begriffen. Er wird durchgreifen. Neben der volkswirtschaftlichen und finanziellen Seite der Frage habe ich vom ersten Moment an die nationale Seite der Sache mit Freuden begrüßt. Der Gedanke einer wechselseitigen Unterstützung der deutschen Regierungen ist ein so kräftiger, daß er, einmal aufgestellt, nicht mehr verschwinden wird. Zu unserem lebhaften Bedauern müssen wir uns aber auf eine langsame Entwicklung gefaßt machen. Diese Ausgabe auf dem Gebiet des Verkehrswesens, das seiner Natur nach der Zersplitterung widerstrebt, ist so wichtig, daß ich mich nicht entmutigen lasse. Es gibt auch im Innern eine nationale Politik und ich bin überzeugt, daß diese nationale Politik in Berlin ihre Spitze finden kann und wird und daß die dazu berufenen Faktoren mit der Zeit aus unsere Seite treten werden. Andererseits müssen wir uns nach der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes sagen: die württ. Eisenbahnen müssen auf ihren eigenen Füßen stehen können (sehr richtig). Die Abschlüsse von 1905 sind günstiger, als alle bisherigen waren. Ich freue mich, sagen zu können, daß die Abschlüsse für das Jahr 1906 sehr gutes versprechen (bravo!). Wir müssen uns so einrichten, daß wir bis auf weiteres für uns leben können (sehr richtig), aber ich gebe die auf den Art. 42 der Reichsverfassung gegründete Hoffnung und Erwartung nicht auf (Beifall).
Stuttgart, 16. Febr. Die Zweite Kammer nahm heute zunächst einen von dem Abg. Gröber näher begründeten und dann auch von den Abgg. Liesching (Vp.), Hieber (D. P.), Schrempf (Bbd.) und Kloß (Soz.) unterstützten Antrag des Zentrums an, die Geschäftsordnungs-Kommission mit einer Revision der Geschäftsordnung zu beauftragen. Insbesondere wurde hiebei auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Behandlung der Petitionen, die bisher dem Haus viel Zeit gekostet haben, anders zu ordnen. In der Weiterberatung des Hauptfinanzetats sprach heute zuerst Kultusminister v. Fleischhauer. Entgegen dem Abg. Keil wies er darauf hin, daß von dem Mehraufwand für den Kultusetat im Betrag von 750 000 Mk. 473 000 Mk., also b/ztel, auf den Elementarunterricht entfallen, und betonte dann fernerhin den Nutzen der höheren Schulen wie überhaupt der Wissenschaft für die Allgemeinheit. Er wiederholte ferner, daß die neue Volksschulnovelle nicht hinter den Vorschlag der früheren zurückgehen werde, namentlich auch nicht in Bezug auf die fachmännische Bezirksschulaufsicht, in welch letzterer Hinsicht nach der Neuzusammensetzung der Stände kein Grund für eine Zurückhaltung mehr vorliege. An dem konfessionellen Grundcharakter der Volksschule werde festgehalten werden. Der Minister bedauerte dann den Mangel an Lehrkräften und stellte zur Abhilfe hiefür eine Nachtragsforderung in Aussicht, um diesem unwürdigen Zustand ein Ende zu machen. Die Uebernahme der Volksschullasten auf den Staat verbiete die Finanzlage, desgleichen auch die Uebernahme der persönlichen Schullasten ; doch werde er hierüber Erhebungen anstellen. Der Abg. Hildenbrand (Soz.) polemisierte in längerer Rede gegen den Abg. Hieber und die Regierung. Er betonte die Freundschaft seiner Partei
Auf der Spur.
Novelle von Dr. L. Lange, Geh. Kriminalrat.
3) -(Nachdruck verboten).
Diese Gelegenheit fand sich in Neu-Steinach, einer am unteren Ende des Sees gelegenen Fischerkolonie, die wegen ihrer schönen Lage am Fuß des mächtig emporstrebenden Gebirges in letzter Zeit auch vielfach von Touristen ausgesucht wurde und sich zu einer Sommerfrische zu entwickeln schien. Ein unternehmender junger Mann aus Steinach, der mit seiner ebenfalls daher gebürtigen Frau ein ganz hübsches Vermögen erheiratet hatte, war auf den Gedanken gekommen, in Neu-Steinach ein mit modernem Komfort eingerichtetes Restaurant und Logierhaus zu bauen, das sich guten Zuspruchs zu erfreuen hatte. Hier hielten die beiden Beamten Mittagspause.
Nach Tische setzte sich, ländlicher Sitte folgend, ^die höchstens in der Mitte der zwanziger Jahre stehende und trotz ihrer drei Kinder in der kleidsamen Tracht fast wie ein junges Mädchen ausschauende Wirtin zu ihnen, und begann, sie über Zweck und Ziel der Reise auszufragen. Sie ent- gegneten, daß sie die Gegend zu durchstreifen beabsichtigten, um sich die Stubenluft einmal gründlich aus den Lungen heraus- und frische Bergluft dafür hineinzupumpen. Die Wirtin lobte dieses Vorhaben und empfahl ihnen, Neu-Steinach als Standquartier und Ausgangspunkt für ihre Exkursionen zu wählen. Natürlicher Weise wurde sie zu dieser Empfehlung
zur Betriebsmittelgemeinschaft. Ministerpräsident v. Weizsäcker bat bezüglich der Betriebsmittelgemeinschaft, man möge gegen die Beamten eines anderen Staates keinen Tadel aussprechen, wie dies Hildenbrand mit der Behauptung getan hatte, die preußischen Beamten hätten ihre nationale Schuldigkeit nicht getan. Finanzminister v. Zeyer wandte sich gegen den von Hildcnbrand erhobenen Vorwurf verschwenderischer Remunerationen. Der Abgeordn. Haußmann-Balingen (Vp.) tadelte zunächst die ablehnende Haltung Preußens in der Frage der Betriebsmittelgemeinschaft, die auch der Krone eine Enttäuschung gebracht habe und unterzog dann die Thronrede einer scharfen Kritik. Sie lösche den Gedanken nicht aus, daß in Württemberg alles zäh, langsam und lahm vorwärts gehe, der schleppende Gang der Politik sei ihr ausgeprägt. Als Beweis hierfür nannte er die erste Ankündigung der Wegordnung im Jahr 1865, die Ankündigung der Volksschulnovelle in ausweichenden Formen. Der Redner verlangte ferner einen raschen Ausbau der Steuerreform, die Vertretung der kleinen Bauern in den Landwirtschaftskammern, Vorlegung einer Kreisordnung, baldigen Bau des Hoftheaters. Minister v. Pischek betonte, daß die Gemeinde- und Bezirksordnung erst in Kraft treten und sich einleben müßten, ehe an die Kreisordnung gegangen werden könne. Auch die Kräfte des Ministeriums seien beschränkt und das Haus selbst arbeite auch nicht immer so rasch, wie dies im Interesse des Landes wünschenswert sein würde. Was die Wegordnung anbelangt, so müsse auf die Finanzlage Rücksicht genommen werden. Dienstag nachmittag wird die Debatte fortgesetzt.
Stuttgart, 15. Febr. Die Finanzkommission hat in ihrer heutigen Sitzung u. a. die Referate zum Etat nach gemeinsamer Verständigung verteilt, wobei der Volkspartei der Kultetat (v. Gauß), der Postetat (Liesching). Salinenetat (Käß) zufiel; der Deutschen Partei der Etat der Finanzen mit Forst- und Jagdetat, Zivilliste (Dr. Hieber); dem Zentrum aus dem Etat des Innern das Medizinalwesen, Handel und Gewerbe, Flußbauten u. s. w. (Rembold - Gmünd), Hüttenwerk (Rembold - Aalen), Eisenbahnen und Dampfschiffahrt (v. Kiene); dem Bauernbund der Justizetat und der des Auswärtigen (Kraut), aus dem Etat des Innern der erste Teil mit Landwirtschaft (Hang); der Sozialdemokratie der Steueretat, Pensionen, Ständische Kasse usw. Der Landtag soll kommenden Freitag mit einer gemeinschaftlichen Sitzung beider Kammern bis nach Ostern vertagt werden und die Finanzkommission in der Zwischenzeit die Vorbereitung der Etats besorgen.
Stuttgart, 16. Febr. Das Zentrum hat in der zweiten Kammer folgenden Antrag eingebracht: Die Kammer wolle beschließen: Die Kgl. Staatsregierung zu ersuchen, 1) im Bundesrat dafür einzutreten, daß die Haftung des Automobilunternehmens für den bei dem Betrieb von Automobilen entstehenden Personen- und Sachschaden entsprechend den für die Haftung des Eisenbahnunternehmens geltenden Gesetzesbestimmungen geregelt werde; 2) für strenge Handhabung der erlassenen Vorschriften über den Verkehr mit Automobilen Sorge zu tragen.
durch die Hoffnung auf den von den Fremden zu ziehenden Verdienst bestimmt, aber für Waldow lag kein Grund vor, diesen Vorschlag abzulehnen. Steinach selbst war nur ein kleines Dorf, das sich an das große Rittergut anschloß. Ein längeres Verweilen dort hätte entschieden Aufsehen erregt. Was aber Waldow in Steinach über Herrn Würzburger in Erfahrung bringen konnte, das konnte ihm schließlich Frau Monika, die junge Wirtin, deren Eltern noch in Steinach lebten, und die oft zum Besuche hinüberfuhr, auch mitteilen.
Er begann, sie in geschickter Weise über denselben auszufragen.
„Der Herr Würzburger ist kein guter Herr", berichtete die Wirtin, gern die Gelegenheit ergreifend, zu zeigen, wie gut sie Bescheid wußte. „Reich ist er ja, schrecklich reich, aber meinen Sie, daß er etwas für die Armen täte? Das fiele ihm gerade ein! Wenn die gnädige Frau nicht gewesen wäre, dann hätte da alles in Not und Elend verkommen können! Es ist ein schlechter Verdienst hier im Gebirge, und als vor einem Jahr die Steinach übertrat und die Wiesen, mehr als die Hälfte wenigstens von allen, mit Geröll und Steinen überschwemmte, da ist mehr als einer von den Bauern in Steinach als wohlhabender Mann zu Bett gegangen gewesen, und am anderen Morgen, als er aufgestanden ist, b'hüt Di Gott, da hat ein armer Mann in seinem Wams gesteckt. Und die Armen, die sind, versteht sich, noch ärmer geworden, net? Denn wo sie bis dahin für ein „Vergelts Gott" immer noch soviel bekommen
Stuttgart, 16. Febr. Der Post-, Telegraphen- und Fernsprechdienst wird, wie in früheren Jahren, am Geburtsfest des Königs wieder eine Einschränkung erfahren.
Stuttgart, 17. Febr. Am 25. und 26. ds. findet in Dinkelackers Saalbau die Aufführung des großen Adolf Bartels'schen Stücks: Luther als Reformator, Drama in 5 Akten, zu Gunstendes zu erbauenden Luthersaals der Paulusgemeinde statt.
Cannstatt, 16. Febr. Nach einer Bekanntmachung der hiesigen Metzgergenossenschaft tritt von heute an bei Ochsenfleisch und Rindfleisch ein Aufschlag von 5 Z, bei Schweinefleisch ein Abschlag von 5 Z ein.
Tübingen, 16. Febr. Unsere Meldung über : den plötzlichen Tod des Oberpostsekretärs Koch er- i weist sich als unrichtig. Es liegt eine Verwechslung i vor. Der an einem Schlaganfall plötzlich Verstorbene ist der Eisenbahnsekretär und Stationsvorsteher a. D. Koch, ein Bruder des Oberpostsekretärs Koch.
j Heidenheim, 17. Febr. Die Maschinenfabrik I. M. Voith hier hat die Kunstmühle der Gebr. Zimmermann um 132 000 und die Kunstmühle von Fröscher u. Hermaringer um 97 000 ange- kaust behufs Verwendung der Wasserkraft und zu ! elektrischer Kraftübertragung hierher.
! Wendlingen, 16. Febr. Bei der gestrigen Wahl eines Orts Vorstehers haben 333 Bürger ! abgestimmt. Sämtliche 333 Stimmen fielen aus ! den mehrjährigen Verwaltungsassistenten Kapp.
! Zuffenhausen, 14. Febr. Ein Nachfolger - des „Hauptmanns von Köpenick", gab auch hier eine ! Gastrolle. Wie der „Anzeiger" meldet, erschien I gestern nachmittag in der Restauration „Zur Lud- ! wigshöhe" ein „Kriminalschutzmann", der einem an- ' wesenden Fremden die Legitimationspapiere abver- j langte und diese dann als gefälscht bezeichnet^ l Hierauf veranlaßte er den Wirt, telephonisch den Landjäger herbeizurufen, der auch bald erschien, jedoch zum Verhängnis für den „Kriminalschutzmann"
! wurde; denn der Landjäger konstatierte, daß die ! beanstandeten Papiere echt, aber — der „Kriminal- ! schutzmann" ein „falscher" war. Da letzterer, ein ? Geschäftsreisender aus Stuttgart, sich auch noch ver- ! schiedene Liebenswürdigkeiten gegenüber dem Land- ! jäger zuschulden kommen ließ, wird er jedenfalls ! Gelegenheit erhalten, in ungestörter Ruhe über sein so schmählich zu Wasser gewordenes „erstes Debüt"
; nachzudeuken.
Horb, 16. Febr. Einen überaus kostbaren Fund hat, wie man uns berichtet. Wendelin Schneider in Weitingen gemacht. Er fand bei einer Grabarbeit in seiner Scheuer einen ganz mit alten Münzen gefüllten großen Kupferhafen. Unter den Münzen sind 27 Goldmünzen je von dem dreifachen Gewicht eines Zwanzigmarkstücks zumeist aus dem Jahre 1400, einige auch aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, ferner 50 große Silber-Thaler ! in anderthalbfacher Größe eines 5 -^.-Stückes und ^ mehrere tausend ganz guterhaltene andere Silberstücke.
hatten, daß sie nicht zu hungern brauchten, und für den Winter auch ein abgelegten Janker vom Bauer und einen Rock oder ein Mieder von der Bäuerin, da haben Bauer und Bäuerin jetzt selbst nichts mehr zu beißen und zu brechen gehabt, und für neue Kleidung hätt's schon lang net g'langt, die Hoffart Habens sich vergehen lassen müssen. Ja, wenn da die gnädige Frau nicht gewesen wäre! Wie ein Engel ist die in alle Hütten gekommen und hat 'tröstet und auch mit Geld ausg'holfen, soviel's nur könnt hat! Nicht von dem Würzburger seinem, sie hat ihr eigen Vermögen gehabt, das ihn nix angegangen ist, und wenn er hat anfangen wollen zu schelten darüber, dann hat sie ihn nur so eigen angesehen mit ihren großen blauen Augen, daß er weggegangen is und nur still vor sich hinbrummt hat! Das is ein Kreuz für d' ganze Gegend, daß sie gestorben is! So ganz plötzlich! Und so jung noch und so schön!"
Sie trocknete sich mit dem Schürzenzipfel die Augen und setzte dann ihre Erzählung fort, im Eifer des Gesprächs ab und zu wieder ein wenig in den heimischen Dialekt fallend, den sie sich während ihrer „Ausbildung" in einer größeren Stadt, wo sie drei Monate in einem Hotel die feinere Küche gelernt hatte, sich gänzlich abgewöhnt zu haben meinte.
„Meine Schwester, die Vefi, ist als Kammermädchen bei ihr gewesen", sagte sie, „und was die alles berichtet hatte, wie gut die Gnädige war. Und dann flat sie so plötzlich sterben müssen! Es ist ein Jammer! Ja, es ist schon so, wie mein Vater ^ immer sagt, die besten Menschen müssen von der