ähnliches ausgeführt hat, und daß da­mit sein Verschwinden oder absichtliches Verbergen in Beziehung steht. Deswegen kam ich zu Ihnen. Weiter, damit Sie alles wissen: es ist eine Dame aus Belgien eingetroffen, die ihn zu seinem Geburtstage überraschen wollte. Welcher Art seine Beziehungen zu ihr sind, ist unbekannt. Sie wohnt in L. in einem Hotel und gebärdet sich sehr aufge­regt. Ein Grund mehr, die Sache rasch zu erledigen. Es wird sonst bald geschwätzt werden."

gegenwärtig Berechnungen darüber angestellt, wie groß sich der Ausfall für die Eisenbahnen bei einer gänzlichen Beseitigung der Fahrkartensteuer be­laufen werde. Der Eisenbahnfiskus nimmt an, er würde bei einer gänzlichen Abschaffung der Fahr­kartensteuer besser davon kommen, als bei einer Reform, so daß man wohl zu dem ursprünglichen Plane zurückkehren und die Fahrkartensteuer ganz beseitigen wird.

Berlin, 24. Okt. Professor Gustav Schmoll er, ein geborener Heilbronner, ist in den erblichen Adelstand erhoben worden.

Hannover, 24. Okt. Ein neues Luftschiff ist von dem hiesigen Ingenieur Gustav Unger konstruiert worden. Unger gibt dem Luftballon einen vollständigen Schiffstip und teilt den Schiffs­körper in Kammern ein, die große Stabilität und Elastizität gewährleisten. Als Material verwendet Unger Spezialstahl von hoher Festigkeit und Leich­tigkeit, so daß das Luftschiff eher leichter als schwerer als Aluminium ist. Am Heck sind, ähnlich wie bei einem Schiff, Schrauben angebracht.

Augsburg, 24. Okt. Vergangene Nacht stieß der Eilzug 89 bei der Station Hochzoll bei Augs­burg auf den Güterzug 2337. Dabei wurden der Oberingenieur Fr. Probst aus München und der Kaufmann Böttger aus Frankfurt a. M. ge­tötet und 11 Reisende, sowie der Schaffner des Eilzuges schwer verletzt. Die Ursache des Un­glücks liegt in vorzeitiger Deblockierung, d. h. es war das Signal zur freien Fahrt gegeben, bevor der Güterzug aus der Station Hochzoll gefahren war.

München, 23. Okt. In den Restaurants der Ausstellung München 1908" sind, derFranks. Ztg." zufolge, große Diebstähle ausgeführt worden. Sil­berne Löffel, Gabeln, Messer, Tischdecken, Wein­gläser usw. sind in großen Mengen verschwunden. Unter anderem wurde eine Frau verhaftet, die den besseren Ständen" angehört. Der Hauptrestaurateur Feilbach muß allein etwa 12 000 ^ dem Wirt­schaftsausschuß Ersatz leisten.

Vom Rhein, 17. Okt. Holz-Wochenbericht. Der Eingang von Aufträgen auf geschnittene Kant­hölzer bei den Sägewerken ließ weiter sehr viel zu wünschen übrig; nur ein kleiner Teil der Schwarz­wälder Betriebe hatte überhaupt Beschäftigung. Letzthin wurden für mit üblicher Waldkante ge­schnittene Tannen- und Fichtenkanthölzer in regel­mäßigen Abmessungen 373940 Mk. das Festm. frei Eisenbahnwagen Mannheim erlöst. Der Handel mit süddeutschen rauhen Brettern hatte gleichfalls einen schwachen Umfang. Das Baugewerbe bekundet weiter nur mäßigen Bedarf. Soweit man bis jetzt beurteilen kann, ist im Rundholzeinkauf keine große Kauflust zu erwarten. Auf jeden Fall dürfte der Markt für die großen zum Angebot gelangenden Mengen nicht ganz aufnahmefähig sein. Bemerkens­wert ist immerhin, daß bei jüngsten Rundholzver­käufen (Nadelholz) in Württemberg die forstamtlichen Einschätzungen bis zu 15°/o überschritten wurden. Die bisher abgehaltenen Versteigerungen können aber auch nicht als Maßstab betrachtet werden zur Beur- ! teilung der Aufnahmefähigkeit des Marktes, weil es

sich dabei meistens um Mengen handelte, die für einen kleinen Kreis von Interessenten berechnet waren. Den Ausschlag werden die Verkäufe geben, bei denen die gesamte süddeutsche Jnteressentenwelt zusammen­kommt, wie die demnächst in der Oberpfalz vor sich gehenden Nadellangholzverstriche, bei denen Mengen von weit über 100 000 Festm. an den Markt kommen. Der Verkehr an den oberrheinischen Rundholzmärkten blieb weiter ruhig. Die Vorräte erscheinen immerhin ziemlich umfassend im Hinblick auf den schwachen Bedarf.

New-Aork, 21. Okt. Präsident Roosevelt hat, wie die Blätter melden, einen Vertrag abge­schlossen, kraft dessen er nach seinem Rücktritt als Präsident Redakteur wird, und zwar Mitarbeiter desOutlook". Die ZeitungOutlook" beschäftigt sich in erster Linie mit Politik. Der Dienst im Stabe dieses Blattes beginnt für den Präsidenten in dem Augenblick, wo seine Präsidentschaft aufhört. Roosevelt hat sich außerdem vertraglich verpflichtet, ein Buch über seine Reisen in Afrika zu schreiben. Die Tätigkeit des Präsidenten an der Zeitung Outlook" wird darin bestehen, daß er ihr von Afrika und Europa aus periodisch Briefe liefert. Nach seiner Rückkehr von der Reise wird er sodann mit dem augenblicklichen Chefredakteur Dr. Abbot zusammen endgültig die Redaktion des Blattes über­nehmen. Wie hoch sein Gehalt sein wird, ist noch nicht bekannt, es verlautet jedoch, daß es die Höhe von 100000 Mk. jährlich haben wird. Damit wäre Roosevelt noch nicht der bestbezahlte Redakteur der Vereinigten Staaten. In dieser angenehmen Lage befindet sich Hr. Artur Brisbane, die rechte Hand des bekannten Hrn. Hearst.

New-Aork, 24. Okt. Nach einer aus New- Orleans hier eingetroffenen Meldung hat ein Orkan vor kurzem mehrere Orte am Rio Grande und am Prinzapolca in Nicaragua zerstört. Man befürchtet einen großen Verlust an Menschenleben.

Württemberg.

Seine Majestät der König hat den Vor­stand der Zentralstelle für die Landwirtschaft, Staatsrat Frhrn. v. O w, seinem Ansuchen gemäß in den Ruhestand versetzt und ihm den Stern zum Kommenturkreuz des Ordens der württ. Krone verliehen.

Zur Reform des Krankenversicherungs­gesetzes. Zu der am 23. Okt. 1908 im Reichs­amt des Innern in Berlin stattfindenden Besprech­ung von Wünschen für die Abänderung des Kranken­versicherungsgesetzes sind auf Vorschlag des Württ. Krankenkassenverbands vom K. Ministerium des Innern eingeladen worden als Vertreter der Arbeit­geber Emil Fritz in Göppingen, Vorstandsvor­sitzender der dortigen Ortskrankenkasse, als Vertreter der Versicherten Richard Würz, Graveur und Ge­meinderat, Vorstandsvorsitzender der Allgemeinen Ortskrankenkasse und des Ortskrankenkassenverbands Stuttgart.

Stuttgart, 25. Okt. Aus dem ganzen Lande liegen Nachrichten über den plötzlichen Wettersturz vor, der sich gestern abend vollzogen hat. Die

Das ist sicher jetzt schon der Fall. Also ^ bleiben drei Möglichkeiten, Unfall, Verbrechen ! und freiwillige Flucht. Als vierte käme noch die l Annahme einer harmlosen Erklärung hinzu."

Hoffen wir, daß sich die letztere als richtig er­weisen wird. Wollen Sie den Fall übernehmen? Wir werden ihre Bemühungen reich belohnen, und auch von Kramer selbst können Sie etwas erwarten; seine Sammlungen haben allein einen Wert von einer Viertelmillion.

Beide einigten sich rasch. Dann gab der Bibli­othekar noch eine eingehende Charakterschilderung seines Freundes. Kramer war eine recht sympathische Persönlichkeit und von starker Willenskraft und Zähigkeit beim Lösen seiner Aufgaben erfüllt. Seine Fehler waren erklärlich und unter Umständen ent- ! schuldbar. Dr. Richmann konnte auch genau die > Summe angeben, die Kramer mit sich führte; er hatte sie vor der Reise auf der Bank erhoben und kein weiteres Bargeld besessen, da er gerade einen Kunstgegenstand angekauft hatte. Es waren zwei­tausend Mark gewesen, ein Tausendmark- und zehn Hundertmarkscheine in einer juchtenledernen Brief­tasche . . . Außerdem versicherte der Gelehrte, er sei bei seinen Nachforschungen aus guten Gründen so vorsichtig und unauffällig zu Werke gegangen, daß niemand seine Absicht bemerkt habe. Eine Photo­graphie des Verschwundenen hatte er allerdings nicht ! bei sich; er versprach aber, sie umgehend postlagernd ! nachzusenden, da der Herr doch gewiß gleich j aufbrechen werde. !

Stracke wäre auch ohne diesen zarten Wink so­fort aufgebrochen. Als Dr. Richmann gegangen war, nicht ohne vorher noch einmal verschwiegenes und unauffälliges Arbeiten zu empfehlen, nahm er zunächst die Spezialkarte zur Hand und hatte sofort die in Betracht kommende Gegend aufgefunden. Zwischen der Köln-Mindener Bahn und dem Flüß­chen Aar, die eine kurze Strecke parallel liefen, er­streckte sich ein kleiner Höhenzug, die Kalkberge. Zehn Kilometer von der Station lag die Karlsburg rechts, also westlich von der Straße, vier Kilometer vom Flüßchen entfernt. Ihr gegenüber waren einige Wohnhäuser eingezeichnet. Sonst war die Gegend wenig bewohnt, was bei ihrer Armut erklärlich war, nur 12 Kilometer südwestlich befanden sich das Kalk­werk Sündern mit einer Arbeiterkolonie und über eine Stunde von diesem die Holthauser Kalkwerke mit zerstreuten Wohnungen, die das Dorf Holt­hausen bildeten.

Beim Lesen des Namens Sündern mußte dem Detektiv eine Erinnerung gekommen sein. Er blät­terte in einem Hefte mit aufgeklebten Zeitungsaus­schnitten und hatte rasch das Gesuchte gefunden. Die Notiz lautete:

Sündern, den 11. Juli. In der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch wurden auf dem hiesigen Kalkwerke eine große Menge Metallgegenstände ent­wendet, trotzdem das Werk nachts bewacht wird. Die frechen Spitzbuben entwendeten unter anderem eine Anzahl Zinkplatten, viele Rollen Bronzedraht, und waren sogar so unverschämt, im Kesselhause der