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Anzeiger für das Enztal und Umgebung.
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Fernsprecher Nr. 4.
122 .
Neuenbürg, Samstag den 3. August 1907.
65. Jahrgang.
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Auf dem Gebiet der inneren deutschen Politik hat die abgelaufene Woche nichts sonderlich neues oder bemerkenswertes gezeitigt. Einigen Wellenschlag verursacht fortgesetzt der neue dänenfreundliche Regierungskurs in Nordschleswkg, wie er sich soeben auch in der Aufhebung der seinerzeit über 180 dänische Staatsangehörige verhängt gewesenen Ausweisungsmaßregel aus Nordschleswig äußert. Der nationalliberale Verein des Reichstagswahlkreises Flensburg und Apenrade hat in einer Generalversammlung Stellung gegen den neuert Dänenkurs der Regierung genommen. — In Sachsen ist man mit der Aufstellung von Kandidaten anläßlich der bevorstehenden Erneuerungswahlen zum Landtage beschäftigt; die Wahlen werden sich im Hinblick auf die schwebende Wahlreformfrage zweifellos sehr lebhaft gestalten. — In Baden gilt die Stellung des Verkehrsministers v. Marschall als erschüttert. — In Württemberg tagt der Landtag noch immer weiter. Von erwähnenswerteren nicht politischen Begebenheiten der abgelaufenen Woche seien genannt das 300- jährige Jubiläum der Universität in Gi eßen, welchem der Großherzog und die Großherzogin von Hessen beiwohnten, sowie das siebente deutsche Sängerfest in Breslau. Auf letzterem kam es am Mittwoch zu ziemlich unerquicklichen Vorgängen, indem sich bei der Bestimmung des Festortes für das im Jahr 1912 abzuhaltende achte deutsche Sängerfest seitens der Vertreter der einzelnen Sängerbünde eine heftige und unerfreuliche Debatte entspann. Bei der Abstimmung fielen zunächst auf Leipzig 70, auf Nürnberg 69 und auf Köln 10 Stimmen. In der engeren Wahl siegte Nürnberg mit 79 Stimmen über Leipzig, welches diesmal nur 68 Stimmen erhielt. — In Marburg tagte eine Konferenz der Rektoren aller deutsch sprechenden Universitäten.
Berlin, 2. Aug. Die „Nordd. Mg. Ztg." schreibt: „Als willkommener Gast trifft morgen Kaiser Nikolaus von Rußland vor Swinemünde ein, um in Erwiderung des Besuchs, den ihm Kaiser Wilhelm im Juni 1905 in den finischen Schären gemacht hat, mit unserem Kaiser einige Tage freundschaftlichen Zusammenseins zu verleben. Die Begegnung entspricht einer alten Gewohnheit und bringt aufs neue die Freundschaft beider Monarchen zum Ausdruck. Die Tage werden vornehmlich dem persönlichen Verkehr dienen; bestimmte politische Zwecke haben die Zusammenkunft nicht veranlaßt. Wir wissen uns im Einklang mit dem deutschen Volk, wenn wir der Monarchenbegegnung einen glücklichen u. ersprießlichen Verlauf wünschen".
Von der internationalen Friedenskonferenz im Haag ist endlich ein erstmaliges wichtigeres Verhandlungsergebnis zu verzeichnen. Am Mittwoch nahm die vierte Kommission den englischen Amrag wegen Abschaffung der Kontrebande mit 25 gegen 5 Stimmen bei 4 Stimmenenthaltungen an. Die Opposition bildeten Deutschland, Rußland, Amerika, Frankreich und Montenegro. Nun hat noch das Plenum der Konferenz über den englischen Vorschlag zu entscheiden.
Im englischen Unterhaus fand am Mittwoch eine größere Marinedebatte statt, in welcher der Admiralitätssekretär Robertson das neue Flottenbauprogramm der englischen Regierung entwickelte. Cr betonte hierbei, nach wie vor halte die Regierung daran fest, daß die britische Flotte unter allen Umständen den Flotten anderer Mächte überlegen sein müßte. Schließlich wurde der Antrag der Radikalen, die Flottenausgaben zu vermindern, mit 263 gegen 86 Stimmen abgelehnt und der Marine-Etat genehmigt. Das Ausland sieht also, was von den Abrüstungsvorschlägen Johann Bulls zu halten ist!
Württemberg»
Stuttgart, 1. Aug. Die Zweite Kammer hat am heutigen Donnerstag die Beratung des Eisenbahnbaukreditgesetzes fortgesetzt und hiebei für die Ziff. 4 des Art. 1, in dem für eine Nebenbahn von Maulbronn nach Sternenfels, die einen Gesamtaufwand von über 2 Mill. erfordert, als erste Rate 500000 Mk. gefordert werden, die ganze Sitzung verwandt. Das Haus hat den Bau dieser Bahn der Regierung wiederholt zur Berücksichtigung überwiesen, doch gelangte die volkswirtschaftliche Kommission in Anbetracht der wirtschaftlichen Verhältnisse zu dem Antrag, diese Ziffer zu streichen und die Regierung zu ersuchen, im nächsten Eisenbahnbaukreditgesetz die Mittel vorzusehen für eine normalspurige Nebenbahn von Breiten über Knittlingen nach Derdingen und für eine normalspurige Stichbahn vom Bahnhof Maulbronn nach der Stadt Maulbronn. Nachdem in der Kommission sich die Einstimmigkeit für diesen Antrag ergeben hatte, wurde von Geh. Rat v. Balz die Erklärung abgegeben, daß die Regierung an ihrem Projekt nicht ä tout prix festhalte, sondern die Beschlüsse dieses und des anderen Hauses abwarten wolle. Der Beschluß der Kommission wurde vom Berichterstatter Betz zu dem Vorwurf benützt, es seien für diese Schwenkung nicht objektive Gründe, sondern politische Rücksichten maßgebend gewesen, ein Vorwurf, den Betz auch gegen Kommissionsmitglieder seiner eigenen Partei erhob, und der ihm zwei Ordnungsrufe eintrug. Auch Dr. Eisele, der davon sprach, daß Kommission und Regierung das Odium des Wankelmuts und der Unzuverlässigkeit aus sich genommen haben, zog sich einen Ordnungsruf zu. Gegen diese Angriffe wandten sich sowohl der Ministerpräsident, wie auch Geh. Rut v. Balz, die den eingangs erwähnten Standpunkt der Regierung darlegten. Körner (B.K.) brachte Betz in eine unangenehme Lage durch die Erinnerung daran, daß Betz zuerst für das Regierungsprojekt eingetreten sei, dann den gegenteiligen Kommissionsantrag zu dem seinigen gemacht und schließlich sich wieder für das Regierungs-Projekt ausgesprochen habe, wodurch er zur „schwankendsten Figur" geworden sei. Für sie Wankelmütigkeit einiger Mitglieder der Volkspariei gab Hildenbrand (Soz.) — auch er wie Korner wurden wegen dieses Ausdrucks vom Präsidenten gerügt — als Grund eine inzwischen abgehaltene Jnteressentenversammlung an. Abg. Haußmann- Balingen (Vp.) trat einer Aeußerung des Ministerpräsidenten, daß der vom Abg. Dr. Eisele gebrauchte Ton eigentlich gar keine Antwort verdiene, entgegen und meinte, diese Aeußerung müsse verübelt werden. Ministerpräsident v. Weizsäcker erwiderte, die Regierung müsse sich das Recht wahren, gelegentlich auf formale Vorwürfe, wie den der Wankelmü.igkeit, im Interesse der Sache selbst nichts zu erwidern, denn durch solche gegenseitige Vorwürfe würden die Geschäfte nicht gefördert. Die Regierung sei an die Sache unvoreingenommen herangetreten und tue das noch bis auf den heutigen Tag. Auch die Abgg. Rößler (D. P.) und Häffner (D. P.) befürworteten den Kommissionsantrag unter näherer Darlegung der für ihn sprechenden wirschaftlichen Gründe. In der Abstimmung wurde sodann ein Antrag Eisele-Betz zu Gunsten der Regierungsvorlage abgelehnt, desgleichen ein Antrag der Volkspartei auf Zurückverweisung an die Kommission; sodann wurde der obengenannte Kommissionsantrag gegen die Stimmen der Volkspartei angenommen, wobei aber der Abg. Storz und, was große Heiterkeit hervorrief, auch der Abg. Betz für den Kommissionsantrag stimmten.
Freuden st adt, 2. Aug. Gestern mittag ist Se. Kgl. Hoheit der Großherzog von Mecklen- burg-Strelitz zu dreiwöchigem Kuraufenthalt hier eingetroffen und hat im „Schwarzwaldhotel" Wohnung genommen. Se. Kgl. Hoheit weilten dieses
Frühjahr anläßlich eines Jagdausflugs einige Tage in unserer Stadt.
Aus ^taSt. Bezirk uns Amgedung»
Wildbad, 2. Aug. Unsere Badestadt hatte heute die Ehre des Besuchs der Mitglieder beider Kammern der Landstände. Die Straßen der Stadt waren aus diesem festlichen Anlaß reich beflaggt, am Eingang der König-Karlsstraße beim Postamt war eine mit Blumen geschmackvoll geschmückte Ehrenpforte errichtet. Um 12.20 traf der von der K. Generaldirektion der Staatseisenbahnen gespendete Sonderzug ein, der etwa 15 Mitglieder der ersten Kammer und fast sämtliche der Zweiten Kammer mit dem Hrn. Präsidenten v. Payer und sämtlichen HH. Staatsministern, eine erfreuliche Zahl von hohen Beamten der verschiedenen Staatsdepartements brachte. Es seien genannt: Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker, die Staatsminister des Innern und der Justiz, Dr. v. Pischek und v. Schmidlin, Finanzminister v. Zeyer, Kriegsminister v. Marchtaler, Kultminister v. Fleischhauer, ferner Konsistorial- präsident v. v. Sandberger, Geheimerat v. Balz, die Präsidenten der K. Zentralstellen für Gewerbe und Handel und für die Landwirtschaft, v. Mosthaf und Frhr. v. Ow u. a. m. Sämtliche Herren waren mit einer an einem Tannenzweig angebrachten Schleife in den Landesfarben geschmückt, ein Festzeichen, das ihnen unterwegs bei ihrem tstündigen Aufenthalt in Hirsau durch zwei liebliche Schwarzwälderinnen als Angebinde überreicht 'ward. Nach Ankunft aus dem Kurplatz wurden zuerst die Bäder und sonstige Kureinrichtungen eingehend besichtigt. Um 3 Uhr vereinigte man sich im K. Badhotel zum solennen Mittagsmahl, wo Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker den begeistert aufgenommenen Trinkspruch auf Se. Maj. den König ausbrachte. Der Verabredung gemäß war von Empfangsansprachen und weiteren Tischreden abgesehen worden. Von 5 Uhr ab begaben sich die verehrten Gäste bei prächtigem Wetter in die K. Anlagen, wo die Kurkapelle ein flottes Konzert 'gab, dem vielseitig große Beachtung und lebhafter Beifall zuteil wurde, während viele andere sich in den reizenden Anlagen ergingen, eine Geist und Herz erfrischende Erholung, die besonders den heutigen Gästen nach den anstrengenden Sitzungen der letzten Wochen recht zu gönnen war. Um 7.45 abends entführte der parat gestellte Ertrazug die geehrten Gäste wieder nach der Residenzstadt.
? Calmbach, 1. Aug. Vergangenen Sonntag fand hier im „Bären" eine öffentliche Versammlung statt, in welcher Landtagsabgeordneter Wasner über „das Stuttgarter Wasserversorgungsprojekt aus dem Enztal" sprach. Redner erläuterte in der Einleitung zunächst seine Stellung zu dem Projekt in seiner Eigenschaft als Landtagsabgeordneter des Bezirks Neuenbürg und als Gemeinderat der Stadt Stuttgart und führte dabei aus, daß es ihm nicht bekannt gewesen sei, daß durch das Wasserversorgungsprojekt der Stadt Stuttgart berechtigte Interessen von Bezirksangehörigen geschädigt würden, er dies vielmehr erst im Lause der Landtagsverhandlungen durch die Ausführungen des Landtagsabgeordneten Staudenmeyer erfahren habe. Seinem in den Wahlversammlungen gegebenen Versprechen gemäß, für die Interessen des Bezirks jederzeit kräftig einzutreten, habe er sich dann, um sich in der Sache zu orientieren, an den Oberbürgermeister von Stuttgart gewandt und diesem zugleich mitgeteilt, daß er, falls durch das in Rede stehende Projekt die Interessen des Neuenbürger Bezirks geschädigt würden, er eine Agitation gegen das Projekt einleiten werde. Oberbürgermeister Gauß habe ihm darauf sofort die bezüglichen Akten zur Verfügung gestellt und dazu bemerkt, wenn Hr. Wasner dieselben durchstudiert habe, werde er wohl selbst zu der Ueberzeugung kommen, daß eine erheb-