Vennischies.
Aus dem bad. Oberland erhalten wir von einem alten treuen Leser des Enztälers noch folgenden Beitrag zur Reichstagswahl mit der Bitte um Aufnahme. Obwohl die Verse nach Sinn und Maß nicht ganz einwandfrei, wollen wir deren Aufnahme nicht versagen.
Freiburgs Wahlnachkläuge. (Jnnungsbäckermstr. Hauser als erster Bäcker im Reichstag.)
Liebe Bürger, geehrte Wähler,
Laßt Euch doch noch was erzählen!
Mit Mühe, Opfer und großen Kosten Hat 's Freiburger Zentrum mit Ach und Krach Bei Kummer, Sorgen und schlaflosen Nächten Den ersten Bäcker in den Reichstag gebracht.
Aber! zur Deckung der Kosten, liebe Hausfrau, o weh! Soll'n gleich nach der Wahl geh'n die Brotpreis in d'Höh'!
Der Kaiser wird staunen, was der Bäck' publiziert, Denn der Broiaufschlag war schon vor der Wahl acceptiert, Aber um die Wahl Hauser nicht zu gefährden,
Will man die Leute nach der Wahl erst erschrecken.
D'rum Kinder, schreit nicht oft nach Brot,
Der liebe Geldsack leidet Not.
Die Wecken werden kleiner g'macht Und die Wähler ausgelacht.
Der Humor im Wahlkampf. Ein Wahlkuriosum, das in Magdeburg passiert ist, dürfte Interesse beanspruchen. Eine Gesinnungsgenossin von Rosa Luxemburg hatte ihre nationalgesinnte „schwächere" Ehehälfte eingeschlossen, damit nicht ein „Kobelt" mehr in die Wahlurne wandere. Die mahnenden Boten der nationalen Parteien kamen zum zweitenmal und drittenmal an die verschlossene Tür und hörten von innen her immer dieselbe Entschuldigung. „Ja, ich möchte ja gern wählen, aber ich kann ja nicht hinaus." Endlich wurde vereinbart, daß ein Schlosser öffnen sollte. Gesagt, getan. Der Mann ging zur Wahl kehrte eilends zurück und ließ sich wieder einschließen, damit die Gattin, die holde, nichts merke. So geschehen im Wahlbezirk Olivenstedterstraße, Jmmermannstraße usw.
Pferdewurst im Warenhause. Die Schweine- metzger-Jnnung in Köln hat eine Erklärung einstimmig angenommen, worin der Oeffentlichkeit davon Kenntnis gegeben wird, daß das Warenhaus Tietz ständiger Kunde der Pferdewurstlieferanten Kolb u. Co. in Berlin gewesen ist. Ueberhaupt sind Warenhäuser und Filialgeschäfte die Hauptkunden dieser Pferdewurstfabrik gewesen. Die Fleischer haben sich trotz aller Not der Zeit in rechtem Handwerkerstolze von dieser Schwindelei freigehalten und sich auch durch die kolossalen Preisunterbietungen der Warenhäuser nicht vom Pfade der Ehrlichkeit abbringen lassen. Sie haben sich gesagt, daß dieser Schwindel einmal aufaedeckt werden würde, und stehen nun als brave deutsche Handwerker da. Die Warenhäuser und Filialgeschäfte aber priesen die Pferdewurst als „feinste Cervelat-, Block- und Salamiwurst" an. Tietz verkaufte sie als „polnische Landwurst" und als „Kösliner-Cervelat- und Salamiwurst." Der Staatsanwalt hat sich bereits der Sache angenommen; wir müssen nun sehen, so schreibt die „Geschäftswehr", welcher „Rayonchef" mit den üblichen 50 ^ bestraft werden wird. Allerdings behauptet die Firma Tietz, sie sei selbst von Kolb u. Co. getäuscht worden. Nun glauben wir zwar gern, daß die Warenhausbesitzer mangelhaft unterrichtet sind; aber diese gewaltigen Preisunterschiede hätten doch wohl die Firma Tietz stutzig machen müssen. Sie mußte wissen, daß man für diese Preise keine Schweine- und Rindfleischwurst bekommen kann. Außerdem erkundigt sich ein ordnungsmäßig geführtes Geschäft nach dem Rufe des Lieferanten, ehe es von ihm bezieht. Jedenfalls, wie man das Ding auch drehen mag: Tatsache ist, daß Tietz und viele andere Warenhäuser, die der Staatsanwalt zurzeit ermittelt, andauernd dem Publikum Pferdewurst für Servelatwurst geliefert haben.
sVerdächtiges Spiel.j „Nun, warum' hast Du denn um Deine Luise nicht angehalten?" — „Ach, als ich hinkam, haben die Kinder gerade Gerichtsvollzieher gespielt!" („Fl. Bl.")
Riitsel.Disticho«.
Allen bekannt ist mein Name aus Jakobs und
Esaus Geschichte.
Aendert ihr Kopf mir und Herz, nenn' ich in Asien
ein Reich.
Auflösung des Zahlknrätsrls in Nr. 26. Florida, Jda, Idar, Flor, Radi, Raff, Aida, Ali, Jllo, Jll, Adda.
Rilblig gelöst von Wilhelm Kölner, Neuenbürg: Wilh. Ditlus, Lbernhausen.
Auf der Spur.
Novelle von Dr. L. Lange, Geh. Kriminalrat.
2) - (Nachdruck verboten).
Waldow und Stahring begannen ihre Nachforschungen selbstverständlich da, wo dieselben — abgesehen von dem nutzlosen Nachfragen auf dem Bahnhof in Beerwalde — abgebrochen worden waren, in Bornitz. Die Frage, ob die Herrschaften, die in der vergangenen Nacht mit der Equipage fortgefahren, vielleicht inzwischen zurückgekehrt seien, wurde verneint. Eine von Waldow, freilich ohne viel Hoffnung auf Erfolg, vorgenommene Durchsuchung des Zimmers, in dem jene sich aufgehalten hatten, blieb, so skrupulös genau sie vorgenommen wurde, ohne jedes Resultat. Der Aufenthalt dort hatte nicht lange genug gedauert, um Spuren zu hinterlassen.
Der Kriminalkommissar ließ sich nunmehr die ihm gleich bei seiner ersten Recherche gegebene Personalbeschreibung wiederholen und besprach sich dann mit Stahring, dessen in zehnjähriger praktischer Tätigkeit als Kriminalschutzmann erworbene Erfahrung er zu schätzen wußte, über die nun zu unternehmenden Schritte.
„Daß wir es nicht mit Gewohnheitsverbrechern zu tun haben," begann er seine Ansicht zu entwickeln, „scheint mir ziemlich sicher. Erstens würden Gewohnheitsverbrecher statt einer Zusammenkunft in einem Hotel lieber eine solche auf freiem Felde gewählt haben, wo sie vor jedem Lauscher sicher waren. Zweitens würden sie sich schwerlich einer Equipage bedient haben, die in so kleinen Orten wie Bornitz immer wenigstens momentan Aufsehen erregt. Andererseits aber haben die beiden, welche nach den Beschreibungen des Kellners und des Hausknechts den höheren Ständen anzugehören scheinen, doch wieder gewisse Vorsichtsmaßregeln angewandt, um sich vor Entdeckung zu sichern, daß meine Ueberzeugung, es handle sich' um ein Verbrechen, noch verstärkt worden ist. Was meinen Sie dazu, — Stahring?"
„Ich kann dem Herrn Kriminalkommissar nur beistimmen," erwiderte der Gefragte. „Aber je wahrscheinlicher es ist, daß wir es mit Leuten zu tun haben, die den höheren Ständen angehören, um so dringender erscheint mir die Notwendigkeit sehr vorsichtig vorzugehen."
„Darin muß ich Ihnen Recht geben, obwohl ich, wenn mein Verdacht sich bestätigen sollte, ebenso rücksichtslos zuzugreifen gedenke, als wenn es sich um einen Vagabunden handelte. Die Frage ist jetzt, wo wir unsere Nachforschungen beginnen sollen. Daß die Gesuchten nicht nach Beerwalde gefahren sind, ist mir nach meinen gestrigen Nachforschungen ziemlich sicher. Da sie aber im Hotel sagten, sie wollten dorthin, haben sie jedenfalls zuerst diese Richtung eingeschlagen, um nicht Aufsehen zu erregen, und sind dann bald seitlich abgebogen. Wir müssen zu erfahren suchen, ob dies nach links oder nach rechts geschehen ist, und dann, wohin sie sich gewandt haben. Ich vermute, daß dies nach einem Gute in der Nähe geschehen ist, denn Equipagen pflegen in hiesiger Gegend sonst ausschließlich Gutsbesitzer sich zu halten. Wäre der Wagen aus einem der Nachbarorte oder von einem der nächsten Güter gewesen, so hätte der Hausknecht vermutlich die Equipage gekannt. Da dies nicht der Fall, ist es wahrscheinlich, daß sie von einem entlegeneren Gute stammt, dessen Besitzer nur selten hier verkehrt. Suchen Sie nun zuerst in unauffälliger Weise, indem Sie bei den Kaufleuten des Ortes kleine Gegenstände kaufen, zu ermitteln, ob der Wagen vielleicht schon im Orte abgebogen ist oder ob er die Chaussee nach Beerwalde eingeschlagen hat. Ich werde unterdessen nach Bernsdorf und eventuell auch nach Schlichtingen fahren, den Ortschaften, über welche nach der Generalstabskarte man fahren muß, wenn man die oberhalb und unterhalb von Beerwalde gelegenen Stationen erreichen will, und zu erfahren suchen, ob die Equipage gestern dort durchgekommen ist."
„Darf ich mir einen Rat erlauben, Herr Kriminalkommissar?"
„Ich bitte darum."
„Ich würde es für gut halten, wenn Sie diese Nachforschungen auch auf vorgestern ausdehnten."
„Warum?"
„Wenn die beiden gesuchten Personen denselben Aufenthaltsort hätten, oder wenigstens in den letzten Tagen gehabt hätten, so würden sie schwerlich zu einer Besprechung hierher gekommen sein, sondern an jenem alles vereinbart haben. Daß dies ge-
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> schehen, beweist meiner Ansicht nach, daß eine von ihnen hier in der Nähe ihren Wohnsitz hat, die andere erst hierher gekommen ist. Letzteres aber ist aller Wahrscheinlichkeit nach mit der Bahn geschehen und zwar nicht über Beerwalde, da man dort von der Equipage garnichts wußte, sondern von einer der nächsten Stationen."
„Sie haben recht. Es ist besser, wenn ich auch dies zu erforschen suche, obwohl mir mehr daran liegt, zu wissen, wohin sie gekommen sind, als woher dies geschah."
„Das Eine führt vielleicht auf das Andere."
„Hoffen wir es. Nun aber an unsere Nachforschungen, sonst wird es zu dunkel. Ich möchte gern, daß wir heute noch wenigstens ein kleines Resultat erzielten!"
Diese Hoffnung schien nicht in Erfüllung gehen zu wollen. Weder in Bernsdorf noch in Schlichtingen hatte man in den letzten Tagen eine Equipage durchkommen sehen, was allerdings die Möglichkeit nicht ausschloß, daß dies dennoch geschehen war, denn in Schlichtingen war während des ganzen vorgestrigen Tages im Dorfwirtshaus, in dem Waldow seine Erkundigungen einzog, niemand gewesen, als die Mutter des Wirtes, die wohl die um diese Jahreszeit am Tage sehr seltenen Gäste bedient, um vorbeifahrende Wagen aber sich nicht gekümmert hatte.
Ein wenig glücklicher war Stahring in seinen Nachforschungen gewesen. Zwar hatte er auch nicht ermittelt, wohin die Equipage gefahren war — nur der Nachtwächter hatte sie in der Richtung nach Becrwalde vorbeisahren sehen, aber auch er nur in geringer Entfernung vom Hotel — es war ihm indessen gelungen, durch Befragen der verschiedenartigsten Personen, Kaufleute, Kommis derselben, einer aus dem Markt Obst feilbietenden Hökerfrau etc. festzustellen, daß die fragliche, von ihm genau beschriebene Equipage schon einige Male aus der Richtung von Mordlingen, einem gerade entgegengesetzt von Beerwalde gelegenen Dorf, gekommen und auch wieder in derselben Richtung zurückgefahren war.
Das war immerhin der Anfang einer Spur, und es handelte sich nur darum, dieselbe weiter zu verfolgen, was, da die Nacht hereingebrochen war, als Herr von Waldow zurückkehrte, erst am nächsten Morgen geschehen konnte.
Früh an diesem brachen sie nach Mordlingen auf, das nur eine gute Stunde von Bornitz entfernt war. Der Besitzer des am Eingang von Bornitz her gelegenen Wirtshauses war mit seinen Leuten bereits zur Feldarbeit gegangen, da der Ort, an welchem sie diese verrichteten, nicht weit entfernt war, gingen die beiden Polizeibeamten ihnen nach. Sie hatten ein Touristenkostüm gewählt, das in dieser wegen ihrer landschaftlichen Reize oft ausgesuchten Gegend nicht auffallen konnte.
Auf dem Felde angekommen, begannen die Kriminalbeamten mit dem Wirt ein Gespräch über die Ernte, das Waldow, als Sohn eines Gutsbesitzers, ganz sachverständig führte, um im Laufe desselben auch auf die Equipage zu kommen, die er am Morgen zwischen Mordlingen und Bornitz getroffen haben wollte und dem Wirt beschrieb. „Ein Paar große schöne Braune", schloß er seine Darstellung, „wem mögen sie wohl gehören?"
„Es könnten dem Kolkwitzer Baron seine gewesen sein", antwortete der Wirt. „Hat das Handpferd eine Blässe?"
„Nein, sie waren ganz gleichmäßig braun, ohne Abzeichen."
„Hm! Wenn es nicht so früh gewesen wäre, würde ich glauben, es wären dem alten Würzburger seine aus Steinach — aber die müßten ja schon um Mitternacht fortgefahren sein, denn bis zum Stei- nacher See sind es immerhin gute fünf Stunden, und von da bis Steinach auch noch zwei."
„Wenn ich nicht irre, habe ich dasselbe Gespann schon vorgestern gesehen, als ich von der Ruine auf den: Schloßberge zurückkam."
„Dann könnte« es allerdings dem Würzburger seine gewesen sein, denn die sind vorgestern mittags hier durchgekommen; ich habe sie selber gesehen."
Waldow plauderte noch eine Weile mit dem Manne, gab ihm eine Zigarre und schritt mit Stahring dem nahen Walde zu, dann durch diesen auf einem Umwege nach Mordlingen zurück.
Die Sicherheit, mit welcher der Mordlinger Wirt die Pferde als diejenigen des „alten Würzburgers" bezeichnet hatte, ließ in ihm kaum einen Zweifel aufkommen, daß er sich auf der richtigen Fährte befand. Es erschien ihm daher am geratensten, den Weg nach Steinach weiter zu gehen und bei Gelegenheit nähere Erkundigungen einzuziehen.