Schrittes auf die Bank zu und setzte sich Punkt 4 Uhr auf sie. Dort saß er eine Stunde lang und blickte erwartungsvoll ins Weite. Um 5 Uhr stand er kopfschüttelnd auf und ging, wie er gekommen war, nach Hause. Der Volksmund brachte dies mit einer Liebesgeschichte in Zusammenhang. Der alte Herr habe an dieser Stelle in jungen Jahren seine Geliebte erwartet, sie sei aber nichl gekommen und habe auch nie wieder etwas von sich hören lassen. Nun warte er täglich in der Hoffnung, daß sie vielleicht doch noch erscheinen werde. Was daran Wahres ist, hat man nicht erfahren können, da der alte Herr, der keine Angehörigen besaß, mit niemanden verkehrte und, wie der Ritter Toggenburg, sehr schweigsam war. In der letzten Zeit ging er nicht mehr aus und ist nun im 82. Lebensjahre gestorben.
Langerfeld im Wuppertal, 18. April. Laut amtlicher Meldung überfuhr heute morgen 3 Uhr ein von Lennep kommender Arbeiterzug das Haltesignal und fuhr einem einfahrenden Güterzug in die Flanke. Ein Bremser ist tot, ein Lokomotivführer verletzt. 24 beladene Wagen sind entgleist, 5 davon stürzten über die Brüstung des Wupper-Viadukts.
Aus Rathenow wird gemeldet: Unter dem Verdacht, am 5. Juli v. I. den Eisenbahnraub an der auf der Fahrt nach Norderney befindlichen Frau Geh. Oberfinanzrat Nölle in Groß-Lichterfelde verübt zu haben, wurde ein Mann sestgenommen, der zuletzt in Wittstock unter dem Namen Joseph Ebert gearbeitet hat, in Wahrheit aber Hermann Rescher heißt.
Aus der Schweiz. Keine einzige Stadt dürfte im Erben so riesiges Glück haben wie die Stadt Genf, die erst kürzlich wieder in dieser Beziehung gute Erfahrungen gemacht hat. Die vielen reichen Fremden, die die Gastfreundlichkeit der Stadt genießen, wissen hiefür auch Dank abzustatten. Vor 100 Jahren schenkte ihr der Russe Rath ein Kunstmuseum, das er zudem mit wertvollen Statuen und Gemälden versah. Als das Museum aber zu klein geworden war, kam der Stadt die Erbschaft des reichen Galland im Betrag von 6 Millionen sehr zu statten, denn aus diesem Geld konnte ein neues Kunstmuseum erstellt werden. Im Jahr 1872 setzte der ehemalige Herzog von Braunschweig die Stadt zum Erben seines Vermögens von mehr als 20 Millionen ein; er hatte dasselbe zuerst der Stadt Paris vermacht, zerriß aber sein Testament, als er im Jahr 1870 als deutscher Umertan ausgewiesen wurde. Aus diesen 20 Millionen baute die Stadt ihre Universität, die 1876 eröffnet wurde, und eine große Zahl öffentlicher Bauten zu Unterrichtszwecken. Vor einigen Jahren schenkte sodann der ehemalige englische Konsul der Stadt Genf den herrlichen Prachtbau „La Treille" und in den 80er Jahren der große Kunstkenner Revilliod sein berühmtes Museum „Ariana", den prachtvollen Renaissancebau mit der von Marmorsäulen getragenen Haupthalle, sowie sein bezauberndes Landgut, das im Jahr 1908 zu einem neuen botanischen Garten umgewandelt wurde. Der Franzose Rothschild baute der Stadt ein Spital für Augenkranke und versah dasselbe mit i
Gegenwart und steigere nicht seinen Zorn, indem Du sprichst: ich will nicht! Geh und vertraue auf Gott, der Dich nicht in der Not verlassen wird!"
Schweigend, wie ihm befohlen ward, entfernte sich der junge Mann, nicht, ohne sich nach dem Vater umzusehen, dessen Augen am Boden wurzelten.
„Mann mit dem Herzen von Stein, wohin verirrst Du Dich?" fragte der Geistliche im strafenden Tone. „Aber woher soll Dir der Geist der Liebe und der Versöhnung kommen, da Du die Stätte meidest, wo er weilt? Seit dem Tage, da Du Deinen Sohn taufen ließest, habe ich Dich nicht in der Kirche gesehen. Sie kommen alle, um das Brot des Lebens zu empfangen, nur Du nicht!"
Darauf ging er dem Hause zu, in dessen Tür eben die Altmagd erschien. Der Vollbauer aber schritt durch das Hecktor, gab dem Jungen, der sein Pferd hielt, einen Wink, es fortzubringen, und setzte schweigend seinen Weg zu Fuß fort.
* * *
Am Mittag des andern Tages kam Peter Bolt, müde von einer langen Wanderung, nach Hause. Seine Tochter flog ihm weinend entgegen. Sie fragte nicht, woher er kam; sie drückte ihn nur fest an sich und stammelte: „Gottlob, daß Du da bist!"
„Ich bin nur gekommen, um mit Dir in die weite Welt zu gehen und eine Stätte zu suchen, wo wir unser Haupt niederlegen!" sagte der Vater, und seine Stimme bebte bei dieser traurigen Verkündigung. „Ich muß ihnen mein Haus und meinen
45 Betten und so viel Vermögen, daß Kranke und Aerzte auf Zeiten geborgen sind. Was der Stadt noch fehlt, ist ein zoologischer Garten, aber bereits hat die Gattin eines kinderlosen, verstorbenen Franzosen Anstalten zur Erstellung eines solchen getroffen.
vermischtes.
An Wilhelm Busch. Eine Tischrunde nationalliberaler Abgeordneter in Berlin sandte an Wilhelm Busch zum 75. Geburtstage nachfolgendes Telegramm:
Mühe, Sorge, Not und Plage Hat an jedem Sitzungstage Jeder treue Volksvertreter,
Will er meiden das Gezeter Seiner Wähler, die im Lande Halten es für eine Schande,
Tritt er nicht genug hervor;
Tadelnd zupft man ihn am Ohr.
Darum muß im allgemeinen Uns das Leben traurig scheinen,
Die zu diesem schweren Amt Biele Monat sind verdammt,
Und kein Tröster war' uns nah,
Wärst Du, Wilhelm Busch, nicht da.
Dessen gute, weise Lehren Stets in uns'rem Kreis zu hören:
Wenn man die Geduld verliert,
Flugs wird Wilhelm Busch zitiert;
Schwillt vor Zorn die Ader an,
Schnell muß Wilhelm Busch heran;
Steigert sich des Aergers Wut,
Wie tut Buschens Wort uns gut!
So am Morgen und Mittage Scheuchen wir die Sorg und Plage Und nicht minder abends sort,
Wilhelm Busch, mit Deinem Wort.
Dankbar drum in unserm Herzen,
Zünden wir Geburtstagskerzen Für Dich allverehrten Mann Heut zu Deiner Feier an,
Und beim Trunk am heut'gen Abend,
Der uns eingeht mild und labend,
Tönt es in der Männer Runde,
Denen Du so manche Stunde Reichen Glückes hast beschert:
„Heut wird Wilhelm Busch geehrt;
Nehmt den Humpen, trinkt ihn aus.
Schütz Dich Gott, Du altes Haus!"
Die Macht des Inserates. Der Londoner Korrespondent der „B. Z. a. M." meldet den Tod des Mr. Beecham, der durch seine Beechampillen in der ganzen Welt berühmt geworden ist. Seinen Erfolg — er starb als vielfacher Millionär — hatte er nur dem Inserate zu verdanken, und vor einigen Jahren, als er als Gast auf einer Journalisten- Versammlung sprach, gab er das offen zu. Damals sagte er auch, seine Frau gebe jährlich über 2 Millionen Mark für Reklame aus, und es zahle sich aus. Angefangen hatte er in einem kleinen Fischladen, einer Fischbude auf dem Markte einer kleinen englischen Stadt. Dort verkaufte er seine Pillen, und eines Tages kam eine Frau zu ihm und sagte ihm, seine Pillen hätten ihr sehr gut getan, jede Schachtel davon sei ein Goldstück wert. Diese Phrase gefiel dem Pillenhändler derart, daß er sich zu einem Inserat, das diese Phrase enthielt, verleiten ließ. Aus dem einen Inserate wurde nach und nach das ! Millionengeschäft. Eine große Abteilung des Ge-
Hof lassen und dafür die Handvoll Taler nehmen, die er nach ihrer Schätzung wert ist!"
„Ich bleibe bei Dir, Vater, und will nicht weichen und wanken! Ist der Schlag, der uns treffen soll, nicht abzuwenden, wollen wir ihm offen entgegentreten! Gleich jetzt lege ich Hand an das Werk, um alles zu unserem Abzüge vorzubereiten!"
Er nahm einen Spaten, trat damit an das Hecktor und trieb ihn mit einem festen Stoße tief in den Grund hinein: „Da stecke Du! Und möge die Hand, die sich nach Dir ausstreckt . . ."
Er unterbrach sich: „Nein, ich will ihm nicht fluchen. Der Unselige, der mir während' unseres ganzen Lebens seinen Haß nachtrug, wird den Augenblick, auf den er lange vergebens wartete, nicht ungenützt vorübergehen lassen. So bricht er den Eid, den er einst Elsbeths Vater schwur. Ich will nicht gleicher Sünde teilhaftig werden!"
Langsam verließ er den Hof und ging in das Dorf. Er betrat festen Schrittes den Hof des Deichgrafen, der ihm entgegenkam und, alles erratend, sagte:. „Er kommt nicht als Freund zu mir!"
„Ich komme zum Deichgrafen I" antwortete der Bauer ernst. „Gehe Er mit seinen Geschworenen nach dem Boltenhofe; dort findet er am Hecktor den Spaten, womit ich den Deich nicht festigen kann, tief in den Grund getrieben, der starken Hand harrend, die ihn herauszieht I Weiteres brauche ich wohl nicht zu sagen?"
„Nein, unglücklicher Mann, Du hast genug gesprochen!" sagte der Deichgraf. „Gehe heim und
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schüftshauses war der Reklameabteilung überlassen, und diese wurde vom Chef selbst geleitet, denn er betrachtete sie als die wichtigste Abteilung seines Geschäftes. Er glaubte an die Macht des Inserates, schon deshalb, weil sein Bankkonto den Beweis dafür lieferte. _
jSchulhumor.j Es wird in einer Dorfschule die Geschichte von Joseph und seinen Brüdern erzählt, wie letztere auf den Liebling seines Vaters neidisch waren. Die Frage nach dem Begriffe des Wortes „neidisch" beantwortete ein Schüler in überraschender Weise so: „Dat is de Disch, wo de Snieders upp sitten" (Neidisch — Nähtisch!)
Literarisches.
Neue Karte des Württ. Schwarzwaldvereins. Maßstab 1:50000. Blatt 2. Hohloh (Baden-Baden). 2. Auflage. Aufgezogen in Taschenformat 2.—. Stutt- gart. In Kommission bei A. Bonz' Erben. Zufolge reger Nachfrage seitens der Touristenwelt nach den Wanderkarten des Würlt. Schwarzwaldvereins sieht sich letzterer veranlaßt, noch vor der Vollendung sämtlicher Abteilungen seines in jeder Beziehung bedeutungsvollen Kartenwerkes einzelne Blätter desselben in neuer Auflage erscheinen zu lassen. Die uns soeben zugegangene zweite Auslage des Blattes Hohloh ^Baden-Baten) hat nun eine den andern bereits erschienenen Blättern gleiche Ausstattung bekommen. Die Höhenkurven sind jetzt braun; dazu kommen die Höhen- und Zugangswege in lichtem Rot. Die Schummerung ist wieder grünlich, aber aus vielseitigen Wunsch etwas Heller gehalten, um das Wegnetz und die Namen besonders in steilem Gelände nicht zu verdunkeln, wobei übrigens das Relief der Landschast dennoch gebührende Berücksichtigung fand. Die wichtigste Verbesserung ist die Zugabe eines Randstücks an der nordöstlichen Ecke, das die Gegend von Herrenalb bis zum Mahlberg und Frauenalb enthält. Dem Wanderer werden die Wege eröffnet in die Seitentäler der Enz, Murg und Oos, hinein in die Waldschluchten, die zu der Teuselsmühle, zum Hohloh und Schramberg, zu der Hornisgrinde, zum Ochsenkopf und der Badener Höhe hinausziehen. Auch die Umgebung von Herrenalb und Baden- Baden ist mit Sorgfalt behandelt, um den wanderfrohen Besuchern dieser Kurplätze als Führer für Tagesausflüge zu dienen.
Rätsel.
Es ist ein ganz klein Wörtchen, Doch ist es inhaltsschwer.
Es spricht von einem Manne,
Und ist im wilden Meer.
Es macht das Wild zum Menschen, Und macht den Schwur zum Fluß Es ist in Bier und Wasser Und hier, bedenk den Schluß.
Doch laß dich nicht betören.
Von meiner Worte Spiel.
Du kannst es täglich hören Und brauchst es selber viel.
Auflösung der Aufgabe in Nr. 61 .
Zuerst wurden 63, dann 72 Pferde gekauft, oder umgekehrt.
Richtig gelöst von Adolf Weiß, Schreiner, Arnbach; Gustav Müller, Rotensol; Wilh. Fr. Kull, Zimmermann, Wilh. Wacker, Heizer, Neusatz; Johann Baier, Oberlengenhardt; Christian Walter, Schuhmacherlehrling, Herrenalb; Ludwig Keller, Gaistal; W. B. K., Höfen.
trage Dein Los mit Geduld! Ich will tun, was meines Amtes ist!"
Wie eine Sturmbö, die aus der See kommend über die Marschen hinfährt, flog die Kunde von dem Mißgeschick des Peter Bolt von Hof zu Hof, von Dorf zu Dorf.
„Spatenlandl Es gibt Spatenland!" rief es hier, und „Spatenland! Spatenlandl" rief es dort.
Die Reichen zuckten die Achseln und waren im Innern froh, daß sie einen Mann los wurden, der eigentlich nie zu ihnen gehört hatte. Ein Halbfremder, der nicht festzuhalten wußte, was ihm das Glück zuwarf. Die Armen rieben sich die Hände und konnten ihre Freude nicht verbergen, daß einer von denen, die so stolz auf sie herabsahen, wieder zu ihnen herunter mußte. Nur wenige waren, die ein aufrichtiges Mitleid empfanden, und diesen wenigen gebrach es an Kraft, dem Sinkenden eine helfende Hand zu bieten und ihn dem Untergange zu entreißen. Er war unrettbar verloren.
Der Deichgraf hatte einen Tag angesetzt, an dem das Spatenland unter den Bedingungen vergeben werden sollte, die das Gesetz vorschreibt. Es war ein kalter, unfreundlicher Tag, und kein Sonnenblick vermochte sich durch die Wolken eine Bahn zu brechen.
— (Schluß folgt.) —