Vom Berner Oberland wird der „N. Z. Z." gemeldet, die Temperatur sei um 19 Grad gefallen. Unter wiederholten elektrischen Entladungen sei bis 1800 Meter herunter Schnee gefallen. Scheidegg und Wengernalp bieten seit Freitag früh ein völliges Winterbild.)
Innsbruck, 16. August. Ein mit Fahrgästen überfüllter Omnibus der Linie Triest—Tione ist bei Sarche umgestürzl und in Stücke gebrochen. Neun Personen wurden schwer, der Kutscher und ein Sprachlehrer tödlich verletzt. Die Ursache des Unglücks ist in dem defekten Zustand des Wagens zu suchen.
Toulon, 16. August. In den Fichtenwäldern, die die Forts Faron und Coudon umgeben, brachen zu gleicher Zeit Feuersbrünste aus; Truppenabteilungen sind nach den Brandstellen abgegangen. Um 11 Uhr morgens wütete das Feuer noch bei heftigem Winde.
Württemberg.
Stuttgart, 18. Aug. Der Internationale sozialistische Kongreß hat seinen Anfang genommen. Es mögen bis jetzt ungefähr 1000 Delegierte eingetrosfen sein. Nicht nur die europäischen Staaten, die fast sämtlich ihre bedeutendsten sozialistischen Führer hierher enffandt haben, sind vertreten, auch Amerika, Afrika, Asien und Australien sind durch mehrere Delegierte vertreten. Es geht entschieden ein kosmopolitischer Zug durch das derzeitige Stuttgarter Straßenleben. An den größeren Hotels stauen sich Menschenmassen, die auf das Erscheinen der führenden Geister der internationalen Sozialdemokratie geduldig warten. Gestern fand der internationale Frauenkongreß statt, wovon die Vertreter der bürgerlichen Presse wohl aus gewichtigen Gründen ausgeschlossen wurden. Die Verhandlungen konnten jedoch am Samstag nicht zu Ende geführt werden und müssen am Montag ihren Abschluß finden, damit das Ergebnis der Beratungen über die Frage des Frauenstimmrechts bei Besprechung dieses Punktes auf dem Internationalen Sozialistenkongreß berücksichtigt werden kann. Heute vormittag um 11 Uhr fand die Eröffnung des Kongresses im Festsaal der Liederhalle statt. Als Einleitung erklang eine Hymne nach der Melodie des Lutherschen Reformationsliedes. August Bebel, mit minutenlangem Beifall empfangen, hielt die Begrüßungsansprache. Nachdem die Rede ins Englische und Französische übersetzt worden war, sprach Vander- velde (Belgien) in französischer Sprache. Als Vertreter des kleinsten Staates habe er den Auftrag des internationalen Bureaus, Bebel die Huldigung auszusprechen. Darauf teilte Singer mit,daß zu Beratungsgegenständen des Kongresses bestimmt worden seien: Militärfrage. Beziehungen zwischen politischen Vereinen und Gewerkschaften. Kolonialfragen. Ein- und Auswanderung der Arbeiter. Frauenstimmrecht. Die Versammlung wurde um Iffs Uhr geschlossen. Auf 4ffs Uhr nachmittags waren die Volksversammlungen auf dem Cannstatter Wasen anberaumt. Tausende zogen hinaus und verteilten sich auf die Plätze vor den sechs Tribünen. Die
Im Kampf ums Glück.
Roman von C. v. Livonius.
17) - (Nachdruck verboten.)
Einige Tage nach diesem Vorfall ging auch ein Brief nach Mariental ab, in dem Rhona zum ersten Mal klagte und ihren Vater bat, sie unter seinen Schutz zu nehmen. In banger Erwartung sah sie der Antwort entgegen.
Tag um Tag verging, von Mariental kam kein Lebenszeichen.
Rhona erschien wieder in den Gesellschastsräumen, sie ging an der Seite ihres Gatten aus, sie speiste mit ihm an demselben Tische — alles ganz, als ob nichts vorgefallen wäre, alles mit demselben ruhigen, kalten, bleichen Gesicht.
Insgeheim aber wurde sie von Unruhe und Angst verzehrt. Wir hatte ihr Vater ihr Schreiben ausgenommen? Weshalb antwortete er ihr nicht? Warum überließ er sie so qualvoller Ungewißheit?
Da kam Förster plötzlich, unerwartet. Er hatte, wie er sagte, seine Tochter überraschen wollen.
Am ersten Tage war es Rhona nicht möglich, eine ungestörte Zwiesprache mit ihrem Vater zu halten.
Es schien ihr fast, als vermeide er es selbst, mit ihr allein zu sein.
Für Guido Mergentheim war Försters Besuch gar nicht ungelegen gekommen; jetzt konnte er seinem Schwiegervater zeigen, wie angesehen er in Ham- !
I bekannten Sozialistenführer wurden bei ihrer Ankunft und Abfahrt von der spalierbildenden Menge mit brausenden Hochrufen empfangen, was mit den Ansichten der Sozialdemokratie über den Personenkultus in entschiedenem Widerspruch steht. Das Programm konnte nicht in allen Teilen durchgeführt werden. So mußte für den erkrankten französischen Sozialistenführer Gussdes Marcel Cachin (Paris) einspringen und der im Programm als Redner nicht vorgesehene Reichstagsabg. Bernstein kam auch noch zum Wort. Besonderes Interesse wurde den Ausführungen Jaures entgegengebracht, der zum Schluß seiner Ausführungen deutsch sprach. Die Reden der ausländischen Delegierten, soweit sie nicht der deutschen Sprache mächtig waren, wurden sofort übersetzt. Jaures gab seiner Freude darüber Ausdruck, vor einer so glänzenden Versammlung sprechen zu können. Weder in Frankreich noch in England habe er eine so herrliche Demonstration beobachtet. Er konstatierte die Solidarität des deutschen und französischen Proletariats. Die Schlußansprache hielt Bebel, der zum Eintritt in die politischen und gewerkschaftlichen Organisationen aufforderte. Nach Schluß des Meetings zerstreuten sich rasch die Massen. Die Ruhe blieb allenthalben bewahrt. Die Polizei, die sich merklich im Hintergrund gehalten, hatte keine Veranlassung, einzuschreiten. Die Plenarsitzungen beginnen Dienstag vormittag.
Stuttgart, 16. August. Die am Fuß der Uhlandshöhe gelegene „Villa Alexandra", die nach dem finanziellen Zusammenbruch der Fürstin Jsen- burg-Bierstein in andere Hände überging und seitdem wiederholt ihren Besitzer gewechselt hat, ist jetzt um den Preis von 430000 in den Besitz von Architekt Schweitzer übergegangen, der die im Pariser Palaststil erbaute Villa niederreißen und auf dem ziemlich umfangreichen Areal ein Villenviertel, bestehend aus ca. 20 Einzelvillen, anlegen will.
Stuttgart, 17. August. Ein Betten-Marder wurde gestern hier in der Person des mehrfach vorbestraften 36 Jahre alten verheirateten Kaufmann Albert Schaufler aus Wilferdingen, wohnhaft in Karlsruhe, festgenommen. Derselbe hat in Gasthäusern, in denen er unter dem Vorgeben, zu übernachten, sich unter falschen Namen eintrug, Bettstücke entwendet und sich alsbald heimlich wieder entfernt.
Vermehrung von Holz-Verladewagen in Württemberg. Der Verein für Holzinteressenten Südwestdeutschlands hatte sich im Jahre 1905 an die K. Generaldirektion der Staatseisenbahnen mit einer Eingabe gewandt, in welcher festgestellt wurde, daß die Beförderungsmittel der württ. Staatseisenbahnen für die Anforderungen der Holzindustrie Württembergs nicht durchweg genügten und daß besonders die Sägeindustrie geeignete Transportmittel für Bauholz vermisse. In ihrer Antwort, welche im Jahresbericht des genannten Vereins für das Jahr 1905 zum Abdruck gekommen ist, stellte die Generaldirektion die Beschaffung weiterer 880- Wagen mit 15 Meter Ladelänge und hohen Rangen, um der Nachfrage nach Plattformwagen längerer Bauart mehr als bisher entsprechen zu können, in Aussicht. Die Generaldirektion hat ihr Versprechen
bürg war, welch vornehmen Haushalt er führte und in welch glänzenden Verhältnissen Rhona lebte.
Förster ward in der Tat durch alles was er sah und hörte, ganz geblendet. Es schmeichelte ihm, der Schwiegervater eines so reichen Mannes zu sein und er selbst schalt Rhona töricht, daß sie sich unter solchen Umständen nicht glücklich fühlte.
Sein Kommen hattte überhaupt nur den Zweck gehabt, Rhona zu beruhigen und sie vor einem übereilten Schritt abzuhalten. Nie wäre es ihm jedoch eingefallen, seine Tochter mit sich heim zu nehmen, wie Rhona heimlich gehofft hatte.
Er sagte ihr dies auch, als es ihr endlich gelang, mit ihm einmal allein zu sein.
Rhona starrte den Vater entsetzt an.
„Du willst mich in diesem Elend lassen?" fragte sie mit tonloser Stimme.
„Elend! Ein sehr glänzendes Elend, fürwahr", versetzte Förster ärgerlich; „du lebst wie eine Fürstin, bist von Reichtum und Pracht umgeben, verkehrst nur in den besten Gesellschaftskreisen, nimmst überall eine bevorzugte Stellung ein — und das willst du Elend nennen!"
„Es ist auch ein Elend", rief Rhona schmerzlich, „ein Elend so jammervoll so erbärmlich, daß ich es kaum ertragen kann. Nimm mich mit, Vater, nimm mich fort von hier. Ich muß zu Grunde gehen, wenn ich hier noch länger bleibe. Guido denkt nur an Geldgewinn, alles andere ist ihm gleichgültig. Ich konnte ihn nie lieben, jetzt kann ich ihn nicht ! einmal mehr achten."
eingelöst, denn sie teilte dieser Tage dem Vorstand des Vereins von Holzinteressenten Südwestdeutschlands in Freiburg i. B. folgendes mit: „Ihrem früher ausgesprochenen Wunsch entsprechend haben wir während des letzten und des laufenden Jahres die Zahl unserer Plattformwagen um 20 880- Wagen, je mit 15 Meter Ladelänge, 30 Tonnen Tragfähigkeit und 1,5 Meter hohen eisernen Rangen vermehrt." Seit der Indienststellung dieser Wagen ist ein Mangel an Wagen zur Verladung längerer Bauhölzer nicht mehr eingetreten.
Stand der Weinberge im Stuttgarter Tal. Den erfreulichen Berichten, die von vielen Weinbaugegenden des In- und Auslands zur Oeffentlichkeit gelangen, kann sich auch Stuttgart und Umgebung anschließen. Die Befürchtung, die der Weingärtner hegte, es möchte namentlich die Blattfallkrankheit (Peronospora), die voriges Jahr ganze Gebiete verheerte, wieder auftreten, hat sich gottlob bis heute nicht bewahrheitet. Es ist dies eine Tatsache, die sehr erfreulich ist und der Hoffnung auf einen guten Herbstertrag wieder mehr Raum gibt. Die viele Mühe, die sich dieses Jahr der Weingärtner so ziemlich allgemein mit dreimaligem Bespritzen seiner Weinberge mit Kupfervitriol und Kalk nahm, hat diese in einem schon lange nicht mehr gesehenen gesunden Stand erhalten; aber auch an Reben, die weniger gut behandelt sind, ja an solchen, wo gar nicht gespritzt wurden, ist die Krankheit nur selten zu bemerken, während in früheren Jahren an solchen in kurzer Zeit Laub und Frucht verdorben waren. Der falsche Mehltau (Oidium) tritt dagegen in manchen Lagen vereinzelt auf; gegen diesen Feind wird durch Schwefeln mit Erfolg angekämpft. Im großen ganzen kann der Weingärtner mit. dem heutigen Stand der Weinberge sehr zufrieden sein. Zeigen auch die oberen Keuperlagen weniger Trauben, so versprechen doch die kräftigeren Böden schöne Erträge; namentlich machen unsere Mittellagen Freude. Der gut verlaufenen Blüte ist es zu danken, daß alle im Stuttgarter Tal und Umgebung angebaute Sorten, auch die empfindlichste, der Elbling, vollkommene Trauben zeigen. Der Trollinger kann in erster Linie gelobt werden; auch weißer Rießling, Portugieser, Silvaner, Urban u. s. w. lassen nichts zu wünschen übrig. So wollen wir nun hoffen, daß auch der Verlauf des Jahres vollends günstig wirkt und die Hoffnungen so vieler wahr macht, zu nutz und frommen aller!
Lauffen a. N., 15. August. Die Trauben beginnen nunmehr auch in den Weinbergen sich zu färben; in verschiedenen Weinbergen sind gefärbte Trauben zu sehen. Durch die ausgezeichnete, heiße Witterung von Mitte Juli an haben die Weinberge wieder reichlich hereingeholt, was sie etwa im Vorsommer im Wachstum versäumt haben. Der Traubenbehang ist im allgemeinen sehr schön; die Belaubung überall üppig und gesund — eine Folge der rationellen Behandlung der Weinberge und der intensiven Behandlung der Rebkrankheiten im Vorjahre wie auch in diesem Jahre.
Schloß Friedrichshafen, 17. Aug. Der deutsche Barde Dr. Kriftel hatte gestern abend die
„Eitles Geschwätz", unterbrach sie Förster rauh, „steckt dir am Ende noch der Bildhauer im Kopfe? Es hat ganz den Anschein danach. Sei froh, daß du es so gut getroffen hast — du lebst ja in den denkbar angenehmsten Verhältnissen. Wenn Guido vielleicht auch manchmal rauh und barsch ist — das muß man ihm Nachsehen, er hat wichtigere Sachen im Kopfe, als bei dir den schmachtenden Seladon zu spielen. Hast du nicht alles, was nur eine junge Frau sich wünschen kann? Schmuck, schöne Kleider, Vergnügungen — nur ein so törichtes Geschöpf wie du kann sich dabei nicht glücklich fühlen."
„Auf Glück habe ich längst verzichtet", versetzte Rhona bitter, „ich möchte nur Frieden haben, aber auch den habe ich nicht. Täglich muß ich zittern und beben, daß Guido um der kleinlichsten Dinge willen Streit anfängt, ich bin in seinen Augen nicht mehr als seine Sklavin, an der er nach Belieben seine üble Laune ausläßt. Und dann, siehst du es denn nicht, dieser wahnsinnige Luxus muß über kurz oder lang zum Verderben führen. Der alte Herr war ein ehrlicher, schlichter Mann; als er noch lebte, war es behaglich hier im Hause. Seit seinem Tode geht hier alles drunter und drüber. Guidos Mutter Hut gar keinen Einfluß auf ihn, auch lebt sie nicht hier; seit sie Witwe ist, hat sie sich aufs Land zurückgezogen und kümmert sich gar nicht um uns. An sie kann ich mich nicht wenden, um Guido zur Vernunft zu bringen, auch würde es nichts nützen — Guido ist keiner Einsprache zugänglich, für ihn ist allein sein Wille maßgebend. Nützen kann ich