Vom Bodensee, 24. April. Das Pfänderbahnprojekt wird in Bälde seiner Verwirklichung entgegengehen. Das Aktionskomitee in Bregenz ladet z. Zt. zur Zeichnung von Pfänderbahn-Stammaktien ein. Die Anlagekosten der Bahn, höchster Punkt 1000 Meter, Länge 2,9 Kilometer, sind nach dem Projekte Strub-Zürich berechnet mit 1000 000 Kronen. Die Pfänder-Zahnradbahn, für welche das Elektrizitätswerk Jenny u. Schindler in Kennelbach die Konzession erwarb, hat eine Höhendifferenz von 620 Meter zu überwinden, größte Steigung 27, mittlere Steigung 20 Prozent. An Kunstbauten sind drei Tunnels vorgesehen.
Württemberg.
Zur Personentarifreform.
(Nachdruck verboten.)
Die am 1. Mai d. I. in Kraft tretende Personen- und Gepäcktarifreform wird uns Veränderungen bringen, die für das reisende Publikum von einschneidender Bedeutung sind. Sie bedeutet eine wesentliche Vereinfachung und die Einheitlichkeit der Fahrpreisberechnung auf den Bahnen sämtlicher deutscher Eisenbahnverwaltungen. Speziell Süddeutschland wird durch den neuen Tarif viel mehr betroffen, da als Einheit für die einfache Fahrt die Hälfte des seitherigen preußischen Rückfahrpreises angenommen wird, der seither 6 Pfg. betrug, während der km bei Rückfahrkarten in Süddeutschland sich auf 5,3 Pfg. stellte. Preußen verliert nur die freie Beförderung des Reisegepäcks bis 20 kg und bekommt eine kleine Erhöhung in der l. Klasse.
Aufgehoben werden die Rückfahrkarten, die Landeskarten, die Kilometerhefte (in Baden), die Fahrscheinhefte zu 30 Fahrten, die Gesellschaftskarten für mindestens 30 Personen und die Rundreisekarten. Zur Bequemlichkeit der Reisenden können bei Antritt der Reise zwei Fahrkarten für die einfache Fahrt gelöst werden, von denen eine bei der Ausgabe durch einen Rückfahrstempel für die Fahrt in umgekehrter Richtung gültig gemacht wird. Es können für die Rückfahrt auch Karten gelöst werden, die von einer anderen Station, ferner für eine andere Klasse, für eine andere Zuggattung oder über einen anderen Weg gelten. Für Nahverkehr werden auch bei Bedürfnis Doppelkarten ausgegeben, wie seither bei der IV. Klasse. Mit Karten, welche den Rückfahrstempel tragen, und mit den Doppelkarten kann die Rückreise am Tage der Lösung oder am folgenden Tage angetreten werden. — Bleiben werden die Monatskarten, die Schüler-, Arbeiterund Sonntagskarten (in Preußen), ferner die Fahrpreisermäßigung bei Schulausflügen, akademischen Ausflügen und zu milden Zwecken. Außerdem bleiben die kombinierbaren Rundreisehefte, welche im Verkehr mit dem Ausland unentbehrlich sind, da in den meisten außerdeutschen Staaten Rückfahrkarten nur 5—12 Tage Gültigkeit haben.
Erheblich herabgesetzt wird der Preis für den Schnellzugszuschlag. Dieser ist so gedacht, daß er dem seitherigen Preis für Platzkarten in -O-Zügen entspricht, die künftighin wegsallen. Dabei ist zu bemerken, daß als Schnellzüge mit Zuschlag nur solche Züge vorgesehen sind, welche dem großen, durchgehenden Verkehr dienen. Etwa 50 "/o der seitherigen Schnellzüge werden als Eilzüge gefahren, welche keinen Zuschlag kosten. Die Schnellzugsgebühr wird nach Zonen erhoben und beträgt von 1—75 km in I. und II. Klasse 50 Pfg., in III. Klasse 25 Pfg., für 76—150 km 1 Mk. in I. und II. Klasse, in III. Klasse 50 Pfg., über 150 km 2 Mk. in I. und II. Klasse, 1 Mk. in III. Klasse. Das bedeutet eine ganz erhebliche Verbilligung, besonders bei großen Reisen. Der Schnellzugszuschlag wird entweder in den Preis der Fahrkarten eingerechnet (Schnellzugsfahrkarten, für alle Züge gültig, wie seither schon in Preußen üblich) oder er wird durch besondere Zuschlagskarten erhoben. Beim Uebergang von der IV. Klasse in einen Schnellzug muß außerdem noch eine besondere Zusatzkarte gelöst werden. In den O-Zügen werden den Reisenden keine festen Plätze mehr angewiesen, wie bisher, auch die mit einer Gebühr verbundene Vorausbestellung fällt weg.
Aus sämtlichen deutschen Bahnen werden vom 1. Mai ab 4 Klassen geführt, mit Ausnahme von Baden und Bayern (Pfalzbahnen ausgenommen). In diesen Staaten wird die III. Klasse der Personenzüge in eine Klasse Illb umgewandelt mit einem Kilometersatz von 2 Pfg. Daraus geht hervor, daß diese Illb Klasse nicht ganz unserer IV. Klasse entspricht, sondern nur dem Preise nach. Dort werden die Personenzüge künftig nur (I) II. und
Illb Klasse enthalten, während die lila Klasse nur in Schnellzügen und Eilzügen geführt wird. Man hat also in Baden und Bayern nur die Wahl zwischen IV. (dort Illb genannt) und II. Klasse, was sich im Grenzverkehr mit Baden fühlbar machen wird. Löst man z. B. vom Enztal aus eine Fahrkarte III. Klasse nach Stuttgart und muß, was häufig der Fall ist, von Pforzheim bis Mühlacker und umgekehrt einen badischen Personenzug benützen, so bezahlt man für diese Strecke pro km 3 Pfg. und die entsprechende Steuer, während man in Wirklichkeit eine unserer IV. Klasse entsprechende Klasse benützt.
für die nur 2 Pfg. und keine Steuer zu bezahlen wäre.
Der neue Tarif gestaltet sich nun pro Kilometer folgendermaßen:
I.Kl. II. Kl. III. Kl. IV. (Illb)Kl.
l'seith.
8,00
5,30
3,40
2,00
l jetzt
7,00
4,50
3,00
2,00
lseith.
11,40
8,00
5,30
4,00
l jetzt
14,00
9,00
6,00
4,00
Der Einfluß auf die Preise durch die Tarifreform läßt sich am besten durch einige Beispiele klar machen:
Eine einfache Karte III. Kl. Wildbad-Pforzheim kostete seither —.80 künftig —.70 ^ (ohne Steuer)
.. II. „
„
„
,, 1-30 „
„
1.10
Rückfahrkarte III. „
„
„
„ 1.30 „
„
1.40
II. „
„
„
1-90 „
„
2.10
Bei größeren Entfernungen, wo Schnellzüge in Betracht kommen, würde sich folgende Berechnung ergeben:
Einfache Fahrt, Personenzug III. Kl. Wildbad-Stuttgart seither 2.85, Mistig 2.50 (ohne Steuer)
Hin- und Rückfahrt, „ III. „ „ „ 4.50, „ 5.00 „ „
Einfache Fahrt, „ II. „ „ „ 4.50, „ 3.80 „
Hin- und Rückfahrt, „ II. „ „ „ 6.80, „ 7.50 „
Eins. Fahrt, Schnellzug (ab Pforzheim) III. „ „ „ 3.55, „ 2.75 „
Hin-u. Rückfahrt, „ „ „ III. „ „ „ 5.90, „ 5.50 „
Eins. Fahrt, „ „ „ II. „ „ „ 5.20, „ 5.30 „
Hin-u. Rückfahrt, „ „ „ II. „ „ „ 8.20, „ 8.50 „
Die Hin- und Rückfahrt Stuttgart-Berlin stellt sich in III. Klasse Schnellzug seither auf 44.30 künftig auf 41.20 II. Klasse seither 63 künftig auf 62.80 -//L,
Im Vergleich zum früheren Tarif stellt sich also das Verhältnis so, daß man in jeder Klasse bei einfacher Fahrt, besonders bei Schnellzugsbenützung, billiger als früher fährt, bei Hin- und Rückfahrt etwas teurer bei kurzen Strecken, bei großen Strecken III. Klasse billiger, besonders bei Benützung jder Schnellzüge, II. Klasse um ein geringes teurer als früher.
Wie oben bemerkt, bleiben die zusammenstellbaren Fahrscheinheften bestehen; empfiehlt es sich nun, diese auch künftig zu benützen? Die Einheitssätze betragen II. Klasse 4,8, III. 3,2 Pfg.; die Reise muß mindestens 600 km betragen, wobei Schnellzüge benützt werden dürfen. Der Preis würde sich also bei 1000 km stellen auf 32 Mk. in
III. , 48 Mk. in II. Klasse, mit gewöhnlichen Karten und Schnellzugszuschlag auf 31 Mk. in III., 47 Mk. in 11. Klasse; man fährt also mit gewöhnlichen Karten billiger und ist an keine vorgezeichnete Route gebunden; dagegen empfiehlt es sich, sich dieser Karten im Verkehr mit dem Ausland zu bedienen, wo die Rückfahrkarten nur 5—12 Tage gelten, während die kombinierbaren Fahrscheinhefte mindestens 45 Tage gültig sind.
Von sonstigen Neuerungen sind noch zu nennen:
Die Fahrt kann bei einfachen Karten einmal, bei Doppelkarten je einmal auf der Hin- und Rückfahrt unterbrochen werden; einer Abstempelung wie seither bedarf es nicht mehr. Beim Uebergang in eine höhere Klasse ist eine Zusatzkarte zu lösen, welche die Hälfte des Preises der Klasse beträgt, in die man übergeht.
Für alle Fahrkarten, Fahrscheinbücher, Kilometerhefte rc., welche vor dem 1. Mai gelöst wurden, gelten noch die alten Beförderungsbedingungen.
Die Farben für die neuen Fahrkarten werden sein: für I. Klasse gelb, II. grün, III. braun,
IV. grau. Die Schnellzugszuschlagkarten sollen nicht wie bisher nach jeder Station besonders hergestellt werden, sondern es werden sogenannte Sammelkarten
aufgelegt, welche nach allen Stationen der betreffenden Zone ausgegeben werden können. Die Zuschlagskarten der Zone I (bis 70 km) und II (bis 150 km) erhalten nur die Endstationen ihrer Zone aufgedruckt, die der Zone III (über 150 km) überhaupt keine Bestimmungsstation.
Der neue Gepäcktarif wird im allgemeinen erheblich billiger, teurer nur die großen Gepäckstücke über 100 KZ und bei großen Entfernungen.
Für Fahrräder, die als Gepäck mitgeführt werden, wird für Entfernungen bis zu 100 km eine Ein- heitssracht von 20 Pfg. erhoben, wenn das Rad von dem Reisenden selbst an den Zug gebracht, unterwegs umgeladen und am Ziel in Empfang genommen wird. Wird das Rad wie anderes Gepäck aufgegeben, so werden zum mindesten 30 Pfg. er- erhoben.
Unter Einrechnung der Fahrkartensteuer betragen in der III. Klasse der Personenzüge die Fahr-
preste
von Neuenbürg
einfache Fahrt
Hin- u.
Rückf.
km
nach
ab 1. Mai
bisher
ab 1. Mai
bisher
4
Rotenbach
15
15
30
25
7
Höfen
25
25
50
40
10
Calmbach
30
35
60
55
13
Wildbad
40
45
80
75
2
Engelsbrand
10
10
20
15
6
Birkenfeld
20
25
40
35
8
Brötzingen
35
30
50
45
11
Pforzheim
35
35
70
65
70
Stuttgart
220
250
440
390
32
Calw
105
115
210
175
Jm Schnellzug beträgt der Preis für die III. Klasse
von Neuenbürg einfache Fahrt Hin- u. Rückf.
km
nach
ab 1. Mai
bisher
ab 1. Mat
bisher
13
WildbSd
65
60
130
105
11
Pforzheim
60
50
120
95
70
Stuttgart
245
330
490
550
32
Calw
130
155
260
255
Stuttgart, 25. April. Die Zweite Kammer hat heute nachmittag nach längerer Pause, in der es der Budgetkommission jedoch nicht gelungen ist, den ihr zugewiesenen Stoff aufzuarbeiten, ihre Beratungen wieder ausgenommen und die Einzelberatung des Hauptfinanzetats begonnen. Zunächst kamen zahlreiche, während der Vertagung des Landtags eingegangenen Petitionen und Eingaben zur Verlesung, die sich in der Hauptsache in zwei Arten zusammenfassen lassen, nämlich solche unterer und mittlerer Beamten um Besserung ihrer Gehaltsverhältnisse und solche von kaufmännischen und anderen Vereinigungen, die die Beibehaltung der Landeskarte wünschen. Die Einzelberatung nahm ihren Anfang mit der raschen Erledigung der Kapitel 9 (Staatsministerium und Geheimer Rat), sowie 9 s. (Verwaltungsgerichtshof), worauf der Justiz etat folgte.
Stuttgart. Mit Schreiben des Staatsministeriums vom 22. d. M. ist, wie der „Staatsanz." berichtet, dem Präsidium des Ständischen Ausschusses der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ergänzung des Polizeistrafrechts, zugegangen.
Stuttgart, 24. April. Die Legimations- kommission beschloß betr. der Anfechtung der
Wahl von Nürtingen auf Antrag des Dr. Eisele Beweiserhebung über die behaupteten vier Fälle der Verletzung von Wahlvorschriften. Zu der Anfechtung der Wahl von Waiblingen beantragt der Referent Hildenbrand Beweiserhebung über angebliche Verstöße gegen das Wahlgesetz, betr. Beschaffenheit des Jsolierraumes bezw. Verhalten des Wahlvorstehers m Hegnach und Waiblingen, sowie über behauptete Bestechungsversuche in Reichenbach. Die Kommission beschloß dem Antrag entsprechend. Zuletzt kam die Anfechtung der Wahl in Oberndorf zur Beratung, wozu als Berichterstatter der Abg. Baumann fungierte. Es wurde über die behaupteten Wahlunregelmäßigkeiten Beweiserhebung beschlossen.
Stuttgart, 23. April. Für die Landesversammlung der Deutschen Partei am Sonntag den 28. April, im Festsaal der Liederhalle ist nunmehr die Tagesordnung festgestellt. Vormittags 11 Uhr wird die Versammlung durch eine Begrüßungsansprache des Vorsitzenden Abg. Prof. Dr. Hieb er eröffnet. Es folgen der Geschäftsbericht des Parteisekretärs Keinath, Rede des Reichstagsabgeordneten Bassermann, Rede des Reichstagsabgeordneten Prof. Wetzel-Eßlingen,