vermischtes.

Kreuznach, 18. April. In ihrer Wohnung ist die 47 jährige unverheiratete Marie Heeß ver­hungert aufgefunden worden. Bei der Durch­suchung des Zimmers fand man in einem Schranke 24000 ^ in Wertpapieren und zwei Sparkassen- bttcher. Lachender Erbe ist ein amerikanischer Onkel.

SaarloniS, 18. April. Der 7 jährige Sohn eines Beamten hatte auf einem Spaziergang giftigen Schierling gegessen. Er starb bald darauf an den Folgen seiner Unvorsichtigkeit.

AuS Bayern, 18. April. Schon wiederholt ist der ältesten Frau Deutschlands Erwähnung getan worden. ES ist die Holzhauerswitwe Josephs Eder, die dieser Tage im unteren bayerischen Walde, in dem hochgelegenen, weltfremden Dörfchen Spitzen- dorf, eine halbe Stunde von der Lokalbahnstalion Fürsteneck, an der Route Passau-Freyung ihr 118. Lebensjahr vollendete. Die Greisin, im Jahr 1788 in Böhmen geboren, hat somit in Jahrhunderten gelebt und hat noch vor der großen französischen Revolution daS Licht der Welt erblickt. Die Frau ist noch überraschend rüstig und frisch; ihrem faltigen hageren Gesicht steht man daS hohe Alter keines­wegs an; die Matrone vermag auf den beschwer­lichen hügeligen Wegen ihrer Heimatgegend noch ziemlich weit zu gehen und ist gegen rauhe Witter- ung so abgehärtet, daß sie ungeachtet der Jahreszeit mit unbekleideten Füßen herumläuft. Gut ist eS eigentlich der Greisin nie gegangen; sie hat Dürftig, km und Sorge zur Genüge kennen gelernt. Im Jahr 1838 verlor sie ihren Manu, einen schlichten Holzhauer, der ihr außer 3 Kindern nicht viel hinter- ließ. Seit 68 Jahren ist sie also Witwe. Bei ihrer ältesten Tochter, die auch schon seit 18 Jahren Witwe, und jetzt 88 Jahre alt ist, lebt daS alte Mütterlein umgeben von einer reichen Nachkommen, schüft von Enkeln und Urenkeln. Ihr liebstes ist deS morgens ein Kaffee, der einzige LuxuS, den sie sich gestattet. Viel ist es gerade nicht, aber die Greisin fühlt sich glücklich und zufrieden. Die auf- richtige Freude, welche sie bekundet, wenn sie Besuch erhält, legt Zeugnis ab, wie regsam ihr Geist noch ist.

Alte Weinfässer. Wie kürzlich gemeldet wurde, ist daS von Weinhändler Camille Meister (Firma Fr. Meister) in Lahr für die Hohkönigsburg gestiftete, auS dem Jahre 1670 stammende und 8500 Liter haltende altelsäsfische Weinfaß auf die Burg hinauf gebracht worden. Es gibt sicherlich noch da und dort manch altes Weinfaß, von dessen Größe mau selten oder überhaupt nie etwas erfährt. Von Deutschlands eigentlichen Faßriesen weiß ja der eine oder andere: da ist das große Heidelberger Faß mit dem Standbild Perkeos. Nimm 236000 Flaschen WeinS und fülle sie in das Faß: der Wein hat Platz. In der Bergfeste Königstein bei Dresden ruht ein Faßriese, der über 276 Fuder hält, daS Fuder zu 12 Eimer gerechnet. In der Abtei Sal- manSweiler am Bodeusee gibts ein Faß, durch dessen Spundloch einst ein durstiger Mönch gefallen sein soll. DaS Faß nahm 40 Fuder auf. DaS große Tübinger Faß (1548 gebaut) hielt 47 Fuder 4 Eimer; daS Faß zu Grüoingen (Provinz Sachsen), daS gefüllt 3448 Zentner wog, hat über 6000 ReichStaler zu bauen gekostet. In Hattenheim ist ein Faß zu finden, das in seinem Bauche den In- halt von 64000 Flaschen birgt. In LudwigSburg lasse man sich im Schloßkeller das Riesenfaß zeigen, daS annähernd 900 Hektoliter enthält; eS soll daS größte Weinfaß Württembergs sein. In den Kellern der Domäuenverwaltung in MeerSburg findet mau mächtige alte Fässer, das größte von über 50000 Liter Inhalt. Ein großes Weinfaß barg bis vor einigen Jahren auch der alte Schloßkeller in Neckar- sulm; der Veteran, der auS dem Jahre 1672 stammte, hielt 300 Liter. Auf dem vorderen Boden des Fasses befand sich die Inschrift:

Voll im Herbst mit gutem Wein

Möcht' ich alle Jahre sein.

.Deß' un' Seil".

Wann eener .Deß' dhut, weescht MattheeS, Dann muscht 'n mache' losse'

Du musch' eu nemme, wie er iS

E' Jeder Hot sei' Bosse'I

Wann eener ,Sell' dhut, guckscht MatheeS, Daun iS 'r »och nit schlecht,

Er meent's vielleicht ganz annerschter,

Wann 'r so Sache' mächt.

Wann eener awer .Deß un' Sell',

MatheeS, minanner dhut,

Dan» Owacht, MatheeS, .Deß u»' Sell" Minanner dhut keeu guN (Fl. Bl.)

(Schlechte Aussichten, j Söhnchen (daS geprügelt werden soll, zitternd): .O je, er legt mich über daS Sofakissen, wo drauf steht: »Nur ein Vietelstündchen!'- (Offerte j Auf Ihre Annonce teile ich Ihnen mit, daß ich ein gut möbliertes Zimmer zu vermieten habe mit Aussicht auf einen freien Platz, wo ein Herr zehn Jahre gewohnt hat. Saubere Wirtin, nur Vormittags anzusehen. Hochachtungsvoll Frau Meier.

Wechselrätsel.

Einer der Künstler ist's. Sein Name besteht auS fünf Lettern.

Staat in Amerika ist's, ändert man Kopf ihm und Herz.

Auflösung des Rätsels in Nr. 60. Insekt. In Sekt.

Gin Patronillenritt.

Novelle von O. Elster.

2 ) -

So ging eS im scharfe» Trabe durch daS hübsch gelegene, auS kleinen Landhäusern bestehende Dorf. Erschreckt flohen die Einwohner, als die Husaren vorüberrasselteu. Die Türen und Fenster wurden fest verschlossen. Hier und da blieb ein Manu au der Haustür stehen, mit finsteren Blicken und ge­ballten Fäusten den ,mau<lit8 xrussienZ" uachstarreud.

Bruno kümmerte sich nicht um die Einwohner. In wenigen Minuten war der Tunnel erreicht, die Hälfte der Husaren unter Führung Brunos sprangen von den Pferden und begannen die Schienen aufzu­reißen, während die übrigen Reiter den Ort und die Straße beobachteten. In fieberhaftem Eifer arbeiteten die Husaren. Jetzt war ein Schienenstrang zerstört, die Schwellen und Schiene» herausgerissen und in den Kanal geworfen, die Telegraphenstangen durch- fügt, mehrere große Felsblöcke vor den Eingang deS Tunnels gewälzt da drangen plötzlich Hufschläge galoppierender Pferde an das Ohr deS aufhorchendeu jungen Offiziers. Was war das? Sollte der Feind sich nahen? Unmöglich! Der nächste feindliche Posten war in Psalzburg, eine Stunde entfernt.

In diesem Augenblick.kam der Sergeant herau- geprescht.

.Herr Leutnant, die Franzosen!"

.Wo?'

.Eine Schwadron afrikanischer Jäger zu Pferd sic kommen auf der großen Straße von Pfalz­burg her . .

.An die Pferde," kommandierte Bruno. .Laßt die Arbeit liegen!'

Im Nu saßen die Husaren im Sattel.

.Wir müssen den Weg zurück, den wir gekommen sind,' sprach Bruno hastig. .Er führt nach Zabern, von dort auS können wir unsere Vorposten er­reichen ..."

Aber es war zu spät. Die franzöfischen Jäger bogen schon in das Dorf ein und stürmten unter lautem Geschrei auf die Husaren loS. Ihre Weißen Mäntel flatterten im Abendwiude, die kleinen Berber- Pferde griffen tüchtig auS; die Reiter schwangen die Säbel, ihre Augen blitzten in wildem KamPfeSmut. Fünffach so stark wie das Häuflein Husaren waren sie.

.Wir müssen unS durchschlagen!' rief Bruno seinen Husaren zu. .Vorwärts marsch marsch!'

Mit Hurra stürzte» sich die Soldaten dem Feinde entgegen. Ein wildes Handgemenge entspann sich. Hier und da stürzte ein Pferd, um gleich wieder emporzuspriugen und im rasenden Galopp davonzu­stürmen. Schüsse knallten! Verrat! Die Husaren wurden im Rücken von den herbeieileuden Einwohnern angegriffen. Sie waren verloren! Mehrere Husaren lagen schwer verwundet oder tot am Boden. Andere ergaben sich der Ucbermacht als Gefangene. Nur wenigen gelang es, sich durchzuschlagen. Sie wurden von den Jägern verfolgt, niedergeschossen oder zu Gefangenen gemacht.

Bruno war es ebenfalls gelungen, sich durchzu­schlagen. Sein treffliches Pferd brachte ihn dann bald aus dem Bereich der franzöfischen Gewehre. In wilder Flucht sprengte er eine» Weg entlang, der tief in den Wald zu führen schien.

Nach einer Weile hielt er an, um sich zu orien­tieren. Das Blut rieselte ihm über die Wangen; die Stirn hatte ein feindlicher Säbel getroffen. Er wischte sich das Blut ab und band sein Taschentuch um die Stirn. Dann sah er sich um.

Wo war er? Er hatte geglaubt, den Weg am Kanal entlang zu verfolgen, aber er mußte einen anderen Pfad eingeschlagen haben, denn so sehr er sich anstrengte, er konnte den Kanal oder die Eisen­bahn nicht erblicken. Zu beide» Seiten des Weges, der auf der Sohle eines tiefeingeschuittenen Tales

entlang lief, erhoben sich hohe, finstere Berge, mit dichtem Wald bedeckt. Tiefe Dämmerung umhüllte ihn; in wenigen Minuten mußte sich die Dämmerung in dunkle Nacht verwandelt haben. WaS sollte er beginnen? Zurückreiten, um den rechten Weg zu finden? Er wäre dann sicherlich in die Hände des Feindes gefallen. Er mußte sehen, ein Dorf zu erreichen, um sich hier mit Hilfe seiner Karte zu orientieren. Der Weg, auf dem er hielt, war vor- trefflich. Er mußte zu einer Ortschaft führen; er war zu gut für eineu einfachen Waldweg. ES blieb ihm nichts weiter übrig, als den Weg zu verfolgen und zu sehen, wohin in derselbe brachte.

Langsam ritt er weiter. Plötzlich fühlte er sein Pferd unter sich erzittern. Mehrmals stieß es mit dem Vorderfuß an und ließ den Kopf sinken.

.Was hast Du, Douglas?' fragte Bruno besorgt und klopfte liebkosend den Hals des Pferdes. Als er seine Hand zurückzog, bemerkte er Blut an der­selben. Erschreckt beugte er sich nieder. Kein Zweifel, der Fuchs hatte am Halse eine tiefe Wunde erhalten.

.Halt aus, mein braves Tier, halt ans," sprach Bruno aufmunternd, mit einem Tuch das Blut des Pferdes stillend.

Nach einiger Zeit schien sich Douglas zu erholen. Er erhob den Kopf, folgte dem Schenkeldruck seines Herrn und trabte auf dem weichen Waldwege flott dahin.

Der Wald wich mehr und mehr von den Seilen des WegeS zurück. Felder und Wiesen traten au seine Stelle. Der Mond war anfgegaugeu und über- goß den Weg und die Umgegend mit seinem zittern­den Lichte. Bruno spähte in die Ferne. Es war ihm, als habe er ein Licht ausblitzen sehen. Jetzt erschien es wieder zwischen den Büschen! Er gab seinem Fuchs die Sporen. DaS Pferd stöhnte leise auf und setzte sich in Galopp. Nach wenigen Minute» sah Bruno ein Gehöft aus der Dämmerung auf- taucheu. Es lag still und friedlich da. Der Feind konnte es nicht besetzt haben, sonst würde man Posten bemerkt haben.

Rasch ritt der junge Offizier auf das Gehöft zu. Da fühlte er wieder das unheimliche Erbeben durch den Körper seines Pferdes zittern. Das Tier stöhnte schmerzlich auf. Sein Lauf wurde unsicher und schwankend.

.Vorwärts, vorwärts, DouglaS!'

Da ist das Tor, welches in das Innere des Ge­höftes führt! Hunde schlagen an! Lichter fliehen hin und her! Bruno will ans dem Sattel springen, er fühlt, daß sein Pferd ihn nicht mehr tragen kann da macht das Tier einen letzten verzweifelten Satz, dann bricht es aufstöhnend zusammen, den Reiter aus dem Sattel schleudernd. Bruno schlägt mit der Stirn gegen den Pfosten des Tores er hört noch das wütende Bellen der Hunde, das Rufen menschlicher Stimmen er steht den Schein von Lichtern wie aus weiter Ferne daun schwindet ihm das Bewußtsein, besinnungslos sinkt er neben seinem Rosse nieder.

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Als Bruno aus seiner Betäubung erwachte, fand er sich auf einem Ruhebett liegend, in einem Zimmer, das von einer Lampe matt erhellt wurde. Er richtete sich empor, mit der Hand nach dem schmerzenden Kopfe greifend. Erstaunt sah er sich um, er wußte nicht, wo er sich befand. In demselben Augenblick erhob sich die Gestalt einer alten Frau in der ein­fachen Tracht einer ländlichen Dienerin aus einem Lehnstuhl am Kamin, trat auf den noch halb betäubt Daliegendeu zu und fragte in breitem, elsäsfische» Dialekt:

Wünschen Novsieur eppes? Fühlen sich der Herr eppes besser?'

.Wo bin ich? Was ist mit mir vorgegangen?'

Die Alte lachte gutmütig auf.

.Sein's unbesorgt, Non8ieur. Der Herr befinden sich in guter Pflege. Der Herr stürzten mit dem Pferd grad auf der Brücke . . .'

Ah, ich erinnere mich! Ja, mein Pferd war verwundet und stürzte. Jetzt entsinne ich mich der Vorfälle! Sagen Sie mir, gute Frau, wo ich mich befinde! In Zabern?'

Mn Non8i6ur, net in Zabern, aber net weit davon. Der Herr sein in 6üateau LruIanZo . . .'

.LrulanZe?!'

Bruno sprang empor. Der Name traf sein Herz wie mit elektrischem Schlage. Alle seine Schmerzen waren vergessen.

Er wollte noch weitere Fragen au die Frau richten, als sich die Tür des Zimmers öffnete und die hohe Gestalt einer in schwarz gekleideten Dame eintrat. Bruno glaubte zu träumen! Er fand keine Worte und blickte die Dame sprachlos an.

Sebnktto«, Vnuk »nb Verlag von L. Meeh in Neuenbürg.