glücksfall in Nagold hat klargelegt, daß die Hebung eines Hauses die »Signatur der Waghalsigkeit" an sich trägt, weil die Möglichkeit naheliegt, daß infolge solcher Einwirkung daS für die Hypothek haftende Gebäude in einen Trümmerhaufen verwandelt wird; demnach stehen dem Hypothekengläubiger die Schutzmittel aus § 1134 B.-G.-B. zu Gebot, wenn der Eigentümer daS HauS »heben" will, d. h. der Hypothekengläubiger kann die Verurteilung des Eigentümers zur Unterlassung der Hebung oder ein Verbot mittelst einstweiliger Verfügung beantragen. Eine weitere Rechtsfolge betrifft die Dienstverpflichteten. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, dem Handelsgesetzbuch, der Gewerbeordnung müssen die Arbeitsräume der Dienstverpflichteten gegen Gefahr für Leben und Gesundheit tunlichst geschützt sein. Mithin brauchen Dienstverpflichtete in einem Haus, daS gerade gehoben wird oder nach der Hebung baupolizeilich noch nicht abgenommen ist, keine Arbeiten zu verrichten, während ihr Anspruch auf Lohn oder Gehalt innerhalb dieser Zeit fortbesteht. Ferner find bis zur baupolizeilichen Abnahme Beamte (z. B. Notare, Gerichtsvollzieher, Postboten) nicht verpflichtet, daS gehobene HauS zu betreten, da dieses vom Augenblick der Hebung an bis zur Abnahme kn gewissem Sinn zu einer rc8 extra commercium gemacht wird. Endlich braucht sich der Mieter oder der Wohnungsberechtigte die Hebung nicht gefallen zu lassen; denn der Eigentümer gewährt die Mietsache nicht in dem bedungenen Zustand, wenn er den gemieteten zweiten Stock durch Hebung des Hauses in den dritten verwandelt.
vermischtes.
Berlin, 12. Mai. Von einem Hunde zerfleischt und getötet wurde gestern abend, laut »Tag", der 14jährige Sohn Albert deS Böttchermeisters Strege aus der neuen Königsstraße 29. Der Junge hatte dem Hund, der seinem Vater gehörte, Futter gereicht, während dies sonst nur von dem Besitzer geschah. Die wütende Bestie war dem Jungen an die Kehle gesprungen, hatte diese durchbisseu und war dann über den am Boden liegenden Knaben, der sich mit Händen und Füßen gegen seinen Angreifer wehrte, hergefallen. Drei beherzte Arbeiter drangen ans das Tier ein, vermochten es jedoch anfangs nicht, von seinem Opfer zu vertreiben. Mit einer Heugabel mußte schließlich der Hund niebergestochen werde», nachdem er noch dem Arbeiter August Zimmermauu aus Kaulsdorf beide Hände zerbissen hatte.
Mainz. Vorigen Sommer lernte die Tochter eines wohlhabenden hiesigen Kaufmannes auf einem der Rheindampfer einen „steinreichen Mexikaner" kennen. Gegen den Herbst fand alsdann die Verlobung des Paares statt, und von nun ab erhielt die Braut die wertvollsten Geschenke an Brillanten und Schmuck. Aus der auf dieses Jahr festgesetzten Trauung wurde indes nichts, denn der angebliche Mexikaner verschwand plötzlich auf Nimmerwiedersehen; er hatte sich als steckbrieflich verfolgter gefährlicher Hochstabler entpuppt; die wertvollen Schmucksacheu, die er seiner „Braut" zum Geschenk gemacht hatte, waren sämtlich gestohlen.
Vom Lande im Reichslande, 14. Mai. Ein ergötzliches Intermezzo spielte sich Samstag in einem biederen Dörfleiu während der Durchfahrt des Kaisers ab. Durch den Bürgermeister hatte die Bevölkerung Kunde von der Durchfahrt erhalten. In der Eile wurde nun geflaggt und Aufstellung genommen. Beim Herannahen der Automobile erbrauste ein begeistertes Hurra. Dies hörte auch ein Bürger, welcher gerade — den Schweinestall reinigte. In großer Eile sprang er ans Tor; daß ein Kaiser durchfährt, kommt nicht oft vor, da muß man dabei sein. Mit gespreizten Füßen stellt er sich in Position, da, o Schrecken! springt ihm eine Sau durch die Beine, gerade vor das zweite Automobil, welches aber augenblicklich stoppte. Die Automobilisten lachten weidlich über das seltsame Hindernis.
Ein seltener Vorgang aus dem Tierleben wird den »Kieler N. N." mitgeteilt: Im Herbst 1904 fing rin Kieler Schuhmachermeister eine junge Drossel ein, die bald zahm wurde und sich in der Schusterwerkstatt anscheinend äußerst heimisch fühlte. Sie spazierte frei umher, badete sich in des Meisters Weichwasser und aß sozusagen mit am Tisch des Hauses. Im Frühling 1905, als die Kameradenschar ihr munteres Gezwitscher vor dem Fenster der Schuhmacherwerkstatt ertönen ließ, wurde das Tierchen von Unruhe gepackt und eines Tages zog es wieder in die Freiheit hinaus. Während des ganzen Sommers bemerkte der Meister nichts von ihm, als aber die kälteren Tage nahten, stellte sich auch die Drossel wieder ei». Sie kam durch das offene
Fenster in die Werkstatt geflogen, «ahm alsbald ein Bad in dem an der Erde stehenden Wasser und flog dann, als wäre sie gar nicht fortgewesen, in das an der Wand hängende Bauer. Den ganzen Winter blieb das Tierchen an der ihm so lieb gewordenen Stätte, aber jetzt ist es wieder, wie im Vorjahre, in die Freiheit hinausgezogen.
„An die See". Wer es sich leisten kann oder wem der Arzt einen Aufenthalt in anderer Luft empfohlen hat, der macht sich auf, um Erholung und Zerstreuung zu suchen. Viele. schwanken zwischen Gebirge und See. Beides bietet Vorteile und Schönheiten. Für das Meer macht der Leitartikel des Maiheftes der „Flotte" Stimmung, und viele Tausende werden auch in diesem Jahre am Meer Erholung finden. Der interessante Artikel vom »Jangtse-kiang" wird beendet. „Wie bekohlt man Schiffe auf See in Fahrt?", »Segelstreichen', »Mit einem Torpedo- boot in Norwegen", „Seemanns Maienzeit', „Im Zeitalter der Entdeckungen" und »Nachrichten aus fremden Marinen" find alles Artikel, die manches Wissenswerte und viel Interessantes bieten. Unter den vielen Illustrationen ist besonders der Längsschnitt Seiner Majestät Linienschiff »Lothringen" hervorzuheben.
(Eine Uhr mit Kette für 2 -/L) bot in letzter Zeit die „Uhrenfabrik Aralk" in Chaux des Fonds an. Da jeder Leser glauben mußte, daß es sich um eine Taschenuhrfabrik handelte, für genannten Preis bisher aber eine gangbare Taschen-Uhr nicht im Handel war, so mögen viele auf das Inserat hinein- gefallc» sein und eine arge Enttäuschung erleb) haben, als sie die empfohlene Uhr erhielten. Diese entpuppte sich nämlich, wie die »Leipziger Uhrmacher- Zeitung" mitteilt, als eine der bekannten Schwarzwälder Miniatur - Uehrchen mit Messtngkette, an die das Gewicht gehängt werden muß I Unter dem eigen- artigen Namen Aralk (ließ rückwärts Klara) verbirgt sich die Inhaberin der Fabrik Frau Klara Wolker- Moeri, Bevollmächtigte des Gemahls Henri Wolker. Es scheint jetzt der früher bei Krakauer und Wiener Versandgeschäfteu übliche Trik, Schunduhren unter mißverständlichen Anpreisungen anzubieten, Zach der Schweiz verpflanzt worden zu sein. Unsere Leser seien deshalb vor den zweifelhaften Uhrenfabriken gewarnt.
»Seelenkleider". Schon im Vorjahre hatte eine Londoner Toilettcnkünstlerin Mme. Luicile den sinnvollen Einfall gehabt, Gewänder zu komponieren, die einen bestimmten Seelenzustand ausdrücken und bei gewissen Stimmungen des Gemüts getragen werden können. Diese Idee fand so viel Anklang, daß sie auch in diesem Jahre wiederum mit einer Ausstellung ihrer Seelengewänder hervorgetreten ist. In eine Wolke zarten Wohlgernches gehüllt, um- klungen von den gedämpfte» Melodien einer fein abgeftimmten Musik schritten schöne Gestalten durch den Saal, angetan mit jenen Kleidern, in denen vom „dunklen Ernst bis zur jauchzenden Lust, von der lastenden Schwere des bedrückten Gemüts bis zur schwebenden Leichtigkeit" alle Regungen des Herzens ausgedrückt sein sollten. „Schluchzende Wehmut", so hieß ein Gewand aus mattgrauem Crepon mit unzähligen Weißen Spitzenkrausen, dessen müde Wehmut zu dem verführerischen Lächeln des Mannequinns, der es trug, seltsam konstratierte. Auch „süße Sehnsucht", ein grünes weich fließendes Voilekleid mit einem malvenfarbeuen Hut Paßte werig zu dem stereotypen Lächeln der Trägerin. „Wenn die Liebe stirbt" hieß das Motto einer andern Toilette. Die Liebe starb in einem braunen Voilekleid, dessen Tönung an die welken Blätter im Herbst erinnerte, aber ihre einstige Stärke ward angedeutet durch einen purpurnen Hut, der umwogt wurde von einem schmachtenden violetten Schleier. Zwei maloen- farbene Musselinkleider waren »steter Erinnerung" und „ewigem Gedenken" gewidmet. Ein rosa Seiden- kleid mit einem rosenumkränzten Hut hieß „Rosa im Blühen". Ein blasser tiefgrauer Brokat schilderte das „Sterben des Tages", andere leise Nuancen führten in die Träumerei der Abenddämmerung ein. Ein „Farbenrausch" bot seltsam grelle Harmonien und „Der Leidenschaft Sieg" schwelgte in duukelroten und purpurroten Farben.
Kräutlein „Herzfreude". ^xcrula oäorota oder Waldmeister heißt das edle Pflänzleiu, der wir jenen herrlichen Göttertrank, das Labsal des Frühlings, den Maitrank verdanken. Der Waldmeister ist der Maikönig im Pflanzenreiche, ohne den eine Maibowle unmöglich ist. Schon in alten Zeiten war es Gebrauch, den Wein mit duftenden Kräutern zu mischen, so würzten die alten Römer ihren köstlichen Falerner mit den Blüten der Rose, die Griechen den Wein mit Veilchen. I» Deutschland ist mau im 15. Jahrhundert zuerst
Redaktion, Druck und Verla- so« L. Meeh in Resrnbür-,
darauf gekommen, einheimische Weine mit Gewürzen und Kräutern zu mischen, und in den aus dieser Zeit stammenden Kräuterbüchern findet sich zuerst ein Kraut .Herzfreud" erwähnt, das bei der Kennzeichnung seiner sternförmig geordneten Blättergruppen und seiner wei- ßen, wohlriechenden Blüten zweifellos gleichbedeutend mit unserem Waldmeister ist. Freilich wurde es damals lediglich als Arznei verwendet. Auch anderen Völkern ist übrigens die Wirkung dieses Krauts be- reits im Mittelalter bekannt gewesen. So berichtet der englische Botaniker Gerald in seiner um das Jahr 1585 verfaßten Pflanzenkunde, daß der lateinische Name des Waldmeisters seiner herzstärkenden Eigenschaften wegen OorciiaIi8 sei, daß er auf deutsch .Herzfreud" heiße und daß man das Kraut in Wein tue, mit anderen Kräutern zusammen oder auch allein, und da mache es den Menschen lustig und sei gut für Herz und Leber, reinige das Blut und bringe Glück in der Liebe. Diese letztere Eigenschaft soll der Waldmeister auch heute noch in hohem Grade besitzen, und wenn zwei sich beim Glase Maibowle ewige Liebe und Treue schwören, so sagt man ; der Waldmeister hat wieder einmal sein Meisterstück gemacht. Aber nicht nur auf junge Herzen wirkt der herrliche Dust, des Waldmeistetkrautes, auch alte Philisterseelen vermag er poetisch zu stimmen. Freilich muß am richtigen Orte der Maitrank getrunken werden, wenn er einen vollständigen Genuß gewähren soll. Nicht in der beengenden Schwüle des Zimmers will die Maibowle ihre Aroma entfalten, sondern zu ihm muß sich der Duft des Flieders gesellen, der den lauschigen Platz umgibt, wo wir den Maiwein schlürfen. Der köstliche Duft des Waldmeisters, in dem Grade unserem Erinnerungsbilde vom Frühling verwachsen, daß er uns selbst im tiefsten Winter an Maienlust und Waldes- grüu erinnert, beruht auf dem Gehalt an Kumarin in Blüten und Blättern, jenem kampferähnlichen Stoffe, der sich auch in der Toukabohne und in an- derer Mischung im Steinklee findet. Bei der Bereitung der Bowle teilt sich das Kumarin dem Weine mit, wie jeder Bowleuverehrcr weiß. Der Waldmeister ist in unseren deutschen Laubwäldern, namentlich unter Buchen, häufig und blüht im Schatten der Bäume in bescheidener Verborgenheit.
Neues billigstes und sicherstes Mittel gegen Ungeziefer und Pilz. Das größte Aufsehen haben im vorigen Jahr überall die Versuche des Erfurter Führers im Obst- und Gartenbau hervorgerufen, welche feststellten, daß wir im Karbolineum ein hervorragendes Bekämpfungsmittel der gefährlichen Blutlaus — und der überall aus- tretenden Schwarzfleckigkeit des Obstes haben. — Neuerdings sind seine fortgesetzten Versuche soweit gediehen, daß er das Mittel auch gegen die so lästigen Blattläuse im Sommer, gegen die Blattmilbe — gegen Apfelblütenstecher und vulZo- Apfelmade als gut erprobt empfehlen kann. Wenn man ferner bedenkt, daß bei Bekämpfung des Ungeziefers mit Karbolineum, gleichzeitig Mehltau an Rosen und Pfirsich, — Schwarzfleckigkeit an Aepiel und Birnen re bekämpft wird und das Karbolineum überall für wenig Geld erhältlich ist, so ist es gewiß die Pflicht eines jeden Gartenbesitzers, sich mit der richtigen Verwendung des Karbolineums als Insekten- und Pilzvertilgungsmittel bekannt zu machen. Im Interesse der Sache will der Ersurter Führer im Obstund Gartenbau unfern Lesern Nr. 6, in welcher der Artikel: Neueste Erfahrungen mit dem Karbolineum als Jnsektcnvertilgungsmittel, steht, postfrei zuschicken, wenn sie Nummer 6 mittels Postkarte vom Geschästsamt des Ersurter Führers im Obst- und Gartenbau, Erfurt verlangen.
Haushaltungskatechismus.
Die Zimmer gelüftet des Morgens gar bald Bei jeglichem Wetter — ob's warm oder kalt! Vorsichtig geh mit Feu'rung um,
Brauch' nie dazu Petroleum;
Petroleum, vergiß das nicht, —
Hat schon manch Unheil angericht'.
Es liegt ein allgewalt'ger Zauber In dem kleinen Wörtchen „Sauber".
Polstermöbel muß man klopfen,
Wasserleitung nicht verstopfen!
Unsaubere Fenster betrachte als Feind,
Doch putze sie nie, wenn die Sonne drauf scheint. Wer unachtsam etwas zerbricht,
Sei ehrlich und verhehl' es nicht.
Das Mittagessen sei bereit Stets pünktlich zur bestimmten Zeit!
Das Wasser zum Spülen, das sei immerdar So rein wie daS Herz, wie die Augen so klar. Kupfernes Geschirr ist herrlich,
Grünspan aber sehr gefährlich.
Was immer man tut, auch das Schließen der Türen, Man soll es womöglich geräuschlos vollsühren.
Die Lampen die setze am Tage instand,
Dann sind sie auch fertig des Abends zur Hand.
(Noch schlimmer ) Sohn: „Mutter, da steht, daß ein Kamel fünfzehn Tage ohne Wasser sein könne."
— Mutter: »Das ist noch gar nichts, dein Vater hat schon fünfzehn Jahre kein Wasser mehr getrunken!"
sHäusliche Grammatik.) Kind (bei der Schul- arbeit): „.Sie" ist das ein Hauptwort, Papa?"
— Vater (seufzend): »Bei uns allerdings."