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Der Lnztäler.

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88 .

Neuenbürg, Mittwoch den 5. Juni 1907.

65. Jahrgang.

NunAschau

Die kaiserliche Familie wird, wie verlautet, im nächste« Frühjahr zum ersten Male Aufenthalt im Achilleon nehmen, der vom Kaiser Wilhelm erworbenen Besitzung der verstorbenen Kaiserin Elisabeth von Oesterreich auf Korfu. Bauliche Ver­änderungen brauchen an dem Schloßbau nicht vor­genommen z-u werden, dagegen sollen die Wohnräume nach deutschem Geschmack möbliert werden.

B erlin,3. Juni. Die Anforderungen, die zum Monatswechsel an die Reichs bank herangetreteu sind, waren etwas geringer als zur gleichen Zeit des Vorjahres, immerhin aber nicht so, daß eine Dis­kontherabsetzung eintreten könnte.

Berlin, L. Juni. Der feldgraue Anstrich der neuen Rohrrücklaufgeschütze ist u. a. bei den Gardebatterien schon durchgeführt. Alltäglich kann man sich jetzt in den Straßen Berlins bei den vom Exerzieren auf dem Kreuzberg zurückkehrenden Ar­tillerietruppenteilen davon überzeugen, wie die zu­künftige Grundfarbe der Armee aussieht. Der auch für die Feldbekleidung gewählte Farbenton ist ein gedecktes Grau-Grün, das Fahrzeuge und Mann­schaften im Gehände für das Auge selbst auf geringe Entfernungen sehr schwer sichtbar macht. Sämtliche Neuanschaffungen für die Armee werden, wie die „Mil.-pol. Korrespondenz" mitteilt, schon seit einiger Zeit in der neuen Tuchfarbe ausgeführt. — Die Offiziere des Großen Generalstabes werden sich mit Ablauf der erste» Juniwoche nach den Reichslanden begeben, wo unter Leitung des Chefs des General­stabs der Armee, General der Infanterie v. Molkte, die diesjährige Große Westliche Generalstabsreise stattfindet. Die sonst regelmäßig nach Beendigung der Kaisermanöver gehaltene Große Generalstabsreise .im Osten wird in diesem Jahre in engerer Ver­bindung mit der Belagerungsübung um Posen stehen, die nach den bisherigen Dispositionen auf die zweite Hälfte des Monats September angesetzt ist, und an der auch der Kaiser teilzunehmen gedenkt.

Die englischen Journalisten trafen auf ihrer Rundreise durch Deutschland am Sonntag vor­mittag aus Dresden in München ein. Bei sämt­lichen Begrüßungen und in den verschiedenen Gegen­reden wurde das Hauptgewicht auf die künstlerische Bedeutung Münchens gelegt. — Die Studienkommis­sion englischer Kommunalbeamten steht am Ausgange ihrer Deutschlandsfahrt; sie weilte in den letzten Tagen am Rhein, in Königswinter und Köln.

München, 3. Juni. Die englischen Jour­nalisten unternahmen heute nachmittag einen Aus­flug nach dem Chiemsee. Der Verkehrsminister hatte eine» Sonderzug nach Prien zur Verfügung gestellt. Nach der Besichtigung des Königsschlosses auf der Herreninsel erfolgte die Weiterfahrt nach der Fraueninsel. In Prien und auf der Frauen­insel hatte sich die Bevölkerung zur Begrüßung ein­gefunden. Es wurden Böllerschüsse abgefeuert und den Engländern Blumen zugeworfen. Auf der Fraueninsel veranstalteten die Einheimischen ein Fest mit Volksbelustigungen: Jodeln, Wettrudern und anderen Vergnügungen, so daß alle Anwesenden in eine fröhliche Stimmung gerieten. Vor dem Ver­lassen der Insel hielt der Chefredakteur der Münch. Neuest. Nachr., Dr. Trefz, in englischer Sprache eine herzliche Abschiedsrede, in welcher er den Wunsch aussprach, die Gäste möchten die während ihres Aufenthalts in München und auf der Chiemsee- Insel empfangenen Eindrücke menschlicher Kunst und landschaftlicher Schönheit mit in ihre Heimat nehmen. Mister Stead erwiderte mit einer kurzen Rede, die mit einem herzlichen „Auf Wiedersehen!" schloß. In München wieder angekommen, ver­weilten die Münchener Journalisten mit den Eng­ländern noch eine Stunde auf dbM Hauptbahnhof

zusammen. Beim Abschied wurden von etwa 20 Rednern deutscher- und englischerseits herzliche Ab­schiedsreden gehalten.

Der 24. Deutsche Weinbaukongreß (General­versammlung des Deutschen Weinbauvereins) wird in der Zeit vom 24. bis 28. August ds. Js. in Mannheim tagen. Mit dem Kongreß ist gleich­zeitig eine Weinprobe badischer Weine, sowie eine internationale Ausstellung von Geräten und Be­darfsgegenständen für Weinbau, Wcinbehandlung und Kellerwirtschaft verbunden.

Mannheim, 3. Juni. Mit einer prachtvollen Illumination wurde heute das 300jährige Ju­biläum unserer Stadt begangen. Der Zuzug von Fremden aus der näheren und ferneren Umgebung war auch aus diesem Grunde ganz gewaltig. Die Stadt war in ein Lichtmeer gehüllt, wie man es selten schöner gesehen haben dürfte, und dabei konnte man so recht wahrnehmen, welche prachtvollen Licht­wirkungen durch die elektrische Beleuchtung erzielt werden könne. Das Großherzogspaar unter­nahm in der elften Abendstunde die angesagte Rundfahrt durch die glänzend beleuchtete Stadt, um­braust von dem Jubelruf der nach Tausenden zäh­lenden Menschenmenge.

Der Seemannsstreik in den verschiedenen Häfen Frankreichs dehnt sich allmählich weiter aus. In Marseille haben sich die Offiziere des Postdampfers Jslr> geweigert, abzufahren. In Saint-Nazaire haben sich die Kapitäne für lange Fahrt dem Ausstaud angeschlossen und gelten des­halb als von ihren Posten zurückgetreten. — In Havre und in Toulon verhinderten die streikenden Seeleute die Abfahrt von seeklaren Dampfern. Zur Sicherung des Postdienstes wurden in Toulon sieben Torpedobootjäger mobil gemacht. Die Compani Transatlantique traf mit der Hamburg-Amerika- Linie ein Abkommen, wonach letztere sofort einen ihrer großen Dampfer nach Havre schickte, um die infolge des Seemannsstreiks an der Abreise verhin­derten Passagiere zu befördern.

Der frühere englische Kolonialminister Joe Chamberlain ist von seiner kontinentalen Reise wieder nach England heimgekehrt, aber die gesuchte Erholung hat er nicht gefunden, er erschien bei der Heimkehr als ein völlig gebrochener Mann.

Die Nachricht von einer ernsten Schlappe, welche die marokkanischen Regierungstruppen jüngst bei Marchica durch die Streitmacht des Prätendenten erlitten haben sollen, bestätigt sich. Die Regierungs­truppen mußten, nachdem sie empfindliche Verluste erlitten hatten, den Rückzug antreten, zu ihrer Ver­stärkung gingen 500 Mann von Tanger ab.

Der Aufruhr in Südchina scheint weiter um sich zu greifen. Die „Morning Post" meldet aus Shanghai: Die Aufrührer in der Umgebung von Swatau und Amop ermorden die Beamten und brennen die Amtsgebäude nieder. Sie haben sich verschiedener Städte und Ortschaften bemächtigt. Der Taotai von Swatau befürchtet, daß durch die von den Aufrührern angerichteten Verwüstungen eine Einmischung des Auslands herbeigeführt werden könnte.

Württemberg.

Stuttgart, 4. Juni. Die Zweite Kammer hat heute nachmittag die Beratung über den Etat der Zentralstelle für Gewerbe und Handel beim Tit. 32, Gewerbeinspektion, fortgesetzt.

Stuttgart, 31. Mai. Der württ. Kranken­kassenverband, der am 10. Juni in der städtischen Turnhalle in Tuttlingen seine Landesversammlung abhalten wird, zählt 244 Kassen zu seinen Mit­gliedern ; darunter sind u. a. 94 Orts- und Bezirks-, 82 Fabrikkassen und 53 Krankenpflegeversicherungen. Der Verband, der am 1. Januar 1908 auf sein 20jähriges Bestehen zurücksieht, wurde mit 86 Kassen

s. Z. gegründet. Der Tagesordnung der Landes­versammlung seien folgende Punkte entnommen: Erweiterung der Leistungen der Krankenpflegever­sicherung, Anschluß der Kassenbeamten an die Pen­sionskasse der württ. Körperschaftsbeamten und andere Personalfragen. Der Kassenbericht des Verbandes weist in Einnahmen 4246.66 in Ausgaben 4191.42 auf.

Die Eröffnung der Schwurgerichtssitzungen des III. Quartals erfolgt in Tübingen am Montag den 1. Juli ds. Js., vormittags 9 Uhr. Zum Vorsitzenden ist der Landgerichtsdirektor Dr. Kap ff ernannt worden.

Ludwigsburg, 3. Juni. Die Fachausstellung für Hotel- und Wirtschaftswesen, die der hiesige Wirtsverein anläßlich des 22. Verbandstages der Wirte veranstaltet, ist gestern eröffnet worden. Sie bietet ein in allen Teilen fertiges Bild und fällt insbesondere durch ihre geschmackvolle Anordnung, welche die kundige Hand ihres Leiters, Gemeinderat Otto Hoffmeister, verrät angenehm auf. Ein Besuch der Ausstellung gestaltet sich sehr lohnend. Der Eröffnungsfeier gestern vormittag wohnte eine stattliche Versammlung Geladener, worunter Herzog Ulrich, Regierungspräsident v. Kilbel u. a. m. ..Nach­dem die Ulanenkapelle „Die Himmel rühmen" ge­spielt hatte, hielt Oberbürgermeister Dr. Hartenstein, der Ehrenvorsitzende der Ausstellung, eine Ansprache, die in ein Hoch auf den Landesherrn ausklang. Bei dem folgenden Rundgang herrschte nur eine Stimme der Anerkennung über die Gediegenheit des Gebotenen. Abends fand große Beleuchtung statt.

Reutlingen, 31. Mai. Die Handels­kammer hat sich auf Grund von Erhebungen für die Veranstaltung einer Weltausstellung in Berlin im Jahr 1913 oder zu einem späteren Zeitpunkt ausgesprochen, unter der Voraussetzung, daß nur Gediegenes und Auserwähltes zur Schau gestellt wird, unter möglichster Vermeidung der bisher bei Weltausstellungen zu stark hervorgetretenen Aeußer- lichkeiten und Vergnügungsveranstaltungen. Eine aktive opferwillige Beteiligung innerhalb des Kammer­bezirks konnte vorerst nur in mäßigem Umfang in Aussicht gestellt werden.

Vorort Wangen, 3. Juni. Weingärtner Gottlieb Gohl hier hat an seiner Kammerz schon mehrere Tage schön blühende Isabellen und Trauben.

Aus StaSt» Bezirk uns Umgebung

§ Neuenbürg, 4. Juni. Mancher Wanderer im Schloßwäldchen mag schon, wenn er vom Regen überrascht wurde, das Fehlen eines schützen­den Obdachs bedauert haben. Nun hat jetzt Hr. Baron v. Gaisberg dem Uebelstand dadurch ab­geholfen, daß er auf dem Picknickplatz eine Schutz­hütte errichten ließ. Die Hütte ist einfach, aber solid hergestellt und paßt mit ihren naturholzenen kräftigen Pfosten vorzüglich zur Umgebung.

Grunbach, 3. Juni. Trotz des Witterungs­umschlags verlief gestern der Gesangs-Wettstreit des Nagoldgau-Sängerbundes in jchönster Weise. Das Ergebnis des Preissingens ist folgendes: Klasse ^: Volksgesang: „Sängerbund" Grunbach 1a und Ehrenpreis mit 161 Punkten, „Freundschaft" Biesels­berg Ib-Preis mit 159 P., „Eintracht" Efsringen Ic-Preis mit 157 P., Wildberg und Hirsau je 1ä- Preis mit 155 P., Schömberg le-Preis mit 150 P. Klasse L: Höherer Volksgesang: „Eintracht" Hohen­wart 1a und Ehrenpreis mit 190 P., „Freundschaft" Unterreichenbach Ib-Preis mit 189 P., Freundschaft" Tiefenbronn le-Preis mit 180 P., „Liederkranz" Liebenzell einen 2. Preis mit 138 Punkten.

Calw, 3. Juni. In Hofstett bei Neuweiler fiel ein Kind in einen Kübel heißen Wassers und starb bald darauf an den erlittenen Brand­wunden.