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bemächtigt hat, endlich der Ruhe und dem früheren Vertrauen Platz machen werden. Glaubet nicht Denen die Euch vorstellen, daß hinter all dem Un­glück, das uns betroffen hat, nur geheimnisvoller Lug und Trug verborgen seien sondern glaubet den Worten Eures Königs, den Ihr nie als unwahr erkannt habt, daß dem unendlich Schmerzlichen, das über uns hereingebrochen, lediglich die ungebändigte Leidenschaft einer schon lange im Stillen tief ge­fallenen Frau zu Grunde lag. In der Ueberzeugung, daß mein Volk mir vertraut und sich in meiner tiefsten Bekümmernis immer mehr um mich schaaren wird, trete ich von zuversichtlicher Hoffnung erfüllt, meine Reise an."

Dresden, 17. Mäiz. Der Kaiser ist heute Nachmittag 3 Uhr 4 Minuten hier cingetroffen. Von Elsterwerda, bis wohin Kronprinz Friedrich August dem Kaiser entgegengefahren war, fuhr der­selbe mit dem Kronprinzen allein in einem Wagen, während die Begleitung in einem andern Wagen Platz genommen hatte. Auf dem Bahnhofe in Dres­den waren zur Begrüßung des Kaisers anwesend König Georg in preußischer Ulanen-Uniform, Prinz Johann Georg, sämtliche Staatsminister und die Spitzen der Behörden. Der Kaiser eilte auf den König zu, umarmte und küßte ihn auf beide Wangen. Dem Prinzen Johann Georg drückte der Kaiser die Hand. Nachdem der Kaiser sodann auch die Minister und anwesenden hohen Militärs begrüßt hatte, schritt er auf dem Platze vor dem Bahnhof die Ehren-Kompagnie ab und bestieg hierauf mit dem Könige den Wagen, um durch die Via Irillw Malis nach dem königlichen Schloß zu fahren. Eine dicht gedrängte Menschenmenge hatte die Straßen, welche die Monarchen passierten, besetzt und brachte ihnen Ovationen dar. Im Schloß fand um 6 Uhr eine Galatafel statt, an welcher außer den beiden Monarchen die königliche Familie, die Minister, die beiderseitigen Gesandten sowie das Gefolge und der kommandierende General 21. Armee­korps von Treitzschke teilnahmen.

Potsdam, 17. März. In der gestern hier abgehaltenen Hauptversammlung des Brandenburgi- schen Provinzial-Hauptvereins des Evangelischen Bundes, die von zahlreichen Delegierten der Provinz Brandenburg beschickt war, wurde folgende Resolution einstimmig angenommen:Wirerheben gegen die wenn auch beschränkte Wiederzulassung der Jesuiten im deutschen Reiche einmütigen und rückhaltlosen Widerspruch. Zwar sprechen auch wir als evangelische Christen mit dcS deutschen Reiches erstem Kanzler: Wir Deutsche fürchten Gott und sonst Nichts auf der Welt, auch nicht die Jesuiten. Der evangelische Glaube lebt auS der Kraft des göttlichen Wortes und kann nicht untcrgehen, aber mit schwerer Sorge erfüllt uns die Bedrohung des religiösen Friedens in unserem Vaterlande, die nach der Geschichte und dem Zeugnisse hervorragender katholischer Gelehrter wie Döllinger, Schell und Ehrhardt aus der Rückkehr der Jesuiten erwachsen würde. Im Namen des bedrohten religiösen Friedens erheben wir unsere warnende Stimme und richten noch in letzter Stunde an die Regierung das dringende Ersuchen, die Jesuiten fern zu halten, damit nicht d er Kampf der Konfessionen zur Gefährdung des gesamten Friedens führe." Die Resolution wurde mit 400 Unterschriften bedeckt und an sämtliche Regierungen gesandt.

Potsdam, 17. März. Im Hotel zu 4. Deutschen Hause wurde heute Vormittag ein Liebes­paar, das gestern Abend dort abgestiegen war, ver­giftet aufgefunden. Es handelt sich um einen vr Sittenbergcr und eine Schwester vom Roten Kreuz namens Kerwin, welche in einer Berliner Klinik tätig war. Die in Halle wohnende Mutter des vr. Sittenberger wurde sofort benachrichtigt.

Berlin, 18. März. Die Budget-Kom° Mission des Reichstages beschäftigte sich heute mit der Beschickung der Weltausstellung von St. Louis wofür eine erste Rate von 1'/, Millionen Mark verlangt wird. Der Referent von Tiedemann hatte verschiedene Bedenken, welche auch von Liebermann von Sonnenberg geteilt wurden. Dagegen befürwortet Abgeordneter Singer die Bewilligung. Auf Befragen erklärte Staats­sekretär Posadowsky, daß sich die Kosten insgesamt auf 3 Millionen Mark belaufen würden. Schließ­lich wurde die Forderung mit allen gegen 2 Stimmen

angenommen. Vom Etat für die ostasiatische Ex­pedition wurden 3 Millionen Mark gestrichen.

Nizza, 17. März. Das hiesige Bürger­meisteramt wurde amtlich benachrichtigt, daß König Eduard am 3. April von Lissabon kommend in Nizza eintrifft. Es werden bereits große Vor­bereitungen zu einem festlichen Empfange getroffen.

London, 17. März. DieMorning Post" meldet aus Pretoria von gestern: SamStag nacht durchsuchte die Polizei die hiesigen Gasthäuser und Cafes nach Personen, die den erforderlichen Erlaubnisschein für den Eintritt und den Aufenthalt in der Kolonie nicht besitzen. Von un­gefähr 100 Festgenommenen konnte die Mehrzahl die Behörden zufriedenstellen; jedoch erhielten 27 Per­sonen russischer, französischer, deutscher und italieni­scher Nationalität die Weisung, innerhalb 24 Stun­den Transvaal zu verlassen.

Vermischtes.

Pflanzung von Buschobst. Auch in diesem Frühjahre wird die Pflanzung von Busch­obst, die wir von den Amerikanern gelernt haben, weitere Fortschritte in Deutschland machen. Busch­obst hat den Vorzug vor Hochstämmen und Halb­stämmen, daß man in wenigen Jahren bereits volle Ernten erzielt, daß die Früchte vom Erdboden aus leichter erreicht werden können, und daß di/ Pflege des Busches viel leichter ist und weniger Arbeit macht, wie die des Baumes. Immerhin ist beson­ders bei großen Anpflanzungen Vorsicht nötig, das Buschobst gedeiht nicht überall. Das Wichtigste ist die richtige Auswahl der Sorten. In seiner neuesten Nummer, die auf Wunsch an Freunde der Sache umsonst vom Geschäftsamt in Frankfurt a. O. geschickt wird, zählt der praktische Ratgeber im Obst­und Gartenbau diejenigen Apfelsorte u auf, die sich nach den bisher in Deutschland gemachten Er­fahrungen am besten für Buschobst eignen. Eine ganze Reihe tüchtiger Obstkenner hat sich an der Arbeit beteiligt, auf die hiermit die Aufmerksamkeit der Interessenten gelenkt werden soll.

Spiritistenprozeß. Am 23. März be­ginnt in Berlin die Verhandlung gegen das Blumen-M edium", Witwe Anna Rothe, geb. Zahl. Die Zuhörcrkarten sind bereits verge­ben. Tie Verhandlung wird mehrere Tage dauern. Frau Rothe ist des Betrugs in 60 selbständigen Fällen beschuldigt. Am 1. März 1902 ertappte Kriminalkommissar v. Kracht die Angeklagte während einer spiritistischen Sitzung in üsgrsnti bei ihrem Hokuspokus mit ihrenApporten." Es wurde da­mals festgestellt, daß sie dieGrüße der Geister Verstorbener", die sie in Gestalt von Blumen, Ber- lockes, Nippes, Apfelsinen u. dergl. ihren staunen­den Gästen überreichte, in ihrem Unterrock verborgen hatte und durch einen schlauen Taschenspieler-Tric zum Vorschein brachte. Auch die Unterhaltungen mit den Geistern, die sie in ihremTrance"-Zu- stande zuwege brachte, sollenfauler Zauber" ge­wesen sein, ebenso das Geisterklopfen, die Geister­schriften u. a. m. Frau Rothe, deren Mann vor kurzem gestorben ist, befindet sich nun über Jahr und Tag in Untersuchungshaft. Ihr Impresario und Mithelfer Jentsch, der dieSeancen" mit sehr geschäftlichem Sinn geleitet hatte, ist bekanntlich flüchtig geworden. Die Staatsanwaltschaft will Nachweisen, daß die Besucher der spiritistischen Sitzungen durch die falschen Vorspiegelungen der Angeklagten bewogen worden sind, das recht erheb­liche Eintrittsgeld zu opfern. Als Beweisstücke dienen u. a. auch einige bei der Angeklagten be­schlagnahmte Zitronen, Apfelsinen und Blumen, die sich jetzt natürlich in einem völlig vertrockneten Zu­stande befinden.

Eine adlige Giftmörderin? Wie dem Berliner Tagblatt aus Darmstadt tele­graphiert wird, wurde die Baronin von Secken­dorf-Rüsselsheim unter dem Verdacht des Giftmordes verhaftet.

In Hamburg ist jetzt ein Kampf ent­brannt zwischen den Alkohol genießenden und nicht- genießenden Kaufleuten. Ein dortiges Blatt enthielt neulich folgendes Artikelchen:Ich habe absolut nichts dagegen, wenn die Herren, die vielleicht kränk­lich sein mögen oder früher des Guten zu viel getan haben, jetzt abstinent leben und sich zu einem Verein zusammenschließen. Nur sollten sie andere mit Auf­

dringlichkeiten verschonen und nicht alle Welt zu bessern versuchen. Die Herren vom Deutschen Verein abstinenter Kaufleute sind, trotz ihrer Abstinenz, doch immer noch Kaufleute geblieben und sollten sich hüten, einem so blühenden Geschäftszweig wie die Brauerei- und Brennerei-Industrie, sowie allen Weinbau mutwillig zerstören zu wollen. Daß alkoholische Getränke, mäßig genossen, an sich nicht schädlich sind, sehe ich an meinem alten Großvater, der zu Pfingsten 75 Jahre wird und der jeden Abend erschrick nicht, Deutscher Verein abstinenter Kaufleute! vier Glas Grog trinkt. Also leben und leben lassen!"

Auf einem kühnen Fern ritt be­findet sich zur Zeit der Leutnant von Salzmann, der, nun von einem chinesischen Mafu begleitet, auf einem chinesischen Pony die alte chinesische Karawanenstroße verfolgt, die sich von Tientsin durch Gebirge und Wüstensand nach Kaschgar, Kokand und Samarkand hinzicht. Leutnant v. Salz­mann hat bereits durch mehrfache kühne Reitertaten und Distanzritte sich in Ostasien einen Namen ge­macht. Bekannt ist vor allem ein siebenwöchiger Tauenitt in der Mongolei geworden. Die Straße, die der junge Offizier entlang zieht, mißt 5000 Kilo­meter in der Länge. Leutnant v. Salzmann ist ein Sohn des Generalmajors und Kommandeurs der 14. deutschen Feldartilleriebrigade v. Salzmann. Er ist 26 Jahre alt und hat bis zu seiner Ein­reihung in das ostasiatische Expeditionskorps beim Feldartillerieregiment v. Podbielski (1. niederschlesi­sches Nr. 5) gestanden. Dann ist er von 1900 bis jetzt nacheinander der leichten Munitionskolonne des ostasiatischcn Feldartillerieregiments, der halben Sanitätskompagnie und zuletzt der 1. fahrenden (ostasiatischen) Batterie zugeteilt gewesen. Er hat, wie die Allg. Ztg. berichtet, in China, vorzugsweise in Peking, beziehungsweise in Tientsin gestanden. Bei dem Unternehmen handelt cs sich nicht um den Austrag einer Wette, sondern der wagemutige Reiter hat sich, wie man in Sport und Salon liest, sein hohes Ziel aus rein sportlichem Interesse gesteckt.

Die Fluten dcS Mississippi sind in furchtbarem Steigen begriffen. Von Kairo (Illinois) bis zum Golf, also auf einer Strecke von ca. 1500 Lm ist der Strom bereits an vielen Stellen aus den Ufern getreten und hat zu beiden Seiten große Seen gebildet. Viele Städte und Dörfer stehen ganz unter Wasser und Hunderte von Häusern sind fortgeschwemmt worden. Alle Arbeiten in der Nähe des Stroms sind zum Stillstand gekommen und Tausende von Menschen obdachlos geworden. Dank den rechtzeitig erlassenen Warnungen sind, soweit bisher bekannt, keine Menschenleben zu beklagen, da den Uferbewohnern Gelegenheit gegeben war, sich auf die Anhöhen zu flüchten. Der angerichtete Schaden ist aber unermeßlich und die Ueberschwemm- ung ist die schlimmste seit dem Jahr 1879. Das Wasser steht bereits 15 Fuß über dem Normalstand.

Lieklametett.

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verliert, sobald sich Unreinheiten der Haut, wie Pusteln, Mitesser, Schrunden u. s. w. einstellen. Diese zu bekämpfen, bedarf es einer vernünftigen Gesundheitspflege der Haut, und nicht der Anwendung scharfer, ätzender, die Haut in den meisten Fällen zerstörender Mittel. Ein Versuch mit derPatent-Myrrholin-Seife", welche zur Haut- und Schönheitspflege unerläßlich und unübertroffen ist, wird am besten ihren Wert als tägliche Toilette- Gesundheits-Seife beweisen. Ueberall, auch in den Apotheken, erhältlich, woselbst auch die 400 hoch­interessanten Myrrholin-Bilder gratis zu haben sind.

Gemeinnütziges. Bei äußerlichen Augen­krankheiten, roten, tränenden, eiternden Augen, schwürigen, nach dem Schlafen meist zusammen­geklebten Augenlidern, feuchten Augenentzündungen, schwachen Augen 2c. leistet die besten Dienste das seit 117 Jahren bewährte ächte Gruis'sche Augen­wasser. Dasselbe ist in den Apotheken zu haben L 80 F das Glas, wo nicht erhältlich wende man sich gefl. direkt an die alte Firma:

Jae. Friede. Gruis in Heilbronn a. N., besteht seit anno 1875.

Bestandteile: 90," apaa ros, 8," rioc. oxiäst., 2," am. suik-, 0,1 oroo. bisx.