dachtes den Angehörigen gegenüber wurde mit Ent­rüstung zurückgewiesen, und doch hatte der Arzt recht. Die junge Dame war tatsächlich be­trunken. Auf dem Tisch vor dem Sofa stand eine Schachtel mit Schokoladenkonfekt, hauptsächlich in Form von Pralines und Schokoladenbohnen. Der Arzt bat sich einige dieser Näschereien aus und untersuchte sie zu Hause mit folgendem Erfolg: alle Pralinös waren mit gemeinstem Fusel gefüllt, durch­schnittlich ungefähr 5 Gramm schwer und enthielten etwa 2 Raumzentimeter der lieblichen Flüssigkeit. Nun hatte das Fräulein, wie sich später heraus­stellte, ungefähr ein halbes Pfund (I) von dem Kon­fekt verzehrt. Das waren also 50 Stück Pralines und Bohnen, in denen im ganzen 100 Raumzenti­meter Fusel enthalten waren. Das ist eine ganz anständige Menge. Da ein Likörglas ungefähr 10 bis 15 Raumzentimeter enthält, so hatte sie wahr­scheinlich in sehr kurzer Zeit sieben bis zehn Schnaps­gläser Fusel genossen, vollkommen genügend, um nicht nur zarte Dämchen, sondern auch kräftige Männer betrunken zu machen. Die Sache, die be­sonders von Bedeutung ist, wenn man an den Pra­linesverbrauch durch Kinder denkt, wurde auch in einer vor einigen Tagen unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters Geh. Regierungsrats Schmieding in Dortmund abgehaltenen Besprechung der Polizei- Oberbeamten eingehend erörtert.

Eine schwere Explosion hat sich in Borbeck bei Essen ereignet. Der noch schulpflichtige Sohn des Bergmannes Schweizer reinigte das seinem Vater gehörige Motorrad, als das Benzin plötzlich in Brand geriet und eine furchtbare Explosion er­folgte. Der Knabe erlitt sehr schwere Brandwunden. Der Bergmann Semmel und dessen Tochter, die der Arbeit zusahen, wurden ebenfalls schwer verbrannt, ebenso auch der Bergmann Schweizer selbst, der sich in der Nähe befand.

Vom Rhein, 19. Oktbr. (Holzwochenbericht.) Mit üblicher Waldkante geschnittene Tannen- und Fichtenkanthölzer von Schwarzwälder und süddeut­schen Werken zu 42,5043 Mk. das Festmeter frei Eisenbahnwagen Mannheim angeboten. Brettergroß­handel, sowie Hobelholzindustrie des Rheins hatten in jüngster Zeit empfindlich unter dem niedrigen Wasserstande zu leiden. Nachfrage nach süddeutschen Brettern war jüngsthin müßig. Oberrheinische Rund­holzmarkt sehr fest. Auf der ganzen Linie zuversicht­liche Stimmung, zumal die rheinischen und west­fälischen Sägewerke allgemein Interesse für Rund­holz bekundeten. Der süddeutsche Langholzhandel hielt durchweg auf hohe Preise. Zufuhr in jüngster Zeit weiter beschränkt. Der Mannheimer Markt verfügt nur noch über einzelne freie Flöße.

Mailand, 19. Okt. Seit etwa drei Wochen regnet es in Norditalien Tag für Tag. Da der Oktober der Hauptmonat der Herbstfremdenzeit ist, so kann man sich leicht vorstellen, welchen Schaden das andauernd schlechte Wetter für die italienische Fremdenindustrie bedeutet. Dazu kommt nun auch noch die Drohung des Eisenbahnpersonals, die Arbeit niederzulegen. Viele Fremde wollen sich dieser Ge­fahr nicht aussetzen und suchen sich so rasch wie

Mich gegen solche Beleidigungen zu vertei­digen, halte ich unter meiner Würde. Sie werden es aber vielleicht begreiflich finden, daß ich morgen sofort Ihr Haus verlasse und es nie wieder betrete. Die Förmlichkeiten betreffs unserer Scheidung werde ich von Amerika aus einleiten, wohin ich mich be­geben werde."

Der Botschafter war über dieses schnelle Vor­gehen seiner Gemahlin betroffen. Er hatte Geständ­nisse erwartet, die ihn wieder in den Besitz seiner Papiere setzten und mußte jetzt sehen, daß ihm alles fehlschlug.

In seiner grenzenlosen Erbitterung, in welche sich aber schon ein kleiner Teil Reue mischte, erhob er jetzt keine Einwendungen, da dieselben nach Lage der Sache doch fruchtlos sein mußten.

Gut, gehen Sie nach Amerika zurück. Ich werde Ihnen keine Hindernisse in den Weg legen. Wenn Sie Verhandlungen wünschen, setzen Sie sich hier mit meinem Notar, welcher Ihnen bekannt ist, in Verbindung."

Ohne Gruß entfernte sich der Gesandte, seine Gemahlin in maßlosem Schmerz zurücklassend.

Ihre mühsam behauptete Kraft brach zusammen. Sie sank auf einen Stuhl, schluchzte und weinte »-iS. ^

Mit verstörten Mienen saß Lord Mangdale am nächsten Vormittag in seinem Privat-Arbeitszimmer.

Er war mit sich und der Welt zerfallen und wünschte nur, daß die ganze Angelegenheit, die ihn

möglich aus Italien in Sicherheit zu bringen. Etwa die Hälfte der Fremdenhotels an den oberitalienischen Seen steht infolge dieser Umstände völlig leer, ohne einen einzigen Gast. Am schlimmsten sind die Ufer des Lago Maggiore heimgesucht worden. In­folge anhaltender Regengüsse ist der See um 6 Meter gestiegen und hat alle Uferstädte -Palanza, Stresa, Baveno usw. überschwemmt. Da die Fremden­hotels zumeist unmittelbar am See liegen, so wurden sie von der Ueberschwemmung in erster Linie heim­gesucht. Ihre Erdgeschosse stehen unter Wasser. Die Dampfer können nicht mehr landen, weil auch die Landungsbrücken überschwemmt sind. Auch der Abfluß des Lago Maggiore, der Tessin, hat großen Schaden angerichtet, 2 Eisenbahnlinien unterbrochen und Pavia unter Wasser gesetzt.

Aus Wien wird gemeldet: In der Ortschaft Alland bei Baden kam nachts der Holzhändler Neuhauser in betrunkenem Zustande nach Hause und verwundete seine Frau, welche ihm Vorwürfe machte, tödlich. Bei dem Streit stürzte eine Petroleumlampe um, wodurch das Haus in Brand geriet. Neuhauser nebst vier Kinder kamen hierbei ums Leben, wäh­rend die Frau in hoffnungslosem Zustande nach dem Krankenhause gebracht wurde.

Luxemburg, 18. Okt. In einem Hotel im Bahnhofviertel hatte vor einigen Tagen eine junge Dame aus unserer Stadt die Bekanntschaft eines französischen Ehepaares gemacht, das sich Herr und Frau de Chartier aus Paris nannte, und sich als Inhaber eines Antiquitütengeschäftes vorstellte. Frau de Chartier wußte das Vertrauen desspäten" Mädchens zn gewinnen und erriet auch bald dessen Herzenswunsch. Sie machte ihre neue Freundin glauben, sie besitze die Wahrsagergabe und wenn ihr die junge Dame für einen Tag ihre sämtlichen Schmucksachen und eine Summe von 450 Franken anvertrauen wollte, so werde sie damit in der Lieb­frauenkirche ihre Experimente anstellen, und am nächsten Morgen werde dort die junge Dame die Erfüllung ihres Wunsches erleben und demjenigen begegnen, nach dem ihr Sinn stand und dem sie anzugehören wünschte. Natürlich war am nächsten Morgen das Ehepaar de Chartier mit dem Geld, den Schmucksachen und den matrimonialen Hoff­nungen seines Opfers über alle Berge.

Ein ungeheurer Waldbrand wütet augen­blicklich in den Staatswaldungen bei Cacak in Serbien. Das Feuer ist schon vor mehreren Tagen ausgebrochen und hat riesige Dimensionen an­genommen. Der Brand gewinnt durch den- herr­schenden Sturm immer größere Ausdehnung, sodaß vorläufig an ein Löschen nicht zu denken ist.

Athen, 23. Okt. Nach hier eingetroffenen Nach­richten hat eine starke bulgarische Bande in der Nacht auf den 21. Oktober das Dorf Rakovon südwest­lich von Monastir (gegen 131 Häuser) vollständig zerstört. 5 Männer und 2 Frauen sind umgekommen. Eine andere bulgarische Bande griff in der Nacht zum 18. ds. Mts. auL dem Hinterhalte im Sand- schak Serres Griechen, die einen Transport Trauben hegleiteten, an und töteten 6 davon.

seit einigen Tagen beschäftigte, einem schnellen Ende entgegenginge.

Auch heute brachten die Zeitungen keine Mitteil­ungen über den Diehstahl der Geheimakten, doch er­füllte ihn dies heute mit ungeheurer Gleichgültigkeit.

Die Szene mit seiner Gemahlin gestern abend ging ihm nicht aus dem Kopfe, und er warf sich schon vor, zu schroff verfahren zu sein.

Er liebte seine Gattin aufrichtig und es bereitete ihm Kummer, sie nun auf immer verloren zu haben. Hinter diesen Gedanken trat sogar die ihn grenzen­los erregende Affaire der Geheimakten zurück.

Er dachte an seine Kinder, was aus diesen ohne die leitende Fürsorge der Mutter nun werden mußte und erschrak sehr.

Aber er konnte nicht anders: er wollte nicht dem Beispiel der vielen Pariser Familien folgen, welche vor den Augen der Welt die Komödie einer glück­lichen Ehe aufführten und zu Hause konventionell mit einander verkehrten, schlimmer wie Fremde.

Ein glückliches Familienleben bedeutete für ihn alles. Wenn es fiel, so fiel sein ganzes Glück.

Während er so in Gedanken versunken dasaß, wurde Lord Pancox gemeldet.

Dieser trat gleich darauf in das Zimmer, und er nahm den förmlichen Ton der Unterhaltung wieder aus, mit welchem sie gestern von einander geschieden waren.

(Schluß folgt.)

Redaktion, Druck m»d verlaß so« L« Marls i« NaunMr-

New-Jork, 20. Okt. Eine heldenhafte Tat hat einen schweren Unfall bei den Geschützkammern des LinienschiffsConnecticut" verhindert. Während einer Schießühung in den Gewässern Neu-Englands bemerkte der Leutnant z. S-, P. W. Cronau, daß Pulver in dem Verschluß eines Geschützes durchrann. Er steckte darauf seine Hand in den Verschluß- währenddem schlug der Verschlußkeil zurück und , schnitt ihm die Finger ab; sie fielen in eine Fuge und verursachten so, daß der Mechanismus des Ge­schützes stillstand. Dadurch wurde eine Explosion verhindert, der die gesamte Mannschaft in der Ge­schützkammer zum Opfer gefallen wäre.

Vermischtes.

Schwarze oder gelbe Schuhe? Bei einer Vergleichung der schwarzen und gelben Schuhe vom gesundheitlichen Standpunkte aus kommt die bekannte englische medizinische ZeitschriftThe Lancet" zn dem Ergebnis, daß die gelben Schuhe den ! schwarzen in hygienischer Hinsicht vorzuziehen sind. Sie führt dies darauf zurück, daß das Leder der gelben Schuhe gewöhnlich geschmeidiger bleibt als das Leder der schwarzen Schuhe. Dies wird in der englischen Zeitschrift noch weiter ausgeführt, etwa in dem Sinn: Um dem Leder die schwarze Farbe zu geben, wendet man Substanzen an, welche Säuren (Chlorwasserstoff- und Phosphorsäure) enthalten; diese Säuren machen das Aeder nicht nur hart, son­dern auch bröcklich wenigstens an der Oberfläche so daß seine besten Eigenschaften, die Geschmei­digkeit und Haltbarkeit in Frage gestellt werden. Daß Leder durch Säuren verdorben wird, wird auch dadurch bewiesen, daß in Bibliotheken, die mit Gas beleuchtet sind, die Einbände der in Leder gebun­denen Bücher nach verhältnismäßig kurzer Zeit sich in außerordentlich schlechtem Zustande befinden, be­sonders wenn die Bücher in den obersten Fächern der Regale stehen; das kommt daher, daß die Bücher allzu sehr den Schwefelsäuredämpfen, die den Gas­flammen entströmen, ausgesetzt sind. Was aber das gelbe Leder, bezw. die gelben Schuhe betrifft, so werden sie mit Mischungen, die zum großen Teile Oele und Wachs enthalten, gesäubert und geglättet; daraus ergibt sich, daß das gelbe Leder dauernd geschmeidig bleibt. Von verschiedenen Seiten wurde behauptet, daß das Leder der gelben Schuhe schäd­liche Farben enthalte; nach demLancet" besteht jedoch die Gefährlichkeit dieser Farben nur in der Einbildung ängstlicher Gemüter. Dazu bemerkt Professor Jäger in seinem Monatsblatt: Nach diesem Zeitungsausschnitt Härte derLancet" diese Frage mehr nach den Gesichtspunkten der Geschmei­digkeit und Haltbarkeit als der gesundheitlichen Eigenschaften behandelt. Unsere Leser wissen, daß wir längst auf die gesundheitlichen Mängel der schwarzen Farbe, besonders auch bei den Schuhen, aufmerksam gemacht haben. Die gelben Schuhe wären den schwarzen noch mehr überlegen, wenn die gelben die Naturfarbe des Leders hätten. Dies ist leider nicht oder fast nie der Fall.

(Die gestörte Sterbestunde.) Aus London wird berichtet: Eine amüsante Szene ereignete sich am letzten Mittwoch im Third Avenno Theatre, das durch seine rührenden und grausigen Melodramen bekannt ist. Es war am Ende des letzten Aktes, der Bösewicht war endlich so weit, daß er sterben sollte, aber die Langmut des Publikums war er­schöpft, und als der Schurke im schönsten Melo­dramastil seinen verruchten Geist aufgeben wollte, begann im ganzen Zuschauerraum ein wildes Toben, Johlen, Pfeifen und Zischen, und der Lärm wollte kein Ende nehmen. Zwei, drei, vier Minuten er­trug der Darsteller des Bösewichts, Mr. Robinson, diese beleidigenden Aeußerungen eines beleidigten Rechts- oder Kunstgefühls, dann aber übermannte den Sterbenden berechtigte Empörung, er sprang von seinem Totenbette aus, stürzte vor bis an die Rampe und begann laut ins Publikum zu rufen. Endlich gelang es ihm, sich verständlich zu machen.Meine Damen und Herren", so rief der Mime mit größter Ueberzeugungswucht,meine Damen und Herren, ich apelliere an Ihr Gerechtigkeitsgefühl und bitte Sie, uns nicht zu stören. Die Guten sollen ja jetzt ge­rettet und belohnt werden, aber Sie müssen uns doch wenigstens die Zeit dazu lassen. Ich will ja sterben. Aber ich bitte Sie, bei diesem Lärm kann ich un­möglich sterben." Alsbald verwandelte sich das Zischen und Pfeifen in lautes Klatschen und Bravorufen, befriedigt kroch Mr. Robinson in sein Bett zurück, zog die Decke bis ans Kinn, stöhnte, seufzte und starb dann, daß es nur so eine Freude war.

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