Vermischtes.
Die Fernphotographie erfunden. Wie aus Paris berichtet wird, hat der Münchener Universitätsprofessor Korn dort im Saale der Zeitschrift „l'Jllustration" in Gegenwart des französischen Handelsministers Barthon und des französischen Unterstaatssekretärs der Post und des Telegraphs Simyan eine Vorlesung über seine Telephotographie gehalten. Alle Zeitungen berichten darüber in spaltenlangen Artikeln, sind der Bewunderung voll, zumal sie eine Photographie des Präsidenten der Republik wiedergeben können, die nach dem Vortrag von Lyon, also aus einer Entfernung von über tausend Kilometern, in fünf Minuten nach dem Saale der „l'Jllu- stration" telegraphiert wurde. Dem deutschen Leser ist die Konstruktion des Fernphotographs bereits bekannt, so daß wir auf den Inhalt der Vorlesung nicht näher einzugehen brauchen. Professor Korn sprach in ausgezeichnetem Französisch; er war früher, nachdem er die Universität Leipzig und Berlin besucht hatte, Schüler der Professoren Poincare, Picard und Bouty, was die Pariser Zeitungen nicht ohne Stolz erwähnen. Die Zeitschrift „l'Jllustration" hat sich das Monopol der Ferntelegraphie für Frankreich gesichert ; der Elektrotechniker Carpentier wird nach dem mitgebrachten Münchner Modell des Professors Korn einige Apparate anfertigen, die in den verschiedenen großen Städten der Republik installiert werden sollen, um es der jeden Samstag erscheinenden „l'Jllustration" noch zu ermöglichen, die am Freitag passierenden Ereignisse nach telegraphierten Bildern in die nächste Nummer aufzunehmen. Eine Anzahl der von Korn den zahlreichen anwesenden illüstren Gelehrten vorgelegten Bilder, die er auf weite Entfernungen erzielt, wurden so gut befunden, daß man das Unternehmen der Zeitschrift vom praktischen Standpunkt aus guthieß. Die französischen Apparate sollen auch dem Kriminaldienst zur raschen Verbreitung von Verbrecherphotographien zur Verfügung gestellt werden, den Banken zur Uebermittelung gefälschter Chekunterschriften, re. (Frankreich ist diesmal in der Ausnützung einer deutschen Erfindung Deutschland voraus I) Professor Korn, der überzeugt ist, daß auch das elektrische Fernsehen nur eine Frage der Zeit ist, wurde lebhaft beglückwünscht. Man lachte viel, als der Unterstaalssekretär der Post sich erkundigte, was einen weißen Strich auf der Photographie Fallieres verursacht und als der Erfinder ihm antwortete, das Telephonsräulein habe einen Augenblick die Verbindung mit Lyon unterbrochen; der Unterstaatssekretär meinte, daß er an dieser unzeitigen Unterbrechung der Verbindung seine Telephonfräuleins erkennt!
Die Prinzessin als Droschkenkutscher. Der Botschafter der Vereinigten Staaten von Nordamerika, Mr. Charlemagne Tower und seine Gemahlin haben vor einigen Tagen in den Räumen der Berliner Botschaft ein Maskenfest gegeben, von dessen
Briefe aus Man.
Jerusalem, 15. Januar 1907.
II.
Die Wächter waren mit dem Bachschisch einer Medschidi (23 Piaster) hoch befriedigt und hinein gings in den gähnenden Schlund. Eine Menge Kerzen wurden angebrannt, die ganze Gesellschaft wurde abgezählt, um eine Kontrolle für die glückliche Rückkunft zu haben. Ist es doch schon vorgekommen, daß versprengte Wanderer in diesen unterirdischen Gemächern kläglich zu Grunde gegangen sind. Der „Takthalter" unseres Posaunenchors gab ein kräftig Hornsignal, vorwärts gings mit tapferem Schritt in die weiten Hallen. In starker Senkung ziehen sich Gewölbe nach Süden mindestens 200 Meter weit bis unter den Tempelplatz. Bald gähnen tiefe Schluchten, in die mit Getöse die Steine hinunterrollten, bald schaut man über sich die gewaltigen Felsen, die auf einen herunterzustürzen drohen; bald gleicht die Umgebung den majestätischen Domen, die Tausende zu fassen vermögen, bald dürftigen Fellachenhüllen, in denen man kaum aufrecht stehen kann. Hier stolpert der Fuß über Felsgesteine, die wie ungeschlachte Riesen den Weg bewachen, dort findet die Hand weichen Kalkstein, den sie zerbröckeln kann. Immer von Zeit zu Zeit stößt man auf starke Pfeiler, die zum Schutz gegen Einstürze stehen geblieben sind. Ueberall zeigen sich Spuren des alten Steinbruchbetriebs, so sind rechts und links Wandnischen vorhanden, in denen die Arbeiter ihre Lampen aufgestellt haben. Auch die Art des Betriebs kann man deutlich erkennen. In Ermanglung von Pulver haben diese alten, fleißigen Arbeiter in den Felsen
glänzendem Verlaufe schon viel erzählt worden ist und noch immer viel gesprochen wird. Denn Maskenbälle sind gerade in den offiziellen Kreisen der deutschen Reichshauptstadt etwas sehr seltenes. Es besteht noch immer eine Art von Vorurteil gegen sie, als hafte ihnen etwas zu wenig feierliches und würdevolles an. Eben darum sind sie aber bei der tanzenden Jugend nur um so beliebter. Die Ballberichterstatter haben schon erzählt, daß der Kronprinz, seine Brüder und einige ihrer Kameraden als friederizianische Offiziere erschienen; es wird ja behauptet, der Kronprinz ähnele im Aeußeren seinem großen Ahnherrn, Friedrich dem Einzigen. Und es ist erzählt worden, daß die Kronprinzessin in weiblicher Hoftracht des gleichen Zeitalters, mit gepuderten Haaren, außerordentlich hübsch und anmutig aussah. Die Fülle der kostbaren Trachten, des wertvollen Schmuckes war so groß, daß man daran von neuem erkennen konnte, wie heutigentages in der Berliner Gesellschaft weit mehr Luxus entfaltet werden kann und entfaltet wird als noch vor zehn Jahren. Viel bewundert wurde unter anderem ein Kollier von prachtvollen Smaragden, das aber nicht eine Dame, sondern ein Herr, der Fürst Guido von Henckel- Donnersmarck zu der Tracht eines niederländischen Ratsherrn, nach einem Gemälde von Franz Hals, trug. Diese Steine auf der Brust des reichsten deutschen Magnaten konnten vielleicht allein mit einigen Ehren neben den Juwelen der ebenfalls anwesenden Madame Vanderbildt bestehen. Auch der Humor kam bei dem Feste nicht zu kurz. Da war z. B. ein urechter Berliner Droschkenkutscher zweiter Klasse, mit der Peitsche in der Hand und einer verdächtig geröteten Nase. Niemand erkannte wer in der Verkleidung steckte, — bis die Maske verschwand und als — Dame, als eine etwas rundliche, aber immerhin sehr hübsche Biedermeierin wiederkam. Und wer war der Droschkenkutscher gewesen, dessen realistisches Aussehen soviel Lachen hervorgerufen hatte? Die Erbprinzessin Pauline zu Wied, des regierenden Königs von Württemberg, Majestät, einziges Töchterlein.
Einen schlimmen Streich spielte der Wahldruckfehlerteufel einem pfälzischen Blatte. In einem Wahlbericht hieß es: „Der Abfall in Altripp ist auf Konto des Freibieres zu setzen, das die Ueber- fahrt über die Fähre verhinderte." Statt Freibieres sollte es „Treibeises" heißen.
jJm Zweifel.) Zwei junge Herren erreichten die Tür gleichzeitig. „Ist Fräulein Müller zu Hause?" fragten sie. Das Dienstmädchen blickte von einem zum andern und schüttelte dann kummervoll das Haupt. „Sie ist für einen von Ihnen zu Hause und für den anderen aus", sagte sie endlich. „Aber wo Sie beide gleichzeitig kommen, weiß ich wirklich nicht, wie es nun ist. Kommen Sie nur beide herein, und ich will sie bitten, runterzukommen und sie sich selbst auszusuchen.
Zweisilbige Charade.
Dichterin ist die erste. Die Frauen tragen die Zweite. Beide — zum ganzen vereint — sind auf dem Schiffe zu sehn.
Viersilbig.
Die ersten beiden Silben, sie haben manchen Freund Und haben manche Freundin, herzinniglich geliebt. Die ersten beiden Silben, manch bittern Feind hab'n sie. Und haben manche Feindin — bei aller Sympathie. Die letzten beiden Silben, die hat wohl keiner gern. Es leuchtet ja ob ihnen ein gar zu trüber Stern. Und gar die 1, 2, 3, 4 — o Stunden voll Verdruß; Es spricht die Mathematik: die Lehre ist's vom ff-!
Auflösung des Silbenrätsels in Nr. 22.
Torgau, Peter, Dora, Schutzmann, Netzhaut.
Auflösung der Aufgabe in Nr. 22.
Wenn man 70 mit 10, 71 mit 17 multipliziert, so beträgt die Summe der beiden Resultate 1907.
Richtig gelöst von I. F. Glöckler, Berta Frautz, Gottlieb Harr, Schreiner von Neuenbürg; Gottlieb Metzler, Metzger, Hermann Jäger von Calmbach; Christine Rühle, Emil Rapp, F. Bürkle II, Farrenhalter von Conweiler; Georg Weitbrecht, Maurermeister von Engelsbrand; Friederike Schmid, Kath. Schmid Wtw., Friedrich Schön- thaler. Gottlieb Schöntbaler, Goldarbeiter von Feldrennach; Gottlob Kull, Luise Weitzinger, Mariha Keller, Karl Kull, Ludwig Keller von Gaistal; Friedrich Rentschler von Langenbrand; Klara Mast von Rotenbach; Jakob Oehl- schläger von Schömberg; Paul Kusterer von Schwarzenberg; Christian Kloz von Waldrennach; Johann Sieb von Bernbach.
Literarisches.
Die zweckentsprechende Ausstattung von Annoncen, einen sür jeden Interessenten außerordentlich wichtigen Faktor, behandelt der soeben erschienene Zeitungs- Katalog der Annoncen-Expedilion Rudolf Moste pro 1907 in seiner Separat-Beilage „Das Clich6-Jnserat", die mehrere Hundert auffälliger illustrierter Annoncen-Entwürfe enthält. Die Firma Rudolf Moste, die am 1. Januar auf ein 40- jähriges Bestehen zuriickblicken konnte, hat sich von jeher bemüht, mit jeder neuen Auslage ihres Zeitungs-Katalogs dem Inserenten neue Anregungen zu geben, und dieses Stieben tritt auch hier wiederum vorteilhaft in die Erscheinung. Der Katalog selbst enthält in gewohnter übersichtlicher Anordnung alle sür den Interessenten wissenswerten Angaben. Einen besoldeten Vorzug dieses Zeitungs-Katalogs bildet bekanntlich der Umstand, daß er in Verbindung mit Rudolf Mostes Normal-Zeilenmesser die einzige sichere und bequeme Handhabe für eine korrekte Zeilenberechnung bietet, und nicht zum wenigsten aus diesem Grunde ist er zu einem unentbehrlichen Handbuch für jeden Interessenten geworden. Das Erscheinen des Katalogs wurde in diesem Jahre im Interesse der Vollständigkeit und Korrektheit seines Inhalts etwas verzögert. Die zahlreichen Veränderungen der Jnsertionspreise, die als Folge des neuen Buchdruckertariss in Aussicht standen, sollten tunlichst noch alle im textlichen Teil des Katalogs Berücksichtigung finden. Die bewährte Form der Schreibmappe ist auch in diesem Jahre beibehaltcn worden. Stellt der Inhalt des Zeitungs-Katalogs dem Streben der Firma Rudolf Moste als Annoncen-Expediiion, den Interessen der Interessenten zu dienen, ein vortreffliches Zeugnis aus, so gibt der Druck und die geschmackvolle Ausstattung des Katalogs einen Beweis von der Leistungsfähigkeit der Buchdruckerei dieser Firma.
mit dem Meißel Rinnen gehauen, dann ein Stück Holz in dieselbe eingefügt; das Holz wurde hierauf angefeuchtet, dehnte sich aus und sprengte den Fels in der durch die Rinne bezeichneten Teilung aus- i einander. Diese Arbeitsmethode war natürlich un- ! gemein mühsam und nur möglich bei der damaligen j Billigkeit der menschlichen Arbeitskräfte. Die Leute ! müssen es aber zu hoher Fertigkeit in dieser Tätig- ? keit gebracht haben, denn die abaesprengten Felsen, I die herumliegen, die Rinnen, die rings an den ! Wänden sind, die Holzkeile, die in den Löchern der ! Felsen ihre Sprengung herbeiführten, beweisen es. ! Wie würde sich wohl der ungeduldige Mensch von j heute unter diesen Leuten ausnehmen?
Auch zur archäologischen Forschung über das Land hat diese Grotte mancherlei schon beigetragen. Wir sahen die Stelle, wo vor einiger Zeit eine Art Cherub in assyrischem Stil (vierfüßiges Wesen mit Menschenkopf) gefunden wurde, leider nur die Stelle; der Fund selbst befindet sich jetzt im Louvre zu Paris. Wer weiß, was hier noch alles der Aufdeckung entgegenschlummert? Im Hintergrund des Ganzen fanden wir Wasser, das vielleicht von einer darüber befindlichen, jetzt noch benützten Cisterne herrührt, vielleicht sogar mit den großen Cisternen des Tempelplatzes zusammenhängt. Doch — die Leser pressieren — genug der Vermutungen! Wir sammelten alle in einer der größten Halle und sangen unter der Begleitung unseres Posaunenchors das gewaltige Lied: Herr, dir ist niemand zu vergleichen. Ei, wie das - hallte und dröhnte! Wie schwoll der Gesang an : zu unwiderstehlicher Gewalt! Wie klang von den ! starren Felsenwänden das mächtige Echo! Rauschte ! es nicht, wie wenn die Posaunen der Ewigkeit mit- ; wirkten I Was mögen sie gedacht haben, die gaffen-
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den Juden, die sich uns nachgedrängt, als so die Herrlichkeit ihres alten Jehova von Christenmund erklang, tief unter ihrer Väter Stadt!
Still waren unsere lebhaften Jungen und in ehrfurchtsvollem Schweigen dachten wir alle der wunderbaren Majestät des ewigen Schöpfers. — Nahezu 2 Stunden waren vergangen im Dunkel der Unterwelt. Die vielen Kerzen, die vielen Menschen, die dumpfe Luft im Innern dieser großartigen Erdhöhle, all das hatte uns warm gemacht. Manchen begang es etwas schwindelig zu werden. Ich ließ den „Takthalter" ein Marschsignal blasen. Und langsam aing's dem Licht entgegen. Als wir dem Ausgang so nahe waren, daß einzelne Sonnenstrahlen bereits unsere bleichen Angesichter trafen, stellten wir uns im Halbkreis auf und unter dem Klang der Posaunen erscholl das dankfrohe „Lobe den Herren, o meine Seele", daß die Felsen zu zittern schienen. In heiliger Andacht begrüßten wir das Licht, freuten uns an der wunderbaren Helligkeit, die sich neu über uns ergoß. Mit lebhaftem Hurra! stürmten wir j dann hinaus, zählten die Häupter unserer Lieben, i Gottlob! es fehlte kein teures Haupt. Der Heim- ! weg in unser „syrisches Waisenhaus" bot noch gar s mancherlei Hübsches, kamen wir doch an dem schönen s Neubau des großen Dominikanerklosters, an uralten ? Felsengräbern, am neuen türkischen Minaret vorbei über den Markt hinüber, an der Mauer einer jüdischen Mühle vorbei, hinter uns den Oelbergturm, vor uns die Kuppel der armenischen Kirche! Aber all unser Gespräch handelte, all unser Denken be- > schäftigte unser Besuch im unterirdischen Jerusalem.
Möge er dich, Freund Enztäler, nicht enttäuscht 'haben! I. k.
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