Mißtrauen, so daß er sich entschloß, die Zweifler durch die Tat zu widerlegen. Frl. Gibson, die eine greise Mutter zu ernähren hat, erklärte sich zu dem Versuche bereit, um das Geld zu verdienen und ihrer Mutter damit einen sorgenlosen Lebensabend zu sichern. In Gegenwart von 3000 Zuschauern wurde sie im Cedar Point Opera House von dem Hindu hypnotisiert, in den Sarg gelegt und dann regelrecht begraben. Ein schmales Rohr, das es ermöglichte, das Gesicht der Schlafenden zu beobachten, war die einzige Verbindung mit der Außenwelt. Umsonst hatte der Bräutigam der jungen Amerikanerin, der zu spät den geheimgehaltenen Beschluß seiner Braut erfahren hatte, gegen das Experiment Einspruch erhoben; der Kontrakt war unterzeichnet und die Gesetze des Staates boten keine Handhabe, um das Schauspiel zu verhüten. (Und die Polizei ist auch nicht eingeschritten I D. Red.) Acht Tage lag Miß Gibson lebendig begraben. Dann wurde das Grab geöffnet und der Körper des jungen Mädchens aus dem Sarge genommen, und ehe der Hindu zur Wiedererweckung schritt, untersuchten Aerzte und Zeugen die anscheinend Leblose. Der Körper war vollkommen kalt, starr und steif und die Kleidung feucht. Die Lippen erschienen fast farblos. Der Hindu schritt dann zur Wiederbelebung, eine Stunde lang arbeitete er an den erstarrten Gliedern. Endlich kam Bewegung in den Körper, ein heftiges Schluchzen erschütterte den Leib, das Mädchen schlug die Augen auf und Erstaunen und Entsetzen lag in ihrem Blick. Der Bräutigam war außer sich und konnte nur mit Mühe davon zurückgehalten werden, sich auf den Hindu zu stürzen. Allein die Aerzte stellten fest, daß sie, abgesehen von dem Zustande der Erschöpfung und Ermüdung, völlig gesund sei, wenngleich am Anfang die Atemtätigkeit eine gewisse Unruhe zeigte. „Es ist das Schrecklichste, was man sich vorstellen kann", erklärte Miß Gibson einige Stunden später, „ich hatte das Gefühl, als fiele ich von einer riesigen Höhe herab und würde dann von einem Wasserfall davongeschwemmt. Manchmal hatte ich das Gefühl, als sollte mein Kopf zerspringen. Jede Muskel meines Körpers schien mir gespannt und nahe am Zerreißen. Ich habe das Gefühl, als wäre ich in den acht Tagen um mehrere Zoll gewachsen. Aber jetzt verspüre ich keinerlei Schmerzen; ich bin außerordentlich durstig, aber gar nicht hungrig. Dennoch würde ich nie wieder ein ähnliches Experiment mit machen und böte man mir auch eine Million. Ich tat es nur, um des Geldes willen und immer dachte ich an die vielen schönen Dinge, mit denen ich meine Mutter erfreuen könnte." Schon oft sind derartige ans Wunderbare grenzende Experimente der Jogis der Gegenstand
alter Sünder", höhnte der andere; „aber Sie hätten doch eine glaubwürdigere Geschichte erfinden sollen, als diese. Ich bin weit in der Welt herumgekommen, habe aber nie Leute kennen gelernt, die ihrem Gerechtigkeitssinn Einmischungen in ihre finanzielle Angelegenheiten gestattet hätten. Josiah, seien Sie ehrlich und gestehen Sie ein, daß gar kein Testament gemacht wurde, oder geben Sie einen besseren Grund dafür an, daß Sie mir keins entgegenhalten können."
„Ich halte es nicht für nötig. Ihnen überhaupt einen Grund anzugeben", antwortete der alte Clerk ruhig. „Durch Miß Ruths Verzichtleistung auf ihre Rechte gelangen Sie zu einem jährlichen Einkommen von 2000 Pfrnd. Dies sollte Sie zufriedenstellen, auch wenn Sie die Motive nicht erfahren, welche die junge Dame leiteten, als sie das Testament vernichtete. Ich muß Sie bitten, mir zu helfen, das unglückliche Kind vor den Folgen ihrer Handlungsweise zu schützen, welche über alle Maßen edelmütig ist. Nur wir beide und die Haushälterin, die als Zeugin fungierte, wissen um das Geheimnis. Die treue Alte wird schweigen, aus Liebe zu ihrer jungen Herrin. Mr. Frank Grey muß ich natürlich von dem Vorgefallenen in Kenntnis setzen; aber dann wird es am besten sein, wenn wir die Ereignisse der vergangenen Nacht der Vergessenheit anheimgeben."
Wie Oel die aufgeregten Wogen, so besänftigten die guten Nachrichten Luke Summers anfängliche Erregung. Der finstere Ausdruck schwand aus seinen Zügen, und mit einer Art spöttischer Verwunderung auf Josiah blickend, erwiderte er:
„Ihre Beredtsamkeit, alter Freund, ist groß- , artig. Wir können nichts Besseres tun, als Ihrem Rate folgen. Ach, Josiah, als ich auf meines Vaters Bureau unter Ihrer sanften Leitung die Geheimnisse des Gesetzbuchs erlernte, wie hätte ich damals hoffen können, daß ich e s ein st in bezug auf
ärztlicher Prüfung gewesen. Dr. Honigberger war in Lahors einmal Zeuge, wie der Jogi Haridez durch Selbsthypnose sich in einen starrkrampfartigen Zustand versetzte, indem er sich auf sechs Wochen eingraben ließ. Als man ihn aus dem Grabe wieder hervorbrachte, war seine Kleidung mit feuchtem Schimmel bedeckt, sein Leib eiskalt. Puls konnte nicht beobachtet werden und sein Auge schien gläsern und erloschen. Aber nach kurzer Zeit hatten seine Schüler ihn zum Leben zurückgerufen, ein Zucken, ein kurzer Krampf, die Nasenflügel zitterten, der Puls kehrte zurück und der Jogi schlug die Augen auf.
Die Pflichten des Arztes am Sterbebette. Ist der Arzt verpflichtet, dem Kranken, für den es keine Hilfe mehr gibt, zu sagen: „Sie müssen sterben; die Wissenschaft ist Ihrem Leiden gegenüber ohnmächtig. Rufen Sie Ihren Beichtvater und Advokaten, wenn Sie über irdische Güter verfügen wollen. Meine Aufgabe ist beendet, ich habe hier nichts mehr zu schaffen?" Die Frage ist in aller- neuster Zeit eine Streitfrage zwischen den medizinischen Schulen von Frankreich, England und Amerika geworden. Engländer und Amerikaner haben sich rasch geeinigt und stimmen eifrig dem Professor Sir John Frayer bei, der für sie das Wort ergriffen hat und sagt: „Informieren Sie Ihren Kranken genau. Es ist dies eine Frage der Ehrlichkeit, Sie schulden ihm einen genauen Bericht über seinen Zustand. Durch falsche Sentimentalität dürfen Sie nicht veranlassen, daß ein Mensch, der vielleicht sein Leben lang ein Mutiger, ein Kampfbereiter war, zuletzt aus dem Leben scheidet mit dem grausamen Gefühl, daß er seine Angelegenheiten nicht in Ordnung bringen konnte. Der Tod hat nichts so Entsetzliches; warum soll man ihm nicht ins Antlitz schauen?" Die französische Schule wird durch Professor Huchard vertreten und stimmt für die sentimentalere Auffassung. Sie spricht dem Arzt das Recht ab, seinem Kranken brutal die Wahrheit ins Gesicht zu sagen: „Die Wissenschaft ist ohnmächtig I Sie müssen sterben!" Hat man nicht schon Leute gesehen, welche, von den Aerzten aufgegeben, dennoch wieder gesund worden sind? Weiß man, ob nicht das harte Urteil, welches der Arzt unbarmherzig ausspricht, das Ende des Kranken beschleunigt? Unsere französischen Aerzte sind der Ansicht, daß die Hoffnung auf Genesung ein starkes Lebenselixier ist. Sie bekräftigen diese Ansicht, indem sie Beispiele von mutigen Kranken anführen, die sich gegen das Todesurteil des Arztes aufgelehnt haben, sesthielten an der Hoffnung und das so lange, bis sie wirklich geheilt waren. Es ist das Wort eines berühmten Arztes, welches in Frankreich zitiert wird: „Er ist nicht gestorben, weil er nicht sterben wollte."
das elende Gold noch weiter bringen würde als Sie? Josiah, welche Torheit haben wir begangen? Warum arbeiten wir nicht gemeinschaftlich? Wir hätten dem geizigen Alten den Standpunkt klar machen können. Doch nichts mehr davon! Ich bin reich und will ehrlich sein, solange es mir paßt, und Sie, Josiah, sollen mein erster Clerk werden. Ha, wir werden Geld ausleihen so 100 und mehr Prozent und glänzende Geschäfte machen. Zweitausend Pfund pro Jahr, hm! Ich kann es kaum glauben. ^ Wir werden nun auch vortrefflich essen und trinken können. Oder — nein, nicht zu viel essen, damit wir mehr Platz haben für guten Wein, starken, rubinroten Wein. Kein Bier mehr! Ich bin nun Gentleman und verachte all' das plebejische Gebräu. Dann wollen wir lachen und singen und fröhlich sein, wie es einem reichen Grundbesitzer geziemt. Ha, ha, Josiah, wird das ein Leben werden!"
Josiah, ängstlich bestrebt, aus Lukes guter Laune Vorteil zu ziehen, lachte ein wenig mit und wagte die Hoffnung auszusprechen, daß Mr. Summers auch Mrs. Ruth, die alles freiwillig htngegeben habe, und seinen Cousin Frank nicht werde leer ausgehen lassen.
„Frank Grey!" rief Luke aus. „Keinen Penny, und wenn er Hungers sterben müßte! Ich hasse ihn, haßte ihn immer. Aber Ruth soll mein Glück mit mir teilen, ich liebte sie stets, schon in meiner Knabenzeit."
Er näherte sich in theatralischer Weise dem ge- ängstigten Mädchen. „Ruth, schönes Kind, willst du mein Weib werden? Sie antwortet nicht, also muß ich ihr Schweigen für Zustimmung nehmen. Ich will daher unseren Vertrag mit einem Kuß be- j siegeln. O, Ruth, entweiche nicht deinem zärtlichen Verehrer l"
Er machte während des Sprechens einen fruchtlosen Versuch, Ruths Kleid zu erfassen; aber das ^ junge Mädchen eilte hinter einen Tisch, Blicke der Angst und des Abscheues auf ihn werfend. >
Redaktion DrsK sNd V»rl«K ss« L Msstz NKsiWöLkK
Kostüme aus Drucksachen. Die Familie eines ausländischen Zeitungsverlegers kam bei den Vorbereitungen für ein Kostümfest auf den originellen Gedanken, die Tochter des Hauses in einem Kostüm erscheinen zu lassen, das aus Drucksachen des väterlichen Hauses gebildet werden sollte. Der Gedanke wurde in so gelungener Weise zur Ausführung gebracht, daß die junge Dame nicht geringe Aufmerksamkeit erregte, während gleichzeitig für das väterliche Geschäft eine nicht ungeschickte Reklame gemacht wurde. Das Kostüm war als Faltenrock mit Faltentaille ausgeführt worden und zwar in der Weise, daß Zeitungen zusammengefalzt und etwa in handbreiten Falten ausgesteckt wurden. Die Blätter, die zur Taille Verwendung fanden, waren auf besseres Papier gedruckt und enthielten nur den Kopf der Zeilung; sie waren so auf das Untergewand gesteckt, daß die Zeitungsköpfe gewissermaßen den Besatz der Taille bildeten, während diese selbst weiß erschien. Der Rock bestand aus wirklichen vollbedruckten Zeitungen, die auf haltbarem, weichem Papier zusammengesteckt waren, und das ganze Kostüm sah wirklich nicht übel aus. — Vielleicht läßt sich der Gedanke auch auf andere Weise, insbesondere unter Verwendung von Ansichtspostkarten, ausführen.
(Verbilligter Wunsch.) Er: „Was, e' Automobil willst du haben . . . Unsinn! Putz' der die Handschuhe mit Benzin und lauf' spazieren; das kommt billiger!"
(Ein Automobilfeind.) „Sie könnnen also die Schnaufer! nicht leiden?" — „Nein! Ich Hab' schon genug davon gesehen, gehört, gerochen und gefühlt!"
Wort-Rätsel.
Kennst du's auf Brigantenpfaden? Liebst du es bei den Paraden?
Oder mit den gleichen Lettern Mehr vielleicht noch auf den Brettern?
Auflösung der Verwandluugs Ausgabe in Nr. 144.
August — Arrest — Herbst.
Billiger Einkauf ist heute die Losung. Billig aber kauft die kluge Hausfrau nur, wenn sie das Beste kauft. Sie wird sich deshalb auch nicht durch einen anscheinend niedrigeren Preis bewegen lassen, statt der seit 20 Jahren bewährten Maggi- Würze andere, meist mit hochtönenden Empfehlungen angepriesene Würzmittel in der Küche zu verwenden. Maggi,s Würze ist — das weiß jeder Feinschmecker — eben unerreicht in Feinheit des Aromas, Ausgiebigkeit und daher Billigkeit.
Luke beeilte sich, ihr zu folgen, aber ein unerwartetes Hindernis in der Person des alten Clerk stellte sich ihm in den Weg.
„Dies darf nicht sein, Mr. Summers", rief der würdige Alte. „Niemand soll in meiner Gegenwart meines verstorbenen Herrn Mündel insultieren."
„Aus dem Wege, alter Narr!"
Der arme Josiah, dessen Wille stärker war als seine Muskeln, wurde rauh zur Seite geworfen, und der Elende näherte sich abermals dem zitternden Mädchen, indem er die Hand nach ihm ausstreckte.
„O Frank, lieber Frank, wo bist du? Hilf mir! Hilf mir!"
„Frank — dieser Bettler! Dieser verwünschte Bube!" Zwischen den Zähnen murmelte Luke diese Worte, indem er näher auf die gehetzte arme Ruth eindrang.
Plötzlich fiel ein dunkler Schatten durch das Fenster, ein Klirren ertönte, die Hand griff durch die zersplitterte Scheibe, das Fenster wurde weit aufgerissen und eine schlanke Gestalt schwang sich in das Zimmer. Ein Nu und Ruths Verfolger flog in die entgegengesetzte Ecke des Zimmers.
„Schurke! Wie kannst du es wagen, diese Dame zu beleidigen? Bekümmere dich um deine eigene Angelegenheit, du armseliger Bettler. Nimm dies für deine Einmischung!" — Lukes Gesicht war schwarz vor Wut, und seine Augen glänzten in rachsüchtigem Feuer, als er mit einem Bowiemesser auf seinen Gegner losstürmte.
Aber ein schwerer Schlag auf die Schulter streckte ihn nieder, und Ruth, die vor Schrecken in Ohnmacht gesunken war, öffnete die Augen, und sand sich von Franks starken Armen gestützt, während seine Stimme zärtlich und beruhigend auf sie einsprach. In der einen Ecke des Zimmers suchte der arme, alte Josiah sich jetzt mühsam aufzurichten; in der anderen lag Luke regungslos.
— Fortsetzung folgt. —