Ueber die Anlegung und den Betrieb der Dampfkessel find für Württemberg neue Be- stimmuugen in Vorbereitung. Die seither geltenden Bestimmungen über Genehmigung. Anlegung. Betrieb und Ueüerwachung der Dampfkessel finden sich in einer großen Anzahl von Verordnungen, Ministerin!- Verfügungen und Erlassen zerstreut, was für die Be­teiligten vielfach Mißhelligkeiten zur Folge hatte. Es ist nun in letzter Zeit ein Erlaß des Mini- steriums des Innern an die Bezirksämter ergangen, wonach beabsichtigt ist, sämtliche Bestimmungen über die Dampfkessel in einer Verfügung oder Verordnung zusammenzufassen.

Eßlingen, 19. April. Die Sammlungen für Nagold, welche infolge eines Aufrufs auch hier eingeleitet wurden, haben bis jetzt die Summe von 1194 ^ 77 ergeben. Davor, sind gestern 1100 an die Oberamtspflege in Nagold abge- schickt worden. Die Sammlung dauert fort.

Gmünd, 19. April. Das .Gmünder Tag- blatt", Zentrumsorgan für den Bezirk Gmünd, wurde heute um 25 000 ^ von den neuen Besitzern der Remszeitung käuflich erworben. Das Blatt wird am 1. Juli sein Erscheinen eiustellen.

Kus StaSt» Bezirk uns Umgebung.

Neuenbürg. An den bei der Handwerks­kammer in Reutlingen im Herbst 1905 und in den Monaten Februar, März und April 1906 stattge- fundenen Meisterprüfungen haben u. a. teilge- nommen und die Prüfung mit Erfolg bestanden: Gottl. Hammann, Küfer in Calmbach; Fritz Treiber, Metzger in Höfen; Arnold Gräßle, Flaschner in Herren alb. Sie haben damit soweit sie das 24. Lebensjahr zurückgelegt haben das Recht zur Führung des Meistertitels erworben. Die nächsten Prüfungen finden im Spätherbst ds. Js. statt.

Nagold, 19. April. In Anwesenheit der Herren Oberregierungsrat Falch und Oberamtmann Dr. Michel aus Stuttgart als der Vertreter der Zentralleitung des Wohltätigkeitsvereins und der Regierung fand, wie schon kurz gemeldet, am Diens­tag eine Sitzung des Bezirkswohltätigkeits- Bereins statt. Derselbe hat sich zunächst zu einem besonderen Hilfsverein erweitert, der die Hilfsaktion für die am 5. April Verunglückten in die Hand nimmt. Diesem Hilfsverein gehören außer den beiden oben genannten Herrn, die seitherigen Mitglieder des Bezirkswohltätigkeitsoereins an. Hinzugewählt wurde schon in der letzten Sitzung Herr Landtagsabgeordneter Schaible, in der gestrigen Sitzung die Herren Dekan Reitter-Bollmariuge», Oberamtsarzt Dr. Fricker hier, Pfar-.er Sigwart-Emmingen, Schultheiß Hagenlocher- Mötzingeu, Schultheiß Widmann-Unterjettiugen. Mit Stimmenmehrheit wurde ferner beschlossen, so lange ein genauer Ueberblick einerseits über die Ver­hältnisse der einzelnen Unterstützungsbedürftigen, andererseits über die zur Verfügung stehenden Gelder noch fehlt, ferner um die zu gewährende Unterstütz­ung zu einer möglichst nachhaltigen und wirksamen zu gestalten, eine Verteilung der Gaben von sich aus noch nicht eiutreten zu lassen. Es soll vielmehr den Gemeindebehörden anheim gegeben werden, vor­läufig notwendig werdende Unterstützungen in dringenden Fällen aus Gemeindemitteln in Form eines Notstandsdarlehens zu gewähren. Die so ge­leisteten Unterstützungsbeträge können die Gemeinden von den den Beteiligten später seitens des Hilss- vereins zugehenden, endgültigen Unterstützungs­beträgen in Abzug bringen. Der Gesamtverband der evang. Arbeiter-Vereine Württembergs hat den vom Unglück am 5. April schwer betroffenen Mitgliedern des hiesigen Vereins seine Teilnahme bezeugt durch die Gabe von je 20 Der Nagolder Verein hält es für seine Pflicht, dies zur allge­meinen Kenntnis zu bringen mit dem Ausdruck herz­lichen Dankes gegenüber dem Gesamtverband. Von ihren bis jetzt ersammelten Gaben mit einem Gesamteingang von 4000 ^ hat die .Frkf. Ztg." 3000 ^ an den Kammerpräsidenten Payer abgeliefert.

Nagold. Der hiesige Militär- und Veteranen- Verein hat zur Unterstützung seiner bei der Hirsch­katastrophe verwundeten Kameraden und für die Hinterbliebenen seiner toten Kameraden die Summe von 345 -/L ausgegeben.

Altensteig, 18. April. Zur Ausübung der Auerhahnjagd begab sich heute Fürst Friedrich von Waldenburg nach dem 2 Stunde» von hier entfernten Hochdorf, wo er mit Gemahlin einige Wochen verweilen wird.

Wildberg, 18. April. Hier wurde einem Fuhrknecht während der Nacht das für seinen Herrn eingenommene Mehlgeld mit über 300 ^ aus der Tasche gestohlen. Als der Dieb wird der Mahl-

knccht vermutet, da dieser in derselben Nacht ver­schwunden ist.

vermischtes.

Aus Sachsen, 17. Apr. Man wird sich der sensationellen Prozesse erinnern, die in Lemgo und in Herne Damen aus der besten Gesellschaft auf die Anklagebank und ins Gefängnis führten, weil sie durch anonyme Briefe in das Leben ihrer Mit­menschen eingegriffen hatten. Ein ähnlicher Prozeß steht jetzt in der kleinen Stadt Limbach bevor, wo, wie dieFranks. Ztg." berichtet, schon seit 2 Jahren Leute aus den ersten Kreisen durch beleidigende Briefe belästigt wurden. Die Briefe verfolgten hauptsächlich den Zweck, Heiratsprojekte zu stören. Es gelang aber nie, den oder die Absender oder Absenderinnen zu fassen, weil die Briefe nicht ge­schrieben, sondern die Worte aus Zeitungen heraus­geschnitten und aufgeklebt worden waren. Erst vor einigen Wochen bot sich eine Handhabe, um der Briefabsenderin etwas auf die Spur zu kommen. Ein höherer Beamter in Limbach erfuhr durch Zu­fall, daß er bezichtigt worden war, mit den ano­nymen Briefen in Verbindung zu stehen. Er über­gab die Angelegenheit der Staatsanwaltschaft zu Chemnitz und nun wurde gegen die Tochter des Limbacher Bürgermeisters das Strafverfahren eing-- leitet, da sie verdächtig erscheine, einen beleidigenden anonymen Brief an den Limbacher Schuldirektor Beuche gerichtet zu haben. Ein Strafverfahren, das in der gleichen Schmähbriefangelegenheit gegen die Gattin des Bürgermeisters und dessen zweite Tochter eingeleitet war, ist wieder eingestellt worden, da die vorhandenen Verdachtsmomente nicht ausreichten. Das Chemnitzer Landgericht wird demnächst über die Angelegenheit zu verhandeln haben.

Konstanz, 19. April. Ein Haarfärbemittel (Nußextrakl) verbrannte einem Bräutigam, der die grauen Haare vor seiner Braut verbergen wollte, die ganze Stirne. Er hatte das Extrakt mit de» Hände­ballen auf die Haare übertragen, anstatt mit einem die Haut nicht berührenden Kamm.

Lcts-S Nachrichten u. Telegramme

Berlin, 20. April. Das Befinden des Reichs- kanzlers, Fürsten Bülow, ist andauernd gut, so daß der Kanzler bereits die letzten Tage außerhalb des Bettes und sogar teilweise im Freien verbringen konnte. Bei normalem Maiwetter wird für die Er­holung des Reichskanzlers allenfalls auch ein süd- deutscher Kurort in Frage kommen.

Berlin, 20. April. In den letzte» Tagen haben neue Ausweisungen von Russen aus Berlin stattgefunden; es sollen über 200 Russen, teilweise mit ihren Familien, ausgewiesen worden sei».

Kiel. 20. April. Bei einer Spreugübung, die das Torpedoboot8 105" in der Stranderbucht heute nachmittag vornahm, erfolgte vorzeitig eine Explosion der Sprengladung. Der Komman- dant des Bootes, Kapitänleutnant Pfeiffer, wurde schwer verletzt und verstarb auf dem Transport zum Marinelazarett.

Breslau, 20. April. Die Metallarbeiter hielten heute 4 Versammlungen ab, an denen etwa 6000 Personen teilnahmen. Beschlüsse wurden nicht gefaßt. Es wurde nur über die gestrigen Vorgänge Bericht erstattet und zur Ruhe und Ordnung ge­mahnt. Die Versammlungen verliefen in völliger Ruhe.

New-Aork. 20 April. Das Feuer greift noch immer in San Franzisko nach 2 Richtungen um sich, doch hat seine Heftigkeit nachgelassen, so daß man hofft, ein Viertel der Stadt retten zu können. Die Polizei hat Beschlag auf alle Unterstützungen an Lebensmitteln gelegt und verteilte sie in spar- samer Weise an die Notleidenden. Die Regierung hat den Armeeoffizieren den Befehl erteilt, Nahruugs- mittel in den Läden von Seattle und Los Angeles aufzukaufen. 1 Million militärische Rationen sind bereits nach San Franzisko unterwegs.

New-Iork, 20. April. Aus San Franzisko liegen von gestern noch folgende Meldungen vor: Die Schätzungen der Zahl der Verunglückte» gehen weit auseinander. General Funston ist der Ansicht, daß sie tausend übersteige, während der Polizeichef erklärt, es könnten nicht mehr als 250 sein. Das ganze Land hat sich zur Hilfeleistung für San Franzisko erhoben. Präsident Roosevelt veröffent­lichte einen Aufruf zu Sammlungen durch Vermitt­lung der nationalen Roten Kreuzgesellschaft. Die Bürgermeister aller größeren Städte haben Geld­sammlungen eröffnet Obgleich sonach Millionen an Geld verfügbar sind, leidet San Franzisko zu- nächst Hunger.

Washington, 20. April. Eine Depesche des Generals Funston aus San Franzisko an das Kriegsdrpartement besagt, eine Hungersnot scheine unvermeidlich zu sein, denn alle großen Proviant- Häuser seien niedergebrannt. Nur energische Maß- nahmen der Außenwelt könnten die furchtbare Slot unter den 300000 Obdachlosen mildern. Die letzte Nacht sei für die Obdachlosen, die zumeist ohne Wasser und Nahrungsmittel seien, schrecklich gewesen.

Hamburg, 20. April. Die.Hamburg-Amerika- Linie" richtete an den Präsidenten Roosevelt aus Anlaß der Erdbebenkatastrophe in San Franzisko ein Sympathietelegramm. Sie teilte ferner mit, daß sie sich an die Spitze eines Komitees gestellt habe, das es sich zur Aufgabe gemacht habe, Geld- sammlungen für die unglücklichen Opfer zu veran- stalten. Als eigene Gabe habe sie 100000 gespendet.

Bremen, 20. April. DerNorddeutsche Lloyd" richtete an den Präsidenten Roosevelt ein Kondo- lenz-Telegramm. Ein Hilfskomittee habe sich in Bremen gebildet und alle Bremer wetteifern darin, die amerikanischen Freunde bei diesem heiligen Werke aufrichtiger Zuneigung und Freundschaft zu unter- stützen.

New-Iork, 20. April. AuS Denver ist die Nachricht emgegangen, daß der 10000 Fuß hohe Mount Capulie in Neu-Mexiko, ein erloschener Vulkan, angeblich RauchundHitzeaus einer Spalte ausströmt, die durch zwei Erdstöße verursacht wurde.

Lille, 20. April. Heute morgen kam es zwischen Dragoner» und Ausständigen, die nach Haveluy gingen, zu einem Zusammenstoß. Ein Dragoner ist tödlich verletzt; 2 andere werden vermißt. Man befürchtet neue Unruhen. Auch in St. Leger fand ein Zusammenstoß zwischen Ausständigen und Militär statt. 3 Kürassiere sind leicht verletzt.

Gedenket der Veteranen.

Die Schaffung des Reichsinvalidenfonds war eine der ersten und erfreulichsten parlamentar­ischen Arbeitsleistungen des deutschen Reichstags. Die Pflicht des Vaterlandes, zur Linderung der noch frischen Kriegsschäden zu schreiten, war in der Session des Jahres 1873 naheliegend und dringlich; die finanzielle Seite bot nicht die Schwierigkeiten unserer armen Zeit, da die fünf französischen Milliarden »och unerschöpflich schienen. So sonderte man auS ihnen 561 Millionen aus, eine Summe, die nach den staatlichen Berechnungen bis zum Aus­sterben der Invaliden ausreichen sollte. Der ur­sprüngliche Rahmen, in dem die Pensionen, Ber- stümmelungszulagen, Witweubcihilfeu, Erziehungs­beihilfen der Hinterbliebenen Kinder usw. abgesteckt waren, erwies sich jedoch bald als zu eng und zu sparsam. Indessen erfuhren die Bezüge mehrfache Erhöhungen und die Wohltat der Versorgung wurde auch ausgedehnt auf die Veteranen der deutschen Kriege vor 1870. Die Möglichkeit, die Leistungen aus dem Reichsiuvalidenfonds, der im Jahre 1901 bereits auf 367 Millionen Mark zusammengeschrumpft war, noch höher anzuspannen, erscheint ausgeschlossen, wenn nicht mit einem völligen Erschöpfen Ser Mittel vor der Zeit gerechnet werden soll. Einer Neu­dotierung des Fonds stehen die armseligen Finanz- Verhältnisse des Reiches entgegen. Andererseits wird die Not und Bedürftigkeit der Veteranen, wenn auch der Tod ihre Reihen lichtet, von Jahr zu Jahr dringlicher, da die Gebrechen des Alters und die Nachwirkungen der Feldzugstrapazen intensiver zu wirken beginnen. Schon füllen Berichte über Ver­elendung und soziale Verkümmerung alter Krieger die Gerichtssaalspalten der Zeitungen, und die für das Vaterland beschämendste Art eines Notstandes steht vor der Tür. Es muß daher begrüßt werden, daß die Pflicht des Staates, deren befriedigende Erfüllung leider nicht in seiner Macht liegt, durch Private Hilfstätigkeit Ersatz und Ergänzung findet. Dem Vorgehen Badens, das durch Stiftung des Veteranendanks" diesen Weg beschritten hat, ist der Württemb. Kriegerbund' gefolgt, indem er zur würdigen Feier seines dreißigjährigen Jubiläums Sammlungen veranstaltet, deren Ergebnis unter der BezeichnungKönig Wilhelm-Trost" dem König zur Versügung gestellt werden soll. Daß auS diesen Mitteln Beihilfen an sämtliche bedürftigen württ. Veteranen und deren Hinterbliebene gewährt werden sollen, ohne Unterschied, ob dieselben Mitglieder des Kriegerbundes sind oder nicht, sichert dem Unter­nehmen die Sympathien aller Kreise.

IM' Hiezu zweites Blatt. EMA