Stuttgart, 22. April. Der württb. Brauertag findet hier in der Liederhalle vom 2.-4. Juni statt. Auf der Tagesordnung steht u. a. ein Vortrag über das Thema „Wie kann sich der Klein- und Mittelbrauer konkurrenzfähig erhalten.
In Württemberg erwärmt man sich immer mehr für den preußischen Plan der Erhebung von Schiffahrtsabgaben. Nach den Handelskammern von Stuttgart und Reutlingen hat sich jetzt auch die Handelskammer zu Ulm zugunsten dieses Projektes ausgesprochen. Die Handelskammer Ulm gibt aber der K. Regierung zu erwägen, ob sich nicht Württemberg für seine Zustimmung zur Abänderung des Art. 54 der Reichsverfassung auch auf die Durchführung des Art. 42 durch Preußen, d. h. den Abschluß einer engeren Bahngemeinschaft zusichern lassen soll.
Die württembergischen Staatseisenbahnen vereinnahmten im Monat März ds. Js. aus dem Personenverkehr 1819 000 (62 000 ^ mehr
als im Vorjahr), aus dem Güterverkehr 2 628000 Mark (mehr 184000 -,/il), aus sonstigen Quellen 1800 000 (mehr 60 000 ^), insgesamt aus sämtlichen Einnahmequellen 7 247 000 306 000
Mark mehr als im Vorjahr.
Stuttgart, 22. April. Der Pferdemarkt, der heute seinen Anfang nahm, weist eine starke Zufuhr auf. Es sind gegen 1100 Pferde zum Verkauf geboten. Schon in den ersten Marktstunden herrschte ein recht lebhafter Verkehr, Im Laufe des Vormittags wurden von der Kommission die für die Pferdemarktlotterie bestimmten Pferde angekauft.
Stuttgart, 23. April. Auf dem Pferdemarkt war der Verkehr heute nicht so lebhaft wie am ersten Tag. Immerhin wurden noch zahlreiche Käufe abgeschlossen. Die an beiden Tagen erzielten Preise bewegen sich zwischen 200 und 1500 -^7. Beim Marktamt wurden mehr Verkäufe angezeigt als letztes Jahr. Der Umsatz beträgt etwa 350000 bis 40000 Aus dem Hundemarkt war der Handel schleppend.
Stuttgart, 19. April. Die Arbeiten im neuen Tiergarten, der seiner Vollendung entgegengeht, werden trotz der ungünstigen Witterung sehr beschleunigt; von morgens bis abends treffen gegenwärtig fortgesetzt Tiertransporte ein, die von Holland, Oesterreich, Ungarn und aus Deutschland ihren Abgangsort haben. Die Tiere fühlen sich in den praktisch und gut eingerichteten Käfigen und Unter- kunftsrüumen ganz wohl und munter. Es wird ihnen die denkbar beste und aufmerksamste Pflege zuteil. Hr. Widmann wird seinen Tiergarten am 28. April dem allgemeinen Besuche eröffnen.
Gmünd, 20. April. Zu dem dieses Jahr hier stattfindenden Liederfest des Schwäbischen Sängerbundes sind bereits 8000 Anmeldungen erfolgt, schon ca. 1000 mehr als seinerzeit in Ravensburg.
In Heilbronn feierten die Eheleute Mauritz ihre diamantene Hochzeit. Die Stadtverwaltung schickte eine Spende aus dem Spitalkeller, der König eine Prachtbibel.
Tübingen, 22. April. Sicherem Vernehmen nach ist der Bau der schon bei Herrenberg in Angriff genommenen Bahn durchs Ammertal mit Durchstich des hiesigen Schloßberges (Tunnel) nun Tatsache geworden. Mit den Vorbereitungen zum Tunneldurchbruch soll bald begonnen werden. Damit wäre der Agitation für eine Ueberführung der Bahntracen über Wurmlingen- (Rottenburg)-Hirsau ein Ende gemacht.
In Leonberg hat die leidige Kindersitte, sich an Fuhrwerke zu hängen, ein Opfer gefordert. Ein Automobil mußte, weil ihm eine Schafherde begegnete, auf der Straße warten. Dies benützte ein Knabe von Eltingen, um sich daran zu hängen; er kam nach dem Anfahren nicht mehr weg und wurde an einer Straßenbiegung abgeschleudert, er erlitt entsetzliche Verstümmelungen im Gesicht und wurde bewußtlos ins Krankenhaus nach Leonberg gebracht, wo er bald darauf verstarb.
Balingen, 19. April. In der gestern hier gehaltenen Sitzung des Vereins zur Hebung des Fremdenverkehrs in den Städten Balingen, Ebingen, Haigerloch, Hechingen, wozu sich in jüngster Zeit noch Rosenfeld gesellte, wurde beschlossen, nachdem Beiträge in der Höhe von 3000 -/A gesichert sind, wieder ein Flugblatt mit Ansichten unserer Gegend herauszugeben. Auch wurde die Frage der Leitung von Sonderzügen in unsere Gegend angeschnitten.
Ravensburg, 20. April. In einem hiesigen Warenhaus hat eine 22 Jahre alte Ladnerin und Putzmacherin von hier, die seit 2 Jahren in dem Warenhaus angestellt war und dort eine Art Vertrauensstellung genoß, den Verdacht des Diebstahls
auf sich gelenkt. Die deshalb in ihrer Wohnung vorgenommene Durchsuchung förderte Waren aller Art im Gesamtwert von nahezu 2000 zutage, welche sie nach und nach im Geschäfte gestohlen hat. Die Diebin wurde dem Amtsgericht übergeben und in Untersuchungshaft genommen.
Stuttgart. (LaudeSProduktenbSrse.1 (Bericht vom 22. April.) In der abgelausenen Woche war die Witterung nicht einheitlich, die Temperatur kühl, teilweise nachts unter 0, doch ist daraus der Vegetation ein Schaden nicht erwachsen. Vom Ausland wurden schwankende Preise gemeldet, welche schließlich fick aus dem höchsten Stand der Vorwoche behaupteten. Die Erleichterung des Geldmarkts dürfte auch dazu beitragen, die Unternehmungslust mehr zu beleben, um so mehr, als die Vorräte und Zufuhren inländischer Cerealien von Woche zu Woche kleiner werden und stets zu guten Preisen flotten Absatz finden.
— Mehlpreise per 100 IiA inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 30 Mk. - Pfg. bis 31 Mk. - Pfg., Nr. 1: 28 Mk. 50 Pfg. bis 29 Mk. 50 Pia., Nr. 2: 27 Mk. - Pfg. bis 28 Mk.
— Psg., Nr. 3: 25 Mk. 50 Pfg. bis 26 Mk. 50 Pfg., Nr. 4: 23 Mk. 50 Pfg. b:s 24 Mk. 50 Psg. Suppengries 30 Mk. - Pfg. bis 31 Mk. — Pfg. Kleie 9 Mk. 50 Pfg. bis 10 Mk. — Psg. >ohne Sach.
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Der König hat dem Flaschnermeister Franz Müller in Altensteig für die mit eigener Lebensgefahr ausgeführte Rettung eines Menschen vom Tod des Ertrinkens die Rettungsmedaille in Silber verliehen.
Neuenbürg, 23. April. In sehr großer Anzahl waren die Mitglieder des Schwarzwaldvereins von hier und Umgebung, besonders auch von Wildbad und Höfen, im Ankersaal versammelt, um sich die Fortsetzung der vorjährigen Hoch- gebirgstour des Vorstands, Hrn. Apotheker Bozenhardt, in Wort und Bild vorführen zu lassen. Der erste Vortrag im Dezember hatte uns über die Stubaier- und Orlleralpen an das Berninagebiet geführt, das „Eldorado" der Bergsteiger vom Fach. Es sind lauter Berge erster Klasse, die sich da in einem räumlich engen Gebiet in so großer Anzahl zusammenfinden und vor allen die Königin derselben, die Bernina mit ihren Trabanten Mor- teratsch, Piz Palü, Bellavista, Castragüzza u. s. w. Schon von ferne erscheinen sie dem Besucher des Engadins, der mit der Albulabahn in Samaden das Engadin betritt. In fleckenloser Reinheit, in blendender Weiße erscheinen diese Eisriesen dem staunenden Blick. Aber nur Bergsteiger erster Güte können sich an diese Eliteberge wagen. Hinter diesen Bergen sind Gebiete, die sich bis zum Murettopaß im Westen erstrecken, die wohl kaum oder nur äußerst selten von Menschen betreten werden. Dia- volezza und der Morteratschgletscher mit der Jsola Persa, bei der Vereinigung der beiden Gletscher, werden jedes Jahr oft, auch von Damen, besucht; dagegen die Bernina mit ihren ungeheuren Schwierigkeiten wird immer nur für eine Auswahl von Bergsteigern erster Klasse reserviert bleiben. Hr. Apotheker Bozenhardt verstand es durch seinen überaus anschaulichen Vortrag ein Bild von der hohen Schönheit dieser Eis- uud Schneewelt zu geben. Die überaus gelungenen Lichtbilder in großer Zahl veranschaulichten das Gehörte. Geistige Höhenluft wehte auch aus dem Vortrage; denn Hr. Bozenhardt gehört nicht zu den „Bergfexen", die solche außerordentliche Leistungen vollbringen nur um ihrer selbst willen; sondern ihm sind sie Mittel zu höherem Zweck, sich durch die Großartigkeit der Hochalpen aus den Niederungen des Alltagslebens zu höheren, reineren Regionen erheben zu lassen. Ein Hauch dieses Geistes berührte auch alle die, denen es nicht vergönnt ist, solche Herrlichkeiten selbst zu schauen, die aber gestern abend atemlos den lebenswarmen Schilderungen lauschten und sich im Geiste in diese reinen menschenfernen Regionen emportragen ließen. Leider war es dem Vortragenden auch nicht ganz vergönnt, seinen Fuß auf die Spitze der Bernina zu setzen, da er wegen allzu heftigen Schneesturms direkt unter dem Gipfel umkehren mußte. Nun ließen wir uns durch das herrliche Oberengadin führen mit seinen märchenhaften tiefgrünen Seen, . in denen sich die Schneeriesen spiegeln, ein unvergeßliches Bild. Es ist schwer zu entscheiden, welcher „Perle" des Engadins man den Vorzug geben soll, dem Weltbad St. Moritz, dem Stelldichein der oberen Zehntausend der Welt, oder dem lieblichen Sils Maria oder dem ernsten Maloja mit dem großartigen Einbruch des Bergcll, das einst die Fortsetzung des Engadins bildete, das nun aber tief, tief von der Maloja aus zu unseren Füßen liegt. Die prächtigen Lichtbilder dieser unvergeßlichen Punkte erregten das höchste Staunen. Die weitere Fortsetzung der Reise mit der Albulabahn mit ihren ungeheuren Schwierigkeiten, von denen sich nur ein
Fachmann die richtige Vorstellung machen kann, wollen wir übergehen. Nun folgte noch als Anhang dieser Hochgebirgstour eine Besteigung der Scesa- plana mit Damenbegleitung, ein Genuß, der auch gewöhnlichen Sterblichen offen steht, die sich nicht zu den Bergsteigern erster Klasse rechnen können. Zu den Füßen der Scesaplana liegt der herrliche Lüner See. Wenn sie auch nicht zu den höchsten und schwersten Bergen gehört, so ist sie doch ein Aussichtsberg ersten Ranges. Die weitere Heimreise wollen wir übergehen. Reicher Beifall belohnte den Redner, und in dem Toast des Hrn. Stadtschultheiß wurden die Gedanken aller ausgesprochen, daß uns Hr. Bozenhardt auch wieder im nächsten Jahr einen solchen Hochgenuß verschaffen möchte, indem er uns seine Reisen dieses Jahrs in Wort und Bild vor- sühren möge. Zum Schluffe, bei Vorführung einiger Bilder von Ausflügen des Bezirksvereins Neuenbürg, dankte der Vortragende selbst dem Hrn. Hofphotograph Blumenthal für die kostenlose Überlassung und meisterhafte Bedienung des Projektionsapparates, sowie Hrn. Oberpostassisteut Lutz für die viele Zeit und Mühe, dis er dem Vortragenden bei Anfertigung der Lichtbilder gewidmet hat.
Die Hauptversammlung des Württembergischen Schwarzwaldvereins findet am Sonntag den 12. Mai, vormittags 11 Uhr, im Saal des Hotels „Bellevue" in Herrenalb statt.
Pforzheim, 23^ April. Seit Jahr und Tag ist man damit beschäftigt, in dem zwischen Pforzheim und Jspringen gelegenen Tunnel die morschen Steine durch neue zu ersetzen. Zu diesem Zweck ist im Tunnel ein Gerüst aufgeschlagen, neben und unter dem die Züge durchfahren. So mancher Unfall hat sich in den letzten zwei Jahren dabei ereignet, Gestern, Montag nachmittag, wieder fiel einer der italienischen Arbeiter, namens Romani beim Kippen eines Brettes mehrere Meter hoch von dem Gerüst und zwar gerade vor den eben von Pforzheim kommenden Zug 12.45 nachm. Trotzdem der Mann bedeutende Verletzungen bei dem Sturz erlitt, vermochte er sich noch mit äußerster Kraftanstrengung von dem Gleise zu wälzen und entging so dem sicheren Tode.
** Pforzheim, 22. April. In der heutigen außerordentlichen Generalversammlung des Vorschuß- Vereins e. G. m. u. H. wurde eine gründliche Aenderung der Satzungen vorgenommen, u. a. auch beschlossen, den Namen der Genossenschaft in „Gewerbebank Pforzheim e. G. m. u. H." abzuändern. Diese Umtaufe will zugleich besagen, daß die Genossenschaft unter der neuen Direktion dem eigentlichen Bankgeschäft größere Pflege als bisher angedeihen lassen will. Der bisherige Direktor, Hr. W. Hepp, wurde in den Aufsichtsrat gewählt.
Calw, 20. April. Heute nacht ist am Marktplatz das Haus des Kaufmanns Wick teilweise abgebrannt. Die Nachbargebäude blieben gerettet.
Vermischtes.
(Eine-hübsche parlamentarische Redeblüte) konnte in einer der letzten Sitzungen eines Abgeordnetenhauses registriert werden, sie löste große Heiterkeit aus. Zwischen 4 und 5 Uhr nachmittags wurde viel von Hebammen geredet, sodaß zwei junge Mädchen errötend das Feld räumten. Der Abgeordnete Dr. Belzer (Zentrum) ließ ein trauriges Lied ertönen von schwäbischen Orten, die ganz isoliert fern vom Verkehr lägen und keine Hebammen hätten; im Winter sei dies bei den schwer zugänglichen Nestern sehr peinlich, deshalb müsse jeder Ort eine Hebamme haben. „Der Storch", so fuhr der Redner fort, „kommt nicht nur im Frühling, manchmal auch in finsterer Winternacht Meine Herren, das muß anders werden!"
(Freigebig.) Ehemann (in der neuen Wohnung): „Da ist ja auch noch unser alter Hausschlüssel!" — Frau: „Den schenke ich Dir jetzt!"
(Kleiner Irrtum.) „Sie brauchen nicht so laut zu reden, ich höre doch ganz gut!" — „„Ja, Herr Doktor, der Mann drunten im Haus hat doch g'sagt. Sie versteh'n nix!""
Rätsel.
Heimat für meine Brüder und mich ist der Süden
von Deutschland.
Frühlingsbote bin ich, fügt man ein l noch hinein.
Auflösung des Rätsels in Nr. 63.
„er."
Richtig gelöst von Johann Sieb, Bernbach.
SM" Hiezu zweites Blatt. MI