das Automobil viel teurer als Pferde und Wagen, zweitens kostet die Unterhaltung des Automobils nebst Chauffeur viel mehr als die Unterhaltung von Kutscher, Pferden und Wagen, und drittens sind die Reparaturen und Ergänzungskosten für das Auto­mobil zehnmal höher als für Pferde und Wagen. In trauriger Weise wird diese wirtschaftliche Schatten­seite des Automobils durch die Krisis bewiesen, in die das Automobildroschkengewerbe in Berlin geraten ist. Von den gegenwärtig in Berlin fahrenden 700 Motordroschken befinden sich bereits 400 unter Ge­richtssiegel und auch die Automobilfabriken haben schwere Verluste erlitten. Eine Anzahl von Pro­zessen schwebt zwischen den Motordroschkenbesitzern und den Lieferanten, teils von den ersteren ange­strengt wegen Schadenersatz, teils von den Lieferanten gegen ihre Abnehmer auf Zahlung der Monatsraten. Eine Zeit lang ging das Geschäft der Motor­droschkenfabriken glänzend, und die günstigsten Zahl­ungsbedingungen, die es den Droschkenkutschern möglich machten, gegen eine Anzahlung von 500 und monatlicher Abzahlung von 100 eine Auro- droschke zu erwerben, führten zu einer Massenein­stellung dieser Wagen. Später waren dann die Besitzer nicht mehr in der Lage, die Monatsraten zu erschwingen, weil die erwarteten hohen Einnahmen ausblieben oder doch nicht die Höhe erreichten, die zur Deckung der außerordentlich großen Reparatur­kosten nötig war. Diese hohen Reparaturkosten sind die Hauptursachen der jetzt zweifellos festgestellten Unrentabilität des Autodroschkenbetriebes. Nach einer Berechnung des FachblattesDer Fuhrh." braucht jedes Automobil 10 v. H. des Anschaffungs­preises an Reparaturkosten, während die Reparatur­kosten bei Pferdedroschken nur 1 v. H. ausmachen. Aber auch die Kosten für den Gummi sind bei der Autodroschke außerordentlich hoch. Eine Pneumatik- garnitur kostet bei Motordroschken rund 1000 und hält höchstens ein halbes Jahr aus; für den Tag stellt sich der Gummiverbrauch auf 610 ^ (beim Automobilomnibus sogar auf 30 -/A). Bei so hohen Betriebskosten war an eine Rentabilität nicht zu denken, und auch die Tariferhöhung hat dieses Mißverhältnis zwischen Einnahme und Be­triebskosten nicht ausgleichen können, zumal dadurch die Zahl der Fahrgäste abgenommen hat. Viele Motordroschkenbesitzer sind deshalb schon wieder zum Pferdebetriebe übergegangen.

Württemberg.

Ulm, 21. Septbr. Der gestrige Kampf der gegnerischen Divisionen des XIII. Armeekorps, die nach dem vorgestrigen, ,für die 26. Kavallerie­brigade ungünstigen Zusammenstoß der beiderseitigen Kavalleriebrigaden einander entgegenmarschierten, ge­staltete sich zu einem Begegnungsgefecht, das sich in der Hauptsache um den Kreuzberg östlich Dieten- wangen abspielte. Derselbe war von der Avantgarde der roten (26.) Division besetzt worden, die sich mit Infanterie- und Artilleriefeuer gegen die Vorhut der blauen (27.) Division wandte, die in den Wäldern am nördlichen Fuß des Kreuzbergs Deckung suchte. Nachdem die beiderseitigen Hauptkräfte an die Stell­ungen herangezogen worden waren, ergriff Rot im Zentrum und auf dem rechten Flügel die Offensive und warf die gegnerischen Schützenketten zurück. Der linke Flügel, zu dessen Unterstützung auch Artillerie auf die Höhe 685 nordwestlich des Kreuzberges vor­geschickt worden war, war jedoch dem Angriff über­legener Streitkräfte ausgesetzt, dem er nicht Stand halten konnte. Im Rückzug ging die Artillerie des Flügels verloren und der Rückgang griff damit auf die ganze Linie über. Im lange währenden Ver­folgungsfeuer der blauen Division ging Rot über Hedelberg zurück. Der König wohnte sowohl der vorgestrigen Uebung an, wie der gestrigen. Diese nahm um 7 Uhr ihren Anfang und spielte sich in Oberessendorf ab. Westlich dieser Ortschaft hatte die 26. Division eine verschanzte Stellung bezogen, die auf dem linken Flügel nach etwa 1'r ständigem Gefecht von der blauen 53. Jnfanteriebrigade in Besitz genommen wurde. Auf dem rechten Flügel von Rot, dem es gelungen war, das verstärkte bayerische Detachement bei Wagenhalten in der Ent­wicklung zurückzuschlagen, kam es zu keiner aus­gesprochenen Entscheidung. Schon um 9 Uhr wurde die Uebunng beendet und dann im Beisein des Königs Kritik abgehalten. Heute werden mit einem Gefecht des ganzen Armeekorps gegen einen mar­kierten Gegner nach einer vom König festgesetzten General- und Spezialordre die heurigen Manöver geschlossen. Sämtliche höheren Stäbe und Fuß­truppen, die II. Abteilung Feldartillerie-Regiments Nr. 13 (Cannstatt) und die Feldartillerie-Regimenter Nr. 29 und 65 (Ludwigsburg) werden mit der

Eisenbahn von Ravensburg, Niederbiegen, Altshausen, Mochenwangen und Aulendorf in ihre Standorte zurückbefördert. Die übrigen berittenen Truppenteile erreichen ihre Standorte Ulm, Stuttgart und Lud­wigsburg mit Fußmarsch.

Stuttgart, 18. Sept. Der neue Wellpost­vertrag tritt am 1. Oktober in Kraft. Infolge­dessen treten zahlreiche Aenderungen im Postverkehr DZutschlands mit dem Ausland ein, von denen die für das große Publikum bemerkenswertesten und hauptsächlichsten folgende sind: 'Briefe ins Ausland kosten 20 Pfg. für die ersten 20 Z und je weitere 20 Z kosten 10 ^s. Die Postanweisungsgebühr be­trägt 20 ^ für je 40 Bei Postkarten ist die Ueberschrift Postkarte nicht mehr erforderlich. Es kann jetzt auch ins Ausland die linke Vorderseite der Karte zu Mitteilungen benützt werden, auch dürfen daselbst Verzierungsbilder oder Photographien aufgeklebt werden. Als Warenproben können Schlüssel, frische Blumen usw. versandt werden. Als Geschäftspapiere werden auch offene Briefe oder Postkarten älteren Datums, die ihren ursprünglichen Zweck schon erfüllt haben, angesehen. Außerdem sind beim Paketverkehr, bei Wertbriefen, Postanweis­ungen, Nachnahmesendungen, Postaufträgen eine Reihe Erleichterungen getroffen worden. Um im Verkehr mit anderen Ländern die Vorausfrankierung von Antwortbriefen zu ermöglichen, werden Antwort­scheine zum Preis von 25 Pfennig ausgegeben. Vom Ausland eingehende Antwortscheine können bei den Postanstalten oder Briefträgern gegen Freimarken umgetauscht werden. Erwähnenswert ist noch, daß vom 1. Oktober an auf Verlangen des Aufgebers oder Empfängers auch gewöhnliche Postanweisungen im inneren deutschen Verkehr telegraphisch nachge­sandt werden können.

Stuttgart, 20. Sept. Die Stadtgemeinde hat für die Plätze für Wirtschaften und Schaubuden über das diesjährige Volksfest rund 54000 Mk. erlöst, wovon auf die Schaubudenplätze allein 40000 Mk. entfallen.

Witterung und Krankenkassenleist­ungen. Soweit sich bisher übersehen läßt, wird das Jahr 1907 für die Krankenkassen ein sehr un­günstiges Jahr werden, weil die Krankheitsziffern in diesem Sommer infolge der ungünstigen Witter­ung eine außergewöhnliche Höhe erreicht haben. Von Kassenärzten ist beobachtet worden, daß in den ver­gangenen Sommermonaten die durchschnittliche Ziffer der Krankheitsfälle um 50 überstiegen worden ist. In besonders großem Umfange sind die Nerven­krankheiten aufgetreten, und an diesen Krankheiten waren wiederum die Frauen am meisten beteiligt. Entsprechend den vermehrten Krankheiten mußten natürlich die Krankenkassen auch höhere Unterstütz­ungssummen bezahlen.

Tübingen, 20. Sept. Ein edler Spender hat ungenannt Stadtpfarrer Meyer 2000zur Er­leichterung der Kinderschulsorgen" übersandt.

Nürtingen. 22.' Septbr. In Grötzingen scheuten die Pferde an einer Dreschmaschine und rannten in eine Kinderschar. Einem kleinen Knaben gelang die Flucht aus dem Bereich der Pferdehufe nicht mehr rechtzeitig. Er wurde niedergetreten und so schwer verletzt, daß er bald starb.

Dürrmenz-Mühlacker, 20. Septbr. Gestern abend stürzte der hiesige Schuhmachermeister und Landwirt, ein 67jähriger Mann, beim Aufsteigen auf seinen Wagen so unglücklich ab, daß er das Genick brach nnd nach einer halben Stunde starb. Mahler hat die Feldzüge 1866 und 1870/71 mitgemacht,

Friedrichshafen, 21. Sept. Am Dienstag beginnen die Zeppelin'schen Luftschifffahrten, die eine Reihe von Tagen fortgesetzt werden sollen. Es sind reine Probefahrten zur Vorbereitung auf eine größere Fahrt, die Graf Zeppelin mit einem zurzeit noch im Bau befindlichen neuen Ballon zu unter­nehmen gedenkt. Es werden bei diesen Probefahrten, so viele Leute mitgenommen, als die Gondeln zu fassen vermögen. Sie alle sollen für die künftige große Fahrt eingeschult werden. Die Probefahrten, die sich regelmäßig zwischen Manzell und Rorschach bewegen werden, dienen zur Feststellung der ratio­nellsten Schraubenflügelgröße, der Leistung der ver­besserten Motore usw.

Vom Bodensee, 20. Septbr. Während die Reben Heuer in gesunden Lagen einen recht befrie­digenden Ertrag versprechen, sieht es mit der Obst­ernte sehr schlecht aus. Seit 1889 war angeblich kein so mageres Obstjahr mehr zu verzeichnen. Es fehlt an Äepfeln und an Birnen, leere Bäume überall. Mancher Obstzüchter dürfte Heuer nicht zum Mosten kommen.

Von den Fildern, 18. Sept. Heuer haben die Krautpflanzer wieder eine gute Ernte. Das

Filderkraut ist zwar Heuer etwas später als sonst, es steht aber sehr schön und findet raschen Absatz bei annehmbaren Preisen. Es werden zur Zeit 2 Mk. und darüber für den Zentner bezahlt.

Kus ^taSt» Sestfk unv Umgebung»

Die Schulstelle in Höfen ist dem Präparanden- lehrer Paul Bachteler in Backnang (Gräfen- hausen) übertragen worden.

.Engelsbrand, 23. Sept. Schon wieder ist ein Brandfall zu verzeichnen. Am gestrigen Sonntag abend '/Ql Uhr, um dieselbe Zeit, da es vor 8 Tagen brannte, ist in dem gemeinschaftlichen Wohn- und Scheuergebäude des Goldarbeiters Chr. Stahl und Ernst Fa Feuer ausgebrochen, wo­durch das Gebäude in Asche gelegt wurde. Das­selbe stand ziemlich isoliert hinter dem Gasthaus zum Rößle", doch war bei der östlichen Windrichtung eine Gefahr für die Nachbargebäude nicht ausge­schlossen. Der letzte Brand vom 15. ds., welchem das Schwarz'sche Anwesen zum Opfer fiel, befand sich ganz in der Nähe, nämlich gegenüber dem Rößle." Leider muß auch hier wieder Brandstift­ung angenommen werden. Es ist der allgemeine Wunsch, daß dem bösen Täter endlich sein Hand­werk gelegt werden möge.

Neuenbürg, 24. Sept. Mit den Brand­stiftern in den verschiedenen Bezirksorten scheint man energisch aufräumen zu wollen. Der Ver­haftung in Arnbach am letzten Freitag folgte heute vormittag die Einlieferung des Feldrennacher Täters, des Taglöhners Gustav Reichert, gebürtig aus Völkersbach i. B. Derselbe, Schwiegersohn der abgebrannten Witwe Roller, ein vielfach vor­bestrafter Mensch, hat bei seiner Verhaftung die Tat eingestanden. Als der Brandlegung in Conweiler verdächtig sitzen alt. Ad. Güntner, dessen Sohn und Schwiegertochter in Tübingen in Untersuchung.

Neuenbürg, 22. Septbr. Heute nachmittag zwischen 5 und 6 Uhr bewegte sich hoch in den Lüften über Berg und Tal ein in der Richtung von Pforzheim-Büchenbronn, d. h. von Osten herziehender großer Luftballon. Er nahm direkte Richtung nach Westen ein und es schien, daß er in der Gegend von Schwann niedergegangen sein werde. Wie man hört, ist der Ballon beim Schützenhause in Pforzheim aufgelassen worden.

Neuenbürg, 19. Sept. Eine alte Streitfrage ist, wer die Kosten bezahlt, wenn sich ein Stelle­suchender von auswärts einem Arbeitgeber persönlich vorstellt. Nur selten wird hierüber vorher etwas vereinbart. Die Handelskammer zu Kassel hat in einem Gutachten ausgesprochen, daß es üblich sei, dann, wenn der Slellesuchende eine direkte Auf­forderung erhalten habe, sich vorzustellen, die auf­gewendeten Reisekosten, nicht aber sonstige Auslagen, zu vergüten seien.

> Herrenalb, 23. Septbr. Am Sonntag unternahm der hiesige Bezirksverein desWürtt. Schwarzwaldvereins" unter Führung seines Vor­stands, Aufsichtslehrer Fuchs, seinen Herbstausflug nach Dobel. Trotz reichlicher Regengüsse, die bis zum Nachmittag anhielten, versammelte sich an der Brücke inmitten der Stadt eine stattliche Anzahl von Mitgliedern, denen sich zu allgemeiner Freude auch mehrere tapfere Damen und Kurgäste anschlossen. Man wählte den herrlichen Grafenweg, welcher am Dachsbau" von der alten Dobler Landstraße ab­zweigt und den Maienberg hinan in beträchtlichem Anstieg zum Höhenweg führt, wo er an der Stier­hütte endigt. Von hier gings über den Kreuzwasen zum Wasserreservoir; die Äussicht war leider durch das dunstige, nebliche Wetter getrübt, nicht aber die gute Stimmung, die am Zielpunkt des Marsches (Hotel Sonne) noch weitere Anregung erfuhr. Unsere Kurkapelle hatte am gleichen Tage ihre Sommer­tätigkeit beendet, und Kapellmeister M. Post war mit einem Quartett erschienen, um noch einmal zum Abschied die schönsten Weisen erklingen zu lassen. Der Vorsitzende begrüßte in herzlicher Ansprache die Erschienenen, zu welchem sich auch viele Dobler Freunde gesellt hatten. Nun wechselten heitere Reden, Solovorträge von Kapellmeister Post (Violin-Virtuose) und Lehrer Seeger (Tenor) mit allgemeinen Gesängen, für welch letztere das Lieder­buch des Schwarzwaldvereins ganz vortreffliche Dienste leistete. Für die Heimkehr stellten einige Mitglieder höchst dankenswert eine Anzahl Gefährte zur Ver­fügung. Besonderer Dank aber gebührt dem Vor­sitzenden für die mit großem Geschick durchgeführte Veranstaltung, die bei allen Teilnehmern die besten Eindrücke hinterließ.