vermischres.
Die Münchener hören es nicht gern, wenn man von ihrer Leistungsfähigkeit im Biertrinken spricht. Sie wollen besser sein, als ihr Ruf. Jüngst führte uns — so schreibt ein Münchener als Beweis dafür, wie schmählich die bayerische Hauptstadt verleumdet wird — in mitternächtlicher Stunde der Weg am Hofbräuhaus vorbei, als sich uns ein Herr aus Leipzig zugesellte. Im Laufe des Gesprächs rückte der Sachse allen Ernstes mit der Frage heraus, ob es denn wirklich wahr sei, was er mal in einer Zeitung gelesen habe, daß jeder rechte Münchener am Tag seine wohlgezählten dreißig Maß Bier trinke, ja trinken müsse, da er sonst nicht die richtige Bettschwere habe. Der schon ergraute Herr erzählte weiter, daß er schon seit einer Woche eigens seine Abende im Hofbräuhauskeller verbringe, weil er gehört habe, daß sich dort die bedeutendsten Biertrinker Münchens zusammenfänden. Trotz aller Aufmerksamkeit habe er aber noch nicht einen solchen Zecher entdecken können. Erst, nachdem wir dem sächsischen Bundesbruder an der Hand eines einfachen Rechenexempels nachwiesen, daß wohl die wenigsten Münchner in der Lage und noch viel, viel weniger so unvernünftig seien, jeden Tag 8 Mark allein für Bier auszugeben, erklärte sich der Leipziger Herr von seinem Irrglauben geheilt.
Der Herr Wasserkommissär. Im „Tagebuch" seines Heimgarten (Verlag „Leykam" in Graz) erzählt P. Rosegger folgendes Schelmenstückchen: Zur Hochwasserzeit, die Heuer nicht enden will. An den Tümpeln, Wildgräben und über die Wiesen gebt ein Fremder dahin, um den Weg abzukürzen, obschon er nichts zu versäumen hat. Die Stiefel trägt er über den Achseln und watet barfuß durchs Gras. Kommt ihm ein Bauer nach, bricht vom dürren Strupp einen Ast und schreit: „Soll ih Ihnen außhelfen aus der Wiesen? 's Gras zsamm- treten dal Wo eh 's Wasser so viel hat Schaden tan!" Antwortet der Fremde ruhig; „Aber Bauer, deswegen bin ich ja da. Muß ja nachschauen und die Wasserschäden aufschreiben für die kaiserlichkönigliche Statthalterei. Daß Ihr armen Bauern eine Vergütung bekommt." „'s selb wär brav", sagt der Bauer, „und wenn der Herr erst meinen Stadl tat sehen, dem's Wasser die Grundmauern hat weggerissen — 's ist aus der Weis'." „Könnten ihn ja anschauen", meint der Fremde, „wenn ich nicht jetzt ins Wirtshaus müßt', 's wird schon Mittagszeit. „Bissel hätten wir auch noch was", sagt der Bauer. So geht der Herr Wasserkommissür mit dem Bauern in den Hof, wo er mit Milch, Brot und Butter bewirtet wird und noch mit einer Eierspeise, die dem Herrn rechtschaffen schmeckt. Wie er nachher immer noch barfuß weiterschlendert auf der Straße und ein Liedel pfeift, schaut ihm die Bäuerin nach und ruft hell aus: „Gfoppt sein ma I Das ist mein Lebrag kein Kommissär nit, das ist ein Umergeher (Vagabund). Was tut's mir leid um meine Eier!" Mir hat das Spitzbubenstückel der Bauer geklagt und dazugesetzt: „Wenn's Wasser und die Dummheit nit alleweil so groß wär bei uns Bauern, ma tat besser Hausen." Diesmal wäre lebhaftester Widerspruch höflich gewesen, aber ich habe nicht widersprochen.
Eine seltsame Geschichte. Ueber eine seltsame Hühneraugengeschichte wird aus Berlin erzählt: Eine Dame, die von einem Hühnerauge arg geplagt wurde, hatte von einer Freundin den Rat erhalten, es mit Phosphor zu bestreichen, was sie tat. Sie vergaß aber ihrem Manne vor dem Zubettgehen Mitteilung davon zu machen. Es hatte gerade zwölf geschlagen, als ihr Mann erwachte und zu seinem Entsetzen ein glühendes Etwas zu Füßen des Bettes sah. Seinen ganzen Mut zusammennehmend, griff er unter das Bett, holte einen Pantoffel hervor, schwang ihn hoch in die Luft und ließ ihn mit großer Kraft auf das mysteriöse Licht niedersauien. Sofort ertönte ein gräßlicher Schrei, und im Bette erhob sich ein großer Tumult. Heute ist die Dame von ihrem Hühnerauge befreit.
Die Könige als Raucher. Im Gil Blas liest man: Unter den gekrönten Häuptern scheinen die meisten durchaus nicht geneigt zu sein, der „Liga gegen den übertriebenen Tabaksgenuß", die sich neuerdings gebildet hat, beizutreten. König Eduard VII. raucht die erlesensten Zigarren und verschmäht auch von Zeit zu Zeit nicht, ein Pfeifchen hervorragenden Tabaks zu schmauchen. Leopold II. von Belgien und Carlos von Portugal sind hartnäckige Zigarrenraucher und brauchen ein gutes Dutzend täglich. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich raucht trotz seines hohen Alters noch die Pfeife. Kaiser
Wilhelm haben die Aerzte geraten, so wenig wie möglich zu rauchen, und obwohl er eine wunderbare Pfeifensammlung besitzt, zündet er nur selten eine kleine Zigarette an, die er gewöhnlich fortwirft, wenn er sie zur Hälfte geraucht hat. Der Zar raucht dagegen etwa 30 Zigaretten am Tage, und auch Alfons XIII. gibt der Zigarette den Vorzug, die er immer in einer mit Gold gefaßten Bernsteinspitze raucht; nur selten gestattet er sich eine Havanna. König Viktor Emanuel ist wieder nur ein schwacher Raucher; zwei Zigaretten am Tag genügen ihm. Und König Oskar von Schweden ist gänzlich Nichtraucher ...
Ein vergessenerZug. Ein Lokomotivführer, der die Wagen seines Zuges auf der Strecke vergißt, hat gewiß den Gipfel der Zerstreutheit erklommen; so unwahrscheinlich es klingt, die Geschichte ist doch soeben bei einem von Paris nach Lorient abgehenden Zuge passiert. Der Zug stand zur Abfahrt auf der Station; aber es waren außer zwei Wagen erster Klasse alle anderen zusammen mit dem Postwagen noch abgekoppelt, und sie sollten gerade angehängt werden. Plötzlich ertönte ein Pfiff und ohne sich weiter Gedanken zu machen, öffnete der Lokomotivführer, der dies für das Abfahrtssignal hielt, das Ventil und dampfte ab. Der Stationsvorsteher pfiff, was er konnte, alle schrieen, und die Signalflacken wurden geschwenkt — es nutzte alles nichts. Eine halbe Stunde später kam die Lokomotive auf der nächsten Station an, und der durch ein Telegramm benachrichtigte Stationsvorsteher trat an den Lokomotivführer heran: „Wo haben Sie denn Ihren Zug gelassen?" „Da ist er ja!" „Wo denn?" fragte der Stationsvorsteher; „er scheint sich unterwegs verkrümmelt zu haben." Nun stieg der Lokomotivführer herunter und blieb wie angewurzelt stehen, als er sah, daß er in der Tat fast seinen ganzen Zug vergessen hatte.
Ein Patient, der 13 Jahre im Wasser gelebt hat, ist kürzlich im Braunschweiger Krankenhause gestorben. Am 1. Nov. 1894 stürzte der 20- jährige Maurer Ferdinand Schlimme vom Baume und erlitt eine schwere Verletzung. Die Untersuchung ergab, daß ihm in der Nähe des Steißbeines die Wirbelsäule gebrochen und offenbar an der Bruchstelle das Rückenmark zerquetscht war. Infolgedessen war eine Lähmung der unteren Körperhälfte einschließlich der Funktionen des Mastdarms und der Blase eingetreten. Es entstand daher für den Patienten die Gefahr des Durchliegens, die zweifellos sein baldiges Ableben herbeigeführt haben würde. Um ihn zu retten, blieb nichts anderes übrig, als ihn zunächst in ein permanentes Wasserbad zu legen, und da sich eine Operation als aussichtslos erwies, so mußte Schl, schließlich sein Leben dauernd darin zubringen. Dieses Wasserbad war also seitdem Schlimmes ständiger Aufenthalt, seine Arbeits- und Schlafstätte. Um ihm diese Zwangslage möglichst angenehm und bequem zu gestalten, hatte man in den badewanneähnlichen Behälter einen ausgefüllten Rahmen zum Herausheben eingesetzt, auf dem der Körper ruhte. Das beständig zu- und abfließende Wasser wurde durch selbsttätige Regulierung auf der angenehmen Temperaturhöhe von 27—28 Grad Reaumur gehalten. Schlimmme fand sich sehr bald in seine eigenartige Lebensweise; die Ernährung war gut, und er bekam ein kräftiges und gesundes Aussehen. Dabei entfaltete er in seinem feuchten Elemente eine lebhafte Tätigkeit. Er schnizte Vogelbauer, betrieb eine ausgedehnte Kanarienvogelzucht, fertigte Drahtarbeiten an, strickte und webte und erlangte bald eine solche Kunstfertigkeit, daß die Erzeugnisse dieses merkwürdigen Patienten guten Absatz fanden und er einen leidlichen Verdienst hatte. Außerhalb des Wassers klagte der Kranke über Schmerzen in der Grenzgegend des Rückenmarks, und immer wieder mußte er in sein Wasserbad zurück, in dem er kürzlich, nach 12"/i Jahren, sein Leben beschließen sollte.
Was die Berliner Kinder sich ins Album schreiben. Eine Berlinerin schreibt: „Auch die Stammbücher unserer lieben Jöhren liefern manches Amüsante. Neben den alten Stammbuchversen, die schon unsere Urgroßmüttern kannten, findet man auch manche neuere „Dichtung". Viel beliebt ist z. B. folgender Vers: „Ich saß im Garten und schlief, da kam ein Engel und rief: Mariechen, du sollst aufstehen und zu deiner lieben Freundin gehen." Da der Vers sehr oft von einem Album ins andere abgeschrieben wird und manche „Freundin" etwas gedankenlos abschreibt, so liest man im Verse sehr oft einen ganz anderen Namen als den der Schreiberin ; und es heißt z. B: Mariechen, du sollst aufstehen und zu deiner lieben Freundin gehen. Zur
Redaktion, Vr»«k »nd Verlag »s« L. Meeh t« NeaexLürg,
Erinnerung an Anneliese Maier. — Ein Scherz- verschen, das sehr oft vorkommt, ist das folgende:
Alles Unglück wünsch' ich dir
Fern vom Leibe. Bleibe mir
Alles. Unglück treffe dich
Niemals. Denk' an mich.
Da in der Regel, niemand gleich auf die Interpunktion achtet, gibt der Vers zu allerhand lustigen Szenen Veranlassung. Bibelsprüche werden selten eingeschrieben, und wenn, so ist es meist das alte: „Sei getreu bis in den Tod". Dafür trifft man sehr viel „Tugendverse". Und wenn man so liest, wie sich unsere Berliner Rangen in ihren Stammbüchern gegenseitig Moral predigen, sollte man gar nicht glauben, daß sie auch auf Bäume klettern und — Hosen zerreißen köynen. Denken sich die Rangen eigentlich etwas bei solchen Moralpredigten? Kaum. Und so fei denn die bescheidene Frage gestattet, ob sich unsere lieben Mamas nicht mal um die Stammbücher ihrer Kinder kümmern wollen. Ein Stammbuch ist eine hübsche Sache und kann zu einer lieben Erinnerung und einem Schatz fürs Leben werden, wenn es uns die, die sich darin „eingeschrieben", ihrem Charakter gemäß vorführt. Wird Hans Schulz beispielsweise nach 50 Jahren noch ein Bild von Fritz Müller haben, wenn er dessen Mahnung liest: Lebe rein, inein Kind, dies schöne Leben — Wie die Lilie lebt in voller Unschuld? usw. Nein! Aber wenn da stünde: „Erinnere dich, lieber Hans, wenn du dies einst liest, wie wir zusammen in Nachbars Garten Kirschen mausten", oder: „Wie schön wir neulich im Grunewald Räuber und Prinzessin spielten" — so war ein Stück Jugend festgehalten für ewige Zeiten. Mögen Lehrer und Lehrerinnen, Onkel und Tanten einen ernsten Mahnspruch ins Album schreiben. Die Kinder aber laßt kindlich bleiben und sich gegenseitig an die traurigste oder lustigste Sache erinnern, die sie gegenwärtig miteinander verbindet. Es würde dann entschieden mehr Wahrheit in die „Albums" kommen, sie könnten sogar manch interessanten Einblick in die kindliche Psyche eröffnen, während sie jetzt nur eine Anhäufung von Blödsinn und Verlogenheit sind.
Die Schnecke gilt wegen ihrer Langsamkeit und ihrer Hilflosigkeit als ein stumpfsinniges Geschöpf. Und doch besitzt die Schnecke mindestens ebenso vortreffliche Eigenschaften wie andere, als klug verschrieene Tiere, und außerdem besitzt sie noch ^ einen überaus scharfen Beobachtungssinn. „Es war ein Junimorgen", so plaudert der landwirtschaftliche Mitarbeiter des „Temps". „Die Luft war hell und klar, das Wetter prachtvoll, das Barometer hoch und ich so aufgeräumt, daß ich in meinem Gärtchen, das am Flusse liegt, spazieren ging. Plötzlich bemerkte ich zu meiner großen Verwunderung, daß unter der sonst so friedlichen und gemütlichen Klasse der Schnecken etwas Ungewöhnliches vorging. Aus allen Winkeln kamen sie heraus, überall waren sie zu sehen, und ich hätte nie geglaubt, daß es auf meinem bescheidenen Fleckchen Gartenerde so viel Schnecken gäbe. Sie marschierten offenbar einem bestimmten Ziele zu und schienen etwas Bestimmtes zu wollen. Und bald hatte ich es auch heraus: alle diese Schnecken wandelten zu dem Zaun, der meine Besitzung abschließt, und erkletterten ihn bis zu einer Höhe von etwa 20 Zentimetern von der Spitze. Oben angekommen, machten sie sich mit dem Schleim, den sie ausscheiden, fest und blieben unbeweglich sitzen. Was sollte dieses eigenartige Manöver bedeuten? Was für ein merkwürdiger Einfall, sich auf ausgetrockneten Blättern, die den Schnecken sonst höchst unsympathisch sind in solcher Weise der vollen , Sonnenglut auszusetzen? War das irgend ein neuer, seltsamer Brauch? Einige Stunden später hatte ich ! den Schlüssel des Geheimnisses: das Welker, das so schön gewesen war, schlug plötzlich um; es ging ein furchtbarer Platzregen nieder. Der Fluß schwoll an, stieg und trat aus den Ufern; große Wassermengen ! überfluteten das Gärtchen, aber bis zu der Zaun- ! höhe, auf welcher die Schnecken saßen, gelangten sie j nicht. Als das Wasser sich wieder zurückzog, kletter- ! ten auch die Schnecken wieder herunter und über- ! fielen, um sich von dem ausgestandenen Schrecken zu ^ erholen, mit bewundernswerter Einigkeit meinen Salat. Man kann daraus schließen, daß einer sehr tölpelhaft aussehen und doch sehr schlau und klug sein kann."
(Ahnungsvoll.) Mann (nachdem er den Besuch seiner Frau vorgestellt): „Darf ich Ihnen auch unsere Töchter vorstellen?" — Besuch: „O, ich danke, es genügt mir!"