püppelt werden könnte. Gerade in der Aufdeckung jener Reibungen liege ein ganz wunderbarer Reiz. Nach dem Ausbruch der nationalen Leidenschaften in den Julitagen 1870, wie er seit den Freiheits- kriege» nicht mehr erlebt worden sei, erklang gerade im Süden Deutschlands die Forderung, daß die durch den Nationalkrieg erreichte Zusammenschließung aller Deutschen eine dauernde bleiben müßte. Gerade im Süden meinten gewichtige Stimmen, daß in ein Kaisertum sich auch die Süddeutschen leichter zu­sammenschließen lassen. Die Volksvertretungen freilich waren einer derartigen Form der Einheit in ihrer Mehrheit feindlich. Die Dynastien ferner sollten ihr höchstes Gut opfern, das sie bisher so sorgsam gehütet: die alte uneingeschränkte Souveränität; sie sollte» mit ihre» alten Anschauungen und Ueber- lieferungen brechen. Bismarck, der die Verhältnisse mit klarem Blick übersah, ließ die Dinge sich ent­wickeln, trotz des ungestümen Verlangens des da- maligen Kronprinzen, und wartete, bis ihm die reife Frucht in die Schoß fallen mußte. Es gelang ihm denn auch schließlich nach harten Kämpfen und vielen Fährnissen das Einheitswerk unter Dach zu bringen. Redner schilderte eingehend diese Kämpfe des großen Staatsmannes. Seine Rede klang in einem begeisterten Hoch auf das deutsche Reich aus, dem unsere ganze Liebe gilt. Stadtpfarrer Meyer brachte ein Hoch auf das Heer aus. Das Bankett wurde verschönt durch eine Reihe von Vorträgen der vier hiesigen Gesangvereine und der Tübinger Regimentskapelle. Fabrikant Wendler dankte zum Schluß Rednern, Sängern und der Regimentskapelle.

Stuttgart, 9. Juni. Der 24 Jahre alte Post» expedient, der längere Zeit in der Bopsergegend durch unzüchtige Handlungen öffentliches Aergernis erregte, wurde heute von der Strafkammer wegen Sittlichkeits­vergehens im Sinne des § 183 des Str.-G.-B. zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt, abzüglich 1 Monat Untersuchungshaft. Der Vertreter der Anklage hatte 1 Jahr Gefängnis verurteilt, abzüglich 1 Monat Untersuchungshaft. Der Vertreter der Anklage hatte 1 Jahr Gefängnis verurteilt.

Zuffenhausen, 8. Juni. Ein hiesiger Ge- schäftsmanu E. Sch. schickte letzten Mittwoch nach­mittag seine 16jährige Tochter zur Erhebung von Geld in ein Stuttgarter Bankinstitut, von wo sie bis jetzt noch nicht zmückgekehrt ist. Auf einer Postkarte an ihre Eltern teilte sie andern tags mit, daß sie den Chek, lautend auf 200 auf dem Wege zur Bank verloren habe, deshalb nicht mehr nach Hause zurückkehre und sich das Leben nehmen werde. Die gleiche Absicht gab sie in einem Briefe an eine be­freundete Familie bekannt. Der verloren gegangene Chek wurde noch am gleichen Tage in Stuttgart ge­funden und zur Ablieferung gebracht. Von dem Mädchen fehlt trotz aller Nachforschungen jede Spur.

Heidenheim, 8. Juni. Die durch die poli­zeiliche Visitation entdeckten Milchfälfchungen haben hier in letzter Zeit einen Umfang angenommen, der zu ernsten Bedenken Anlaß gibt. So wurde in der jüngsten Schöffengerichtssitzung eine Händlerin von Itzelberg zu einer Geldstrafe von 50 ^ und eine Händlerin von Aggenhausen zu einer solchen von

' Geraubt.

Krimmal-Novelle von Dr. L. Lange, Geh. Kriminalrat,

Rühlemann schwieg einen Moment. Wenn Fräu- lei» Heuberg bei diesem Entschluß blieb, so war es wahrscheinlich, daß seine ganze Mühe vergeblich war.

.Ich muß Sie darauf aufmerksam machen, mein gnädiges Fräulein/ sagte er daun ruhig, aber nach- drücklich, .daß ich nur dann dieser Angelegenheit mich widmen kann, wenn ich von Ihrer Seite, als von derjenigen der Hauptbeteiligten, den Beistand finde, ohne welchen meiner Tätigkeit von vornherein der Stempel der Nutzlosigkeit aufgedrückt wird. Unter­handeln Sie hinter meinem Rücken, ohne mein Wissen mit den Uebeltätern, so ist mir die Ermittelung der­selben unmöglich. Ich verstehe Ihre Beweggründe vollkommen, ich achte und ehre dieselben, aber ich muß meine Mitwirkung davon abhängig mache», daß Sie mir weder jetzt noch in Zukunft das mindeste von dem verschweigen, was auf diese Angelegenheit Bezug har."

.So werde ich das königliche Polizeipräsidium ersuchen, mir einen anderen Kriminalkommissär zu senden, der nicht derartige Bedingungen für eine Tätigkeit stellt, deren Kosten ja doch schließlich ich trage!"

.Sie irren, mein gnädiges Fräulein, wenn Sie annehmen, daß diesem Wunsche entsprochen werden würde. Das Polizeipräsidium braucht seine Beamten, wenigstens die Krimiualkommissäre, nötiger, als daß

40 außerdem zur Tragung sämtlicher Kosten, einschließlich derjenigen für die Urteilsveröffentlichung in den hiesigen Tagesblättern verurteilt.

Heidenheim, 8. Juni. Der seit einigen Tagen wegen Geschäftsunregelmäßigkeiten suspendierte Be­zirksnotar M. in Giengen a. d. Brenz erschoß sich gestern in seiner Wohnung. (M. war zu Anfang der achtziger Jahre Notarialtsasststent in Neuenbürg)

Slus Stadt, Bezirk uns Umgebung-

Neuenbürg, 10. Juni. Das heute abgehaltene Liederfest des Enz-Nagoldgausängerbundes erfreute sich einer überaus regen Beteiligung von Vereinen und Gästen aus der ganze» Umgebung. Die Gesangsleistungen der Vereine konnten von dem Preisgericht, das wie vor 3 Jahren aus den HH. Oberlehrer Klotz-Eßlingen. Seminaroberlehrer Schäffer- Nagold und Lehrer Ansei-Ludwigsburg bestand, als sehr schöne und zum Teil hervorstechende be- zeichnet werden. Es erhielten Preise: 1) in der ersten Abteilung (Volksgesang) den ersten: Säuger- bund Arnbach (60 Punkt) mitMein Schatz am Rhein" von R. Arnold; zweite Preise: Liederkranz Feldrennach (48 Punkt) mit .Wie schön ist's am Rhein" von Ferd. Käser; Liederkranz Ottenhausen (45 Punkt) mit .Morgenruf" von Wcngert; dritten Preis: Männergesangverein Conweiler (37 Punkt) mit .Nachtgebet" von Wengert. Ferner in der zweiten Abteilung (höherer Volksgesang): ersten Preis: Liederkranz Neuenbürg (59 Punkt) mit Durch den Wald" von A. Schäffer. Fest- bericht folgt.

Neuenbürg, 9. Juni. Unter den Geschworenen für die Sitzungen des Schwurgerichts Tübingen im 2. Quartal befinden sich: Christian Fieß, Ge­meinderat in Obernhausen und Wilh. Pfrommer sen., Holzhändler in Schwann.

Wildbad, 7. Juni. Der Besitzer der Renn- bachbrauerei, Rich. Scheitle hier, verkaufte sei« Anwesen au Hrn. Braumeister Wetze! aus Güters- loch bei Dortmund um die Summe von 65 000 Die Uebernahme erfolgt am 15. Juli.

Schwarzenberg, 10.Juni. (Korresp.) Nichts wie Unglück! Letzten Montag verunglückte ein Knabe mit 8 Jahren von Waldrenach hier, indem rin Scheunentor umfiel und ihm einen Fuß abschlug. Am Mittwoch nun fiel der 8jährige Knabe des Maurermeisters Ehnis so unglücklich von einem Baum herab, daß derselbe den Arm brach und dieser sofort ärztliche Behandlung brauchte. Am Donners­tag passierte dadurch ein Unfall, daß das 4jährige Töchterche» des Goldarbeiters Jakob Weber in eine Sense geriet, wobei sich dasselbe eine große Wunde zuzog, was ebenfalls ärztliche Behandlung bean- spruchte. Heute nun, zum vierten mal in dieser Woche, kam es vor, daß an einem Neubau ein Söhnchen des Schreinermeisters Volle hier beim Tummeln auf einem Bauplatz einen Beinbruch erlitt, wobei den Bauherrn keinerlei Schuld trifft.

Neuenbürg, 7. Juni. Eine für Arbeitgeber beachtenswerte Zuschrift richtet die Konstanzer Orts­krankenkasse an dieKonst. Ztg.":Seitens einer

es sie zu zwecklosen Versuchen hergäbe. Daß Sie, was ja selbstverständlich ist, die Kosten tragen, welche aus einer Spezialmisston entstehen, ändert hieran nicht das mindeste. Aber selbst wenn auf Ihren Wunsch einer meiner Kollegen an meiner Statt ent­sandt würde, so würden Sie hierbei nichts gewinnen, denn er würde Ihnen genau die gleiche Forderung stellen."

Agathe schwieg und spielte mit den Troddeln des Sessels, auf welchem sie sich niedergelassen hatte. Sie war offenbar unschlüssig, was sie tun sollte.

Wünschen Sie den Beistand eines erfahrenen Beamten," fuhr Rühlemann ruhig fort, .so müssen Sie auch das Vertrauen zu ihm haben, daß Sie mit seiner Unterstützung rascher zu Ihrem Ziele gelangen, als ohne dieselbe. Sie find noch in einem Irrtum befangen, den Sie mit vielen Leuten teilen, in dem, daß wir den Zweck, den Schuldigen zu ermitteln, jede andere Rücksicht unterordnen. Wenn nun auch jedes natürlich immer unser Hauptstrebeu sein und bleiben wird, so ist damit noch nicht gesagt, daß wir für jede andere Erwägung blind und taub waren. Im vorliegenden Fall erkenne ich Ihren Wunsch als vollberechtigt an und bin überzeugt, daß er eher in Erfüllung gehen wird, wenn wir gemeinsam, als wenn Sie allein operieren."

Warum glauben Sie das? Haben Sie schon eine Spur?"

Jetzt, nachdem ich ungefähr eine Stunde hier bin? Nein, das ist in der Tat ein wenig zu viel verlangt. Hat doch die hiesige Polizei sich mehrere Tage in dieser Angelegenheit bemüht, ohne nur einen

großen Anzahl Arbeitgeber werden bei Zahlung höherer Löhne infolge längerer Arbeitszeit, wie dies bei Maler», Maurern, Gipser« rc. im Frühjahr und Sommer der Fall ist, die Anmeldungen zu den ent- sprechenden höheren Klassen für die Krankenkasse und Invalidenversicherung vergessen. Da die Unterlassung sehr nachteilige Folgen für die betr. Arbeitgeber haben kann, machen wir hiemit nochmals besonders darauf aufmerksam."

Calw, 7. Juni. (Handelskammer.) Die Kgl. Postämter ersuchen das Publikum darauf aufmerksam zu machen, daß Postsendungen nach Mühlheim (Rhein) und Mühlheim (Ruhr) zur Beförderung nur noch angenommen werden, wenn sie die Ver- Wechslungen ausschließende Zusatzbezeichnung Rhein oder Ruhr deutlich und ohne Abkürzung tragen.

Nagold, 9. Juni. Gestern beging das hiesige Staatsseminar die Feier seines 25 jährigen Be­stehens (eingeweiht am 8. Juni 1881) durch ein Festessen. Von einer öffenilichen Feier wurde mit Rücksicht auf die Hirschkatastrophe und die herrschende Trauer abgesehen.

Altensteig, 7. Juni.- Der heutige Jahrmarkt war mit Vieh nur mäßig befahren wegen des eben­falls heute in Nagold stattfindenden Viehmarktes. Da auswärtige Händler zahlreich am Platze waren, wurde lebhaft gehandelt bei hohen Preisen. Auch die Preise für Jungschweine blieben auf seitheriger Höhe. Für Läufer wurden 60 bis 110 für Milchschweine 35 bis 50 ^ dem Paar nach bezahlt.

DLi-rMschtes.

Der letzte Zeuge der Schlacht von Waterloo, eine Frau Therese Dupuis, die am 6. Juni ihren 115. Geburtstag feierte, ist in Paris gestorben. Sie wurde in Chatelle les Herlaimont in der Nähe von Charleroi geboren. Sie war 13 Jahre alt, als die Schlacht von Waterloo stattfand und half damals die Verletzten Pflegen.

Ueber das neue eisenhaltige Mutterlaugen­badesalz Neurogen schreibt man uns: Solchen Patienten, die nicht verreisen können, aber für ihre Gesundheit etwas tun wollen, verordnen viele Aerzte Solbäder im eignen Heim, die am besten mit dem neuen eisenhaltige» Mutterlaugen-Badesalz Neurogen des vr. nitzä. Alwin Müller, Leipzig 19, hergestellt werden. Es ist bei seiner anerkannten Güte das billigste Badesalz, denn 100 IrZ kosten nur ^ 6.30, 50 4.25 und 25 KZ ^ 2.70 ab Bahnhof

Leipzig. Neurogenbäder bewirken die Ausscheidung der verbrauchten und deshalb schlechten Stoffe aus dem Körper durch den Urin. Sie greifen den Magen gar nicht an, wirken vielmehr appetitanregend, Wege« des im Neurogen enthaltenden Glaubersalzes ver­dauungsbefördernd und tiefen, gesunden Schlaf er- zeugend. Altbewährt sind sie bei Schwäche und Blutarmut, Unterleibskrankheiten der Frauen, bei Skrophulose, das ist die ererbte, in den Drüsen ab­gelagerte Tuberkulose der Kinder, und englischer Krankheit, jener krankhaften Knochenerweichung des Kindesalters, die so viele Verunstaltungen des Kör­perbaues zuwege bringt. Bei Rippenfellentzündungen,

Schritt weiter gekommen zu sein. Aber schon der letztere Umstand spricht dafür, daß wir es hier mit Leuten zu tun haben, deren Kühnheit von ebenso großer Besonnenheit begleitet wird. Ich will Ihre geistigen Fähigkeiten nicht einen Moment in Zweifel ziehe», mein gnädiges Fräulein, allein diesen Burschen sind Sie nicht gewachsen!"

Und Sie? Würden Sie eine Garantie des Erfolges übernehmen?"

.Eine Garantie? Nein, mein Fräulein, dazu bin ich nicht imstande. Wohl aber kann ich Ihnen versprechen, daß ich das, was ich an Scharfsinn einer nahezu dreißigjährigen Tätigkeit in meinem Fach verdanke, in vollem Maße der doppelten Aufgabe widmen will, die sterblichen Reste Ihres Herrn Vaters seiner Gruft wiederzugeben und denjenigen zu er­mitteln, der sie dieser zu entreißen gewagt hat."

Gut!" rief Agathe aufspringend und ihm die Hand reichend,ich will volles Vertrauen zu Ihnen haben! Verzeihen Sie mir, was ich vorhin sagte I Mein armer Kopf ist durch das Entsetzliche, was ich erlitten, so erschüttert, daß es mir schwer, sehr schwer fällt, das Richtige zu finden!"

Um so mehr bedürfen Sie eines ruhig erwägen­den Beistandes!" antwortete Rühlemann, die ihm dargereichte Hand in herzlichem Mitgefühl drückend. Ich gehe jetzt, um mich über die Sache selbst noch näher zu informieren. Nur noch eine Frage: Wer hat bisher sich mit der Angelegenheit beschäftigt? Sie selbst dürften doch schwerlich mit der Polizei direkt verhandelt haben?"