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101. Amts-
und AnzeigeökaLt für den Bezirk Kakw. 78. IchrglW.
Srscheinungstage: Dienstag, Donnerstag, Samstag, Sonntag. Jnscrtionspreis 10 Pfg. pro Zeile für Stadt und «ezirlSorte; außer Bezirk 12 Pfg.
Dienstag, den 30. Juni 1903.
Abonnementspr. in d. Stadt pr. Viertel). Mk. 1.10 incl. Trägerl. Vierteljährl. Postbezugspreis ohne Bestcllg. f. d. Orts- u. Nachbarortsverkehr 1 Mk., f. d. sonst. Verkehr Mk. 1.10, Bestellgeld 20 Pfg.
Amtliche Aekanntmachunge«.
An die Ortsbehörden für die Arbeiterverficherung.
Nach einer neuerlichen Entscheidung des Landesversicherungsamtes ist die den Gemeinden obliegende Abräumung der Brandstätten als Regiebauarbeit der Gemeinden zu betrachten und sind demgemäß von den Gemeinden Regiebattnachweisungen dem Oberamt behufs Mitteilung an die Baugewerksberufsgenossenschaft Stuttgart vorzulegen.
Calw, 27. Juni 1903.
K. Oberamt.
Voelter.
Tagesneuigkeiien.
Calw. Von Teinach kam gestern die Nachricht hierher, daß der Pächter des Badhotels, Hr. H. Strampfer, Besitzer des „Freiburger Hofs" in Freiburg, infolge eines Schlaganfalls verschieden ist.
— In dem Bericht über deuKonditoren- tag in Gmünd in letzter Nr. d. Bl. soll es heißen: Dem Konzert wohnten an rc., anstatt „Festessen".
— Am 4. Juli wird in Aichhalden und Oberkollbach die Telegraphenanstalt (mit Fernsprechbetrieb) mit beschränktem Tagesdienst für den öffentlichen Verkehr in Betrieb genommen. In genannten Orten wird Unfallmeldedienst eingerichtet.
Nothfelden, 26. Juni. Auf der Rückkehr vom Markte in Ebhausen scheuten die Pferde des Fuhrmanns Ungericht durch das Gebell eines eines Hundes und gingen mit dem Wagen, auf dem noch Amtsdiener Schmelzte und dessen neunjähriges Söhnchen saßen, durch. Die drei Personen
wurden abgeworfen und erlitten durch Schleifen erhebliche äußerliche und innerliche Verletzungen; dem armen Knaben riß es die linke Ohrmuschel weg; nach ärztlicher Aussage wird der Knabe am Leben erhalten werden können.
Stuttgart, 25. Juni. In einem Haus der Seestraße fiel gestern Vormittag ein Dienstmädchen von der Küchenveranda im 4. Stock in den Hofraum und war sofort tot. Das Mädchen hatte sich zu weit über das Geländer geneigt und dabei das Uebergewicht bekommen. — Im Föhrich- walde, Markung Feuerbach, unweit des Fußwegs Stuttgart—Weil im Dorf, wurde gestern vormittag der Leichnam eines Unbekannten aufgefunden, der unzweifelhaft selbst Hand an sich gelegt hat.
Stuttgart, 26. Juni. (Schwurgericht.) Unter der Anklage der gewinnsüchtigen Fälschung einer öffentlichen Urkunde war heute der 28 Jahre alte, verheiratete Taglöhner Wilh. Schumacher von Sindel fingen vorgeladen. ,Jn Sindelfingen besteht seit langen Zeiten das Herkommen, daß im Frühjahr den Bürgern aus dem Stadtwalde unentgeltlich sog. Holzgaben durch Verlosung Angewiesen werden. Bürger, welche mit ihrer letztjährigen Steuer im Rückstände sind, erhalten aber keine solche Gaben. Zu diesen gehörte der Angeklagte. Sein Vater Gottlieb Schumacher hatte dagegen eine Gabe, bestehend in zwei Raummeter buchenes Scheiterholz im Schlag Diebskarren zugewiesen erhalten und ihm den Holzzettel übergeben, mit der Weisung, das Holz zu besichtigen. Der Angeklagte radierte aber auf dem Holzzettel den Vornamen seines Vaters aus und schrieb an dessen Stelle den seinigen „Wilhelm" ein, verkaufte anfangs vorigen Monats die zwei Raummeter Holz um 24 in Vaihingen, führte sie heimlich zur Nachtzeit dahin ab und legte
den gefälschten Zettel dem Käufer als Ausweis vor. Sein Vater hatte einen Strafantrag wegen Diebstahls gestellt, ihn aber wieder zurückgenommen. Die Anklage beschränkt sich deshalb auf Urkundenfälschung in gewinnsüchtiger Absicht. Der Angeklagte gab heute vor, seine Frau mit zwei Kindern lebe seit einiger Zeit für sich in ihrem Heimatsorte in Döffingen und erhalte von ihm alle 14 Tage 20 für ihren Unterhalt. Zeitweise sei er nun durch ein Fußleiden verdienstlos gewesen, während er sonst 3 Taglohn verdient habe. Staatsanwalt Cleß beantragte die Schuldigsprechung des Angeklagten unter Zubilligung mildernder Umstände. Diese wurde auch von dem Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Schund befürwortet. Nachdem die Geschworenen die Schuldfrage in diesem Sinne bejaht hatten, wurde der Angeklagte zu einer Gefängnisstrafe von 4 Monaten verurteilt.
Stuttgart, 27. Juni. Die Herzogin Wera ist heute 9.50 Uhr mit Gefolge nach St. Petersburg abgereist.
Cannstatt, 27. Juni. Heute früh '/-3 Uhr ist in einem Hause der Brunnenstraße Feuer ausgebrochen, das von einem Nachbarn entdeckt und auf dessen Alarm von den Hausbewohnern und den Nachbarn gelöscht wurde. In dem Zimmer, in welchem das Feuer ausbrach, befand sich ein Dienstmädchen und zwei Kinder, die wohl erstickt wären, wenn nicht ein Fenster offen gestanden wäre. Ohne Zweifel ließ das Mädchen das Licht brennen, schlief ein und kam im Schlafe an das Licht, wodurch das Bett Feuer fing.
Lautlingen, 26. Juni. Letzte Nacht wurde dem Gutspächter Nufer auf Hof Thierberg ein wertvoller Stier aus dem Stall gestohlen; von dem Dieb hat man noch keine Spur.
ssienikieittn. Nachdruck verboten
IreiwMg arm.
Original-Roman v. Jda John-Arnstadt.
(Fortsetzung.)
Der „gnädige Herr" hörte cs aber nicht; taumelnd faßte er nach seiner
Stirn, denn jetzt hatte die junge Dame sich umgeblickt.-O Gott! ein
bleiches, schmerzverklärtcs Engelrangesicht! Lori! Oder nicht? — Oder doch? Kam er, der Wahnsinn, mit seinen Hallucinationcn? Und dort? — „Dort, Johann! — Wer ist die alte Dame im schwarzseidenen Kleide mit der schwarz und lila Bänderhaube auf den weißen Locken?" Er hielt den alten Diener bei dieser Frage an beiden Schultern fest und schüttelte ihn hin und her. Auf das höchste betroffen blickte Johann seinen jungen Herrn an. Was konnte er für ein Interesse an dem alten Fräulein haben, einer Bürgerlichen? Wenn es noch seine Mutter wäre, der die Aufregung galt!
„Ach, die neben dem Herrn Diakonus?" antwortete er geringschätzig, das ist nur die Tante der Gräfin."
„Und wie heißt sie?"
„Johann zuckte mit den Achseln, „weiß nicht, gnädiger Herr. Ich glaube, Hol-, ein Fräulein Hol-"
„Hoidermann!" jubelte Arnold, schob den verblüfft zur Seite taumelnden Diener in die Palmen hinein und stürmte davon wie ein Schulknabe, über Sessel und Stellagen hinweg, daß die ängstlich behüteten, lange gepflegten Blumentöpfe nur so herumkollerten und manches seltene Blumenköpfchen jäh geknickt im Sande
lag. Hinaus war er. Warum? Wohin? Er hätte doch in den Saal hinein- gehcn können, wenn ihn die Alte so interessierte! Er war offenbar verrückt geworden, der arme, junge Herr, war es wahrscheinlich schon vorher gewesen, denn welcher schöne stattliche kreuzfidele Gardeleutnant von hohem Adel verläßt so mir nichts, dir nichts das Schloß seiner Väter, die schöne Heimat, Stellung, alles, und zieht in die fremde, weite Welt hinein?! Schwerbesorgten Herzens ging er Herrn von Brunneck nach und fand ihn sinnend, beide Hände gegen die Schläfe gepreßt, stieren Auges, im Korridor stehen. Sachte, auf den Fußspitzen näherte er sich ihm und redete ihn leise an „gnädiger Herr?!"
Arnold fuhr erschrocken auf: „Ja, Johann, gut, daß Du kommst! Schnell, siehe und sage mir, wo sie ist."
„Die Frau Mutter?"
„Meine Mutter? Ach ja, doch jetzt nicht; später, Johann. Zuerst meine Braut, Fräulein Leonore Holvermann."
„Wie belieben der Herr Baron? Fräulein-wen?"
„Seit wann hörst Du so schwer? Fräulein Holdermann! Ich muß sie
sprechen, allein sprechen, jetzt gleich-Nun? warum gehst Du nicht?
Die Dame ist meine Braut und ich will sie überraschen."
„Ach Gott, mein lieber, junger Herr! Möchten Sie nicht etwas Niederschlagendes nehmen? Irgend eine Eislimonade? Oder soll ich Euer Gnaden den Herrn Sanitätsrat herausschicken ?"
„Bist Du toll oder hältst Du mich dafür? He? Tu, was ich Dir gesagt habe!"
„Zu Befehl!-Ich soll-daS alte Fräulein Holdermann?-
„Fort, Alter! Mit Dir ist nichts anzufangen. So will ich mein Glück auf eigene Faust versuchen."