Württemberg.

Stuttgart, 26. Juni. Die Zweite Kammer hat gestern vormittag in zweistündiger Sitzung vollends den Rest der Bauordnung erledigt. Die Endabstimmung wurde vorerst ausgesetzt. Heute wurde der Gesetzentwurf betreffend die Eingemeind­ung von Degerloch nach längerer Debatte über die Verhältnisse der Gemeinden Botnang und Kaltental angenommen und sein Inkrafttreten auf 1. August festgesetzt. Sodann wurde in die Beratung des Gesetzentwurfs betreffend das Ziehkinderwesen eingetreten.

Stuttgart, 26. Juni. Am nächsten Sonntag, nachmittags 2 Uhr, findet zu Ehren der Deutschen Landwirtschastsgesellschaft auf dem Rosenstein kgl. Tafel mit 170 Gedecken statt, zu der außer dem König und der Königin, dem Fürsten und der Fürstin zu Wied, die hier anwesenden Mitglieder der kgl. Familie, die Staatsminister mit hohen Staatsbeamten, der preuß. Landwirtschaftsminister v. Arnim, der bad. Staatsminister Frhr. v. Bod- man, der bayer. Minister des Innern v. Brettreich, der Hess. Minister Dr. Braun-Darmstadt usw., ferner der Ausschuß der Deutschen Landwirtschaftsgesell­schaft und der Ehrenortsausschuß geladen sind.

Stuttgart, 26. Juni. Das Königspaar wird sich voraussichtlich am 3. Juli von Beben­hausen zum Sommeraufenthalt nach Friedrichs­hafen begeben; am gleichen Tag reist auch das Fürstenpaar zu Wied wieder ab.

Stuttgart, 26. Juni. Die rückläufige Be­wegung in den Betriebsergebnifsen der württ. Staatseisenbahnen dauert fort. Im Monat Mai wurde bei einer Gesamteinnahme von 6 067 000 Mk. gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres eine Wenigereinnahme von 173 000 Mk. erzielt; von diesem Minus entfallen auf den Personenverkehr 101000 Mk., auf den Güterverkehr 72 000 Mk. In den beiden ersten Monaten des laufenden Etats­jahres (April und Mai) bleiben die Einnahmen hinter denjenigen des gleichen Zeitraums des vorigen Jahres um nicht weniger als 376 000 Mk. zurück.

H.-k. Stuttgart. Der Besuch der deutschen landwirtschaftlichen Ausstellung in Cannstatt kann jedem Landwirt nur dringend empfohlen werden; jeder kann sehen und lernen, was er für seinen Betrieb von den vielen Fortschritten und Neuerungen zweckmäßig verwerten kann und der Besuch wird also sicher nutzbringend sein. Aber auch für alle sonstigen Stände bietet diese imposante Ausstellung so viel Interessantes und Anregendes, daß sich ein Besuch hieher lohnt. Am Sonntag und den beiden letzten Tagen (Montag und Dienstag) sind überdies die Eintrittspreise ermäßigt, indem Tageskarten nur 1 Mark (Kinder in Begleitung Erwachsener nur 50 Pfg.) kosten.

Ueber die Schulbildung der beim 13. (württ.) Armeekorps im Jahr 1907 zur Einstell­ung gekommenen 9987 (im Vorjahr 10021) Mann­schaften wird folgendes mitgeteilt: Ohne jede Schulbildung waren 8 (im Vorjahr 6), und zwar 3 aus dem Neckarkreis, 2 aus dem Schwarzwald­kreis, 1 aus dem Jagstkreis, 1 aus dem Donau­kreis und einer mit unbekanntem Geburtsort und Geburtstag. Diese Leute waren von Kindheit an Musiker (Zigeuner), Schirmmacher und Kunstreiter und haben daher eine Schule nie besucht. Einjährig- Freiwillige wurden im letzten Jahr 590 in das württ. Armeekorps eingestellt, gegen 614 im Jahr 1906. Die Zahl der im 13. Armeekorps dienenden Nichtwürttemberger ist ziemlich beträchtlich: es waren im vergangenen Jahre eingestellt worden 301 Preußen (meist beim Fußartilleriebataillon Nr. 13 in Ulm), 253 Bayern, 200 Badener, 68 Sachsen, 269 aus anderen Bundesstaaten und 30 aus dem Ausland, wobei die Einjährig-Freiwilligen noch nicht mitgezählt sind.

Stuttgart, 24. Juni. Kommenden 6. Juli beginnt hier und in Hohenheim für Volksschullehrer ein naturwissenschaftlicher Kurs. Folgende Lehrer werden dozieren: Oberstudienrat Professor Dr. Lampert (Zoologie), Professor Eichler und Professor Dr. Kirchner (Botanik), Professor Dr. Fraas (Mineralogie und Geologie). Zum Kurse sind 40 Lehrer aus dem ganzen Lande einberufen worden. (Aus dem Bezirk Neuenbürg wird Ober­lehrer Vollmer hier teilnehmen. Die Red.)

Heilbronn, 23. Juni. DemSchw. Bot." wird von hier geschrieben: Auf der letzten Konferenz der evangelischen Lehrer unseres Bezirks wurde aus der Mitte der Versammlung dem Wunsche Aus­druck gegeben, es möchte an den hiesigen Schulen die ungeteilte Unterrichtszeit (Ausdehnung des Vormittags- und Wegfall des Nachmittagsunterrichts)

eingeführt werden. Einen Versuch damit hat neben anderen Städten Stuttgart gemacht und die Er­fahrungen sollen günstige gewesen sein. Der Vor­sitzende Schulrat Remppis brachte dieser Anregung warmes Interesse entgegen und stellte in Aussicht, daß er die Ortsschulbehörde über ihre Stimmung zu dieser Frage ausholen wolle, um dann eventl. der Einführung der ungeteilten Unterrichtszeit wenig­stens für die hiesigen Mittelschulen, wo diese Frage wegen. der großen Zahl der auswärtigen Schüler eine brennende genannt werden kann, näher zu treten. Diese Frage dürfte auch manche ländliche Schule und Gemeinde interessieren, da durch den neuen Lehrplan 30stündiger Wochenunterricht gefordert wird, was die Einführung von Nachmittagsunterricht, auch im Sommer, zur Folge hat.

Das württ. Gustav-Adolf-Fest findet Heuer in Tuttlingen am 7. und 8. Juli statt. Die Fest­predigt wird Stadtpfarrer Meyer-Tübingen halten, den Kindergottesdienst Stadtpfarrer Laurmann- Zuffenhausen. Als Diasporaredner sind u. a. an­gemeldet Pfarrer Körber-Lyon, Pfarrer Füllkrug- Posen, Pfarrer Zöckler-Stanislau (Galizien), Pfarrer Hochstetter-Neunkirchen (Niederösterreich) und Pfarrer Jähn-Eichwald (Böhmen). Im Rechnungsjahr 1907 hatte der württ. Gustav-Adolf-Verein 176 089 -/E Einnahmen. Davon waren Gaben mit besonderer Bestimmung über 36 000 °.-A, an den Zentralvor­stand in Leipzig waren ca. 2000 abzuliefern, das Festangebinde von Heidenheim mit 28 603 wurde dort auch verteilt. Nach Abzug der Ver­waltungskosten und der Verwilligungen des Aus­schusses bleiben in Tuttlingen zu verteilen 75 300 ^ Für die Braunstistung vorgeschlagen sind die drei evangel. Diasporagemeinden Söstingen, Speitbach und Waldsee. Wir werden über das Tuttlinger Fest ausführlichen Bericht fr. Zt. bringen.

Die Neuwahl für den Oberamtsbezirk Obern­dorf ist auf Freitag. 24. Juli angeordnet.

Schramberg, 25. Juni. Ein höherer Be­amter der Kgl. Kreisregierung in Reutlingen weilt zurzeit hier, um Zeugenvernehmungen und sonstige Erhebungen in Sachen der Stadtschultheißenwahl vorzunehmen. In Winzeln bei Schramberg ist heute ein dem Sägewerkbesitzer Melber von dort gehöriges Pferd von einem Bienenschwarm überfallen und gelötet worden. Zimmerleute hatten Bauholz abgeladen und waren dabei an einen Bienenstand gestoßen, was die Bienen in größte Aufregung ver­setzte. Bis der Tierarzt herbeigeholt werden konnte, war das überfallene Pferd verendet.

Ulm, 26. Juni. Die bürgerlichen Kollegien haben gestern beschlossen, den schon 10 Jahre im Stadtbezirk wohnenden Veteranen von 1866 und 1870, die bis zu 900 Mk. jährliches Einkommen beziehen, einen Ehrensold von jährlich 100 Mk. und jenen, die zwischen 900 und 1200 Mk. Einkommen haben, einen solchen von 50 Mk. zu gewähren.

Göppingen, 26. Juni. Vor dem hiesigen Schöffengericht wurde wiederum eine ganze Reihe von Milchfälschern wegen Nahrungsmittelfälschung verurteilt. Sie hatten der Milch 623"/» Wasser zugegossen.

Tuttlingen, 25. Juni. Als die Frau des Instrumentenmachers Faude gestern nach Hause ging, sah sie in ihrer Wohnung im dritten Stock ihr zweijähriges Kind am offenen Fenster sich her­ausbeugen. Das Kind stürzte dabei in die Tiefe und überschlug sich zweimal. Die Mutter hatte soviel Geistesgegenwart, daß sie mit äußerster An­strengung hinzusprang und das Kind im letzten Augenblick auffing. Mit dem Kinde in den Armen sank sie ohnmächtig um. Das Kind blieb unverletzt. Die Mutter kam mit einer Hautschürfung davon.

Mühlheim a. D., 26. Juni. Auf der Straße von Renquishausen nach Kölbingen ereignete sich gestern nachmittag ein schwerer Automobilunfall. Beim Passieren einer Kurve fuhr das Automobil des Oberamtsarztes Dr. Schnekenburger-Tuttlingen mit voller Wucht gegen einen Baum. Die Insassen, Dr. Schnekenburger und Oberamtmann Gottert- Tuttlingen erlitten Kopf- u. Fußverletzungen, Oberamts­sekretär Gog-Tuttlingen einen schweren Oberschenkel­bruch. Pfarrer Beer aus Kölbingen und der Chauffeur blieben unverletzt. Das Automobil ist stark beschädigt.

Der Haupttreffer der Reutlinger Marien­kirchenlotterie mit 50000 Mark fiel auf zwei Gießer in der Maschinenfabrik zum Bruderhaus in Reutlingen.

Tübingen, 26. Juni. Der zweite Gewinn der Reutlinger Marienkirchenlotterie fiel der hiesigen Frau Apotheker K. zu. Wie man hört, will die Frau einen Teil des Gewinnes zur Ausschmückung der Marienkirche spenden.

Slus ^taSt» Bezirk uns Umgebung;

Neuenbürg, 27. Juni. Unsere Einquar­tierung, das erste Bataillon des Hohenzollernschen Fußartillerie-Regiments Nr. 13 in Ulm, ist gestern vormittag ftr9 Uhr mittels Ertrazugs vom Schieß­platz Wahn bei Köln hier eingetroffen, und kurz vor 9 Uhr zur Stadt einmarschiert. Der Komman­deur, Major Bilse, nahm auf dem Marktplatz den Parademarsch ab, was ein kriegerisches Bild bot. Im Laufe des Nachmittags waren die vier Kom­pagnien je gesondert zum Appell angetreten. Es mag allgemein aufgefallen sein, daß die Mann­schaften ausnahmslos große, kräftige Leute waren, die sich auch durchaus wohl verhielten. Die Ein­wohnerschaft ließ es an guter Verpflegung nicht fehlen. Heute früh mit dem Glockenschlag 5 Uhr erfolgte der Abmarsch des Bataillons nach Höfen- Calmbach-Oberreichenbach-Siehdichfür, woselbst sich das Bataillon trennt, um kompagnieweise in ver­schiedenen Ortschaften des Bezirks Calw bis zum Montag Quartier zu nehmen.

Neuenbürg, 26. Juni. Im Hinblick auf das am 5. Juli hier stattfindendeSommerfest der Volks­partei" erhalten wir folgende Einsendung: Kaum sind die Festtage der Forstversammlung vorüber, so rüstet sich Neuenbürg schon wieder, neue Gäste zu empfangen. Am Sonntag den 5. Juli findet das Sommerfest der Volkspartei auf dem Maien­wasen hier statt, und Neuenbürg hofft dazu auf starken Besuch aus ganz Württemberg und dem an­grenzenden Baden. Hoffentlich ist das Wetter günstiger als bei den Festtagen der ablaufenden Woche. Diese Parteitage sollen dazu dienen, unter den Parteimitgliedern engere Fühlung herzustellen. Alle Jahre am 6. Januar tagt ja die Volkspartei in Stuttgart in der Liederhalle; aber nicht jedem ist es möglich, dabei zu erscheinen. Daher wechseln die Sommerfeste unter den kleineren Städten des Landes ab, damit auch andere ihre Parteizugehörigkeit zeigen und unter sich Fühlung nehmen können. Diesmal ist unser schönes Schwarzwaldstädtchen gewählt worden. Bei schönem Wetter wird die öffentliche Versamm­lung auf dem Maienplatze stattfinden, der für solche Festlichkeiten vorzüglich geeignet ist. Voraussichtlich werden als Hauptredner unser Reichstagsabgeord­neter, Hr. Schweickhardt, der über Reichspolitik sprechen wird, und der Kammerpräsident v. Payer, der über Landespolitik sprechen wird, auftreten. Die Begrüßungsansprache wird unser Kandidat Hr. Professor Hoffmann, der gegenwärtige Landes­vorstand der Volkspartei, Hallen. Die Reden, die bei den Sommerfesten gehalten werden, sind für Angehörige aller Parteien von höchstem Interesse, besonders aber für die Parteifreunde. Diese appel­lieren daher an alle freiheitlich gesinnten Elemente unseres Bezirks, durch rege Beteiligung ihre Ge­sinnung zu betätigen. Daß unser Bezirk fortschrittlich gesinnt ist, das hat sich deutlich bei der letzten Reichs­tags- und Landtagswahl gezeigt. Also auf zum Sommerfest der Volkspartei nach Neuenbürg!

Alten steig, 25. Juni. Heute verläßt Ober­förster Weith nach löjähriger Tätigkeit unser Städt­chen, um seinen neuen Posten in Reutlingen an­zutreten. Nachdem schon am Sonntag die ihm unterstellt gewesenen Förster und Waldarbeiter im Gasth. z.Stern" sich zu einer Abschiedsfeier um den beliebten Vorgesetzten versammelt hatten, wurde ihm gestern abend von seiten der hiesigen Einwohner­schaft auch noch eine solche bereitet. DerSternen"- saal war sehr hübsch dekoriert. In einer längeren Ansprache führte Kameralverwalter Köhler aus. daß der Scheidende nicht bloß in seinem Amt Tüchtiges leistete, sondern auch sonst seine Kraft und Erfahrung zu Nutz und Frommen seiner Nebenmenschen zur Verfügung stellte, so als Vorstand des Kriegervereins und des Schwarzwaldvereins, dann als Vorsteher dar Bezirkskrankenkasse, als Mitglied des Museums, u. a. Die Feier wurde durch Gesangsvorträge des Liederkranzes verschönt.

Nagold, 25. Juni. Das Schöffengericht ver­urteilte nicht weniger als 6 Mädchen und Frauen aus Unter- und Öbertalheim wegen Wässerung (teilweise bis zu 50°/») der Milch, zu Geldstrafen von 10, 15, 20 und 50 Mk. und zur Tragung der Kosten. Wie man hört, sollen demnächst auch Fälle von Haiterbach zur Aburteilung kommen.

Voraussichtliche Witterung.

Bei der Herrschaft des Hochdrucks und da sich dieser nun auch über Italien, zunächst Oberitalien ausbreitet, ist Fortdauer des heiteren, trockenen und heißen Wetters in Aussicht. Zeitweise werden Gewitterwolken austreten, doch sind ernstliche Entladungen noch nicht in Vorbereitung.

AM" Hiez« zweites Blatt. "WU