wegen der Güterwagengemeinschaft, deren Zu­standekommen nun endlich gesichert zu sein scheint. In der Erörterung wurde das mit Befriedigung begrüßt. Redner der Volkspartei, der Deutschen Partei und des Bauernbundes sprachen dabei die Erwartung aus, daß die Güterwagengemeinschaft den ersten Schritt zur Vereinheitlichung des deutschen Eisenbahnwesens bilden werde. Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker teilte auch mit, daß in der General­direktion der Württ. Staatseisenbahnen eineSpar­kommission" gebildet worden ist. Eine solche Kom­mission erscheint schon deshalb gerechtfertigt, weil die Betriebsergebnisse der Württ. Eisenbahnen sich un­günstig gestalten. Für das laufende Etatsjahr stehe, so erklärte der Ministerpräsident, ein sehr schlechter Abschluß bevor, hauptsächlich wegen der bedeutenden Steigerung der Betriebsausgaben. Dagegen sei der Einnahmeausfall infolge der Einführung der vierten Wagenklasse wesentlich geringer, als die Eisenbahn­verwaltung angenommen hatte. Bei dieser Sachlage könne der Etat nicht durch den Bau unrentabler Bahnen belastet werden. Die Eisenbahnwünsche, die fortwährend in großer Zahl geltend gemacht werden, haben also keine guten Aussichten. --^Stuttgart. Das neue Theater auf dem Legionskasernenplatz ist nunmehr sichergestellt, da das Kapital beisammen ist und mit dem Bau kann sofort begonnen werden. In der gestern abend veranstalteten Sitzung der Aktionäre (es waren mit 105 Aktien zwei Drittel der Gesamtzahl vertreten) wurden die vorgelegten Pläne und Anträge ein­stimmig genehmigt. Zum 1. April 1909 soll der Bau vollendet sein und die Spielzeit mit dem Herbst

Stuttgart, 17. März. Wie der Staatsanzeiger erfährt, haben die Geh. Kommerzienrat v. Knosp'- schen Ehegatten letztwillig verfügt, 1) daß ein Kapital von zwei Millionen Mark ausgesetzt werde zur Er­richtung eines Rekonvaleszenten-Spitals in Stuttgart oder an einem anderen entsprechenden Orte Württembergs. Die Ausführung ist jeweils dem Staatsminister des Innern, dem Oberbürger­meister von Stuttgart und dem ersten Arzt der inneren Abteilung des Katharinenhospitals über­tragen. Dabei ist der Wunsch ausgesprochen, daß das Spital auf der Höhe des Hasenbergs auf städt. Grund und Boden errichtet werde. Ferner ist ver­fügt, 2) daß ein Kapital von ca. einer Million Mark bestimmt sei zu einer Stiftung, deren jähr­liche Interessen innerhalb der Stadt Stuttgart zu verwenden seien für Bildungs-, Armen- und ge­meinnützigen Zwecke.

Stuttgart, 13. März. Der Jugendgerichts­hof, der seit 1. Januar d. I. beim Amtsgericht Stuttgart-Stadt eingerichtet ist, tagt alle 14 Tage. Seiner Zuständigkeit unterstehen Vergehen und Uebertretungen von jugendlichen Personen bis zum Alter von 18 Jahren, die im übrigen vor dem Schöffengericht verhandelt werden. Die Einrichtung des Jugendgerichtshofs ist vorläufig nur im Weg der Geschäftsverteilung geregelt. Den Vorsitz führt der Richter, dem das Fürsorgeerziehungswesen unter­steht, Landrichter Hutt. Dem Jugendgerichtshof entziehen sich ferner solche Fälle, in denen neben Jugendlichen auch Personen über 18 Jahren als Teilnehmer beteiligt sind. In der letzten Woche kamen u. a. folgende Fälle zur Verhandlung. Ein 12jähriger Knabe kaufte in einem Warenhaus etwas und entwendete dabei Kleinigkeiten im Werte von wenigen Pfennigen. Der Knabe wurde freige­sprochen, da die Einsicht von der Strafbarkeit seines Tuns bei ihm nicht vorausgesetzt wurde. Ein Lehrling von 14 Jahren entwendete aus einem Wagen auf dem Güterbahnhof ein Säckchen mit Hanfsamen, den er zur Fütterung seiner Tauben verwenden wollte; er kam mit einem Verweis da­von. Ein 17jähriges Dienstmädchen hatte seine Herrschaft bestohlen und erhielt 8 Tage Gefäng­nis. Zwei Arbeiter von 17 Jahren erhielten wegen Sachbeschädigung kleine Geldstrafen.

Stuttgart, 17. März. Gewissenlos gehandelt hat der vorbestrafte verwitwete Taglöhner Karl Braun von Reutlingen an seiner Braut, einer armen Stickerin. Er stahl dem Mädchen aus dem Kasten ihre sauer verdienten Ersparnisse im Betrage von 134 Mk. und verjubelte das Geld mit zwei leichtfertigen Frauenzimmern. Um sich neue Mittel zu schaffen, nahm er danach bei einer Bekannten seiner Braut auf deren Namen auch noch ein Dar­lehen in Höhe von 10 Mk. auf. Die Strafkammer schloß mildernde Umstände aus und verurteilte den Gauner wegen je eines im Rückfalle verübten Dieb­stahls und wegen Betrugs zu 1 Jahr 4 Monaten Zuchthaus und 3 Jahren Ehrverlust.

Mühlacker, 16. März. Im hiesigen Bahnhof fuhr eine Rangierabteilung dem um '/-12 Uhr nach

Pforzheim fahrenden Schnellzug in die Flanke, so daß die Schnellzugsmaschine schwer beschädigt und ein Packwagen vollständig zertrümmert wurde. Der Materialschaden ist bedeutend. Zum Glück sind keine Menschenleben zu beklagen, da der betreffende Rangierer noch rechtzeitig abspringen konnte.

Ettenhausen, OA. Künzelsau, 17. März. Der etwa 20 Jahre Konditorgehilfe Fritz, der erst vor kurzem aus Amerika hierher zurückgekehrt ist, kam während eines Spaziergangs plötzlich zu Fall. Im gleichen Augenblick krachte ein Schuß, der den Ver­unglückten tödlich verletzte. Der junge Mann, ein hiesiger Lehrersohn, trug einen geladenen und unge­sicherten Revolver in der Tasche, der ihm zum Ver­hängnis geworden ist.

Biberach, 17. März. In den letzten Tagen ging die Mitteilung durch die Blätter, daß ein hiesiger Knabe infolge Verblutung nach einer Zahn­operation gestorben sei. Diese Nachricht wurde dann dahin richtig gestellt, daß es sich hier um einen Fall der so seltenen Hämophilie, d. h. Bluterkrankheit handle. Die letztere Mitteilung ist richtig. Hier ist eine Familie durch diese Krankheit schwer heimgesucht. Nach den wissenschaftlichen Feststellungen geht die Vererbung der Bluterkrankheit durch die gesunde Frau auf die Männer (Söhne) über, indem aus der Ehe eines Bluters mit einer gesunden Frau durch­aus gesunde Kinder entstehen, die gesunden Töchter des Bluters aber wieder Mütter von Blutern werden können, so daß also nur die Söhne, nicht die Töchter Bluter sind. In der Tat sind auch einer hiesigen, in besten Verhältnissen lebenden Kaufmannsfamilie die beiden Söhne (Bluter) in jugendlichem Alter trotz sorgsamer Pflege und Behütung gestorben. Der kürzlich gestorbene Knabe gehört einem Zweig dieser Familie an. Für die Krankheit muß eine außer­ordentliche Dünnwandigkeit und leichte Zerreißbarkeit der Blutgefäße verantwortlich gemacht werden, so daß heftiges Nießen, eine unsanfte Berührung, das Putzen der Zähne, schon heftige Blutungen verursacht. Die von dem Uebel betroffenen Familien sind auf das Tiefste zu bedauern, denn außer äußerst sorg­samer Lebensführung läßt sich gegen das glücklicher­weise sehr seltene Leiden gar nichts tun.

Alts Hausen, 15. März. DerUlmer Volks­bote" berichtet über folgende Wette: Zwei Privatiers, ältere echt schwäbische Landmänner, trinken gemüt­lich ihr Abendtränklein. Sie unterhielten sich mit­unter auch über Fußtouren und machten nun trotz finsterer stürmischer Nacht eine Wette. Welcher geht heute nacht noch nach Friedrichshafen, ein Weg von rund 40 Kilometer; 100 Mark wurden deponiert. Der eine der Privatiers machte sich sofort unter Mitnahme von Zehrung fürbaß auf den Weg nachts 10 Uhr und früh 8 Uhr telegraphierte der Fußheld, daß er gesund und munter in Friedrichshafen an­gelangt sei. Damit war die Wette gewonnen, an der sicher der Kollege auch lebhaften Anteil gehabt haben wird.

Aus ^taSt. Sestnir uns Umgebung

* Neuenbürg, 19. März. (Bericht über die Sitzung der bürgerlichen Kollegien am 18. März.) Der wichtigste Punkt der Tagesordnung war die Behandlung der Frage der Abwasserableitung an derAeußeren Wildbaderstraße." Die Regelung dieser Angelegenheit ist dadurch brennend geworden, daß in Verbindung' mit der Erstellung der neuen Bahnhofgebäulichkeiten für die Ableitung der Ab­wässer aus diesen Gebäuden gesorgt werden muß. Dazu kommt, daß die Kgl. Straßenbauverwaltung gegen die fernere Einleitung der Abwässer von sonstigen Gebäuden in den Straßengraben im Hin­blick auf die Vorschriften des H 11 der Bauordnung protestiert. Es wurde daher beschlossen, einen Kanal­strang in die Staatsstraße einzulegen und die Straßen- und Eisenbahnverwaltung, deren Eigentum benützt werden muß. um die Erlaubnis zur Ausführung des geplanten Projekts zu ersuchen. (Die angrenzenden Häuserbesitzer sind gesetzlich verpflichtet, ihre Abwässer auf ihre Kosten in diese Kanalanlage abzuleiten.) Geregelt wurden sodann die Belohnungen für die Fleischbeschau, da geplant ist, einen Stellvertreter für den Beschauer ausbilden zu lassen; demselben ist für einen Gebührenbezug von mindestens 250 Mk. garantiert. Zur Sprache kam noch die Wieder­besetzung der Stadtbaumeisterstelle, die von einem Teil der Einwohnerschaft gewünscht wird. Aus Gründen, deren nähere Erörterung zu weit führen würde, wurde vom Gemeinderat beschlossen, zunächst eine Aenderung nicht zu treffen, die Sache jedoch im Auge zu behalten.

Pforzheim, 18. März. In der letzten Schöffen­gerichtssitzung kam ein Klage der hiesigen Eisenbahn­

gesellschaft gegen den Verleger des Generalanzeigers wegen Beleidigung zur Sprache, endete aber mit einem Vergleich. Die Ursache war ein scharfer Ar­tikel wegen des schlechten Zustandes der Bahn. Die Gesellschaft hat in den letzten Jahren neben großen Abschreibungen 5 und 7°/o Dividenden verteilt. Man konnte aber nur selten die Bahn benutzen, wegen mangelhafter Beschaffenheit.

vLi-rnlschies.

Wien, 14. März. Ueber eine Ordination im Löwenkäfig berichtet dieN. Fr. Pr.". Der Löwe Ralph des Zirkus Sarrasani war seit einigen Tagen krank, er fraß nicht mehr und hielt ständig den Rachen offen, ein Zeichen, daß es dort fehle. Man entschloß sich daher zu einer Untersuchung. Dem Tiere, das man mit einem Spielkameraden in ein Käfig trieb, wurden von außen Vorder- und und Hinterbeine gefesselt und einige Männer, die außerhalb des Gitters standen, zogen dann die Seile, die um die Füße des Löwen gewunden waren, straff an, so lange, bis Ralph alle Viere von sich streckte und sich nicht rühren konnte. Nun wurde vorerst eine Stange in den gähnenden Löwenrachen gesteckt, um Ober- und Unterkiefer der offenen Schnauze gleichfalls mit einem Strick zu umschlingen, was auch gelang, die Schnauze war offen. Tierarzt Löbl konnte nun feststellen, daß unter der Zunge sich eine faustdicke Geschwulst gebildet hatte. Nach Ansicht des Tierarztes dürfte diese auf eine Verletzung zurück­zuführen sein, die sich das Tier durch einen Knochen bei der Mahlzeit zugezogen hatte und die dann eine Infektion herbeiführte. Die Geschwulst war noch nicht reif genug, um operativ behandelt zu werden. Man mußte sich damit begnügen, dem Tiere durch Einspritzungen unter der Zunge Linderung zu ver­schaffen. Der kranke Löwe, der sich bei der Fesselung natürlich sehr ungebärdig benommen hatte, zeigte dann eine stoische Ruhe und ließ alles mit sich ge­schehen. Als er, von den Fesseln befreit, seine Be­wegungsfreiheit wieder erlangt hatte, machte er ruhig einige Svaziergänge um die Manege und zog sich dann mit seinem Kameraden in den Käfig zurück.

Zur Beseitigung von Warzen legt man 14 Tage lang einen morgens und abends frisch mit grüner Seife dünn bestrichenen Flanelllappen auf. Alsdann sind die Warzen so erweicht, daß sie sich durch Abschaben leicht entfernen lassen.

Letzte Nachrich ten u . Telegramme

Berlin, 19. März. Nach einem Telegramm des Oberstleutnants v. Estorff griff das Expeditions­korps des Hauptmann v. Erckert am 16. März die Werft Simon Köppers in der Kalahari an. Hauptmann v. Erckert, Leutnant Ebinger und 12 Mann sind gefallen; 9 Mann wurden schwer, 3 Offi­ziere und 5 Mann leicht verwundet. Der Feind verlor an Männern 58 Tote; 7 Männer und einige Weiber wurden gefangen genommen. Simon Köpper entkam im dichten Busch. Der Rest der Werft zer­streute sich nach Süden und nach Südwesten.

Berlin, 19. März. Im Reichstag verlas heute Staatssekretär Dernburg eine Depesche, wonach am 16. ds. Mts. ein Gefecht gegen Simon Köpper in der Kalahariwüste stattgefunden hat. Auf deutscher Seite sind gefallen: Hauptmann v. Erckert, Leutnant Ebinger und 12 Mann; 9 Mann sind schwer verwundet. 58 Hottentotten wurden ge­tötet. Simon Köpper selbst ist entkommen; der Rest seiner Werft wurde zerstreut.

Berlin, 19. März. Nach einem aus Ka­merun eingetroffenen Telegramm fiel bei der Ex­pedition des Majors Puder gegen Munt schi am 5. ds. Mts. der Hauptmann Glauning nach siegreichem Gefecht durch einen Kopfschuß. Major Puder, der Kommandeur der Kameruner Schutz­truppe, schloß sich, um die Verhältnisse im Innern kennen zu lernen, der Grenzexpedition des Haupt­manns Hering an. Glauning gehörte zu den Offizieren, die sich durch Verständnis in der Be­handlung der Eingeborenen auszeichnen. Sein Tod bedeutet für Kamerun einen fast unersetzlichen Verlust.

Berlin, 19. März. Eine Kommission der Journalisten des Reichstags überreichte dem Präsidenten eine Beschwerdeschrift, weil der Ab­geordnete Gröber, als während der Rede des Abgeordneten Erzberger auf der Journalistentribüne angeblich gelacht wurde, eine die Journalisten schwer beleidigende Aeußerung in den Saal rief. Als der Präsident darauf eine ungenügende Erklärung ab­gab, verließen die Journalisten die Tribüne, sie be­schlossen, vor Abgabe einer genügenden Erklärung die Tribüne nicht wieder zu betreten.